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Eine transparente Regelung des öffentlichen Beschaffungswesens ist ein zentrales Element der Marktwirtschaft und von grosser volkswirtschaftlicher Bedeutung. Economiesuisse begrüsst die angestrebte Vereinheitlichung. Die Bestimmungen müssen im eigenen Interesse wettbewerbsfreundlich sein.
Thomas Pletscher, Jurist; Mitglied der Geschäftsleitung von Economiesuisse; Mitglied der Wettbewerbskommission WEKO.

Standpunkt

Mehr Wettbewerb senkt nicht nur die Kosten für öffentliche Beschaffungen, sondern führt auch zu mehr Effizienz in den Unternehmen. Transparente Verfahren sind ferner wirksame Hilfsmittel gegen Korruption. Damit werden die Rahmenbedingungen für Unternehmen verbessert. In wirtschaftlich herausfordernden Zeiten ist dies besonders wichtig.

Der Wirtschaftsdachverband Economiesuisse bewertet das Beschaffungswesen an vier Grundsätzen: Transparenz, Wettbewerb, Gleichbehandlung und Effizienz. Die Revision ist konsequent auf diese Ziele auszurichten. Die Harmonisierung soll in diesem Sinne möglichst weit gehen. Nach dem Scheitern einer einheitlichen Regelung auf Bundesebene ist das parallele Vorgehen von Kantonen und Bund ein pragmatischer Weg, sofern sich alle Kantone diesem Bestreben anschliessen und auf Sonderzüge verzichtet wird.

Im Zweifel für die Wirtschaftsfreiheit


Eine liberale Regelung liegt im eigenen Interesse der Schweiz und ist wohl formal, nicht aber in der Sache durch internationale Vorgaben bedingt. Daher muss immer geprüft werden, inwieweit aus Gründen der Wirtschaftsfreiheit weiter gehende Liberalisierungen geboten sind. Economiesuisse bedauert, dass in der vorbereitenden Arbeitsgruppe zur Gesetzesrevision Stimmen des Wettbewerbes wie das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) oder die Wettbewerbskommission (Weko) ebenso gefehlt haben wie direkt betroffene Unternehmen.

Bereits bei früheren Gelegenheiten hat Economiesuisse auf zentrale Punkte hingewiesen:

  • Bei den Teilnahmebedingungen ist klarzustellen: Es geht nur um die Erfüllung bestehender gesetzlicher Verpflichtungen. Teilnahmebedingungen der Auftraggeber dürfen nicht einseitig zulasten der Anbieter ausgestaltet werden.
  • Bei Kriterien besteht ein enormer Spielraum, den Wettbewerb durch zusätzliche Vorgaben und Einschränkungen zu unterlaufen. Bei der Ausgestaltung sollen nur solche Zielsetzungen und Kriterien ausschlaggebend sein, welche wettbewerbsfördernd sind. Die Kriterien dürfen KMU nicht diskriminieren – etwa durch die Gestaltung von Losgrössen. Andere staatliche Ziele als wettbewerbliche (beispielsweise die Nachhaltigkeit) sind wichtig, doch nicht im Beschaffungswesen zu regeln.
  • Ein angemessener Rechtsschutz ist unabhängig von den Schwellenwerten wichtig. Er muss auch für kleinere Beschaffungen oder bei einem Einladungsverfahren gelten. Denn er wirkt nicht nur in Gerichtsfällen, sondern hat auch eine disziplinierende Vorwirkung. Zum Rechtsschutz gehören auch die Bestimmungen des Binnenmarktgesetzes. Diese sollen unverändert weiter gelten. Entsprechend ist das Beschwerderecht der Weko sowohl auf Bundesebene wie in den Kantonen wichtig.
  • Einseitige Ausschreibekriterien können einzelne Akteure mit gravierenden Folgen vom Wettbewerb ausschliessen. Damit wird der Grundsatz der Wirtschaftsfreiheit verletzt, und der Staat kann nicht von Offerten profitieren, welche in einer Gesamtbeurteilung wirtschaftlich günstiger wären. Beispiele für solche verfehlten Kriterien waren etwa Nachhaltigkeitskriterien der verwaltungsnahen Interessengemeinschaft Ökologische Beschaffung Schweiz (Igöb) für Reinigungsmittel, welche von europäischen Standards abweichen und Handelshemmnisse schaffen. Auch der Beschluss des Bundesrates im Zusammenhang mit der Beschaffung kritischer ICT-Infrastruktur, wonach nur noch Unternehmen mit Mehrheitsbeteiligung in der Schweiz berücksichtigt werden sollten, spiegelt eine Voreingenommenheit.
  • Bei den Zuschlagskriterien darf der Preis nicht einseitig gewertet werden. Der Preis kann gar nicht unabhängig von den anderen genannten Kriterien beurteilt werden, ausser allenfalls bei standardisierten Massenprodukten. Dies gilt insbesondere für komplexe Projekte und in besonderem Masse für intellektuelle Dienstleistungen.

Zitiervorschlag: Thomas Pletscher (2015). Standpunkt: Wettbewerbsfreundliche Modernisierung nötig. Die Volkswirtschaft, 24. Juni.