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Verfahren bei kantonalen Einigungsämtern haben 2014 zugenommen

Bei kollektiven Arbeitsstreitigkeiten können sich die Sozialpartner an die öffentlichen Einigungsstellen von Bund und Kantonen wenden. Gegenüber dem Vorjahr ist die Anzahl dieser Verfahren von 24 auf 32 angestiegen. Drei Viertel aller Fälle entfielen auf den Kanton Genf.

Die Tätigkeit der Einigungsstellen ist eine Dienstleistung des Staates zugunsten der Verbände. Sozialpartnern, die kollektive Arbeitsstreitigkeiten nicht auf dem Verhandlungsweg beilegen können, wird damit ein Gesprächsforum zur Verfügung gestellt. In der Praxis geht es meist um die Erneuerung oder den Abschluss eines neuen Gesamtarbeitsvertrages oder um Lohnfragen. Solche staatlichen Vermittlungsverfahren erfolgen jedoch nur, wenn dies gewünscht wird. Eine Zwangsschlichtung gibt es nicht. Die Verbände können einen Vermittlungsvorschlag auch ablehnen. Nur wenn beide Parteien es verlangen, kann die Einigungsstelle, in sogenannten Schiedsverfahren, auch ein verbindliches Urteil fällen. Gemessen an der Zahl bestehender kollektiver Arbeitsverträge und aufgetretener Konfliktfälle werden diese Einigungsstellen vergleichsweise selten angerufen, wobei dies von Kanton zu Kanton sehr unterschiedlich ist.

Verfahren haben zugenommen


Während der Berichtsperiode 2014 wurden insgesamt 32 Vermittlungs- und Schiedsverfahren (im Vorjahr 24) durchgeführt. 19 Vermittlungsverfahren (im Vorjahr 18) kamen zur Durchführung: 4 auf Antrag der Arbeitgeber und 15 auf Antrag der Arbeitnehmer. 13 Schiedsverfahren (im Vorjahr 6) kamen zur Durchführung: Alle 13 aufgrund der in Gesamtarbeitsverträgen vorgesehenen Schiedsklausel. Die 32 Verfahren verteilen sich wie folgt auf die Kantone: Genf 26, Waadt 3, Tessin 1, Zürich 2.

Zustande gekommene Einigungen wurden 23 gemeldet (im Vorjahr 13): 18 durch unmittelbare Verständigung der Parteien im Verlauf der Einigungs- und Schiedsverhandlungen, 4 durch Annahme des Vermittlungsvorschlages des Einigungsamtes und 1 durch Schiedsspruch des Einigungsamtes.

Nicht zustande gekommene Einigungen wurden insgesamt 9 gemeldet (im Vorjahr 11): 1 durch Verhandlungsabbruch wegen Aussichtslosigkeit durch Arbeitnehmer, 2 durch Verhandlungsabbruch wegen Aussichtslosigkeit durch Arbeitgeber, 2 durch beide Parteien, 1 durch Ablehnung des Vermittlungsverfahrens durch Arbeitgeber, 2 durch Ablehnung des Vermittlungsvorschlages durch Arbeitgeber, 1 durch beide Parteien.

Von diesen kollektiven Streitigkeiten waren 30 (im Vorjahr 229) Betriebe mit insgesamt 12’447 (im Vorjahr 8206) Arbeitnehmern betroffen. In 3 (im Vorjahr 3) von den kantonalen Einigungsstellen gemeldeten Fällen kam es zu Kollektivstreitigkeiten mit Streik.

Konfliktparteien kommen oft aus Bauhaupt- und Ausbaugewerbe


Die Tabelle zeigt wie sich die 32 Verfahren auf die Kantone und Wirtschaftszweige verteilen. Drei Viertel der Fälle entfielen auf den Kanton Genf.

Vermittlungs- und Schiedsverfahren


nach Wirtschaftszweigen und Kantonen


















































Bauhaupt- und Ausbaugewerbe
Genf 12
Chemie
Genf 2
Textil-Grosshandel
Genf 1
Industrie
Genf 1
Informatik
Genf 1
Schauspielberufe (Theater)
Genf 1
Reparatur und Wartung von Luftfahrzeugen
Genf 1
Bodenabfertigungsdienste an den Flughäfen
Genf 5
Lufttransporte
Genf 1
Öffentlicher Verkehr
Genf 1
Sozialwesen
Tessin 1
Sozialmedizinischer Bereich
Waadt 1
Öffentlicher Verkehr
Waadt 1
Metallgewerbe
Waadt 1
Pflege / 24-h-Betreuung
Zürich 1
Fluggesellschaft Piloten
Zürich 1


 

Streitgegenstände bildeten die Erneuerung oder der Abschluss eines Gesamtarbeitsvertrages (2), die Anwendung des Gesamtarbeitsvertrages (5), die Verletzung des Gesamtarbeitsvertrages (12), der Sozialplan und Massenentlassungen (3) sowie weitere Fragen zum Arbeitsverhältnis (10).

Die eidgenössische Einigungsstelle wurde im Jahr 2014, wie schon im Vorjahr, nicht eingesetzt.

Zitiervorschlag: Maria-Luisa Sestito (2015). Verfahren bei kantonalen Einigungsämtern haben 2014 zugenommen. Die Volkswirtschaft, 24. November.