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Die Produkteerneuerung von Unternehmen in der Schweiz kann verbessert werden. Insbesondere die internen Ressourcen der KMU sollten gestärkt werden.
Christoph Meier, Dr. rer. pol., Direktor der Westschweizer Innovationsplattform Platinn, Freiburg

Standpunkt

Die Westschweizer Innovationsplattform Platinn[1] unterstützt seit 2008 über 1200 kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sowie Start-ups. Die Erfahrungen zeigen: Innovationsmuster und -engpässe stehen eng mit den Lebenszyklusphasen eines Unternehmens in Beziehung.

In der Gründungsphase dominiert die Produkteinnovation. In dieser Phase weist die Schweiz ein attraktives Förderangebot auf. Die Kooperation mit der Wissenschaft steht oftmals im Zentrum und kann durch die Förderagentur für Innovation des Bundes (KTI) geeignet unterstützt werden. Eine Vielzahl lokaler und regionaler Förderinstrumente ergänzt das Angebot und schliesst auch die Erstfinanzierung mit ein.

Für viele Jungunternehmen führt die weitere Entwicklungsphase in die Akquisition von Pilotkunden und in die Projektrealisierungsphase. Auch in diesem Stadium kommen die Förderangebote insgesamt gut zum Tragen. Der marktorientierte Projektansatz erlaubt die öffentliche Mitfinanzierung von Konsortien, in welche nebst Hochschulen auch weitere Unternehmen und Pilotkunden einbezogen werden. Allerdings zeichnen sich Probleme bei der Unternehmensfinanzierung ab.

Die Innovationsengpässe verschärfen sich deutlich beim Übergang in die Industrialisierungs- und Expansionsphase. Viele Jungunternehmer werden dabei mit erstmaligen Herausforderungen konfrontiert: Distribution und Unternehmensorganisation müssen aufgebaut, Geschäftsfelder segmentiert, Prozess und Produkt aufeinander abgestimmt und Partnerschaften eingegangen werden. Ein professionelles Coaching erfreut sich deshalb einer starken Nachfrage.

Rund 35 Prozent der betroffenen und von Platinn unterstützten Unternehmen bekunden in dieser Phase Probleme bei der Finanzierung: Einerseits kommt die öffentliche Projektfinanzierung kaum zum Tragen, da Hochschulen selten als Lösungspartner wahrgenommen werden. Andererseits verschärft sich die Finanzierungslücke auch auf Unternehmensebene. Für öffentliche Investitionsfonds ist das Vorhaben zu fortgeschritten, für Privatinvestoren bleibt das Risiko in der Regel zu hoch.

Erneuerungsphase schwierig

Innovation ist auch für etablierte Unternehmen wichtig. Bei den KMU, welche sich in einer Phase der Marktkonsolidierung befinden, zeigt sich: Die Unterstützung durch Hochschulen wird kaum in Erwägung gezogen. Nachgefragt werden hingegen regionale Leistungsangebote wie Erfahrungsaustausch-Gruppen oder spezifisches Coaching. Die KMU schätzen zudem Bürgschaftskredite, Coaching, Clusters und kantonale Wirtschaftsförderung.

Mit der Erneuerungsphase, wo Produkteinnovation und die Suche von neuen Kundensegmenten im Zentrum stehen, tun sich viele Unternehmen schwer. Etwa ein Fünftel ist mit Finanzierungsengpässen konfrontiert. Das Forschungsangebot von Hochschulen und die Projektfinanzierung von KTI oder dem europäischen Forschungs- und Entwicklungsprogramm Eurostars werden nur teilweise und oftmals erst nach längeren Vorbereitungen genutzt.

Die «Felderfahrungen» zeigen: Die verschiedenen Förderinstrumente ergänzen sich insgesamt. Entscheidend ist, dass sie bekannt gemacht und gezielt in das Unterstützungsdispositiv eingebaut werden. Dies dürfte vor allem Aufgabe regionaler Innovationssysteme sein.

Trotz dessen Stärken erweist sich das Schweizer Innovationssystem in einem zentralen Bereich als problematisch: Es ist generell auf externe Kompetenzentwicklung – insbesondere an den Hochschulen – ausgerichtet. Es fehlen Förderinstrumente für die Entwicklung von unternehmensinternen Ressourcen. Davon betroffen sind vor allem Unternehmen in der Industrialisierungs- und Erneuerungsphase. In Anbetracht des starken Strukturdrucks auf unsere Industrie müsste dieser Engpass stärker ins Zentrum der Diskussion rücken.

  1. Platinn ist eine überkantonale Initiative im Rahmen der Neuen Regionalpolitik des Bundes, getragen von den Kantonen Freiburg, Waadt, Wallis, Neuenburg, Genf und Jura. []

Zitiervorschlag: Christoph Meier (2016). Standpunkt: Nachholbedarf bei KMU-Förderung. Die Volkswirtschaft, 27. April.