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Die Pharmaindustrie hat die Frankenstärke bisher relativ gut gemeistert – nicht zuletzt auch, weil die Branche seit Jahrzehnten einem steten Strukturwandel unterworfen ist. Dennoch bestehen politische Unsicherheiten, die den Werkplatz gefährden und bereinigt werden sollten.
Thomas Cueni, Geschäftsführer Interpharma, Basel

Standpunkt

Die Aufgabe des Euromindestkurses durch die Nationalbank im Januar 2015 war zweifellos ein einschneidendes Ereignis für die Schweizer Wirtschaft. Binnen eines Tages erreichte der Franken zum ersten Mal in der Geschichte die Parität zum Euro, wodurch sich die Preise von Exportgütern und die relativen Kosten des Standorts auf einen Schlag um über ein Fünftel erhöhten. Obwohl sich der Euro-Franken-Kurs mittlerweile wieder etwas erholt hat, waren die negativen Konsequenzen der Überbewertung – rückläufige Exporte, gestiegene Standortkosten – im vergangenen Jahr nur zu klar erkennbar.

Auch die Pharmaindustrie konnte sich dem nicht entziehen. So exportierte sie beispielsweise im Jahr 2015 wertmässig erst zum zweiten Mal seit 1988 weniger als im Vorjahr (–0,7 Prozent). Da sich die Gesamtexporte mit –2,6 Prozent stärker reduzierten, stieg der Anteil der pharmazeutischen Exporte auf 34,6 Prozent. 1988 hatte dieser Anteil noch 9,5 Prozent betragen. Dass sich die Pharmabranche besser halten konnte als andere Industrien, liegt wohl auch daran, dass die Nachfrage nach lebenswichtigen Medikamenten deutlich weniger preissensitiv ist als etwa bei Produkten der Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie und bei Tourismusangeboten.

Bedeutung der Pharmabranche steigt

Allerdings hat die Erhöhung der Standortkosten einen ohnehin schon teuren Standort noch teurer gemacht. Da jeder der 42’000 Arbeitsplätze in der Pharmabranche über bei Zulieferbetrieben bezogene Vorleistungen und über Konsumausgaben der Angestellten der Pharmaunternehmen rund 3,5 weitere Stellen in der übrigen Wirtschaft schafft, ist dies auch für andere Branchen relevant. Weil die Pharmaindustrie innovativ und einem ständigen Strukturwandel unterworfen ist, leistet sie einen überdurchschnittlichen Beitrag an die Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes. Ihre Produktivität – eine Wertschöpfung von 627’000 Franken pro Arbeitsplatz – ist auch im internationalen Vergleich weit überdurchschnittlich und macht sie relativ robust gegen externe Schocks wie den starken Franken.

Der Erfolg der Pharmaindustrie, der sich in der steigenden Bedeutung für die Volkswirtschaft spiegelt, ist allerdings nicht selbstverständlich. An der Stärkung des Standortes Schweiz muss weiter gearbeitet worden. Gerade in der Pharmabranche mit ihren langen Produktzyklen brauchen Investoren Stabilität und Rechtssicherheit.

Beziehungen zur EU wichtig

In naher Zukunft gilt es deshalb wesentliche Herausforderungen zu meistern. Weil über die Hälfte der Pharmaexporte in die EU geht, ist die Sicherung der Beziehungen zur Europäischen Union zentral. Es braucht eine pragmatische und flexible Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative, welche die bilateralen Verträge nicht gefährdet. Ebenso wichtig ist die Unternehmenssteuerreform III, denn die Attraktivität des Standorts muss im internationalen Steuerwettbewerb erhalten bleiben. Ein Kernanliegen unserer Industrie ist dabei die Einführung einer Patentbox zur Förderung von Forschung und Entwicklung im Inland.

Der berühmte österreichische Ökonom Joseph Schumpeter schrieb über den Zustand einer Währung: «Nichts sagt so deutlich, aus welchem Holz ein Volk geschnitzt ist, wie das, was es währungspolitisch tut.» So gesehen ist die relative Stärke des Frankens zumindest teilweise auch das Spiegelbild einer über Jahrzehnte erfolgreich operierenden Volkswirtschaft. Geldpolitische Massnahmen können, wie der Euromindestkurs exemplarisch gezeigt hat, nur vorübergehend Einfluss auf eine Währung nehmen. Umso wichtiger ist es daher, für die hier ansässigen Unternehmen attraktive und stabile Rahmenbedingungen zu schaffen, damit die Wirtschaft auch in Zukunft prosperiert.

Zitiervorschlag: Thomas Cueni (2016). Standpunkt: Die Pharmabranche trotzt dem starken Franken. Die Volkswirtschaft, 25. Juli.