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Der Detailhandel wird digitaler und globaler. Die Politik muss die Rahmenbedingungen entsprechend anpassen.
Gabi Buchwalder, Fachverantwortliche Binnenmarkt, Interessengemeinschaft Detailhandel Schweiz (IG DHS), Direktion Wirtschaftspolitik Migros Genossenschaftsbund, Zürich

Standpunkt

Der Detailhandel als grösste privatwirtschaftliche Branche mit 370’000 Mitarbeitenden und einem direkten BIP-Anteil von 4 Prozent steckt mitten im Strukturwandel.[1] Dieser manifestiert sich beispielsweise in den Innenstädten, wo insbesondere Kleider- und Schuhläden vermehrt schliessen. Die Hauptursache dafür ist der Trend zum Onlineshopping, das weder Öffnungszeiten noch Grenzen kennt und grösste Sortimente zu tiefsten Preisen anbietet. Ein weiterer Grund ist der wachsende Einkaufstourismus. Das Ausland rechnet auch künftig mit Schweizer Kundschaft und baut in Grenznähe grosse Einkaufscenter.

Angesichts dieser Herausforderungen setzt der Detailhandel auf seine Innovationskraft. Die Digitalisierung nutzt er, um selbst ein Schweizer Onlineangebot aufzubauen. Diese Onlineplattformen dienen als Ergänzung zu den stationären Läden: Multi-Channel-Angebote ermöglichen es etwa, ein Produkt nachts zu bestellen und dieses tagsüber in einem Laden abzuholen. Und schliesslich ist es dank Big Data möglich, die Bedürfnisse der einzelnen Konsumenten mit personifiziertem Marketing besser zu erfüllen.

Doch um die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken, braucht es auch politische Massnahmen. Schliesslich ist die Branche nicht nur hinsichtlich ihres Stellenangebots, sondern auch durch ihre Milliardeninvestitionen relevant für den Arbeits- und Werkplatz Schweiz.

Handlungsbedarf besteht beispielsweise bei den Ladenöffnungszeiten. Leider hat das Parlament in der Sommersession eine nationale Lösung abgelehnt. Die geplante, moderate Regelung wäre eine gute Basis gewesen und hätte die Wettbewerbsfähigkeit des stationären Handels gestärkt gegenüber dem Ausland und dem Onlinehandel.

Beim Umweltschutz gilt es, ein gesundes Augenmass zu wahren: Der Detailhandel ist der Nachhaltigkeit verpflichtet, er zeichnet sich aus durch freiwillige, wirksame Massnahmen. Ein Beispiel ist die Rücknahme von sogenannten Polyethylen-Flaschen, die etwa für Milch und Putzmittel verwendet werden. Ein solches freiwilliges Engagement ist bei neuen Gesetzesanpassungen zu berücksichtigen.

Abschottung schadet dem Handel

Damit sich der Detailhandel weiterhin gegen die ausländische Konkurrenz behaupten kann, ist er auf konkurrenzfähige Beschaffungskosten angewiesen, wie dies beispielsweise bei Elektronikgeräten bereits der Fall ist. So werden Laptops und Handys kaum im Ausland gekauft, weil die Einkaufspreise europaweit etwa gleich sind. Doch in anderen Bereichen verteuern nicht tarifäre Handelshemmnisse die Beschaffung. Viele Konsumenten besorgen zum Beispiel Arzneimittel günstig im nahen Ausland. Deshalb sollen unproblematische Heilmittel auch bei uns frei verkäuflich sein.

Nach der Zulassung von Parallelimporten patentgeschützter Güter und der Einführung des Cassis-de-Dijon-Prinzips schwingt das Pendel nun wieder in die andere Richtung: Mehrere Volksinitiativen – etwa jene des Bauernverbandes und die Fair-Food-Initiative der Grünen – haben das Ziel, den Schweizer Agrarmarkt noch mehr abzuschotten, was die Konkurrenzfähigkeit der Branche zusätzlich schwächt.

Die Politik muss diesen Entwicklungen Leitplanken setzen. Ihre Aufgabe ist es, mit mass-, aber wirkungsvollen Regulierungen gute Rahmenbedingungen zu bieten. Von einem Rückgang des Einkaufstourismus profitieren nicht zuletzt auch die Bundesfinanzen, indem die Einnahmen bei der Mehrwert- und der Mineralölsteuer wieder steigen. Wenn wir auch in Zukunft über einen florierenden Handel verfügen wollen, gilt es, die Rahmenbedingungen jetzt wirtschafts- und konsumentenfreundlich zu gestalten.

  1. BAK Basel (2015). Die Bedeutung des Detailhandels für die Schweizer Volkswirtschaft. []

Zitiervorschlag: Gabi Buchwalder (2016). Standpunkt: Gute Rahmenbedingungen für den Handel im Wandel. Die Volkswirtschaft, 25. Juli.