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Die Überbewertung des Schweizer Frankens setzt die Hotellerie unter Druck. Am stärksten leidet darunter die Ferienhotellerie. Dennoch war 2015 noch keine Beschleunigung des Strukturwandels erkennbar.
Christophe Hans, Leiter Wirtschaftspolitik, Hotelleriesuisse, Bern

Standpunkt

Die Aufhebung des Euro-Mindestkurses traf die Hotellerie wie ein Blitzschlag aus einem bereits düsteren Himmel. Der Logiernächterückgang bei den europäischen Gästen von 9,3 Prozent im letzten Jahr verdeutlicht dies: Die Übernachtungen dieser Gruppe lagen 2015 auf dem gleichen Stand wie 1958!

Während rund 70 Prozent der Betriebe zufriedenstellende Ergebnisse ausweisen oder über die Runden kommen, kämpft rund ein Drittel aller Betriebe ums Überleben: Sie können die für die Aufrechterhaltung der Wettbewerbsfähigkeit zwingend notwendigen Renovationen und Investitionen nicht mehr tätigen. Allerdings ist diese Entwicklung nicht erst seit der Aufhebung des fixen Wechselkurses von 1.20 Franken zum Euro feststellbar. Der Trendbruch setzte bereits 2008 mit der zunehmenden Erstarkung des Frankens ein.

Der im Januar 2015 von der Nationalbank gefällte Entscheid hatte zudem eine starke psychologische Wirkung auf die europäischen sowie die einheimischen Gäste: Die Schweiz ist teurer, das nahe Ausland ist günstiger geworden.

Weniger, dafür grössere Betriebe

Dank der Optimierung von Verkaufsanstrengungen sowie dank Investitionen in die Qualität von Produkten und Servicedienstleistungen konnte das Gastgewerbe seine Produktivität seit 2009 laufend verbessern. Der stärkere Wettbewerb zwingt die Unternehmen dazu, sich klar zu positionieren, zu spezialisieren und vermehrt mit anderen Branchenakteuren zu kooperieren.

Die Zahl der Hotelbetriebe nimmt seit der Einführung der flexiblen Wechselkurse jährlich um rund 1 Prozent ab. 2015 zählte die Branche noch rund 5000 Betriebe. Gleichzeitig blieb die Anzahl angebotener Betten stabil, was auf eine Entwicklung hin zu grösseren Betrieben hindeutet. Am stärksten ausgeprägt ist dieser Trend in den Städten.

Gerade in den alpinen Regionen vollzieht sich dieser Strukturwandel trotzdem nur langsam: Ein Hauptgrund dafür ist die Tatsache, dass die geschwächte Hotellerie dort kleinstrukturiert und eigentümergeführt ist. Eine fehlende Nachfolgeregelung sowie die nicht vorhandenen Mittel für Investitionen führen dazu, dass diese Betriebe keine andere Möglichkeit sehen als deren Weiterführung. Meistens enden diese Bemühungen in einem Konkurs.

Wer einen solchen Betrieb aufkauft, sollte daher zwingend über genügend Geld sowie über ein marktfähiges Konzept verfügen. Leider werden diese Grundregeln in den wenigsten Fällen eingehalten – was in den meisten Fällen unweigerlich zum nächsten Konkurs führt.

Neben der starken Währung sind weitere Faktoren für diese Entwicklung im Tourismus verantwortlich. So führt der Klimawandel zu kürzeren und schneeärmeren Wintern sowie das Reiseverhalten der Gäste aus neuen Märkten wie China und Indien dazu, dass vermehrt Gruppenreisen mit geringen Margen für die Hoteliers unternommen werden. Zudem werden Kurzaufenthalte und Städtetrips immer beliebter.

Trotzdem: Der ungebrochene Trend hin zur Freizeitgesellschaft, die Einmaligkeit unserer Landschaft auf kleinstem Raum sowie die kulturelle Vielfalt machen die Schweiz zu einem idealen Ferienland. Diese Pluspunkte in Verbindung mit dem Unternehmergeist, der Innovationskraft sowie der Bildungsqualität in der Schweiz versprechen der Hotellerie und ihren Gästen durchaus positive Aussichten.

Zitiervorschlag: Christophe Hans (2016). Standpunkt: Hotelbranche gibt nach, bricht aber nicht ein. Die Volkswirtschaft, 25. Juli.