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Uber und Co. mischen den Taximarkt auf

App-basierte Fahrtenvermittler konkurrenzieren traditionelle Taxifahrer. Ein internationaler Vergleich zeigt, dass vielerorts mit strengeren Vorschriften und Verboten darauf reagiert wird. Doch einige Länder entwickeln angepasste Vorschriften, die neue Angebotsformen am Markt zulassen.

Uber und Co. mischen den Taximarkt auf

Fürchten sich vor der drohenden Konkurrenz: Taxifahrer demonstrieren in London gegen Uber. (Bild: Keystone)

Der Markt für Fahrdienste, welcher im 17. Jahrhundert in den Strassen von London und Paris entstand, war bis vor einigen Jahren nur wenigen Veränderungen ausgesetzt. In den meisten Fällen liess er sich in zwei Angebote unterteilen: Taxis und Limousinendienste. Letztere sind meist weniger stark reguliert, dafür dürfen sie aber auch nur eng limitierte Dienste anbieten – etwa Fahrten auf Bestellung mit vorvereinbarter Strecke und Preis. Fahrten auf Abruf per Handzeichen und Fahrten ab Standplätzen sind den wesentlich stärker regulierten Taxis vorbehalten.

Eintrittshürden im Taximarkt


Aus ökonomischer Sicht lässt sich die stärkere Regulierung bei den Taxis durch den hohen Grad an Informationsasymmetrie bei dieser Dienstleistung rechtfertigen. Bei Taxifahrten – welche meist unverzüglich vereinbart werden – verfügt der Kunde über keine Möglichkeit, die Qualität der ihm offerierten Fahrdienstleistung oder den marktüblichen Preis in Erfahrung zu bringen. Im Gegensatz zu den Fahrten auf Bestellung besteht am Strassenrand meist auch keine Möglichkeit, auf alternative Angebote auszuweichen, falls sich das offerierte Angebot als nicht zufriedenstellend entpuppt.

Die Regulierung des Taxiwesens zielt denn auch darauf ab, identifizierte Marktversagen, die etwa durch Informationsasymmetrien verursacht werden, zu lindern. Taxigesetze umfassen im Normalfall folgende Bereiche: Markteintrittsbedingungen, Lizenzierung der Anbieter (Taxiunternehmen, Fahrer, Vermittlungsdienste), Vorschriften zur Fahrerausbildung und zum Fahrzeug sowie Vorschriften zum Betrieb und dem Erscheinungsbild des Taxis. Bei den Markteintrittsbedingungen besteht jedoch die Gefahr, dass ihr primärer Zweck darin besteht, das Angebot knapp zu halten und somit den Preis, zum Nachteil der Nutzer, in die Höhe zu treiben. Taxilizenzen erzielen teils sehr hohe Wiederverkaufspreise. Dies zeigt, dass es in der Praxis durchaus zu künstlichen Angebotsverknappungen kommen kann.

Neue Transparenz bei Preis und Qualität


In den letzten Jahren war der Markt für Fahrdienste weltweit starken Veränderungen unterworfen, welche durch eine neue, effizientere Art der Fahrtenvermittlung via Smartphone-Apps ausgelöst wurden. Die App-basierte Vermittlungstechnologie ermöglicht es, Fahrten per Knopfdruck zu vereinbaren. Die neue Art der Vermittlung hat die Nachfrage nach Fahrten mit herkömmlichen, lizenzierten Taxis wesentlich reduziert.

Die grossen Vermittler von App-basierten Fahrten wie Uber und Lyft setzen meist auf die weniger stark regulierten Limousinendienste. Dabei versuchen sie die Servicequalität mittels allgemein zugänglicher Kundenbewertungen sicherzustellen. Darüber hinaus hat auch der Fahrer die Möglichkeit, das Verhalten des Fahrgasts zu bewerten. Durch diese Sanktionsmöglichkeit haben beide Seiten den Anreiz, den Erwartungen der Gegenpartei gerecht zu werden. So wird ein Teil der Regulierung, welcher bei herkömmlichen Taxifahrten zur Sicherung der Servicequalität notwendig war, überflüssig.

Auch der ungefähre Fahrtpreis für die gewählte Strecke ist bei einer App-basierten Fahrt im Voraus bekannt. Die Preistransparenz führt, zusammen mit der Möglichkeit, den Fahrdienst auf Knopfdruck zu bestellen, zu einer wesentlichen Reduktion der Such- und Transaktionskosten. Alle wichtigen Eigenschaften der Transaktion sind bereits beim Abschluss per Smartphone bekannt, und auch das Zusammenfinden von Fahrer und Fahrgast gestaltet sich dank GPS wesentlich einfacher.

Auch Privatpersonen können Taxifahrer sein


App-basierte Fahrten sind grundsätzlich nur eine effizientere Form der Fahrtenvermittlung. Die vermittelte Dienstleistung, welche anschliessend durch ein Taxi oder einen Limousinendienst durchgeführt wird, hat sich nicht wesentlich verändert. Die App-basierten Lösungen haben aber auch den Markteintritt einer neuen Form von Dienstleistern ermöglicht.

Dank intelligenter Kundenvermittlung per App ist der Eintritt in den Fahrdienstmarkt nur noch mit sehr geringen Kosten verbunden. Jeder, der über ein Smartphone und ein Fahrzeug verfügt, kann seine Dienste grundsätzlich mit minimalem Aufwand via App einem grossen Kundenstamm anbieten. Dies ermöglicht Laienfahrdienste, bei welchen Privatpersonen mit ihren Privatfahrzeugen Fahrdienstleistungen anbieten. In Europa wurden Laienfahrdienste durch das Angebot namens Uberpop bekannt, welches sich eine Zeit lang in vielen Städten neben den traditionellen Anbietern als neue Angebotsform etablierte.

Zusätzliche Laienfahrer können insbesondere bei Nachfragespitzen an gewissen Tageszeiten oder bei Grossevents von Nutzen sein. Modelle, bei denen Laienfahrer zu Stosszeiten ihre Dienste anbieten, funktionieren über finanzielle Anreize. Solche Angebotsformen sind jedoch nur möglich, wenn Laienfahrten gegen ein Entgelt, welches die reine Kostendeckung übersteigt, angeboten werden dürfen. Laienfahrten können auch dazu beitragen, dass die Fahrzeugauslastung bei Fahrten, welche ohnehin durchgeführt werden, steigt. Dank intelligenter Vermittlung ist es möglich, dass Private, beispielsweise auf dem Weg zur Arbeit, fremde Passagiere mit ähnlicher Destination mitnehmen. Den Kostenanteil des Passagiers berechnet anschliessend die App. Das sogennante Ridesharing, welches zuvor nur mit erheblichem Aufwand oder unter Kollegen möglich war, wird mit nur wenigen Klicks jedem zugänglich.

Viele Länder reagieren mit Verboten


App-basierte Fahrten sind dank preiswertem und benutzerfreundlichem Service international bei vielen Kunden beliebt. Das Aufkommen hat jedoch vielerorts zu Konflikten mit den etablierten Anbietern von lizenzierten Taxifahrten geführt. Den neuen Anbietern wird oft vorgeworfen, gesetzliche Vorschriften zu missachten und sich so ungerechtfertigte Wettbewerbsvorteile zu verschaffen.

Das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) hat mit Unterstützung der Schweizer Botschaften in verschiedenen Ländern eine Umfrage zum Thema digitale Wirtschaft durchgeführt. Diese zeigt, dass eine Vielzahl der neuen Angebote bereits wieder verschwunden ist oder stark an die lokalen Bedingungen angepasst wurde. Am stärksten betroffen sind Laienfahrtdienste wie Uberpop. Deren Vermittlungsdienstleistung wurde meist mit der Begründung, dass Vorschriften des berufsmässigen Personenverkehrs für jegliche Art von Fahrdienst gelten, per Gerichtsentscheid verboten. Wo ein solches Verbot nicht möglich war, wurde teilweise rechtlich gegen die einzelnen Fahrer vorgegangen, wodurch der Dienst wegen zu weniger Fahrer eingestellt werden musste.

Auf der Suche nach neuen Regulierungen


In den untersuchten Ländern existiert Uberpop nur noch in Dänemark und in der Schweiz, wo man solche Fahrten unter gewissen Bedingungen durchführen darf (siehe Kasten). In den meisten Fällen werden App-basierte Fahrten mittels Limousinendiensten durchgeführt, welche alle Auflagen des berufsmässigen Personentransports erfüllen. Der gewachsene Marktanteil dieser Angebotsform hat jedoch dazu geführt, dass die Regulierungsbehörden die Vorschriften für die Vermittlung und Durchführung von Limousinendiensten vermehrt überprüfen und zum Teil sogar verschärfen.

London hat zum Beispiel dieses Jahr eine neue Vorschrift erlassen, welche unter anderem vorsieht, dass Vermittler von Limousinendiensten über eine Niederlassung in London und einen 24-Stunden-Kundendienst verfügen müssen. Trotz der teils verschärften Regulierung haben sich App-Vermittlungsangebote in vielen grossen Städten etabliert. Selbst in Israel, wo es grundsätzlich nur lizenzierten Taxis erlaubt ist, Fahrdienste durchzuführen, werden App-basierte Lösungen zur Vermittlung eingesetzt.

Per App vermittelte Fahrdienstangebote breiten sich auch in weniger entwickelten Volkswirtschaften relativ rasch aus. Dies ist ein Indiz dafür, dass die neuen Vermittlungstechnologien das Marktversagen am Taximarkt  zumindest teilweise lindern können. Denn diese Länder verfügen wegen ungenügender Regulierungen und mangelhaften Vollzugs meist über schlecht funktionierende Taximärkte.

Die starken Umwälzungen im Taximarkt, welche innert kurzer Zeit stattfanden, haben viele Regulierungsbehörden zu schnellen Reaktionen, oft in Form von Verboten, bewegt. Vielerorts ist es zurzeit noch unklar, ob diese Verbote nur vorübergehende Massnahmen sind, die zum Teil wieder fallen gelassen werden, wenn neue, an die Gegebenheiten angepasste Regulierungen entstehen. Bemühungen, die bestehenden Taxigesetze zu überarbeiten, sind vielerorts auf nationaler oder lokaler Ebene im Gange. Ein Entwurf für ein neues Taxigesetz in Finnland sieht etwa vor, Laienfahrer bis zu einem jährlichen Umsatz von 10’000 Euro wieder zuzulassen.

Zitiervorschlag: Silvan Fischer (2016). Uber und Co. mischen den Taximarkt auf. Die Volkswirtschaft, 24. Oktober.

Vorschriften für Laienfahrdienste in der Schweiz

Auf Bundesebene sieht die Verordnung über die Arbeits- und Ruhezeit vor, dass gewinnbringende Laienfahrten nur einmal alle 16 Tage durchgeführt werden dürfen. Werden die Fahrten jedoch nur gegen ein kostendeckendes Entgelt angeboten, bestehen keine Beschränkungen.[1] Zudem haben die Kantone die Kompetenz, weitere Vorschriften festzulegen, um den unterschiedlichen lokalen Bedingungen besser Rechnung zu tragen. Diese unterschiedlichen lokalen Vorschriften führen dazu, dass das Angebot des Fahrtenvermittlers Uber in der Schweiz lokal variiert. Neben den professionellen Limousinendiensten vermittelt Uber in den Städten Basel, Lausanne und Zürich unter dem Namen Uberpop auch Laienfahrten. In Genf hingegen wurde aufgrund der lokalen Vorschriften dieser Dienst eingestellt. Professionelle Limousinendienste vermittelt Uber jedoch auch dort weiterhin.