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Bargeld bleibt gefragt

In der Schweiz wird weiterhin häufig bar bezahlt. Die Nationalbank stellt vertrauenswürdige Banknoten zur Verfügung. Die Wahl zwischen baren und elektronischen Zahlungsmitteln überlässt sie dabei dem Publikum.

Bargeld bleibt gefragt

Komplexe Angelegenheit: Produktion der Fünfzigernote. (Bild: SNB)

Die zunehmende Digitalisierung des Alltags macht sich auch im Zahlungsverkehr bemerkbar. Virtuelle Währungen wie Bitcoin oder bargeldlose Zahlverfahren wie das Bezahlen mittels Smartphone sind Beispiele dieser Entwicklung. Vor diesem Hintergrund mag es anachronistisch erscheinen, dass die Schweizerische Nationalbank (SNB) im April 2016 mit der Emission einer neuen Banknotenserie begann (siehe Kasten).

Warum steckt die SNB trotz den Entwicklungen im Bereich des bargeldlosen Zahlungsverkehrs weiterhin viele Ressourcen ins traditionelle Bargeld? Kurz zusammengefasst: Sie erfüllt damit einen der Aufträge des Gesetzgebers. Gleichzeitig besteht weiterhin eine rege Nachfrage nach Bargeld. Die SNB wird diesem Bedürfnis Rechnung tragen, solange es vorhanden ist.

Der gesetzliche Auftrag der SNB


Der Gesetzgeber ist unmissverständlich: Die SNB hat den Auftrag, die Bargeldversorgung in der Schweiz zu gewährleisten.[1] Dabei hat sie sich nach den Bedürfnissen des Zahlungsverkehrs zu richten.[2] Grundlage für die Erfüllung dieses Auftrags ist, dass die SNB Banknoten zur Verfügung stellt, die das Vertrauen der Bevölkerung geniessen. Für ein hohes Vertrauen ist die Fälschungssicherheit der Noten zentral.

Die Schweizer Banknoten weisen im internationalen Vergleich eine der tiefsten Fälschungsquoten auf. Im Laufe des Lebenszyklus einer Banknotenserie nimmt die Wahrscheinlichkeit aber unweigerlich zu, dass eine Note gefälscht werden kann. Für einen grösstmöglichen Schutz vor Fälschungen sind darum kontinuierliche Weiterentwicklungen der Noten unabdingbar. Dies betrifft sowohl die eingesetzte Technologie als auch das Design. Die Noten der jüngsten Serie zeigen das exemplarisch. Sie bieten eine Kombination aus modernster Sicherheitstechnologie und anspruchsvoller Gestaltung. Die SNB misst der Bereitstellung qualitativ hochwertiger Banknoten also eine grosse Bedeutung zu.

Die SNB hat aber auch den Auftrag, das Funktionieren der bargeldlosen Zahlungssysteme zu erleichtern und zu sichern.[3] Ein jederzeit reibungslos und fehlerfrei funktionierendes System zur Abwicklung bargeldloser Zahlungen spielt für eine effiziente Wirtschaft eine ebenso zentrale Rolle wie vertrauenswürdiges Bargeld. Der Auftrag widerspiegelt sich beispielsweise darin, dass die SNB als Systemmanagerin des Zahlungssystems Swiss Interbank Clearing (SIC) fungiert, worüber ein Grossteil der bargeldlosen Frankenzahlungen in der Schweiz abgewickelt wird. Die SNB versorgt dieses System mit Liquidität, bestimmt die Funktionalitäten und Abwicklungsregeln und legt den Teilnehmerkreis fest.[4]

Nachfrage des Publikums


Bar oder elektronisch bezahlen? Die SNB steht dieser Frage neutral gegenüber. Indem sie ihre gesetzlichen Aufträge erfüllt, schafft sie die Voraussetzungen, dass das Publikum im Einzelfall das bevorzugte Zahlungsmittel wählen kann.

Welches Zahlungsmittel wählt das Publikum? Ein Blick in die Vergangenheit zeigt: Nach der Gründung der SNB im Jahr 1907 ist der Bargeldumlauf in Franken relativ zur Wirtschaftsleistung bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs angestiegen (siehe Abbildung 1). Dahinter verbirgt sich zunächst die zunehmende Verdrängung von Metallmünzen durch Banknoten in den Anfangsjahren der SNB. Später erklären vor allem allgemeine kriegsbedingte Unsicherheiten, die Deflation Anfang der Zwanzigerjahre und die Weltwirtschaftskrise der Dreissigerjahre die steigende Notennachfrage.

Abb. 1: Verhältnis zwischen Notenumlauf und nominalem BIP in der Schweiz (1907–2016)




SNB, BFS / Die Volkswirtschaft

Der Rückgang seit den Sechzigerjahren widerspiegelt hauptsächlich rasante technologische Fortschritte im Bankensektor. Zu dieser Zeit verbreiteten sich Magnetbänder als Datenspeicher. Diese ermöglichten eine einfachere, schnellere und kompaktere Erfassung und Übermittlung von Finanztransaktionen. Damit konnten die Kosten von Bankkonten sowie der Abwicklung des Zahlungsverkehrs erheblich reduziert werden. Es wurde für breite Bevölkerungskreise praktikabel, Bankkonten zu eröffnen. Arbeitgeber begannen, die Löhne vermehrt aufs Konto zu überweisen und nicht mehr bar auszuhändigen. Der unmittelbare Bargeldbedarf nahm dementsprechend ab.

Bargeldnachfrage steigt nach 2008


Seit Beginn der Neunzigerjahre hat sich die Bargeldnachfrage auf einem stabilen Niveau eingependelt – dies trotz der zunehmenden Verbreitung von elektronischen Kartenlesegeräten, die es ermöglichen, alltägliche Einkäufe per Kredit- oder Debitkarte abzuwickeln. Seit 2008 ist sogar ein deutlicher Anstieg der Bargeldnachfrage zu verzeichnen. Wie lassen sich diese Entwicklungen erklären?

Der Anstieg seit 2008 steht im Zusammenhang mit der globalen Finanzkrise, ihren langwierigen Nachwirkungen und der Rolle des Bargelds als Wertaufbewahrungsmittel. Die Krise führte zeitweise zu erhöhter Unsicherheit über die Stabilität der Banken. In der Folge setzte das Publikum vermehrt auf Bargeld, um einen Teil seiner Ersparnisse ausserhalb des Bankensystems zu halten (siehe Abbildung 2). Dies gilt insbesondere für den Herbst 2008, als weltweit verschiedene Banken in Schieflage gerieten, und für die Periode zwischen Ende 2011 und Mitte 2012, als die Schuldenkrise im Euroraum zu Verunsicherung an den Finanzmärkten führte.

Die gegenwärtig erhöhte Nachfrage nach Bargeld ist zudem auch darauf zurückzuführen, dass Geld auf einem Transaktionskonto zurzeit kaum Zinsen abwirft und die Opportunitätskosten der Bargeldhaltung dementsprechend tief sind. In der Schweiz akzentuierte die Einführung des Negativzinses im Januar 2015 diese Situation. Entsprechend nahm das Wachstum der Bargeldnachfrage vorübergehend etwas zu.

Abb. 2: Banknotenumlauf: Wachstumsraten im Jahresvergleich




SNB / Die Volkswirtschaft

Cash im Alltag stark verbreitet


Die insgesamt stabile Bargeldnachfrage seit Anfang der Neunzigerjahre lässt sich allerdings nicht alleine mit der Nutzung von Bargeld als Wertaufbewahrungsmittel erklären. Bargeld wird auch heute noch oft und gerne zu Zahlungszwecken verwendet, beispielsweise zur Begleichung von Rechnungen am Postschalter oder für die Bezahlung von alltäglichen Besorgungen im Detailhandel. Ein Indiz für Letzteres ist, dass auch das Verhältnis zwischen dem Umlauf der Zehner- und der Zwanzigernote – den zwei kleinsten Nennwerten – und der Wirtschaftsleistung seit den Neunzigerjahren in etwa konstant geblieben ist (siehe Abbildung 3).

Abb. 3: Verhältnis zwischen Umlauf der Zehner- und der Zwanzigernoten und nominalem BIP




SNB / Die Volkswirtschaft

Die bis heute anhaltende Bedeutung von Bargeld im Zahlungsverkehr mag auf den ersten Blick erstaunen. Sie kann jedoch plausibel erklärt werden. So nutzen wir Bargeld im Alltag manchmal aus ganz persönlichen Gründen, beispielsweise aus Gewohnheit oder Bequemlichkeit, wegen fehlender Technik-Affinität oder für eine effektivere «Budgetkontrolle». Die Nutzung von Bargeld ist also auch auf individuelle Vorlieben zurückzuführen und hat eine psychologische Komponente.

Zuverlässigkeit und Datenschutz


Wie wird sich die Nachfrage nach Bargeld in Zukunft entwickeln? Die Vorlieben der Menschen können sich ändern. Auch werden die Möglichkeiten und die Akzeptanz bargeldloser Zahlungsmittel über die Zeit weiter zunehmen. Eine vollständige Verdrängung des Bargelds scheint jedoch unwahrscheinlich, denn bares und nicht bares Geld sind unvollkommene Substitute: Bargeld hat Eigenschaften, die bargeldlose Zahlungsmittel nicht gleichermassen aufweisen können.

Die beiden Geldtypen unterscheiden sich zunächst bei der Zuverlässigkeit: Bargeldzahlungen sind weniger stark von einer funktionierenden technischen Infrastruktur abhängig. Zudem sind sie vor fehlerhaften Verbuchungen gefeit.

Ein weiteres Plus ist der Datenschutz. Bargeld bietet Gewähr, dass die Zahlungs- und Vermögensinformationen vor unbefugter Einsicht und Missbrauch geschützt sind und die finanzielle Privatsphäre gewährleistet ist. Dies gilt im Normalfall zwar auch für bargeldlose Anwendungen. In deren Sicherheit wird von den Anbietern viel investiert, und die existierenden Systeme sind grundsätzlich als sicher einzustufen. Die Verfügbarkeit von Bargeld erlaubt es aber jedem Einzelnen, stets selbst darüber zu entscheiden, als wie sicher er diese erachtet und welchem Akteur er welche Informationen überlassen möchte.

Neben bargeldlosen Zahlungsmitteln bleibt Bargeld somit für eine effiziente Wirtschaft weiterhin bedeutsam. Bare und unbare Zahlungsmittel ergänzen sich und stiften im Zusammenspiel einen bedeutenden Nutzen für das Publikum. Es gibt plausible Argumente dafür, warum Bargeld trotz tiefgreifenden technologischen Entwicklungen weiterhin rege nachgefragt wird. Eine Nachfrage nach Bargeld wird daher auch in absehbarer Zukunft bestehen bleiben. Um die Nachfrage gemäss Gesetzesauftrag zu befriedigen, wird die SNB auch künftig fälschungssichere und qualitativ hochstehende Banknoten ausgeben.

  1. NBG Art. 5 Absatz 2 Ziffer b. []
  2. WZG Art. 7 Absatz 1. []
  3. NBG Art. 5 Absatz 2 Ziffer c. []
  4. Der Betrieb des SIC-Systems erfolgt im Auftrag der SNB durch die SIX Interbank Clearing AG. []

Zitiervorschlag: Fritz Zurbrügg (2017). Bargeld bleibt gefragt. Die Volkswirtschaft, 25. Juli.

Die neue Banknotenserie

Im April 2016 konnte die SNB mit der Fünfzigernote die erste Stückelung der neunten Banknotenserie ausgeben. Im vergangenen Mai folgte die Zwanzigernote. Die Emission der ganzen Serie soll 2019 abgeschlossen sein. Das Ziel der SNB ist es, mit den neuen Banknoten ein technologisch hochstehendes und sicheres Zahlungsmittel zur Verfügung zu stellen, in das die Bevölkerung auch in Zukunft Vertrauen haben kann.

Die neue Serie wird auch eine Tausendernote umfassen. Diese wird als effizientes Zahlungsmittel für grosse Beträge und als Wertaufbewahrungsmittel weiterhin gut genutzt. Zudem gibt es gemäss Bundesrat keine Hinweise, dass sie besonders für kriminelle Aktivitäten genutzt wird.

Gemäss aktueller Gesetzgebung können alte Banknoten nach ihrem Rückruf noch während 20 Jahren bei der SNB umgetauscht werden; danach werden sie wertlos. Im Einvernehmen mit der Nationalbank hat der Bundesrat unlängst eine Gesetzesänderung angestossen, damit alte Noten ihren Wert unbefristet behalten – wie es in den wichtigsten Industrieländern bereits übliche Praxis ist.