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Start-ups haben verschiedene Möglichkeiten, ihr geistiges Eigentum zu schützen. Doch welche Instrumente eignen sich, um die Entwicklung des Unternehmens voranzutreiben und gleichzeitig das Firmenwissen zu bewahren?
Jordi Montserrat, Mitbegründer und Leiter von Venturelab, Schlieren ZH

Standpunkt

Das geistige Eigentum von Start-ups wird oft als ihr wertvollstes Gut bezeichnet. Das gilt vor allem für jene Jungunternehmen, die primär auf Wissenschaft, Hochtechnologie und technische Innovationen setzen. Die Geschäftsleitungen müssen sich von Beginn weg mit der Frage beschäftigen, wie sich die immateriellen Vermögenswerte einer Firma am besten schützen lassen. Nicht zuletzt deshalb, weil auch potenzielle Anleger davon überzeugt werden wollen, bevor sie investieren. Entsprechend schwierig ist die Mittelbeschaffung, wenn es an einer geeigneten Strategie fehlt.

Die grösste Herausforderung besteht für Start-ups darin, neben den Erfindungen auch die künftigen Geschäftsaktivitäten des Unternehmens zu schützen. Sie müssen sich deshalb im Klaren sein, was das Ziel davon ist, sein geistiges Eigentum zu schützen. Und dieses Ziel ist: den wissenschaftlichen oder technologischen Vorsprung als Schlüsselfaktor einzusetzen, um sich von der Konkurrenz abzuheben und die Mitbewerber auf Abstand zu halten.

Unternehmer setzen Rechte an geistigem Eigentum häufig mit Patenten gleich. Letzteren wird üblicherweise ein höherer Stellenwert eingeräumt als den Urheberrechten, eingetragenen Markenzeichen und Geschäftsgeheimnissen. In einigen Bereichen wie der Entwicklung von Arzneimitteln, medizinischen Anwendungen oder neuen Werkstoffen sind Patente tatsächlich geeignet, um der Konkurrenz zu begegnen. Dies trifft zu, wenn die Erfindung für die Kundinnen und Kunden einen Mehrwert schafft oder wenn es sehr schwer ist, Alternativlösungen mit demselben Ergebnis zu finden. Sinnvoll ist dieser Ansatz auch, wenn von Wettbewerbern in Verkehr gebrachte Imitationen leicht zu identifizieren sind.

Für Start-ups sind Patente möglicherweise nicht die beste Lösung

 

 

Einen breiten Blickwinkel einnehmen

Sind diese Voraussetzungen nicht gegeben, wie dies etwa bei Produktionsverfahren oder -algorithmen der Fall ist, wird die Entwicklung einer Schutzstrategie noch komplexer. Patente sind dann möglicherweise nicht die beste Lösung, zumal Start-ups sich oft schnell weiterentwickeln und ihr Geschäftsmodell mitunter schon wenige Wochen oder Monate nach ihrer Gründung verändern. Jungunternehmen laufen somit Gefahr, Ressourcen in die Patenterstellung zu stecken, ohne nennenswerten Nutzen daraus zu ziehen. Diese Mittel wären dann besser in die Geschäftsentwick­lung investiert worden.

Vor diesem Hintergrund muss das Start-up analysieren, inwieweit sein geistiges Eigentum die Unternehmensstrategie tatsächlich unterstützt, und die Zusammensetzung des «intellektuellen Kapitals» umfassender betrachten. In die Betrachtung einfliessen sollten insbesondere die Kenntnisse und Qualifikationen der Mitarbeitenden, die privilegierten Geschäftspartnerschaften, die vertraglichen Schutzmechanismen bei Gemeinschaftsentwicklungen und alle Kriterien, die für eine Strategie zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen relevant sind.

Start-ups müssen sich aktiv um die Entwicklung einer solchen Strategie bemühen: zum Beispiel in Bezug auf ihre internen Prozesse, die Verträge mit den Mitarbeitenden und ein geeignetes Lieferantenmanagement. So können sie erreichen, dass ihre Betriebsgeheimnisse eine langfristige, solide Geschäftsgrundlage bilden.

Dass Jungunternehmen das Thema geistiges Eigentum aufgreifen müssen, steht also ausser Frage. Geklärt werden müssen aber das «Wie» und das «Wann» – und das, ohne den Gesamtüberblick zu verlieren.

Zitiervorschlag: Jordi Montserrat (2020). Standpunkt: Die richtige Strategie finden. Die Volkswirtschaft, 19. November.