Harmonisierung der schweizerischen Chemikaliengesetzgebung mit der EU
Die Revision des Chemikalienrechts wurde vom Bundesrat nach der Ablehnung des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) vom 6. Dezember 1992 initiiert. Ziel war es, das schweizerische Recht auf eine europakompatible Grundlage zu stellen und die schweizerischen Exporte anzukurbeln. Nach rund zehnjähriger Ausarbeitungszeit sind am 1. Januar 2005 das neue Chemikaliengesetz und am 1. August 2005 das entsprechende Verordnungspaket in Kraft getreten. Inzwischen hat die Europäische Gemeinschaft (EG) das Projekt «Reach» zur Totalrevision ihrer Chemikaliengesetzgebung bis 2006/07 lanciert. Eine vollständige Harmonisierung mit der EU-Gesetzgebung brächte der Schweiz zwar einfachere Verfahren und einen Abbau der Exporthürden, hätte aber auch beträchtliche Anpassungskosten zur Folge. Eine Teilharmonisierung wäre wesentlich kostengünstiger, ist jedoch von der Akzeptanz der EG abhängig.
Im Rahmen seines Programms zur marktwirtschaftlichen Erneuerung, das nach der Ablehnung des EWR-Vertrags ins Leben gerufen wurde, hat der Bundesrat beschlossen, das Chemikalienrecht – das so genannte Giftgesetz (GiftG) – von 1972 zu revidieren. Ziele der Revision waren insbesondere: – die Anpassung an den aktuellen Stand der Wissenschaft und Forschung auf internationaler Ebene; – das Erreichen eines hohen Harmonisierungsgrads mit der EU-Chemikaliengesetzgebung, um technische Handelshemmnisse zu vermeiden; – eine Flexibilisierung der Gesetzgebung, um rasch auf die internationale Entwicklung reagieren zu können. Für mehr Informationen zu den Änderungsvorschlägen siehe das Portal zu EU-Politik www.euractiv.com
Neues schweizerisches Chemikalienrecht
Das Bundesgesetz über den Schutz vor gefährlichen Stoffen und Zubereitungen (Chemikaliengesetz, ChemG) wurde am 15. Dezember 2000 von der Bundesversammlung gutgeheissen. Zusammen mit dem Umweltschutzgesetz (USG), dem Arbeitsgesetz (ArG) und dem Unfallversicherungsgesetz (UVG) bildet es den notwendigen gesetzlichen Rahmen für den Schutz von Gesundheit und Umwelt in Zusammenhang mit der Verwendung und dem Inverkehrbringen von Chemikalien. Die Ausführung des ChemG wird durch neun Verordnungen präzisiert, die im Rahmen des Projekts Ausführungsrecht zum Chemikaliengesetz (Parchem) ausgearbeitet wurden (siehe Kasten 1). Das ChemG ist am 1. Januar 2005 in Kraft getreten und das entsprechende Verordnungspaket am 1. August 2005. Das Chemikaliengesetz regelt die Gesamtheit der Aktivitäten in Zusammenhang mit der Verwendung und dem Inverkehrbringen von chemischen Stoffen, Zubereitungen Zubereitungen sind Gemenge, Gemische und Lösungen, die aus zwei oder mehreren Stoffen bestehen (Art. 4 ChemG). und Gegenständen, die gefährliche Stoffe und Zubereitungen enthalten.
Inverkehrbringen von alten und neuen Stoffen
Das Gesetz übernimmt die Unterscheidung der EG zwischen alten und neuen Stoffen und Zubereitungen. Unter «alten Stoffen» versteht man all jene Stoffe, die vor 1981 auf dem EU-Markt in Verkehr gebracht wurden und im EU-Altstoffverzeichnis European Inventory of Existing Commercial Substances (Einecs) vermerkt sind; sie umfasst rund 100000 Stoffe. Bis zu diesem Zeitpunkt waren nur wenige Tests für das Inverkehrbringen chemischer Stoffe erforderlich. «Neue Stoffen» sind all jene Stoffe, die nach 1981 in Verkehr gebracht wurden. Seither kam es zu einer Zunahme der Vorschriften über die Anmeldung neuer Stoffe, und es sind mehr Tests erforderlich. Hersteller und Importeure können Altstoffe in eigener Verantwortung in Verkehr bringen. Das ChemG führt somit das Prinzip der Selbstkontrolle ein und verlagert wichtige Aufgaben von den Behörden auf die Hersteller von chemischen Stoffen und Zubereitungen. Es obliegt den Herstellern und Importeuren, die Stoffe und Zubereitungen zu beurteilen, einzustufen, zu verpacken und zu kennzeichnen sowie dafür zu sorgen, dass diese das Leben und die Gesundheit nicht gefährden, wenn sie in Verkehr gebracht werden. Das Inverkehrbringen neuer Stoffe unterliegt hingegen einer Anmeldepflicht. Das Anmeldeverfahren wurde nach dem geltenden europäischen Verfahren konzipiert. Die Anmelderin muss eine technische Beschreibung vorlegen, die – neben Prüfberichten zur Beurteilung der Gefährlichkeit der Stoffe – einen Vorschlag für die Einstufung und Kennzeichnung der Stoffe beinhaltet. Bei gefährlichen Stoffen ist ein Sicherheitsdatenblatt und gegebenenfalls ein Bericht über die Beurteilung der Risiken in Zusammenhang mit der Verwendung des Stoffes beizufügen. Art. 18 ChemV. Das Dossier wird von der Beurteilungsstelle geprüft. Diese kann in gewissen Fällen Ergänzungen und Berichtigungen verlangen. Daraufhin wird das Dossier an die Anmeldestelle weitergeleitet. Wird die Anmeldung angenommen, kann der neue Stoff in Verkehr gesetzt werden.
Einstufung und Kennzeichnung
Für die Einstufung und Kennzeichnung der Stoffe und Zubereitungen wird das System der EG übernommen (Gefahrensymbole, Gefahrenbezeichnungen und Gefährdungskategorien). Dieses löst das bisherige System mit drei verschiedenfarbigen Giftbändern und fünf Giftklassen ab. Die neue Kennzeichnung dürfte die Information und den Schutz der Konsumentinnen und Konsumenten verbessern. Botschaft des Bundesrates vom 24. November 1999, S. 721f.
Umgang mit Chemikalien
Das ChemG vereinfacht und liberalisiert die Vorschriften für den Umgang mit Chemikalien. Waren unter dem GiftG Bewilligungen für den Umgang mit Chemikalien erforderlich, liegt das Schwergewicht unter dem ChemG auf der Sachkenntnis und der Weitergabe von Informationen. Jede Person soll in Eigenverantwortung und unter Beachtung der Abgabevorschriften chemische Stoffe und Zubereitungen abgeben dürfen, ohne dass die Abnehmer eine behördliche Bewilligung vorweisen müssen. Besonders gefährliche Stoffe dürfen hingegen nur durch sachkundige Personen abgegeben werden und sind vom freien Handel ausgeschlossen. Krebserregende, erbgutverändernde oder fortpflanzungsgefährdende Stoffe (sog. CMR-Stoffe) gemäss Art. 79 ChemV und Anhang 1.10 ChemRRV. Diese Personen müssen die Abnehmer über die möglichen Risiken in Zusammenhang mit dem Umgang der Stoffe und Zubereitungen aufklären. Diese Liberalisierungsmassnahmen in Bezug auf die Verwendung und das Inverkehrbringen von Chemikalien sollten keine Verminderung des Konsumentenschutzes zur Folge haben. Denn neben dem Sanktionssystem des ChemG übt auch das Bundesgesetz über die Produktehaftpflicht (PrHG) von 1993 einen gewissen Druck auf die Hersteller aus, ihrer Verpflichtung zur Selbstkontrolle tatsächlich nachzukommen. Ausserdem dürfte das neue Kennzeichnungssystem, das Gefahrenhinweise und Empfehlungen für den Umgang enthält, den Käufer ebenfalls besser informieren.
Neue EU-Chemikaliengesetzgebung Reach und das Schweizer System
Das neue EU-Chemikalienrecht «Registration, Evaluation, Authorisation and Restrictions of Chemicals» (Reach) ist ein gross angelegtes Projekt, dass 2001 von der Europäischen Kommission mit der Herausgabe eines Weissbuchs über die Chemikalienpolitik lanciert wurde. Die Informationen über den Verordnungsentwurf Reach sind zwei Berichten der Europäischen Kommission entnommen: «Reach in brief» vom 15.09.2004 und «The Reach proposal, Process description» vom Juni 2004. Am 29. Oktober 2003 wurde der Verordnungsentwurf von der Kommission angenommen. Rund 40 bestehende Richtlinien und Verordnungen über Chemikalien sollen in der Reach-Verordnung durch einen einzigen Gesetzestext abgelöst werden. Der Entwurf wird zurzeit im Europäischen Parlament und im Ministerrat beraten. Auch wenn die Änderungsvorschläge von Seiten beider Gremien8, aber auch der Wirtschaftslobbies Z. B. das European Chemical Industry Council (Cefic), der auch die Schweizerische Gesellschaft für Chemische Industrie (SGCI) angehört. Für mehr Informationen siehe Internet: www.cefic.org , Rubrik «EU Chemical Policy Review (Reach)». noch zahlreich sind, ist das Projekt Reach in seinen Grundzügen nicht in Frage gestellt. Es schien uns deshalb interessant, den Verordnungsentwurf von 2003 mit der schweizerischen Gesetzgebung zu vergleichen und die wirtschaftlichen Folgen einer allfälligen Harmonisierung mit dem Reach-System zu identifizieren.
Registrierung von chemischen Produkten
Reach sieht vor, dass ein Hersteller oder Importeur für neue oder alte chemische Stoffe in Mengen von einer Tonne pro Jahr oder mehr ein Registrierungsdossier bei der Europäischen Chemikalienagentur einreichen muss. Ähnlich wie im schweizerischen System soll das Registrierungsdossier Angaben über die Eigenschaften, die Verwendung und die Einstufung der Stoffe sowie den sicheren Umgang enthalten. Für die Registrierung von Stoffen, die in Mengen ab zehn Tonnen pro Jahr hergestellt oder eingeführt werden, ist ein Stoffsicherheitsbericht erforderlich, was eine Reihe von zusätzlichen Tests und Expositionsszenarios voraussetzt. Die Registrierungsfristen für alte Stoffe liegen – je nach geplanter Produktions-/Importmenge – zwischen drei und elf Jahren. Reach sieht für die Registrierungsphase die Schaffung von Foren und Konsortien vor. Registrierungspflichtige, welche den gleichen Stoff registrieren möchten, können ihre Testinformationen austauschen, um Doppeltierversuche zu vermeiden. Damit könnten die Testkosten für die Stoffregistrierung proportional zur Zahl der Forumsteilnehmer gesenkt werden Für mehr Informationen zu den Änderungsvorschlägen siehe das Portal zu EU-Politik www.euractiv.com , Rubrik «Umwelt», «Abstimmung über Reach: Umweltausschuss unter Beschuss» (5. Oktober 2005).
9 Z. B. das European Chemical Industry Council (Cefic), der auch die Schweizerische Gesellschaft für Chemische Industrie (SGCI) angehört. Für mehr Informationen siehe Internet: www.cefic.org , Rubrik «EU Chemical Policy Review (Reach)».
10 Wenn fünf Gesellschaften am Substance Information Exchange Forum (Sief) teilnehmen, könnten die Testkosten durch fünf geteilt werden. Für einen Stoff, der in einer Menge von 10-100t/Jahr hergestellt wird, liessen sich die ursprünglichen Kosten pro Unternehmen von 73100 Euro auf 14600 Euro senken. Quelle: GD Umwelt, August 2005.
11 Siehe www.euractiv.com , Rubriken «Umwelt», «Chemikalien: Minister streben Einigung für November an» (17. Oktober 2005).
12 Produzenten, die Chemikalien zur Herstellung ihrer Erzeugnisse verwenden, z.B. die Hersteller von Lacken und Kosmetika.
13 Stoffsicherheitsbericht (Chemical Safety Report, CSR) oder Stoffsicherheitsbeurteilung (Chemical Safety Assessment, CSA).
14 Die Beurteilungsstellen vereinen die Sachkenntnis verschiedener Bundesämter in Sachen Gesundheitsschutz (BAG), Umweltschutz (Buwal) und Arbeitnehmerschutz (seco). Stellt eine Beurteilungsstelle fest, dass die Unterlagen unvollständig oder fehlerhaft sind oder dass für eine Beurteilung der mit dem Stoff verbundenen Gefahren zusätzliche Angaben oder Prüfungen erforderlich sind, so teilt sie dies der Anmeldestelle mit. Diese fordert die Herstellerin oder Alleinvertreterin zur Ergänzung oder Berichtigung auf (Art. 28-29 ChemV).
Vergleich mit der Schweiz
Laut Reach müssen sowohl Neuals auch Altstoffe registriert werden. Unter dem ChemG hingegen müssen einzig die Neustoffe registriert werden, während die Altstoffe der Selbstkontrolle unterliegen. In der EU werden schätzungsweise 30000 Altstoffe in einer Menge von über einer Tonne pro Jahr hergestellt. Die Registrierung dieser Stoffe stellt die wichtigste Kostenfolge von Reach für die chemische Industrie dar. Schätzungen der Europäischen Kommission zufolge werden sich die Registrierungskosten in einer Spanne von 12400 Euro für die kleinsten und 250000 Euro für die grössten Produktionsvolumina bewegen (siehe Tabelle 2). Die aktuellen Diskussionen im Europäischen Parlament und im Ministerrat gehen in Richtung einer Reduktion der erforderlichen Daten und Testreihen zur Registrierung von Substanzen, um die Kosten zu reduzieren. Für mehr Informationen zu den Änderungsvorschlägen siehe das Portal zu EU-Politik www.euractiv.com , Rubrik «Umwelt», «Abstimmung über Reach: Umweltausschuss unter Beschuss» (5. Oktober 2005).
9 Z. B. das European Chemical Industry Council (Cefic), der auch die Schweizerische Gesellschaft für Chemische Industrie (SGCI) angehört. Für mehr Informationen siehe Internet: www.cefic.org , Rubrik «EU Chemical Policy Review (Reach)».
10 Wenn fünf Gesellschaften am Substance Information Exchange Forum (Sief) teilnehmen, könnten die Testkosten durch fünf geteilt werden. Für einen Stoff, der in einer Menge von 10-100t/Jahr hergestellt wird, liessen sich die ursprünglichen Kosten pro Unternehmen von 73100 Euro auf 14600 Euro senken. Quelle: GD Umwelt, August 2005.
11 Siehe www.euractiv.com , Rubriken «Umwelt», «Chemikalien: Minister streben Einigung für November an» (17. Oktober 2005).
12 Produzenten, die Chemikalien zur Herstellung ihrer Erzeugnisse verwenden, z.B. die Hersteller von Lacken und Kosmetika.
13 Stoffsicherheitsbericht (Chemical Safety Report, CSR) oder Stoffsicherheitsbeurteilung (Chemical Safety Assessment, CSA).
14 Die Beurteilungsstellen vereinen die Sachkenntnis verschiedener Bundesämter in Sachen Gesundheitsschutz (BAG), Umweltschutz (Buwal) und Arbeitnehmerschutz (seco). Stellt eine Beurteilungsstelle fest, dass die Unterlagen unvollständig oder fehlerhaft sind oder dass für eine Beurteilung der mit dem Stoff verbundenen Gefahren zusätzliche Angaben oder Prüfungen erforderlich sind, so teilt sie dies der Anmeldestelle mit. Diese fordert die Herstellerin oder Alleinvertreterin zur Ergänzung oder Berichtigung auf (Art. 28-29 ChemV). Auf Schweizer Ebene wurden die Kosten, welche eine Registrierung der Altstoffe mit sich brächte, noch nicht geschätzt. Es ist aber davon auszugehen, dass diese in etwa den Schätzungen der Europäischen Kommission entsprechen würden. Allerdings wäre die Schweizer Industrie kurzfristig mit den Kosten einer Doppelregistrierung konfrontiert, solange die Schweiz und die EG ihre Registrierungsverfahren nicht gegenseitig anerkennen. Das ChemG sieht keine Schaffung von Foren und Konsortien vor; das bedeutet allerdings nicht, dass die Schweiz einen Alleingang macht (siehe Kasten 2). Bei einer Harmonisierung mit der europäischen Gesetzgebung über die Altstoffe wäre es vorteilhaft, wenn die Schweiz frei wäre, an solchen Foren teilzunehmen, könnte doch der Datenaustausch die Registrierungskosten für die Chemieunternehmen senken.
Informationsfluss entlang der Verwendungskette
Das Projekt Reach sieht vor, dass der nachgeschaltete Anwender Für mehr Informationen zu den Änderungsvorschlägen siehe das Portal zu EU-Politik www.euractiv.com , Rubrik «Umwelt», «Abstimmung über Reach: Umweltausschuss unter Beschuss» (5. Oktober 2005).
9 Z. B. das European Chemical Industry Council (Cefic), der auch die Schweizerische Gesellschaft für Chemische Industrie (SGCI) angehört. Für mehr Informationen siehe Internet: www.cefic.org , Rubrik «EU Chemical Policy Review (Reach)».
10 Wenn fünf Gesellschaften am Substance Information Exchange Forum (Sief) teilnehmen, könnten die Testkosten durch fünf geteilt werden. Für einen Stoff, der in einer Menge von 10-100t/Jahr hergestellt wird, liessen sich die ursprünglichen Kosten pro Unternehmen von 73100 Euro auf 14600 Euro senken. Quelle: GD Umwelt, August 2005.
11 Siehe www.euractiv.com , Rubriken «Umwelt», «Chemikalien: Minister streben Einigung für November an» (17. Oktober 2005).
12 Produzenten, die Chemikalien zur Herstellung ihrer Erzeugnisse verwenden, z.B. die Hersteller von Lacken und Kosmetika.
13 Stoffsicherheitsbericht (Chemical Safety Report, CSR) oder Stoffsicherheitsbeurteilung (Chemical Safety Assessment, CSA).
14 Die Beurteilungsstellen vereinen die Sachkenntnis verschiedener Bundesämter in Sachen Gesundheitsschutz (BAG), Umweltschutz (Buwal) und Arbeitnehmerschutz (seco). Stellt eine Beurteilungsstelle fest, dass die Unterlagen unvollständig oder fehlerhaft sind oder dass für eine Beurteilung der mit dem Stoff verbundenen Gefahren zusätzliche Angaben oder Prüfungen erforderlich sind, so teilt sie dies der Anmeldestelle mit. Diese fordert die Herstellerin oder Alleinvertreterin zur Ergänzung oder Berichtigung auf (Art. 28-29 ChemV). die vorgeschalteten Hersteller und Importeure so rasch wie möglich über die Gefährlichkeit eines Stoffes informiert. Er kann entweder bestimmte von den Herstellern oder Importeuren für die Registrierung ausgeführte Tests übernehmen Für mehr Informationen zu den Änderungsvorschlägen siehe das Portal zu EU-Politik www.euractiv.com , Rubrik «Umwelt», «Abstimmung über Reach: Umweltausschuss unter Beschuss» (5. Oktober 2005).
9 Z. B. das European Chemical Industry Council (Cefic), der auch die Schweizerische Gesellschaft für Chemische Industrie (SGCI) angehört. Für mehr Informationen siehe Internet: www.cefic.org , Rubrik «EU Chemical Policy Review (Reach)».
10 Wenn fünf Gesellschaften am Substance Information Exchange Forum (Sief) teilnehmen, könnten die Testkosten durch fünf geteilt werden. Für einen Stoff, der in einer Menge von 10-100t/Jahr hergestellt wird, liessen sich die ursprünglichen Kosten pro Unternehmen von 73100 Euro auf 14600 Euro senken. Quelle: GD Umwelt, August 2005.
11 Siehe www.euractiv.com , Rubriken «Umwelt», «Chemikalien: Minister streben Einigung für November an» (17. Oktober 2005).
12 Produzenten, die Chemikalien zur Herstellung ihrer Erzeugnisse verwenden, z.B. die Hersteller von Lacken und Kosmetika.
13 Stoffsicherheitsbericht (Chemical Safety Report, CSR) oder Stoffsicherheitsbeurteilung (Chemical Safety Assessment, CSA).
14 Die Beurteilungsstellen vereinen die Sachkenntnis verschiedener Bundesämter in Sachen Gesundheitsschutz (BAG), Umweltschutz (Buwal) und Arbeitnehmerschutz (seco). Stellt eine Beurteilungsstelle fest, dass die Unterlagen unvollständig oder fehlerhaft sind oder dass für eine Beurteilung der mit dem Stoff verbundenen Gefahren zusätzliche Angaben oder Prüfungen erforderlich sind, so teilt sie dies der Anmeldestelle mit. Diese fordert die Herstellerin oder Alleinvertreterin zur Ergänzung oder Berichtigung auf (Art. 28-29 ChemV). oder die Analysen selbst ausführen. Will er hingegen den Stoff auf eine Weise verwenden, die nicht vom Hersteller oder Importeur vorgesehen ist, muss er die Tests selbst vornehmen und die Ergebnisse (Sicherheitsberichte) der Agentur übermitteln. Dabei hat er das Recht, die neue Verwendung des Stoffes vertraulich zu halten.
Vergleich mit der Schweiz
Unter dem ChemG hat der nachgeschaltete Anwender keine Mitteilungspflicht gegenüber den vorgeschalteten Akteuren. Bei einer Harmonisierung würde sich die Einführung dieses neuen Bottom-Up-Ansatzes sowie einer Reihe neuer Anforderungen an die nachgestellten Anwender aufdrängen. Die sich daraus für die nachgeschalteten Anwender ergebenden Kosten dürften – insbesondere was die Erstellung von Sicherheitsberichten für neue Verwendungen angeht – beträchtlich sein. Zudem fehlt es den nachgeschalteten Anwendern meist an Mitteln und Sachkenntnis.
Bewertung
Im Bewertungsverfahren beurteilen die zuständigen Behörden die Testvorschläge der Industrie, prüfen die Registrierungsdossiers auf Übereinstimmung mit den Anforderungen und untersuchen die Stoffe, von denen eine Gefahr für Umwelt und Gesundheit ausgehen könnte.
Vergleich mit der Schweiz
Dieses Verfahren ist der Vorgehensweise der Beurteilungsstellen Für mehr Informationen zu den Änderungsvorschlägen siehe das Portal zu EU-Politik www.euractiv.com , Rubrik «Umwelt», «Abstimmung über Reach: Umweltausschuss unter Beschuss» (5. Oktober 2005).
9 Z. B. das European Chemical Industry Council (Cefic), der auch die Schweizerische Gesellschaft für Chemische Industrie (SGCI) angehört. Für mehr Informationen siehe Internet: www.cefic.org , Rubrik «EU Chemical Policy Review (Reach)».
10 Wenn fünf Gesellschaften am Substance Information Exchange Forum (Sief) teilnehmen, könnten die Testkosten durch fünf geteilt werden. Für einen Stoff, der in einer Menge von 10-100t/Jahr hergestellt wird, liessen sich die ursprünglichen Kosten pro Unternehmen von 73100 Euro auf 14600 Euro senken. Quelle: GD Umwelt, August 2005.
11 Siehe www.euractiv.com , Rubriken «Umwelt», «Chemikalien: Minister streben Einigung für November an» (17. Oktober 2005).
12 Produzenten, die Chemikalien zur Herstellung ihrer Erzeugnisse verwenden, z.B. die Hersteller von Lacken und Kosmetika.
13 Stoffsicherheitsbericht (Chemical Safety Report, CSR) oder Stoffsicherheitsbeurteilung (Chemical Safety Assessment, CSA).
14 Die Beurteilungsstellen vereinen die Sachkenntnis verschiedener Bundesämter in Sachen Gesundheitsschutz (BAG), Umweltschutz (Buwal) und Arbeitnehmerschutz (seco). Stellt eine Beurteilungsstelle fest, dass die Unterlagen unvollständig oder fehlerhaft sind oder dass für eine Beurteilung der mit dem Stoff verbundenen Gefahren zusätzliche Angaben oder Prüfungen erforderlich sind, so teilt sie dies der Anmeldestelle mit. Diese fordert die Herstellerin oder Alleinvertreterin zur Ergänzung oder Berichtigung auf (Art. 28-29 ChemV). 4 für die Anmeldungen unter der schweizerischen Chemikalienverordnung (ChemV) vergleichbar.
Zulassung
Für bestimmte gefährliche Stoffe sieht das Reach-System ein zusätzliches Zulassungsverfahren vor (siehe Kasten 3). Die Antragsteller müssen in einem Bericht nachweisen, dass die Risiken im Zusammenhang mit der Verwendung der betreffenden Stoffe beherrschbar sind und die sozio-ökonomischen Vorteile überwiegen. Zudem muss auch die Verwendung von Alternativstoffen oder -technologien geprüft werden. Birgt die Verwendung des Stoffes grosse Risiken und existiert ein geeigneter Alternativstoff – unter Berücksichtigung von Kosten, Verfügbarkeit, Wirksamkeit und Risiko -, so ist es wahrscheinlich, dass die Zulassung abgelehnt wird.
Vergleich mit der Schweiz
Ausser für Biozidprodukte und Pflanzenschutzmittel ist laut ChemG kein eigentliches Zulassungsverfahren für eine bestimmte Art von gefährlichen Stoffen vorgesehen. Indessen können die Beurteilungsstellen im Rahmen des schweizerischen Anmeldeverfahrens vom Antragsteller zusätzliche Angaben oder Prüfungen verlangen, wenn sie dies für die Beurteilung der mit dem Stoff verbundenen Gefahren als notwendig erachten (Art. 29 ChemV). Somit sieht das schweizerische Anmeldesystem implizit ein Zulassungssystem vor, das jenem von Reach entspricht. Die bei einer Harmonisierung mit Reach notwendige Angleichung des ChemG würde somit vor allem die Form und weniger den Inhalt des Anmeldeverfahrens betreffen.
Beschränkung
Alle Stoffe, Zubereitungen oder in Erzeugnissen enthaltene Stoffe können Beschränkungen unterworfen werden, wenn die Risiken nachweislich nicht angemessen beherrschbar sind. Die Entscheidungsfindung erfolgt im Rahmen eines Ausschussverfahrens, das unter anderem die Mitgliedstaaten, die Kommission und die Betroffenen einschliesst.
Vergleich mit der Schweiz
Die schweizerische Chemikalien-Risikoreduktions-Verordnung (ChemRRV) regelt das Inverkehrbringen von und den Umgang mit Chemikalien mit besonders grossem Gefahrenpotenzial für Mensch oder Umwelt. Die Einschränkungen und Verbote der ChemRRV entsprechen denjenigen des Reach-Entwurfs. Die Verordnung sieht allerdings kein Ausschussverfahren zur Beschlussfassung über Einschränkungen oder Verbote vor. Doch auch hier handelt es sich mehr um einen formalen als um einen grundsätzlichen Unterschied.
Szenarien für eine Harmonisierung mit Reach
Vollständige Übernahme des Gemeinschaftsrechts
Die Schweiz könnte das EU-Chemikalienrecht vollständig übernehmen. Ausserdem würde sie wie die EU-Mitgliedstaaten in den verschiedenen Kontrollorganen über die Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe mitwirken. Ein derartiges Szenario setzt allerdings zumindest die Unterzeichnung eines Abkommens mit der EU voraus, welches der Schweiz in diesem Bereich mehr oder weniger die gleichen Rechte wie den EU-Mitgliedstaaten einräumen würde. Ein EU-Beitritt steht nicht auf der Tagesordnung. Der Abschluss eines allfälligen Sondervertrags mit der EU über die Chemikalien müsste wohl im Rahmen einer neuen Serie von bilateralen Verträgen mit der EU erfolgen, was ebenfalls nicht vorgesehen ist. Neben den politischen Implikationen gilt es auch die wirtschaftlichen Folgen einer vollständigen Harmonisierung zu berücksichtigen. Vorteile wären etwa eine Marktöffnung, eine Liberalisierung des Chemikalienhandels mit der EU und ein Abbau der technischen Handelshemmnisse (z.B. Vermeidung einer Verdoppelung der Stoffanmeldungen). Eine Vollharmonisierung würde aber auch bedeutende Mehrkosten für die Industrie und für die öffentliche Hand nach sich ziehen, etwa auf Grund der notwendigen Registrierung der Altstoffe und der Zwischenprodukte oder der Mitteilungspflicht der nachgeschalteten Anwender gegenüber den vorgeschalteten Akteuren. Zurzeit fehlt es leider an Studien über die zu erwartenden Kosten einer solchen Harmonisierung. Nach der Verabschiedung von Reach wird es unerlässlich sein, eine entsprechende Kosten-/Nutzenanalyse zu erstellen.
Teilweise Übernahme
Bei diesem Szenario würde die Schweiz nur einen Teil des EU-Rechts übernehmen und nur beschränkt am EU-Kontrollsystem teilnehmen. Die Schweiz könnte beschliessen, die Registrierung von Altstoffen nicht mit der EU zu harmonisieren. Dies würde den schweizerischen Unternehmen erlauben, einen der wichtigsten Kostenpunkte von Reach teilweise zu umgehen. Die Chemieindustrie müsste allerdings für die Produkte, welche sie in die EU exportiert, dennoch das fragliche Registrierungsverfahren durchlaufen. Immerhin würde sich dieses Verfahren für das Inverkehrbringen von Produkten in der Schweiz oder im aussereuropäischen Markt erübrigen. Was die Neuprodukte angeht, ist das ChemG bereits heute praktisch mit Reach harmonisiert. Zur Vermeidung einer Verdoppelung der Registrierungstests könnte die Schweiz die gegenseitige Anerkennung der Anmeldeverfahren im Rahmen des Abkommens über die gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen (MRA) aushandeln. Ende Februar 2005 hat die Schweiz der EG vorgeschlagen, das MRA mit einem Kapitel zur gegenseitigen Anerkennung der Anmeldungen und Zulassungen von neuen bioziden Stoffen und Substanzen zu ergänzen. Der Schwerpunkt liegt deshalb auf den neuen bioziden Substanzen, weil das bestehende EG-Recht in diesem Bereich praktisch unverändert in Reach eingeflossen ist. Die Gespräche sind momentan im Gang. Mit einer solchen Harmonisierung «à la carte» könnten sowohl die Handelshemmnisse als auch die Harmonisierungskosten auf ein Mindestmass begrenzt werden. Allerdings hängt eine solche Lösung von der Akzeptanz der EG ab. Es ist momentan nur schwer abzuschätzen, inwiefern die EG bereit wäre, Verhandlungen in diesem Sinne mit der Schweiz aufzunehmen, und ob solche Vorschläge in den Verhandlungen eine reelle Chance hätten.
Kasten 1: Die neun Parchem-Verordnungen – Chemikalienverordnung (ChemV);- Chemikalien-Risikoreduktions-Verordnung (ChemRRV);- PIC-Verordnung (ChemPICV);- Biozidprodukteverordnung (VBP);- Pflanzenschutzmittelverordnung (PSMV), basierend auch auf dem Landwirtschaftsgesetz (LVG);- Verordnung über die Gute Laborpraxis (GLPV);- Chemikaliengebührenverordnung (ChemGebV);- Verordnung über die Aufhebung und Änderung von Verordnungen im Zusammenhang mit dem Inkrafttreten des Chemikaliengesetzes;- Verordnung über die vollständige Inkraftsetzung des Chemikaliengesetzes.
Kasten 2: Foren und Konsortien: Teilnahme der Schweiz Die Schweizerische Gesellschaft für Chemische Industrie (SGCI) hat bereits an Konsortien im Rahmen von Programmen über so genannte High Production Volume Chemicals (HPVC) der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) teilgenommen. Zudem hat sie im Oktober 1998 den International Council of Chemical Associations (ICCA) lanciert. Die SGCI hat die Industrie dazu angehalten, die OECD über die Evaluation der Gefährlichkeit von rund 1000 Substanzen zu informieren. Der Informationsaustausch geschieht im Rahmen von internationalen Konsortien.aGemäss SGCI ist die Effizienz der Konsortien beschränkt. Einzelne Firmen haben die Durchführung eigener Tests trotz entstandener Mehrkosten der Teilnahme an Konsortien vorgezogen. Folgende Gründe führten dazu:- die Vorgehensweise und der breite Zugang zu den Daten;- der Umgang mit der Vertraulichkeit der Daten;- die Konkurrenz zwischen den Teilnehmern.
Kasten 3: Stoffgruppen mit speziellem Zulassungsverfahren – Krebserregende, erbgutverändernde und fortpflanzungsschädigende Substanzen (so genannte CMR-Stoffe);- Persistente, bioakkumulierbare und toxische Stoffe oder sehr persistente und sehr bioakkumulierbare Stoffe (so genannte PBT-Stoffe bzw. vPs/vBs); – Stoffe, die ernsthafte und irreversible Auswirkungen auf Gesundheit und Umwelt haben können.
Zitiervorschlag: Salamé Guex, Françoise (2005). Harmonisierung der schweizerischen Chemikaliengesetzgebung mit der EU. Die Volkswirtschaft, 01. November.