Suche

Abo

E-Simplification – administrative Vereinfachungen im E-Government

E-Government schafft neue, bisher ungeahnte Möglichkeiten für Dienstleistungsorientierung, Bürgerbeteiligung, Produktivität und Wirtschaftlichkeit im öffentlichen Sektor. Mit E-Simplification und den geplanten Massnahmen des Bundes sollen Privatpersonen und insbesondere Unternehmen schnellere, unkompliziertere und kostengünstigere Dienstleistungen erhalten. Für die Zusammenarbeit mit den Kantonen, den Gemeinden und der Wirtschaft will der Bund neue Rahmenbedingungen schaffen – nicht zuletzt, um die Attraktivität des Standortes Schweiz zu erhöhen.

Unternehmen werden durch E-Simplification wesentlich von nicht wertschöpfender Arbeit entlastet (vgl. Kasten 1 Was umfasst E-Government?

E-Government kann definiert werden als «die Abwicklung geschäftlicher Prozesse im Zusammenhang mit Regieren und Verwalten (Government) mit Hilfe von Informations- und Kommunikationstechniken über elektronische Medien».a) Der Bereich E-Government kann – je nach betrachteten Dimensionen – nach bestimmten Aspekten gegliedert werden:

– Interaktionsebenen (Information, Kommunikation, Transaktion);

– betroffene Staatsgewalten (E-Administration für den Bereich von Regierung und Verwaltung, E-Democracy für den Bereich der Legislative, E-Justice für den Bereich der Rechtsprechung);

– beteiligte Akteure (staatliche Institutionen, Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen). Interaktion

Gemäss Definition der E-Government- Strategie des Bundes vom 13. Februar 2002 umfasst die Interaktion folgende Stufen:

– Information: Bereitstellung von statischen oder dynamischen Informationen.

– Kommunikation: Austausch von Informa-tionen zwischen einzelnen Akteuren oder Gruppen.

– Transaktion: Abwicklung elektronischer Dienstleistungen zwischen einzelnen Akteuren oder Gruppen (Erbringung von Dienstleistungen, Auslösung von Prozessen usw.).

Das grösste Potenzial für Effizienzsteigerungen im Verkehr zwischen Verwaltung und Unternehmen liegt klar im Bereich der Transaktionen.

a) Definition des Forschungsinstituts für öffentliche Verwaltung der Universität Speyer. Internet: www.foev-speyer.de/ruvii, Speyerer Definition von Electronic Government. ). Ein Grossteil der wichtigsten administrativen Arbeiten kann elektronisch von zu Hause aus während 24 Stunden pro Tag und sieben Tagen in der Woche erledigt werden. Persönliches Vorsprechen beim Amtsschalter wird nur noch in den wenigsten Fällen – wie zum Beispiel bei einer Beurkundung – notwendig sein. Bis 2010 sollen 80% des gesamten Behördenverkehrs elektronisch abgewickelt werden können.

Wichtige Aktionsfelder


Die administrative Entlastung oder E-Simplification wird insbesondere in folgenden Bereichen angestrebt: – Verbesserung der Online-Information durch die Entwicklung und Anpassung der Gebrauchstauglichkeit (Usability) an die heutigen Erscheinungs- und Bedienungsformen; – Aufbau der Hilfsmittel für einen vollständigen, medienbruchfreien elektronischen Verwaltungsablauf (digitale Signatur, einheitliche Unternehmensidentifikationsnummer, Verzeichnis für die Signaturrechte der Mitarbeitenden); – Aufbau von transaktionsorientierten Services mit verwaltungsinternen und externen Verknüpfungen; – Mehrfachnutzung von elektronisch erhobenen Daten; – Aufbau von Verbundportalen zum One-Stop-Government und Public-Relationship-Management-Systemen; – Aufbau des Supply Network Management zu Vereinfachung der Lieferantenbeziehungen.

Standardisierung der Prozesse


Ein wichtiger Punkt in der Entwicklung von E-Simplification ist die Verfügbarkeit von Basisinfrastrukturen und standardisierten Prozessen. Dabei stellt die föderale Struktur der Schweiz eine besondere Herausforderung dar. Damit elektronische Prozesse abgebildet werden können, müssen diese einheitlich und durchgängig definiert werden. Denn erst wenn ein Prozess vertikal und horizontal übergreifend ist, bringt er den angestrebten Nutzen (z.B. Bewilligungsverfahren, an denen mehrere Gemeinden, Kantone und der Bund beteiligt sind). Auch für Unternehmen, die in mehreren Kantonen tätig sind, wäre eine Standardisierung und Vereinfachung der Abläufe mit grossen Einsparungen verbunden. Mit dem Verein eCH wurde eine Plattform geschaffen, um E-Government-Standards in der Schweiz zu fördern und zu verabschieden. Darin sind alle wichtigen IKT-Firmen, viele Städte, die meisten Kantone und der Bund zusammengeschlossen. Von zentraler Bedeutung ist im Weiteren ein einheitlicher Unternehmens- und Personen-Identifikator. Einheitliche Identifikatoren für juristische und natürliche Personen erlauben einen durchgehenden Datenfluss innerhalb von und zwischen Prozessen und Registern, dies sowohl bei der Eingabe und Pflege wie auch bei der Nutzung der Daten. Die Einführung der digitalen Signatur ergänzt die Standardisierungs- und Förderungsmassnahmen.

Was geschieht konkret?


Nachfolgend werden einige der wichtigsten Projekte im Bereich von E-Simplification kurz vorgestellt. Bei jedem Projekt werden jeweils die Zuständigkeit, die nächsten Schritte und die zu erwartenden Vereinfachungen für Unternehmen genannt.

Einfache Information und Abwicklung von administrativen Aufgaben durch ein KMU-Portal


Der Zugang der Unternehmen zu elektronischen Dienstleistungen der Verwaltung soll vereinfacht werden. Zu diesem Zweck soll das Portal KMU.admin.ch zu einem Portalverbund aller relevanten Interaktionen für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) ausgebaut werden. Der Unternehmer kann seine administrativen Aufgaben über einen virtuellen Zugang von der Dateneingabe bis zum Abschluss mit der Datenübergabe an das Amt und zur digitalen Signatur jederzeit erledigen. Das Staatssekretariat für Wirtschaft (seco) als zuständige Stelle hat mit der Umsetzung bereits begonnen. Eine erste Version wird 2006 realisiert sein. Die vollständige Umsetzung dauert bis 2007.

Medienbruchfreie elektronische Abwicklung


Zu diesem Projekt gehören die Einführung der einheitlichen Unternehmensidentifikationsnummer (UID), der digitalen Signatur und der Aufbau eines Verzeichnisses für die Signaturrechte der Mitarbeiter (TrustDir). Das Bundesamt für Justiz (BJ) ist zurzeit an der Revision der Handelsregisterverordnung. Die digitale Signatur ist demnächst einsatzbereit. Das TrustDir, das in Zusammenarbeit mit dem seco und der Privatwirtschaft geplant wird, soll 2006 realisiert werden. Eine Public-Private Partnership wird angestrebt. Die medienbruchfreie Abwicklung elektronischer Prozesse bringt für Unternehmen und Verwaltung schnellere Durchlaufzeiten und damit eine wesentliche Effizienzsteigerung.

Online-Anmeldung für Unternehmensgründungen


Auf dem virtuellen Amtsschalter für Unternehmensgründungen www.kmuadmin.ch können neue Unternehmen unbürokratisch angemeldet werden. Das seco verbessert laufend die Usability und fügt neue Möglichkeiten oder Verbesserungen der interaktiven Abarbeitung hinzu. Die Aufschaltung des Release 2.0 im Herbst 2005 brachte diesbezüglich bedeutende Fortschritte mit sich. Alles dient dem Ziel einer Vereinfachung für Jungunternehmer und einer Reduktion der Rückfragen seitens der Amtsstelle. Weitere Anmeldemöglichkeiten sind in Planung. Der Unternehmer kann damit seine Anmeldeverfahren jederzeit von zu Hause aus erledigen.

Elektronische Lohndatenübertragung


Der Unternehmer soll seine Meldepflichten für Lohndaten und MWST elektronisch und ohne jegliches Zutun erfüllen können. Bis es so weit ist, muss ein grosser Koordinationsaufwand geleistet werden. Die Hauptbeteiligten des Projekts Lohndatenübertragung sind das seco, die Suva und die Vereinigung eAHV-IV.1 Das Projekt wird voraussichtlich 2007 abgeschlossen sein.

Zentraler Formularserver


Das Projekt zentraler Formularserver basiert auf der Idee, dass alle Formulare für Anmelde-, Melde- und Bewilligungsverfahren der Verwaltung virtuell an einer Stelle gefunden werden können. Der Formularserver ist ein Kooperationsprojekt zwischen der Wirtschaft und dem seco. Die Realisierung ist für 2006 geplant.

Informations- und Vergabeplattform für das öffentliche Beschaffungswesen von Bund, Kantonen und Gemeinden (simap2)


Das Projekt simap2 verfolgt folgende Ziele: – Bereitstellung und Betrieb einer benutzerfreundlichen, internetbasierten Informations- und Vergabeplattform für das öffentliche Beschaffungswesen von Bund, Kantonen und Gemeinden; – Unterstützung der Anbieter bei der erfolgreichen Akquisition und effizienten Abwicklung von Aufträgen der öffentlichen Stellen; – Erhöhung der Transparenz im öffentlichen Beschaffungswesen durch umfassende Information über den angeforderten Leistungsumfang und den Verlauf des Vergabeprozesses.   Unter Führung des Bundes wird das föderalistisch aufgebaute Projektteam eine in der EU bereits praktisch erprobte Software in Zusammenarbeit mit einer IT-Entwicklungsfirma an unsere Bedürfnisse anpassen. Die Finanzierung und Abwicklung des Produktivbetriebes wird durch den Verein simap.ch sichergestellt. Die Investitions- und Projektkosten werden durch das Informatikstrategieorgan Bund (ISB) übernommen. Der Ausschreibungsprozess wird durch ergonomische Erfassungsformulare am Bildschirm für die Auftraggeber spürbar kürzer. Die zahlreichen Hilfen für die Interessenten und Anbieter sind eine wesentliche Erleichterung, welche dank dem elektronischen Austausch von Ausschreibungsunterlagen und Angeboten sowie schnellen Kommunikationskanälen während der Angebots- und Bewertungsphase realisiert werden. Öffentliche Auftraggeber werden mit den elektronischen Hilfsmitteln häufiger ausschreiben und vermehrt auch Aufträge unterhalb der Schwellenwerte mit simap2 einem breiteren Markt präsentieren.

Einführung der digitalen Signatur beim Schweizerischen Handelsamtsblatt


Mit dem Einsatz der digitalen Signatur kann die Verbindlichkeit bei der Veröffentlichung elektronischer Rechtsdaten auf der Internetplattform des Schweizerischen Handelsamtsblattes (SHAB) gewährleistet werden. Internet: www.shab.ch Damit wird die Gleichstellung der elektronischen mit der gedruckten Veröffentlichung erreicht. Der Einsatz einer elektronischen Signatur, die auf einem qualifizierten Zertifikat einer anerkannten Anbieterin von Zertifizierungsdiensten – im Sinne des Bundesgesetzes vom 19. Dezember 2003 über die elektronische Signatur – beruht, garantiert Authentizität und Integrität der elektronischen Daten. Das seco wird als erste Amtsstelle in der Schweiz den Einsatz der digitalen Signatur per 1.3.2006 realisieren.  Mit dem Angebot von rechtsverbindlichen Daten im Internet – und bei Bedarf deren Übermittlung an die Unternehmen – wird einem vielfach geäusserten Wunsch der KMU entsprochen. Der automatisierte Abgleich der Firmendaten mit den rechtsverbindlichen elektronischen SHAB-Publikationen führt bei den Unternehmen zu einer signifikanten administrativen Entlastung. Das mühsame Durchkämmen der Zeitung wird dadurch überflüssig.

Fazit


Die aufgezeigten Beispiele stellen wichtige Schritte bei der konkreten Umsetzung von E-Simplification dar. Entscheidend für deren Erfolg ist dabei die Erkenntnis, dass nur eine vernetzte, ganzheitliche Denkweise über die föderalen Stufen hinweg zu einer spürbaren Entlastung bei den Wirtschaftsakteuren führen kann. Die grosse Herausforderung seitens der Verwaltung ist es, die heutigen Arbeitsabläufe kritisch zu hinterfragen und vermehrt die Sichtweise der Benutzerkreise aufzunehmen.

Grafik 1 «Interaktionsgrad von E-Government-Dienstleistungen»

Kasten 1 Was umfasst E-Government?

E-Government kann definiert werden als «die Abwicklung geschäftlicher Prozesse im Zusammenhang mit Regieren und Verwalten (Government) mit Hilfe von Informations- und Kommunikationstechniken über elektronische Medien».a) Der Bereich E-Government kann – je nach betrachteten Dimensionen – nach bestimmten Aspekten gegliedert werden:

– Interaktionsebenen (Information, Kommunikation, Transaktion);

– betroffene Staatsgewalten (E-Administration für den Bereich von Regierung und Verwaltung, E-Democracy für den Bereich der Legislative, E-Justice für den Bereich der Rechtsprechung);

– beteiligte Akteure (staatliche Institutionen, Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen). Interaktion

Gemäss Definition der E-Government- Strategie des Bundes vom 13. Februar 2002 umfasst die Interaktion folgende Stufen:

– Information: Bereitstellung von statischen oder dynamischen Informationen.

– Kommunikation: Austausch von Informa-tionen zwischen einzelnen Akteuren oder Gruppen.

– Transaktion: Abwicklung elektronischer Dienstleistungen zwischen einzelnen Akteuren oder Gruppen (Erbringung von Dienstleistungen, Auslösung von Prozessen usw.).

Das grösste Potenzial für Effizienzsteigerungen im Verkehr zwischen Verwaltung und Unternehmen liegt klar im Bereich der Transaktionen.

a) Definition des Forschungsinstituts für öffentliche Verwaltung der Universität Speyer. Internet: www.foev-speyer.de/ruvii, Speyerer Definition von Electronic Government.

Zitiervorschlag: Markus Tanner, Christian Weber, (2006). E-Simplification – administrative Vereinfachungen im E-Government. Die Volkswirtschaft, 01. Februar.