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Arbeitgeber sind gefordert

Arbeitgeber sind gefordert

Die Schweiz hat heute im internationalen Vergleich eine hohe Beschäftigungsquote von älteren Mitarbeitenden. Um diese Erwerbsbeteiligung weiterhin zu erhalten, sind vor allem die Arbeitgeber gefordert. Die langjährige Berufserfahrung ist aufzuwerten und die Arbeitsbedingungen sind so auszugestalten, dass die Arbeitnehmenden körperlich und geistig fit bleiben. Zudem müssen die Arbeitgeber die von ihnen oft grosszügig finanzierten Rentenvorbezugsmöglichkeiten im überobligatorischen Teil der zweiten Säule überprüfen. Denn hier – und nicht in der AHV – liegen die grössten Anreize zur vorzeitigen Pensionierung für die gut qualifizierten und produktiven älteren Mitarbeitenden.

Im internationalen Vergleich belegt die Schweiz in Bezug auf die Erwerbsbeteiligung der 55- bis 64-Jährigen mit 67,3% einen Spitzenplatz. Angesichts der Alterung unserer Gesellschaft ist eine hohe Beschäftigungsquote von älteren Mitarbeitenden für das langfristige Wirtschaftwachstum positiv zu bewerten. Um dieses erfreulich hohe Niveau zu halten, gibt es für Travail.Suisse nur einen wirksamen Ansatzpunkt: Die Arbeitgeber müssen umdenken.

Arbeitsmarktfähigkeit älterer Arbeitnehmender erhalten


Im letzten Jahrzehnt waren es oftmals die älteren Mitarbeitenden, die bei betrieblichen Umstrukturierungen oder in konjunkturell schwierigen Zeiten als Erste aus dem Betrieb schieden. Einmal arbeitslos, ist es für sie äusserst schwierig, wieder eine Anstellung zu finden.  Um die älteren Beschäftigten länger im Arbeitsprozess zu halten, braucht es eine grundlegende Bewusstseinsänderung bei den Arbeitgebern. Die langjährige Berufserfahrung von älteren Mitarbeitenden ist aufzuwerten. Die betriebliche Personalpolitik hat die Aufgabe, Modelle für die Integration einer wachsenden Anzahl von älteren Erwerbstätigen zu erstellen.  An erster Stelle steht das Gesundheitsmanagement. Die Arbeit muss so ausgestaltet werden, dass es den Arbeitnehmenden möglich ist, bis zum Rentenalter im Erwerbsprozess zu bleiben. Körperlicher Verschleiss und psychischer Burn-out sind zu vermeiden. Auch dürfen ältere Arbeitnehmende nicht von der Weiterbildung ausgeschlossen werden. Es müssen Teilzeitmodelle entwickelt werden, die bei der Pensionierung nicht zwingend zu einer massiven Rentenreduktion führen.

Erfolgsfaktor für Unternehmen


Wenn die düsteren Prognosen zutreffen, die hinsichtlich der demografischen Entwicklung in der Schweiz und deren Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt gemacht werden, dann wird sich die Problematik der Integration älterer Mitarbeitender mehr oder weniger von selbst lösen. Denn falls es in der Schweiz bereits in wenigen Jahren an Arbeitskräften mangeln sollte, wird die Integration älterer Arbeitnehmender zu einem Erfolgsfaktor für ein Unternehmen, und die Arbeitgeber werden vom Markt automatisch zum Umdenken gezwungen. Für Travail.Suisse haben deshalb drastische Massnahmen auf politischer Ebene zur besseren Integration älterer Arbeitnehmender keine hohe Priorität.

Erhöhung des AHV-Rentenalters ist kein wirksames Instrument


Ganz klar abgelehnt wird von Travail.Suisse die Idee, mit einer Erhöhung des gesetzlichen AHV-Rentenalters die Beschäftigungsquote älterer Arbeitnehmender zu erhöhen. Vielmehr muss zuerst alles getan werden, um die Erwerbstätigen bis zum gesetzlichen Rentenalter auf dem Arbeitsmarkt zu behalten. Das bedingt den bereits oben angesprochenen Paradigmenwechsel bei den Arbeitgebern hinsichtlich Arbeitsbedingungen und Weiterbildung. Zudem muss im Hinblick auf die Stärkung des Wirtschaftswachstums darauf geachtet werden, dass vor allem jene Arbeitnehmenden der Wirtschaft erhalten bleiben, die über eine hohe Arbeitsproduktivität verfügen.  Genau deshalb ist eine Erhöhung des gesetzlichen AHV-Rentenalters nicht zielführend. Denn gerade bei den gesunden, gut qualifizierten und damit produktiven Arbeitnehmenden spielen nicht die Bestimmungen der AHV, sondern vor allem die Anreize der steuerbegünstigten, überobligatorischen beruflichen Vorsorge die entscheidende Rolle für den meist vorzeitigen Rückzug aus der Arbeitswelt. Wem es also ernst ist mit der Erhöhung der Beschäftigung älterer Arbeitnehmender, der muss auch bereit sein, bei der überobligatorischen beruflichen Vorsorge über die Bücher zu gehen. Eine alleinige Erhöhung des gesetzlichen AHV-Rentenalters trifft nur die wenig qualifizierten Arbeitnehmenden mit tiefen Einkommen. Das ist weder sozialnoch wirtschaftspolitisch sinnvoll und für Travail.Suisse nicht akzeptabel.

Zitiervorschlag: Susanne Blank (2006). Arbeitgeber sind gefordert. Die Volkswirtschaft, 01. April.