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Swisscom-Privatisierung ordnungspolitisch konsequent

Heute besteht ein bedenklicher Interessenkonflikt: Der Bund ist gleichzeitig Gesetzgeber, Regulator und Hauptaktionär der Swisscom. Dieser Interessenkonflikt wird die Konvergenz zwischen verschiedenen Kommunikationsnetzen und den darauf erbrachten Diensten in Zukunft noch akzentuieren. Auch wettbewerbspolitisch kann die Bundesbeteiligung am grössten Anbieter im Markt zu Verzerrungen führen. Economiesuisse befürwortet deshalb die vorgeschlagene Abgabe der Bundesbeteiligung an der Swisscom. Die Grundversorgung ist durch das Fernmeldegesetz und die darauf beruhende Konzession – ungeachtet der Besitzverhältnisse – gewährleistet. Die vollständige Privatisierung vergrössert den unternehmerischen Spielraum und damit die langfristige Leistungsfähigkeit der Swisscom, insbesondere mit Einbezug industriell interessierter Partner.

Mit einer Mehrheitsbeteiligung soll der Bund die Grundversorgung der Schweiz mit Telekomdienstleistungen sichern oder Ziele auf dem Arbeitsmarkt verfolgen. Dies führt unweigerlich zu den heutigen Konflikten. Wenn der Staat diese Erwartungen erfüllen will, muss er direkt in die Unternehmensstrategie eingreifen. Die für den langfristigen Erfolg der Swisscom notwendige Freiheit kann so nicht gewährleistet werden. Politisch stösst die Abgabe der Bundesbeteiligung auf Skepsis. Entsprechend ist es wichtig zu erkennen, dass die Grundversorgung und die unternehmerische Zukunft unabhängig von den Eigentumsverhältnissen gewährleistet sind.

Interessenskonflikte vermeiden


Eine Privatisierung der Swisscom bringt eine klare Trennung zwischen dem Bund als Regulator und den Telekommunikationsanbietern. Dank wirksamem Wettbewerb im Telekommunikationsmarkt erübrigen sich Staatseingriffe zusehends. Technologische Fortschritte haben eine Konvergenz im Angebot von verschiedenen Kommunikationsnetzen ermöglicht und wirksamen Wettbewerb an die Stelle vormaliger natürlicher Monopole treten lassen. Der staatliche Regulierungsbedarf beschränkt sich auf die Sicherstellung des Zugangs zu den Hausanschlüssen in Gebieten, wo keine parallelen Netze existieren, auf die Grundversorgung sowie wettbewerbsrechtliche Fragen. Die Bundesbeteiligung trägt nicht zur Verwirklichung dieser Regulierungsziele bei.

Grundversorgung unabhängig von Bundesbeteiligung gesichert


Sachlich besteht zwischen der Veräusserung des Bundesanteils an der Swisscom und der Grundversorgung kein Zusammenhang. Bei der Grundversorgung geht es um verteilungspolitische Ziele, wenn Kostenunterdeckungen in Randregionen zu Versorgungslücken von wesentlichen Kommunikationsdiensten führen. Der wirksame Wettbewerb ist jedoch in der Lage, ein flächendeckendes Angebot von erschwinglichen Kommunikationsdiensten zu gewähren. Dies zeigt etwa die breite Verfügbarkeit von Mobilfunk- und Breitbanddiensten. Sollten die Marktmechanismen dennoch versagen, bietet das Fernmeldegesetz wirksame Instrumente zur Verhinderung von Versorgungslücken. Problematisch wäre es, mit einer staatlichen Netzgesellschaft eine Lösung zu suchen. Gerade in der Telekommunikation sind die Netze eng mit den Diensten verknüpft. Bei der Schaffung einer Netzgesellschaft würde sich auch die Frage stellen, wie parallele Kabel-, Telekom oder Mobilfunknetze zu behandeln wären. Der Wettbewerb der Netzinfrastruktur wirkt sich auf die Preise, das Angebot und die Versorgungssicherheit positiv aus.

Es braucht eine klare Strategie


Spezielle Massnahmen zur Sicherstellung der Eigenständigkeit von Swisscom reduzieren den Verkaufserlös oder schränken den strategischen Spielraum ein. Zu Recht verzichtet der Bundesrat auf die Ausgabe einer Volksaktie. Sie hätte das anvisierte Ziel der Beibehaltung einer eigenständigen Swisscom verfehlt. Das Aufrechterhalten einer Sperrminorität oder spezielle Kontrollrechte sind eine grosse Bürde für Swisscom im dynamischen Telekommunikationsmarkt. Die ordnungspolitischen Interessenkonflikte blieben bestehen, und der Bund wäre weiter für die Unternehmensentscheide verantwortlich. Zur Sicherung der Konkurrenzfähigkeit von Swisscom ist hingegen ein stabiles Aktionariat anzustreben, welches langfristige Ziele verfolgt und zur Aufrechterhaltung von vielfältigen, erschwinglichen und qualitativ hochwertigen Telekommunikationsdiensten in der Schweiz beiträgt. Dies kann durch Einbezug von Investoren mit einem eigenen industriellen Interesse geschehen. Dazu ist es notwendig, dass die Abgabe der Bundesbeteiligung – als eine der grössten Kapitalmarkttransaktionen in der Schweiz – sorgfältig, professionell und auf eine klare Strategie ausgerichtet durchgeführt wird.

Zitiervorschlag: Thomas Pletscher (2006). Swisscom-Privatisierung ordnungspolitisch konsequent. Die Volkswirtschaft, 01. Mai.