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Public Private Partnerships – Möglichkeiten und Grenzen

Das Bestreben, öffentlich-private Partnerschaften auf alle Tätigkeitsbereiche des öffentlichen Sektors auszudehnen, hat national wie international zu heissen Diskussionen geführt. Diese Abkommen oder Partnerschaften – besser bekannt als Public Private Partnerships (PPP) – erzeugen verschiedenste beim Staat anfallende Transaktionskosten, die von einer Reihe von Faktoren abhängig sind. Nach Meinung des Autors sind solche Partnerschaften für Aktiva mittlerer, hingegen kaum für Aktiva hoher Spezifität geeignet. PPP des Typs Konzession – d.h. langfistige Finanzierung und Eigentum des privaten Sektors an aufwändigen Infrastrukturen – seien nämlich klar weniger nützlich und effizient.

Kooperationsabkommen und PPP


Die Public Private Partnerships (PPP) können als ein Bewirtschaftungskonzept definiert werden, mit dem die öffentliche Verwaltung einem Privatunternehmen die Planung, Durchführung, Finanzierung, den Unterhalt und die Bewirtschaftung gewisser öffentlicher Einrichtungen oder immaterieller Investitionen überträgt. Je nach Finanzierungsmodalitäten kann der vereinbarte Zeitraum dieser Übertragung länger oder kürzer sein. PPP können verschiedene Formen annehmen und ein breites Spektrum an Vertragsarten abdecken, insbesondere was das Ausmass der Verantwortung beider Partner, die Dauer und die Aufteilung des Risikos betrifft (siehe Grafik 1). Öffentlich-private Partnerschaften als Form öffentlichen Handelns sind umstritten: Die einen sehen darin ein Allheilmittel, die anderen eine Schwächung des öffentlichen Handelns, welche die Gefahr einer Einflussnahme des Privatsektors auf Ziele und Ausrichtung von Investitionen des öffentlichen Sektors beinhalte. Solch doktrinäre Ansätze sind jedoch gefährlich. PPP bieten zweifellos unleugbare Vorteile, aber auch reale Nachteile gegenüber den üblichen Bewirtschaftungsformen im Service Publique. Leider besteht ein eklatanter Mangel an Analyse- und Evaluationsinstrumenten, die den Entscheidungsträgern objektive Kriterien über die Zweckmässigkeit eines PPP und dessen Ausgestaltung sowie den Kontext der betroffenen öffentlichen Leistung liefern könnten. Prinzipiell können PPP als Kooperationsabkommen betrachtet werden. Somit stehen verschiedene Analyseansätze zur Verfügung – insbesondere solche, die sich auf die Theorie der Transaktionskosten stützen. Letztere wird als bevorzugtes Analyseinstrument im Zusammenhang mit PPP eingesetzt, hat es sich doch als empirisch zuverlässig erwiesen und findet in wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Kreisen weite Verbreitung. Gemäss dieser Theorie Die Transaktionskostentheorie stützt sich auf die Arbeiten von R. Coase, der 1991 den Nobelpreis erhielt, und O. W. Williamson. bilden wirtschaftliche Akteure Steuerungsformen und organisatorische sowie vertragliche Vereinbarungen (Markt, vertikale Integration oder Partnerschaften), um Transaktionskosten sparen zu können. Je nach Höhe der Transaktionskosten sowie den externen Unsicherheiten wird eine Transaktion internalisiert, an den Markt delegiert oder in ein Partnerschaftsabkommen integriert.

Natur der Transaktionskosten


Zwei Kostenarten sind zu unterscheiden: Ex-Ante-Kosten hängen mit der Erkundung und Informationsbeschaffung, der Verhandlung und der Vertragsausarbeitung zusammen. Ex-Post-Kosten entstehen in Verbindung mit dem Management und der Nachbetreuung des unterzeichneten Vertrags, mit Risiken und Nachteilen schlecht ausformulierter Verträge, mit mangelnder Qualität der Leistungen, mit Problemen bei Neuverhandlung der Verträge, mit der Nichterfüllung durch die Partner sowie mit Opportunitätskosten durch die Blockierung gewisser Vermögenswerte zur Sicherstellung der Erfüllung von Vertragsbestimmungen.

Ex-Ante-Kosten


Im Hinblick auf die langfristigen Verpflichtungen gegenüber einem Partner aus der Privatwirtschaft sind detaillierte und systematische Abklärungen über die Qualität des Partners und die gemeinsamen Ziele notwendig. Diese Informationsbeschaffung kann sich bei PPP als umfangreich und kostspielig erweisen. Die Möglichkeit zur eingehenden Prüfung der PPP-Verträge wird zum einen durch inhärente Faktoren dieser Organisationsform, zum andern durch das Problem, die Leistungen vorherzusehen und zu messen, begrenzt. In der Literatur herrscht Einigkeit über die Bedeutung dieser mit den zu antizipierenden Parametern zusammenhängenden Schwierigkeiten. Vgl. Vaillancourt Rosenau (1999). Zudem kommt eine Untersuchung zu den konkreten Erfahrungen mit PPP Vgl. Aubert et al. (2005).zum Schluss, dass PPP, um alle Partner zufrieden zu stellen, langwierige, mühsame und komplexe Verhandlungen erforderlich machen.

Ex-Post-Kosten


Im Wesentlichen können drei Risiken identifiziert werden:  – projektspezifische Risiken (Kosten und Fristen),  – solche, die mit der Art der Beanspruchung zusammenhängen; – Risiko der veraltenden Technologie.  Scheitert ein Projekt, muss die öffentliche Hand das Ausfallrisiko ihres Partners tragen und die Mittel zur Leistungserbringung bereitstellen. Sinkt oder versiegt die Nachfrage nach der Leistung, muss der Staat den Verpflichtungen gegenüber seinem Partner weiter nachkommen. Dasselbe gilt auch für das Veralten von Technologien – ein Aspekt, der aufgrund des raschen technologischen Wandels und der langen Laufzeit vertraglich nur schwer zu regeln ist. All dies zieht folgende Transaktionskosten nach sich:  – Ausarbeitung komplexer Vertragswerke; – Gebühren und Entschädigungen im Falle der Nichtbenützung der Dienstleistung durch die Verbraucher (Nachfragerisiko); – eventueller Ausfall des Privatpartners; – eventuelles Veralten der Technologien. In der Kostenschätzung wird der Aspekt einer korrekten Nachbetreuung der Partnerschaft oft vernachlässigt. Eine solche ist aber angesichts der ständigen Verantwortung der öffentlichen Hand unabdingbar. Ein kürzlich erschienener Bericht des britischen National Audit Office bestätigt diese Feststellung und kommt zum Schluss, dass der öffentliche Sektor nicht nur zur Supervision der Partnerschaften verpflichtet ist, sondern auch die interne Fähigkeit bewahren muss, die Dienstleistung bei Ausfall des Leistungserbringers aufrecht zu erhalten. Vgl. Danis (2004). Der dem Privatsektor eingeräumte Zinssatz am Kapitalmarkt liegt generell über jenem, der dem öffentlichen Sektor zugestanden wird. Dies ist ebenso Teil der Transaktionskosten wie eine angemessene Gewinnspanne (normalerweise rund 15%). Beides führt dazu, dass die Abgaben oder Gebühren für die Bürger höher sind, als wenn die gesamte Leistung durch die öffentliche Hand erbracht würde.  Die wesentlichen auf den Privatsektor übertragenen Risiken fallen während der Bauzeit an. Nach Abschluss der Arbeiten ist eine Refinanzierung zu niedrigeren Zinsen auf der Grundlage der Risiken möglich. Für PPP-Unternehmen bietet das eine ausgesprochen lukrative Option, von der die öffentliche Hand – oft aus Unkenntnis – nicht profitieren kann. Diese kaum untersuchte Möglichkeit kann unter Mehroder Opportunitätskosten verbucht werden. So stieg beispielsweise beim Bau des Fazakerley-Gefängnisses in Liverpool die von den Aktionären realisierte Rendite von den erwarteten 13% auf real 39%. Das Konsortium (Groupe4/Carillon) konnte damit seine Kosten – statt über die Vertragslaufzeit von 25 Jahren – innerhalb von zwei Jahren amortisieren. Die Gefängnisbehörde wurde dafür gerügt, diesen Aspekt vernachlässigt und damit der öffentlichen Hand geschadet zu haben. Vgl. Clark (2005).

Transaktionsattribute und PPP


Die Transaktionskosten – bestimmende Faktoren für die Wahl der Regelungsform – sind ihrerseits von drei grundlegenden Faktoren beeinflusst: der Spezifität der Aktiva, der Häufigkeit der Transaktionen und der Komplexität und Unsicherheiten bezüglich der Rahmenbedingungen.

Spezifitätsgrad der Aktiva


Die Spezifität der materiellen Aktiva kommt dort ins Spiel, wo die Planung und der Bau eines Vorhabens so spezifisch sind, dass sie nur für einen Zweck benützt werden kann. Das gilt etwa beim Bau und der Verwaltung umfangreicher öffentlicher Infrastrukturen (z.B. Spitäler, Strassen und Schulen), die grossmehrheitlich einen hohen Grad an Spezifität aufweisen. Die Zusammenarbeit oder Partnerschaft ist aber als Organisationsform für Projekte mittlerer Spezifität besser geeignet. Das entspricht auch den Kriterien, wie sie bei Kooperationen unter privaten Firmen angewandt werden. Je spezifischer die Aktiva und damit das Risiko gefährlicher Abhängigkeiten zwischen den Partnern, desto eher sollten sie internalisiert werden.

Transaktionshäufigkeit


Die Häufigkeit der Transaktionen drückt sich im Fall der PPP in der Zahl der Benützer aus, welche die erbrachte Leistung oder die zur Verfügung gestellte Infrastruktur in Anspruch nehmen. Der Bau öffentlicher Infrastrukturen ist selbstverständlich immer für eine intensive Benutzung – und damit eine hohe Nutzungsfrequenz – bestimmt. Die Kombination der beiden Einflussgrössen Spezifität der Aktiva und Transaktionshäufigkeit erlaubt zur Einordnung der PPP die Anwendung des allgemeinen empirischen Modells auf der Basis der Vertragsart. Damit lässt sich bestätigen, dass konzessionäre PPP nicht die geeignetste Regelungsform sind und dass die Leistungen im Rahmen einer vertikalen Integration – mit anderen Worten durch den Staat – besser erbracht werden können.

Unsicherheiten und Komplexität


Diese dritte Einflussgrösse bezieht sich auf die Grenzen der Vorhersehbarkeit zukünftiger Entwicklungen. Auch ein noch so perfekter Vertrag vermag nicht alle zukünftigen Entwicklungen der Vertragsumwelt vorwegzunehmen. Diese grundlegende Unsicherheit betrifft die Marktentwicklung (Auftragsniveau, Kosten der Leistung), die Änderung des institutionellen, rechtlichen, politischen, sozialen und technologischen Umfeldes, das zukünftige Verhalten der Vertragsparteien sowie die Komplexität des Gegenstandes der Transaktion. Diese Unsicherheit wächst bei PPP mit der Laufzeit der Verträge, die bis zu 35 Jahre betragen kann. Somit empfiehlt sich mit steigendem Unsicherheits- und Komplexitätsgrad eine Internalisierung. Vgl. Quelin (1997). Mit anderen Worten: Je komplexer die Beschreibung der Aktiva, desto stärker die Tendenz, von einer Hierarchie erzeugt zu werden. Vgl. Abecassis (1997).

Schlussfolgerung


Kooperationen oder PPP sind eine Organisationsform, die sich eher für Aktiva mittlerer Spezifität eignet. Bei hoher Spezifität empfiehlt sich die Internalisierung der Transaktion. Das bestätigen einerseits empirische Befunde der Transaktionskostentheorie durch Anwendung eines zweidimensionalen Modells, das als geeignetste Vertragsform den relationalen Vertrag vorschlägt, und anderseits der für PPP dieser Art typische hohe Grad an Komplexität und Unsicherheit. PPP des Typs Konzession scheinen daher nicht geeignet, um eine passende Leistungserbringung des Service Public zu gewährleisten. Sie stellen den Versuch dar, zwei gegensätzliche Systeme mit unterschiedlichen institutionellen Logiken miteinander zu vereinbaren. Es gilt zu vermeiden, dass PPP des Typs Konzession für das öffentliche Handeln zur Falle werden und in der Folge andere Formen öffentlich-privater Partnerschaft in Verruf geraten, die sehr wohl nützlich und effizient sein können.

Grafik 1 «Typologie der PPP nach Funktion und Einbindung der Partner»

Tabelle 1 «Beschreibung der Funktionen der Partner gemäss Art der Partnerschaft»

Tabelle 2 «Vertragstyp: Spezifität der Aktiva und Frequenz der Transaktionen»

Kasten 1: Literatur – Abecassis, C., Les coûts de transaction: Etat de la théorie, Réseaux, Nr. 84, 1997.- Aubert, B.-A., Azami, L., Bourdeau, S., Patry, M., Perreault, N., Synthèse critique d’expériences de partenariats public-privé, Cirano, 2005.- Clark, D., Les partenariats public-privé au Royaume-Uni, in: Télescope, Revue d’analyse comparée en administration publique, Bd. 12, Nr. 1, Februar 2005.- Coase, R. H., La nature de la firme, Revue économique, Bd. 2, Nr. 1, 1987.- Danis, G., Notes de recherche sur les partenariats public-privé (PPP): mythes, réalité et enjeux; Nr. 54, Oktober 2004.- Desmazes J. et Kalika M., Achats publics et théorie des coûts de transaction : le cas des achats de fournitures dans la collectivité territoriales, in: Cahier de recherche, Nr. 55, 2000, Laboratoire Crepa, Université de Paris-Dauphine.- Fares M. et Saussier S., Théorie des coûts de transaction versus Théorie des contrats incomplets: quelles divergences?, in: Revue française d’économie, 2/3, Januar 2002, S. 193-230.- Hammerschmid G., Le pénible parcours des partenariats public-privé en Autriche, in: Télescope Revue d’analyse comparée en administration publique, Bd. 12, Nr. 1, Februar 2005, S. 65-79.- Knoepfel P., Larrue C. et Varone F., Analyse et pilotage des politiques publiques, Bd. 2, Helbing&Lichtenhahn, 2001.- Malone T. et Rockart J., Ordinateurs, réseaux et économie, in: Pour la science, Nr. 169, 1991.- Mazouz B. et Belhocine N., Partenariats public-privé, une équation à résoudre par la gestion de projets, in: Bulletin d’information de l’Enap, Nr. 5, Bd. 17, Québec.- Quelin, B., L’outsourcing: Une approche par la théorie des transactions, Réseaux Nr. 84 CNET, 1997.- Stuckey, J., White, D., When and When not to vertically Integrate, in: Sloan Management Review, 1993.- Vaillancourt Rosenau, P., The strengths and Weaknesses of Public-Private Policy Partnerships, in: The American Behavioral Scientist, 1999.- Williamson, O. E., Die ökonomischen Institutionen des Kapitalismus: Unternehmen, Märkte, Kooperationen, Mohr 1990.- Zertiti A., Qualité totale et réseaux stratégiques dans la construction, EPFL, 1997.

Zitiervorschlag: Abdelilah Zertiti (2006). Public Private Partnerships – Möglichkeiten und Grenzen. Die Volkswirtschaft, 01. Juni.