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Weitere Liberalisierung der Märkte als Chance erkennen

Weitere Liberalisierung der Märkte als Chance erkennen

Die letzte Verhandlungsrunde der WTO mit dem Ziel, den Welthandel weiter zu liberalisieren, ist gescheitert. Für die Schweizer Nahrungsmittelindustrie hat dies – zumindest vorerst – keine Konsequenzen. Insbesondere auf Nachhaltigkeit ausgerichtete Unternehmen tun jedoch gut daran, sich auf eine weitere Öffnung der Märkte einzurichten. Das Lebensmittelunternehmen Emmi rüstet sich mit der Schaffung von Europa-kompatiblen Strukturen und der Fokussierung auf das Auslandgeschäft für den verschärften Wettbewerb und die weiteren Liberalisierungsschritte. Als produzierendes Unternehmen mit einem klaren Bekenntnis zur Schweiz als wichtigem Produktionsstandort und Rohstofflieferant hat Emmi ein vitales Interesse an einer gut funktionierenden, gesunden und marktorientierten Landwirtschaft.

Vitales Interesse an einer funktionierenden Landwirtschaft


Nicht erst heute, sondern bereits vor über zehn Jahren hat Emmi die Vision kommuniziert, in einem offenen Europa erfolgreich und unabhängig zu sein. Diese Vision haben wir in den letzten Jahren erfolgreich in die Realität umgesetzt. So hat das Unternehmen eine Produktepalette mit gesundheitlichem Zusatznutzen ausgebaut und auch international erfolgreich lanciert. Die Einführung des Lifestyle-Getränks Caffè Latte im Frühling 2004 hat auf eindrückliche Weise gezeigt, dass ein Premiumprodukt mit dem entsprechenden Auftritt im Ausland gute Chancen hat, um gegen grosse internationale Unternehmen bestehen zu können. Der erfolgreiche Export von Schweizer Käse – zum Beispiel mit Premiumprodukten wie den höhlengereiften Kaltbach-Spezialitäten – ist eine gute Basis für weiteres Wachstum und die Beweisführung, dass Lebensmittel mit einer klaren Positionierung und Differenzierung eine Erfolgsstory werden können. Zusammen mit Schokolade steht der Schweizer Käse denn auch deutlich an der Spitze der Lebensmittelexporte.

Innovationen und forciertes Wachstum im Ausland


Ein hoher Innovationstakt ist für Emmi indes nicht Selbstzweck, sondern eine klare Differenzierung gegenüber den Mitbewerbern, und zwar sowohl in der Schweiz als auch im Ausland. Je grösser die Differenzierung, desto geringer ist die Preissensitivität. Innovation und Qualität sind deshalb für die Strategie von Emmi von zentraler Bedeutung. Der Ausbau des Auslandgeschäfts hat für Emmi höchste Priorität. Investitionen in die europäischen Märkte und in Nordamerika bilden das Fundament für das weitere Wachstum.  Die Gründe für das forcierte Wachstum im Ausland sind einleuchtend: Nicht zuletzt aufgrund der fortschreitenden Liberalisierung und der Grenzöffnung wird ein signifikantes Wachstum in der Schweiz kaum mehr möglich sein. So ist einerseits der Konzentrationsprozess in der Milch verarbeitenden Branche weit fortgeschritten; anderseits wird der Konkurrenzkampf durch neue Marktteilnehmer aus dem Ausland weiter verschärft. Im Ausland hingegen – insbesondere in Europa – können kaufkräftige Länder aufoder weiter ausgebaut werden. Wer jedoch im Ausland nachhaltig erfolgreich sein will, muss im Heimmarkt über eine gesunde Struktur und über die entsprechenden politischen Rahmenbedingungen verfügen. Mit dem vorzeitigen Ausstieg aus der Milchkontingentierung und der damit verbundenen Schaffung von marktgerechteren Strukturen wird derzeit ein wichtiger Schritt gemacht. So wird sich ein Milchproduzent im Sinne seiner persönlichen Ausrichtung auf eine Volumenoder auf eine Preisstrategie konzentrieren. Abgesehen von einem weitergehenden Strukturanpassungsprozess wird die Schweizer Landwirtschaft dadurch flexibler und leistungsfähiger.

Gute Voraussetzungen mit wettbewerbsfähigen Strukturen


Mit der Zusammenführung der Betriebe von Emmi in Luzern und der Aargauer Zentralmolkerei zur Mittelland Molkerei AG hat Emmi gute Voraussetzungen für eine Effizienzsteigerung in der Produktion von Volumenprodukten – wie Konsummilch und Butter – geschaffen, um im europäischen Öffnungsprozess bestehen zu können. Grösse per se ist zwar kein Erfolgsgarant, aber langfristig eine existenzielle Bedingung, um im Verbund mit flexiblen und zukunftsorientierten Partnern in der Schweiz zu wettbewerbsfähigen Preisen produzieren zu können. Professionelles Marketing, eine hohe Produktequalität und Innovationen lassen sich nur realisieren, wenn die Rohstoffbeschaffung und die Produktionseffizienz nachhaltig wettbewerbsfähig sind. Wir sind überzeugt, dass wir sogar einen «Emmi-Bonus» erzielen können und nicht mit Dumpingpreisen operieren müssen. Mit Mut zum Risiko, unternehmerischem Denken und Handeln sowie exzellenten Produkten wird der Rohstoff Schweizer Milch auch in Zukunft Bestand haben und sogar weiter ausgebaut werden können.

Zitiervorschlag: Walter Huber (2006). Weitere Liberalisierung der Märkte als Chance erkennen. Die Volkswirtschaft, 01. September.