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Zulassung und Aufsicht von Revisoren

Zulassung und Aufsicht von Revisoren

Die eidgenössischen Räte haben Ende 2005 die Neuordnung des Revisionsrechts verabschiedet. Gesetz und Ausführungsbestimmungen werden nach dem aktuellen Stand der Planung in der zweiten Jahreshälfte 2007 in Kraft treten. Mit der Vorlage vollzieht die Schweiz einerseits die internationalen Entwicklungen im Bereich der Revision nach und stellt die Anerkennung der Schweizer Revisionsdienstleistungen im Ausland sicher; anderseits werden binnenmarktbezogene Anliegen verwirklicht. Als wesentliche Neuerung bringt die Vorlage die Schaffung einer Zulassung mit den drei Kategorien Revisoren, Revisionsexperten und staatlich beaufsichtigte Revisionsunternehmen. Zur Kontrolle der Letzteren wird die Eidg. Revisionsaufsichtsbehörde eingesetzt.

Drei Zielsetzungen des Gesetzgebers


Mit dem neuen Revisionsrecht will der Gesetzgeber vorab drei Ziele erreichen:  Zum Ersten soll die Revisionspflicht für alle Rechtsformen des Privatrechts harmonisiert werden. Neu ist nicht mehr die Rechtsform für die Frage der Revision der Jahresrechnung ausschlaggebend, sondern die Grösse des Unternehmens. Wirtschaftlich bedeutende Unternehmen unterliegen künftig der ordentlichen Revision und kleinere Gesellschaften grundsätzlich der weniger aufwendigen eingeschränkten Revision. Als wirtschaftlich bedeutend gilt dabei, wer zwei von drei Grössenkriterien (10 Mio. Franken Bilanzsumme, 20 Mio. Franken Umsatzerlöse und 50 Vollzeitstellen im Jahresdurchschnitt) in zwei aufeinander folgenden Geschäftsjahren überschreitet. Zum Zweiten soll eine Entlastung der kleinen und mitteren Unternehmen (KMU) erreicht werden. Zu nennen sind in dieser Hinsicht die bereits erwähnte eingeschränkte Revision sowie die Möglichkeit, auch auf diese eingeschränkte Revision zu verzichten, wenn ein Unternehmen nicht mehr als 10 Vollzeitstellen im Jahresdurchschnitt hat und sämtliche Gesellschafter zustimmen (Opting-out). Das Opting-out kommt somit hauptsächlich für Kleinunternehmen in Frage, die im gegenseitigen Einvernehmen geführt werden und die nicht von Fremdkapital abhängig sind. Es ist wenig wahrscheinlich, dass eine Bank einen Kredit ohne eine eingeschränkte Revision gewährt. Zum Dritten soll die Glaubwürdigkeit der Revision wiederhergestellt werden, die seit den bekannten Unternehmensskandalen teilweise angeschlagen ist. Der US-amerikanische Sarbanes-Oxley-Act hat einen entsprechenden Entwicklungsschub ausgelöst, dem sich auch die Schweiz nicht verschliessen kann. Da die Schweizer Wirtschaft stark mit den anderen grossen Kapitalmärkten vernetzt ist, kann sie es sich nicht leisten, die erhöhten Anforderungen an die Revisoren nicht mitzutragen. Mit dem neuen Revisionsrecht soll daher sichergestellt werden, dass schweizerische Revisionsdienstleistungen international anerkannt werden.  Die Neuerungen für den Schweizer Finanzmarkt fallen vor allem unter diese dritte Zielsetzung. Die entsprechenden Bestimmungen sind im Bundesgesetz über die Zulassung und Beaufsichtigung von Revisorinnen und Revisoren (Revisionsaufsichtsgesetz, RAG) enthalten. Die folgenden Ausführungen geben einen knappen Überblick.

Zulassung zur Revision


Alle natürliche Personen und Revisionsunternehmen, die gesetzlich vorgesehene Revisionsdienstleistungen erbringen, bedürfen neu einer von drei möglichen Zulassungen und der entsprechenden Eintragung ins Revisorenregister: – Als zugelassene Revisoren gelten Personen und Unternehmen, die berechtigt sind, eine eingeschränkte Revision vorzunehmen.  – Als zugelassene Revisionsexperten gelten Personen und Unternehmen, die berechtigt sind, ordentlich zu revidieren. Die Revisionsexperten zeichnen sich gegenüber den vorstehenden Revisoren durch den Nachweis einer längeren Fachpraxis aus. Sie entsprechen im Wesentlichen den besonders befähigten Revisoren des geltenden Rechts. – Als staatlich beaufsichtigte Revisionsunternehmen gelten Unternehmen, die zur Durchführung einer ordentlichen Revision bei Publikumsgesellschaften befugt sind. Von der Qualifikation her handelt es sich um Revisionsexperten, die aber weiter gehende gesetzliche Pflichten erfüllen müssen und die der Aufsicht durch die Eidg. Revisionsaufsichtsbehörde unterstehen.   Personen und Unternehmen, die sich nicht ins Revisorenregister eintragen lassen, gelten als nicht zugelassene Revisoren («Laienrevisoren»). Diese können Revisionsdienstleistungen erbringen, die das Gesetz nicht zwingend vorschreibt. Zu denken ist insbesondere an die Prüfung von Jahresrechnungen von Gesellschaften, die sich für ein Opting-out entschieden haben, aber dennoch aus unternehmensinternen Gründen eine «inoffizielle» Revision wünschen. Bedeutsam ist für den Finanzmarkt, dass die Zulassungen nach dem RAG als minimale Eintrittsschwelle in das Schweizer Prüfwesen zu verstehen sind. Die Voraussetzungen des RAG dürfen daher nicht spezialgesetzlich unterschritten werden. In den spezialgesetzlichen Bereichen der Prüfung (z.B. Banken, Versicherungen) sollen folglich nur Personen und Unternehmen zugelassen werden, die über eine solche «Grundzulassung» nach dem RAG verfügen. Für die jeweiligen spezialgesetzlichen Prüfbereiche besteht die Wahl unter den drei erwähnten Zulassungen, was die Festlegung einer angemessenen Zulassungsschwelle ermöglicht. Der Entwurf zu einem Bundesgesetz über die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (FINMAG) beispielsweise stellt bereits ausdrücklich auf die Zulassungen nach RAG ab und enthält lediglich die Kompetenz, allenfalls darüber hinausgehende Voraussetzungen festzulegen.

Aufsicht über die Revisionsstellen von Publikumsgesellschaften

Geltungsbereich der Aufsicht


Revisionsunternehmen, die Revisionsdienstleistungen für Publikumsgesellschaften erbringen, bedürfen wie erwähnt einer besonderen Zulassung und unterstehen staatlicher Aufsicht. Als Publikumsgesellschaft gilt dabei jede Gesellschaft, die an der Schweizer Börse kotierte Beteiligungspapiere aufweist, die in der Schweiz – kotierte oder nicht kotierte – Anleihensobligationen ausstehend hat oder die mindestens 20% der Aktiven oder des Umsatzes zur Konzernrechnung einer Gesellschaft nach den beiden vorstehenden Kategorien beiträgt. Der Schweizer Aufsicht unterstehen nicht nur die Revisionsstellen von Publikumsgesellschaften mit Sitz in der Schweiz. Da die Qualität der Revision für den ganzen Schweizer Kapitalmarkt gewährleistet werden muss, umfasst die vorstehende Definition grundsätzlich auch Gesellschaften mit Sitz im Ausland. Zur Vermeidung von Mehrfachaufsichten über Revisionsunternehmen entfällt die Schweizer Aufsicht allerdings, wenn ein ausländisches Revisionsunternehmen einer vom Bundesrat anerkannten ausländischen Aufsichtsbehörde untersteht.

Aufsichtsmittel und Sanktionen


Der Eidg. Revisionsaufsichtsbehörde steht zur Durchsetzung der gesetzlichen Anforderungen bei den ihr unterstellten Revisionsunternehmen eine Reihe von Aufsichtsmitteln zur Verfügung. Sie kann insbesondere Auskünfte sowie Unterlagen verlangen und hat Zutritt zu den jeweiligen Geschäftsräumlichkeiten. Staatlich beaufsichtigte Revisionsunternehmen müssen ihre Zulassungsunterlagen alljährlich aktualisieren und die Aufsichtsbehörde unverzüglich schriftlich über Vorkommnisse unterrichten, die für die Aufsicht relevant sind. Die Revisionsaufsichtsbehörde ist verpflichtet, die beaufsichtigten Revisionsunternehmen alle drei Jahre einer eingehenden Überprüfung zu unterziehen (Inspektion) und dabei insbesondere zu prüfen, ob die gesetzlichen Pflichten eingehalten werden. Werden Verstösse festgestellt, so erteilt die Aufsichtsbehörde fristgebundene Anweisungen zur Wiederherstellung des ordnungsgemässen Zustands. Daneben kann sie einer Person oder einem Unternehmen befristet oder unbefristet die Zulassung entziehen, einer Person innerhalb des Unternehmens die Ausübung einer bestimmten Tätigkeit verbieten (beispielsweise mit dem Entzug eines Revisionsmandates) oder strafrechtliche Sanktionen verhängen, sofern es sich um Übertretungstatbestände handelt. Stellt die Aufsichtsbehörde einen Vergehenstatbestand fest, überweist sie den Fall an den zuständigen kantonalen Strafrichter.

Nationale und internationale Zusammenarbeit


Für den Finanzmarkt sind vor allem die Koordination mit anderen inländischen Aufsichtstätigkeiten sowie die Leistung von internationaler Amts- und Rechtshilfe bedeutsam. Im Inland ist vor allem das Verhältnis zu den spezialgesetzlichen Aufsichtsbehörden wichtig (EBK, BPV oder auch die künftige Finma). Berührungspunkte ergeben sich aber auch mit der Schweizer Börse und mit anderen Bundesämtern, die Vorgaben für die Zulassung von Revisoren machen. Gemäss Revisionsaufsichtsgesetz unterliegen alle diese Behörden einer Koordinationspflicht, um Doppelspurigkeiten bei Zulassung und Aufsicht zu vermeiden.  Im Ausland ist bereits eine ganze Reihe von Revisionsaufsichtsbehörden aktiv. Aufgrund der internationalen Tätigkeit der Publikumsgesellschaften und ihrer Revisionsstellen kommt der Zusammenarbeit mit den ausländischen Partnerbehörden eine grosse Bedeutung zu. Zur Vermeidung von Mehrfachaufsichten entfällt wie erwähnt die schweizerische Aufsicht, wenn ein ausländisches Revisionsunternehmen einer vom Bundesrat anerkannten ausländischen Aufsichtsbehörde untersteht. Ein ähnlicher Ansatz besteht auch in der EU. Es ist daher zu hoffen, dass sich Schritt für Schritt ein internationales Aufsichtssystem entwickelt, das auf dem Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung basiert. Entscheidend wird hierfür vor allem auch sein, ob und bis zu welchem Grad sich die USA in dieses System einbinden lassen. Das Revisionsaufsichtsgesetz regelt weiter die Übermittlung von nicht öffentlichen Informationen aus der Schweiz und enthält Vorgaben für grenzüberschreitende Aufsichtshandlungen. Die Grundsätze der Schweizer Amts- und Rechtshilfe bleiben dabei vorbehalten.

Organisation und Finanzierung der Eidg. Revisionsaufsichtsbehörde


Die Eidg. Revisionsaufsichtsbehörde wird künftig für die Zulassung von Revisoren, die Beaufsichtigung der Revisionsstellen von Publikumsgesellschaften und für die internationale Amts- und Rechtshilfe im Bereich der Revisionsaufsicht zuständig sein. Sie ist eine öffentlich-rechtliche Anstalt mit eigener Rechtspersönlichkeit. Sie ist organisatorisch und betrieblich selbstständig und somit nicht Teil der zentralen Bundesverwaltung. Als Organe sind der fünfköpfige Verwaltungsrat, der Direktor und die Revisionsstelle (Eidg. Finanzkontrolle) vorgesehen.  Die Aufsichtsbehörde erhebt für ihre Verfügungen, Überprüfungen und Dienstleistungen Gebühren von den zugelassenen und beaufsichtigten Personen und Unternehmen. Da diese Gebühren den gesamten Finanzbedarf der Aufsichtsbehörde vermutlich nicht abdecken werden, wird von den staatlich beaufsichtigten Revisionsunternehmen zusätzlich eine jährliche Aufsichtsabgabe erhoben.

Weiteres Vorgehen


Der Bundesrat hat am 1. März 2006 erste Entscheide für den Aufbau der Eidg. Revisionsaufsichtsbehörde getroffen. Insbesondere hat er festgelegt, dass die Aufsichtsbehörde ihre Tätigkeit in der zweiten Jahreshälfte 2007 aufnehmen soll. Für den Aufbau ist das Eidg. Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) zuständig. Am 18. Oktober 2006 hat der Bundesrat den fünfköpfigen Verwaltungsrat gewählt. Präsidiert wird der Verwaltungsrat von alt Bundesrichter Hans Peter Walter. Mit dieser Wahl geht die operative Verantwortung für die weiteren Aufbauarbeiten vom EJPD auf den Verwaltungsrat über.

Zitiervorschlag: Reto Sanwald (2006). Zulassung und Aufsicht von Revisoren. Die Volkswirtschaft, 01. November.