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Unternehmen und Korruptionsbekämpfung

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Praktisch jeden Tag wird in den Medien über Korruptionsfälle berichtet. Dabei handelt es sich nur um die Spitze des Eisbergs. Weltweit werden nach Schätzungen der Weltbank jährlich Schmiergelder in der Grössenordnung von 1000 Mrd. US-$ bezahlt. Die Folgen sind vor allem in den Entwicklungsländern verheerend. Auch in der Schweiz ist für viele Unternehmen die Korruptionsbekämpfung immer noch kein Thema – trotz der verschärften Strafrechtsbestimmungen, die in den letzten Jahren in Kraft getreten sind. Verantwortungsvolle Unternehmen setzen sich heute mit der Korruptionsgefahr bewusst auseinander und treffen Massnahmen, um das Korruptionsrisiko zu vermindern. Ein zweckmässiger Ansatz sind die so genannten Business Principles.

Was ist eigentlich Korruption?


Vereinfacht lässt sich Korruption beschreiben als den Missbrauch einer anvertrauten Machtstellung zur Erlangung eines unerlaubten Vorteils für sich oder für andere. In den Business Principles von Transparency International wird Korruption definiert als «das Anbieten, Geben oder Annehmen eines Geschenks, Darlehens, einer Provision, Belohnung oder irgend eines anderen Vorteils an oder von einer Person als Anreiz dazu, im Rahmen des normalen Geschäfts des Unternehmens etwas zu tun, was unredlich, illegal oder ein Vertrauensbruch ist.» Korruption ist ein umfassender Begriff, der verschiedene Erscheinungsformen beinhaltet. Dazu gehören die Bestechung (einschliesslich der Auslandskorruption), die private Korruption, die Vorteilsgewährung bzw. -annahme, das gezielte Anfüttern sowie die missbräuchliche Einflussnahme.  Bestechung ist eine besonders schwere Form von Machtmissbrauch, bei der immer mindestens zwei Personen beteiligt sind: der Bestochene und der Bestechende. Bezeichnend ist, dass die involvierten Personen ein gemeinsames Interesse haben, dass die Bestechung nicht aufgedeckt wird. Da es bei Bestechungsfällen nur selten einen sichtbaren, direkten Schaden (wie z.B. einen materiellen Verlust oder eine Körperverletzung) und klare Beweise (wie z.B. ein Radarbild mit der Geschwindigkeitsüberschreitung, schriftliche Aufzeichnungen, Fingerabdrücke, DNA-Tests) gibt, ist die Aufdeckung sehr schwierig. Fachleute gehen von einer Dunkelziffer von 97% bis 99% aus. Wenn Bestechungsfälle publik werden, ist dies oft so genannten Whistleblowers zu verdanken. Das sind Personen, die an ihrem Arbeitsplatz Zeugen von illegalen Praktiken werden, diese intern melden oder an die Öffentlichkeit tragen. Der durch Korruption angerichtete Schaden verteilt sich in der Regel auf eine Vielzahl von indirekt Geschädigten, welche sich bei unaufgedeckten Fällen ihres Schadens nicht bewusst sind. Solche indirekt Betroffenen können zum Beispiel die Steuerzahler, die Mitkonkurrenten bei einer Ausschreibung, die Aktionäre oder die Bevölkerung in Entwicklungsländern sein. Diese diffuse Schadenswahrnehmung ist mit ein Grund, weshalb Korruption bis vor kurzem vielerorts als Kavaliersdelikt galt oder immer noch gilt. Noch vor sieben Jahren war das Bestechen von ausländischen Amtsträgern in der Schweiz erlaubt. Die im Ausland bezahlten Bestechungsgel-der konnten sogar als ausserordentlicher Aufwand von der Steuer abgezogen werden. Nicht selten sind gerade Bestechungsfälle mit anderen Straftatbeständen verbunden, insbesondere mit Wirtschaftsdelikten wie Veruntreuung, Geldwäscherei, Urkundenfälschung und Insider-Trading.

Warum ist Korruption überhaupt ein Problem?


Korruption ist ein Krebsgeschwür, welches Wirtschaft und Gesellschaft weltweit einen erheblichen Schaden zufügt. In Ländern, die stark davon betroffen sind, kann sie sogar die institutionellen Grundlagen für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung zerstören. Die effektiven Folgekosten gehen weit über den von der Weltbank geschätzten Betrag von 1000 Mrd. US-$ In dieser Zahl nicht eingeschlossen sind die Veruntreuung von öffentlichen Geldern und die Bestechung innerhalb des privaten Sektors. Vgl. World Bank, Medienmitteilung vom 8. April 2004. hinaus: – Falsche Ressourcenallokation: Korruption setzt den Marktmechanismus und die Regeln der Fairness ausser Kraft. Sie erhöht die Kosten der öffentlichen Infrastruktur und Dienstleistungen und absorbiert Mittel, die sonst für die wirtschaftliche Entwicklung eingesetzt werden könnten. – Verschärfung der Armut: In den Entwicklungsländern sind die Auswirkungen besonders verheerend. Die schon bescheidenen öffentlichen Mittel, die zur Armutsbekämpfung zur Verfügung stehen, werden durch die Korruption noch verringert. Für die Armen bedeutet Korruption bei der staatlichen Grundversorgung zudem, dass ihr Zugang zu Bildung und Gesundheitsdienstleistungen wegen des Zahlens von Schmiergeldern eingeschränkt ist.  – Geringeres Wirtschaftswachstum: Korrupte Praktiken – z.B. bei der Vergabe von Lizenzen, Baubewilligungen und Bescheinigungen – behindern die Entfaltung des privaten Sektors. Dadurch werden nicht nur die Transaktionskosten erhöht, sondern auch das Vertrauen in- und ausländischer Investoren in das Rechtssystem und in die staatlichen Institutionen unterminiert. Dementsprechend wird weniger investiert – mit negativen Folgen für Wirtschaftswachstum und Beschäftigung. – Verminderte Sicherheit: Korruption im Bereich der Sicherheit – z.B. im Bausek-tor, im Gesundheitswesen, beim Verkehr oder beim Umweltschutz – kann tödliche Folgen haben. Beispiele sind der von bestochenen staatlichen Kontrollorganen gedeckte Bau von nicht erdbebensicheren Häusern oder die tolerierte vorschriftswidrige Entsorgung von gefährlichen Abfällen. – Vertrauensverlust: Korruption breitet sich vor allem dort aus, wo das Rechtssystem schwach ist. Wenn Willkür und Unrecht um sich greifen und Korruption systematisch oder endemisch wird, geht das Vertrauen in die staatlichen Institutionen rasch verloren. Solche Länder können dann zu einem idealen Nährboden werden für die organisierte Kriminalität und für die Entfaltung von terroristischen Gruppen. Im Zuge der Globalisierung laufen auch Länder mit demokratischem Rechtssystem und intakten Institutionen Gefahr, die Folgen solcher Entwicklungen mittragen zu müssen.  Unternehmen können selber Opfer von Korruption werden, wenn sie zum Beispiel einen Auftrag nicht erhalten, obwohl sie die beste Offerte eingereicht haben. Solange dies für sie ein Einzelfall bleibt, dürfte sich der Schaden in Grenzen halten. Anders sieht es aus, wenn ein Unternehmen direkt in einen Korruptionsfall verwickelt wird, weil etwa Mitglieder der Geschäftsleitung, Mitarbeiter oder von ihm angestellte Geschäftsvermittler bestochen haben und diese Machenschaften ans Tageslicht kommen. Der grösste Schaden entsteht meistens dadurch, dass das Image des Unternehmens in Mitleidenschaft gezogen wird (Reputationsschaden) und dies gravierende Folgen für die Geschäftsbeziehungen, den Umsatz und den Aktienkurs hat (Beispiele Enron, WorldCom, Arthur Andersen). Stark in Mitleidenschaft gezogen werden in der Regel auch das Betriebsklima und die Unternehmenskultur. Nicht zu unterschätzen ist zudem die Abhängigkeit, in die ein Unternehmen mit korrupten Geschäftspraktiken fällt: Ein Bestechungsfall genügt, um ein Unternehmen erpressbar zu machen.  Die schädlichen Auswirkungen der Korruption sind heute allgemein bekannt. Dass in den letzten zehn Jahren eine Bewusstseinsänderung stattgefunden hat, zeigt sich auch daran, dass auf internationaler Ebene verschiedene Instrumente zur Bekämpfung der Korruption verabschiedet worden sind. Dazu gehören das OECD-Übereinkommen über die Bekämpfung der Bestechung ausländischer Amtsträger im internationalen Geschäftsverkehr Vgl. dazu die beiden folgenden Artikel: Pieth Mark, Bekämpfung der transnationalen Korruption: Das OECD-Instrument, in: Die Volkswirtschaft, 4-2005, S. 22ff und Kaufmann Ivo, Länderexamen Korruption – die Schweiz im internationalen Vergleich, in: Die Volkswirtschaft, 1/2-2005, S. 67ff., die Strafrechts- und die Zivilrechtskonvention des Europarates gegen Korruption sowie die UNO-Konvention gegen die Korruption. Aufgrund dieser internationalen Instrumente sind die relevanten Rechtsvorschriften auf nationaler Ebene angepasst und verschärft worden.

Relevante Rechtsvorschriften und wichtige Neuerungen in der Schweiz


Auch in der Schweiz sind die strafrechtlichen Bestimmungen betreffend die Korruption in den letzten Jahren verschärft worden. Seit dem 1. Oktober 2003 können Unternehmen selbst strafrechtlich belangt werden. Vorher wurden nur die für das Unternehmen handelnden natürlichen Personen vom Strafrecht erfasst, auch wenn eine Tat im Rahmen der geschäftlichen Tätigkeit begangen wurde. Die Strafbarkeit von Unternehmen ist im Artikel 100quater des Strafgesetzbuches (vgl.

Kasten 1
1 Wird in einem Unternehmen in Ausübung geschäftlicher Verrichtung im Rahmen des Unternehmenszwecks ein Verbrechen oder Vergehen begangen und kann diese Tat wegen mangelhafter Organisation des Unternehmens keiner bestimmten natürlichen Person zugerechnet werden, so wird das Verbrechen oder Vergehen dem Unternehmen zugerechnet. In diesem Fall wird das Unternehmen mit Busse bis zu 5 Mio. Franken bestraft.2 Handelt es sich dabei um eine Straftat nach den Artikeln 260ter (kriminelle Organisation), 260quinquies (Finanzierung des Terrorismus), 305bis (Geldwäscherei), 322ter (Bestechung schweizerischer Amtsträger), 322quinquies (Vorteilsgewährung schweizerischer Amtsträger) oder 322septies Absatz 1 (Bestechung fremder Amtsträger) oder um eine Straftat nach Artikel 4a Absatz 1 Buchstabe a des Bundesgesetzes vom 19. Dezember 1986 gegen den unlauteren Wettbewerb (aktive Bestechung im privaten Sektor), so wird das Unternehmen unabhängig von der Strafbarkeit natürlicher Personen bestraft, wenn dem Unternehmen vorzuwerfen ist, dass es nicht alle erforderlichen und zumutbaren organisatorischen Vorkehren getroffen hat, um eine solche Straftat zu verhindern.3 Das Gericht bemisst die Busse insbesondere nach der Schwere der Tat und der Schwere des Organisationsmangels und des angerichteten Schadens sowie nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Unternehmens.Anmerkung: Die in kursiver Schrift und in Klammern angebrachten Präzisierungen stammen vom Autor.) geregelt. Mit diesem Artikel haben erstmals Vorschriften über die Strafbarkeit juristischer Personen ins Strafgesetzbuch Eingang gefunden.  Grundsätzlich bleiben natürliche Personen für ihre Handlungen verantwortlich. Unabhängig vom Verschulden der natürlichen Personen besteht aber zusätzlich eine strafrechtliche Verantwortung des Unternehmens im Falle von Korruption, Geldwäscherei und anderen explizit aufgezählten Straftaten Diese sind: Beteiligung an einer kriminellen Organisation, Finanzierung des Terrorismus, Geldwäscherei, Bestechung von schweizerischen bzw. fremden Amtsträgern, Vorteilsgewährung und aktive Bestechung im privaten Sektor.. Voraussetzung ist, dass das Unternehmen nicht alle erforderlichen organisatorischen Vorkehrungen zur Verhinderung der genannten Straftaten getroffen hat.  Am 1. Juli 2006 sind in der Schweiz weitere Strafrechtsbestimmungen in Kraft getreten. Neu sind nun auch die passive Privatbestechung sowie die passive Bestechung von ausländischen und internationalen Amtsträgern strafbar. Für Unternehmen besonders relevant ist, dass die Strafbarkeit des Unternehmens auch auf die aktive Privatbestechung ausgedehnt worden ist. Für verantwortungs- und risikobewusste Unternehmen drängt sich aufgrund dieser Rechtslage eine kritische Überprüfung ihrer Organisation auf, insbesondere in Bezug auf vorbeugende Massnahmen gegen Korruption, Geldwäscherei und andere Straftaten. Auch Schweizer Unternehmen sind nicht immun gegen Korruption. Ein Indiz für den offensichtlichen Handlungsbedarf ist, dass die schweizerischen Justizbehörden bis im Herbst 2006 im Zusammenhang mit dem «Oil-for-Food»-Programm der UNO 22 strafrechtliche Verfahren gegen Schweizer Firmen eröffnet haben. Bei den Ermittlungen geht es um den Verdacht der Bestechung fremder Amtsträger und der Geldwäscherei sowie um Widerhandlungen gegen die wirtschaftlichen Sanktionen gegen den Irak unter Saddam Hussein. Vgl. NZZ am Sonntag, 17. September 2006.

Business Principles als Orientierungsrahmen für alle Unternehmen


Eine Möglichkeit, wie Unternehmen beim Korruptionsrisiko ihrer Sorgfaltspflicht gemäss den neuen Strafrechtsbestimmungen nachkommen können, ist die Umsetzung der Geschäftsprinzipien von Transparency International (TI) für die Bekämpfung von Korruption (vgl.

Kasten 2
Transparency International (TI) ist die führende Nichtregierungsorganisation im Kampf gegen Korruption. Sie wurde 1993 mit Sitz in Berlin gegründet und zählt mittlerweile über 90 nationale Sektionen. Jährlich veröffentlicht TI den Corruption Perception Index, der über 150 Länder nach ihrer Korruptionsanfälligkeit klassiert, und den Global Corruption Report.Webadresse: Vgl. www.transparency.org/global_priorities/private_sector/business_principles . weltweit verbreitet worden. Auch in Zukunft sollen diese Grundsätze und die von TI angebotenen Umsetzungshilfen weiterentwickelt und auf die Bedürfnisse der verschiedenen Unternehmenskategorien angepasst werden. Unternehmen, welche bereits ein Abwehrdispositiv gegen Korruption aufgebaut haben, ist zu empfehlen, dieses mit den Business Principles zu vergleichen. Wegen der breiten Ausrichtung und der bewiesenen Praxistauglichkeit eignen sich die Business Principles für alle Unternehmen sehr gut als Bezugsrahmen (Benchmark) zur Überprüfung der Vollständigkeit und Wirksamkeit von bestehenden Abwehrsystemen.

Worum geht es bei den Business Principles?


Bei den Business Principles geht es im Wesentlichen darum, dass die Unternehmen erstens ihren Mitarbeitenden jegliche Form der Korruption verbieten und zweitens ein Massnahmenprogramm zur Verminderung der Korruptionsrisiken durchführen. Die entsprechenden Programme sollen auf die Besonderheiten der Unternehmen abgestimmt sein. Dazu gehören die Grösse, die Branchenzugehörigkeit, die potenziellen Risiken, die Standorte sowie die Beschaffungs- und Absatzmärkte. Die vorgenannten Grundsätze beruhen auf den fundamentalen Werten Integrität, Transparenz, Fairness und Verantwortlichkeit. Die Unternehmen sollen eine auf Vertrauen basierende, umfassende Unternehmenskultur schaffen und aufrechterhalten, in der Korruption nicht toleriert wird. Für Unternehmen, die sich zu den Business Principles bekennen, gelten unter anderem die folgenden Standards: – Die oberste Führung genehmigt die Business Principles und stellt die zur Umsetzung des Massnahmenprogramms notwendigen Ressourcen zur Verfügung. Der CEO ist dafür verantwortlich, dass das Programm konsequent umgesetzt wird. – Das Programm beinhaltet eine gezielte Ausbildung der Führungskräfte, Angestellten und Geschäftsvermittler (Agenten). – Die Mitarbeitenden haben die Möglichkeit, der obersten Führung ihre Bedenken oder Korruptionsvorgänge vertraulich zur Kenntnis zu bringen, ohne dass sie Nachteile zu befürchten haben. – Es werden keine Beiträge an politische Parteien oder Politiker geleistet, um Geschäftsvorteile zu erlangen. Alle Spenden an Parteien, gemeinnützige Organisationen und andere Sponsorbeiträge werden veröffentlicht. – Es werden keine ungebührlichen Zahlungen gemacht, insbesondere auch nicht über Geschäftsvermittler. Die Geschäftsvermittler werden vertraglich in das Programm eingebunden. – Das Unternehmen führt seine Beschaffungsgeschäfte auf faire und transparente Weise durch. Alle finanziellen Transaktionen werden genau verbucht. Es werden keine geheimen Konten geführt.  Die obere Führungsebene soll das Massnahmenprogramm überwachen, seine Angemessenheit regelmässig prüfen und allenfalls entsprechende Verbesserungen vornehmen. Von den Unternehmen wird erwartet, dass sie ihre Anstrengungen zur Korruptionsbekämpfung – z.B. in ihrem Branchenverband – bekannt machen und auf Wunsch ihr Massnahmenprogramm offen legen. Dadurch sollen nicht zuletzt auch Konkurrenten dazu gebracht werden, ihrerseits Massnahmen zur Korruptionsbekämpfung einzuleiten oder in einen Erfahrungsaustausch einzutreten. Die Business Principles können so zur Vertrauensbildung beitragen, ähnlich wie dies die so genannte Integritätsklausel bei öffentlichen Ausschreibungen tut (vgl.

Kasten 3
Bei der von TI empfohlenen Integritätsklausel handelt es sich um eine Vereinbarung (normalerweise zwischen einer Regierungsstelle und einem oder mehreren Privatunternehmen), welche die Zahlung und Entgegennahme von Bestechungsgeldern bei der Abwicklung von öffentlichen Aufträgen ausdrücklich ausschliesst. Sie ist ein wesentlicher Bestandteil der Ausschreibungsunterlagen.Die ausschreibende öffentliche Stelle verpflichtet sich dafür zu sorgen, dass die Auftragsvergabe auf transparente Weise erfolgt und dass die verantwortlichen Beamten keine Bestechungsgelder annehmen. Alle an der Ausschreibung teilnehmenden Unternehmen verpflichten sich ihrerseits, keine Bestechungsgelder anzubieten und über sämtliche im Rahmen der Ausschreibung getätigten Ausgaben exakt Buch zu führen. Sie müssen Einsicht in ihre Buchhaltung gewähren.Die Integritätsklausel kann auf zwei Arten angewendet werden. Entweder wird sie als separater Vertrag ausgearbeitet oder sie wird direkt in den Kaufoder Projektvertrag aufgenommen. TI empfiehlt aufgrund der einfachen Anwendung die zweite Möglichkeit. In diesem Fall werden dem jeweiligen Vertrag noch eine Reihe allgemeiner Bestimmungen beigefügt, sei es bezüglich der Tragweite der Verpflichtungen oder der Sanktionen im Falle einer Vertragsverletzung.Die Integritätsklausel bezweckt, dass alle an einer Ausschreibung teilnehmenden Anbieter auf die Zahlung von Bestechungsgeldern verzichten können. Es soll die Gewissheit herrschen, dass kein Konkurrent besticht. Dadurch wird das folgende, immer wieder gehörte Argument entkräftet: «Meine Firma muss bestechen, weil die andern es auch tun und wir den Auftrag sonst sicher nicht erhalten.»). Die Erfahrungen von TI zeigen, dass Unternehmen die Business Principles nicht nur aus ethischen Gründen übernehmen. Zunehmend werden sie von den Unternehmen als wichtiges Instrument des Risikomanagements und als wirksames Instrument zur Verbesserung des Images bei den für die Unternehmen relevanten Bezugsgruppen (Stakeholders) gesehen. Damit kommt ihnen auch für die mittel- und langfristige Geschäftsentwicklung eine nicht zu unterschätzende Bedeutung zu.

Verbreitung der Business Principles und neue Instrumente


Seit 2003 führen TI und die nationalen Sektionen von TI weltweit Informationsveranstaltungen zur Verbreitung der Business Principles durch. In der Schweiz fanden bisher zwei solche Anlässe statt (2004, 2006). Mehr als die Hälfte der 41 Unternehmen, die Mitglied der Schweizer Sektion von TI sind, haben sich bisher verpflichtet, die Business Principles umzusetzen. Um insbesondere den KMU die Übernahme der Business Principles zu erleichtern, hat TI ein vereinfachtes, sechsstufiges Einführungsprogramm entwickelt. Zur weiteren Unterstützung wurde eine detaillierte Anleitung (Guidance Document) zur Umsetzung der Grundsätze ausgearbeitet. Vgl. www.transparency.org/global_priorities/private_sector/business_principles/guidance_document . Beide Instrumente sind auf dem Internet veröffentlicht. Gegenwärtig testet TI zudem ein Modul, das den Unternehmen erlauben soll, die Tauglichkeit ihrer Antikorruptionssysteme selbst zu beurteilen. Die Einführung dieses Moduls ist auf Anfang 2007 vorgesehen. Die Business Principles werden aufgrund der Erfahrungen und neuer Entwicklungen laufend überdacht und periodisch angepasst. Dafür verantwortlich sind TI (Sekretariat Business Principles) und der Lenkungsausschuss. Die zunehmende weltweite Relevanz der Business Principles zeigt sich auch darin, dass die Grundsätze für faire Geschäftspraktiken in die in Ausarbeitung sich befindenden ISO-26000-Richtlinien aufgenommen werden sollen. ISO 26000 hat die soziale Verantwortung von privaten Unternehmen und öffentlichen Institutionen zum Gegenstand. Im Gegensatz zu ISO 9001:2000 und ISO 14001:2004 wird ISO 26000 zunächst noch nicht als zertifizierungsfähiger Standard konzipiert. TI ist an der Erarbeitung von ISO 26000 massgeblich beteiligt und bringt seine Erfahrungen mit den Business Principles und der Korruptionsbekämpfung ein. Die offizielle Lancierung von ISO 26000 ist für 2009 geplant.

Kasten 1: Strafbarkeit von Unternehmen, Schweizerisches Strafgesetzbuch Art. 100quater (Abs. 1-3)
1 Wird in einem Unternehmen in Ausübung geschäftlicher Verrichtung im Rahmen des Unternehmenszwecks ein Verbrechen oder Vergehen begangen und kann diese Tat wegen mangelhafter Organisation des Unternehmens keiner bestimmten natürlichen Person zugerechnet werden, so wird das Verbrechen oder Vergehen dem Unternehmen zugerechnet. In diesem Fall wird das Unternehmen mit Busse bis zu 5 Mio. Franken bestraft.2 Handelt es sich dabei um eine Straftat nach den Artikeln 260ter (kriminelle Organisation), 260quinquies (Finanzierung des Terrorismus), 305bis (Geldwäscherei), 322ter (Bestechung schweizerischer Amtsträger), 322quinquies (Vorteilsgewährung schweizerischer Amtsträger) oder 322septies Absatz 1 (Bestechung fremder Amtsträger) oder um eine Straftat nach Artikel 4a Absatz 1 Buchstabe a des Bundesgesetzes vom 19. Dezember 1986 gegen den unlauteren Wettbewerb (aktive Bestechung im privaten Sektor), so wird das Unternehmen unabhängig von der Strafbarkeit natürlicher Personen bestraft, wenn dem Unternehmen vorzuwerfen ist, dass es nicht alle erforderlichen und zumutbaren organisatorischen Vorkehren getroffen hat, um eine solche Straftat zu verhindern.3 Das Gericht bemisst die Busse insbesondere nach der Schwere der Tat und der Schwere des Organisationsmangels und des angerichteten Schadens sowie nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Unternehmens.Anmerkung: Die in kursiver Schrift und in Klammern angebrachten Präzisierungen stammen vom Autor.

Kasten 2: Transparency International
Transparency International (TI) ist die führende Nichtregierungsorganisation im Kampf gegen Korruption. Sie wurde 1993 mit Sitz in Berlin gegründet und zählt mittlerweile über 90 nationale Sektionen. Jährlich veröffentlicht TI den Corruption Perception Index, der über 150 Länder nach ihrer Korruptionsanfälligkeit klassiert, und den Global Corruption Report.Webadresse: www.transparency.orgTransparency International Schweiz (TI-Schweiz) ist die Schweizer Sektion von TI. Sie wurde 1995 gegründet, hat ihren Sitz in Bern und zählt über 130 Mitglieder (Privatpersonen und Unternehmen). TI-Schweiz engagiert sich für Transparenz in der Privatwirtschaft und in der öffentlichen Verwaltung. Ihre Hauptaktivitäten konzentrieren sich auf Information, Prävention und Lobbying. Mit Instrumenten wie der Integritätsklausel für öffentliche Aufträge oder Verhaltenskodizes für Unternehmen verfolgt TI-Schweiz das Ziel, Korruption effektiv zu bekämpfen. Webadresse: www.transparency.ch

Kasten 3: Integritätsklausel
Bei der von TI empfohlenen Integritätsklausel handelt es sich um eine Vereinbarung (normalerweise zwischen einer Regierungsstelle und einem oder mehreren Privatunternehmen), welche die Zahlung und Entgegennahme von Bestechungsgeldern bei der Abwicklung von öffentlichen Aufträgen ausdrücklich ausschliesst. Sie ist ein wesentlicher Bestandteil der Ausschreibungsunterlagen.Die ausschreibende öffentliche Stelle verpflichtet sich dafür zu sorgen, dass die Auftragsvergabe auf transparente Weise erfolgt und dass die verantwortlichen Beamten keine Bestechungsgelder annehmen. Alle an der Ausschreibung teilnehmenden Unternehmen verpflichten sich ihrerseits, keine Bestechungsgelder anzubieten und über sämtliche im Rahmen der Ausschreibung getätigten Ausgaben exakt Buch zu führen. Sie müssen Einsicht in ihre Buchhaltung gewähren.Die Integritätsklausel kann auf zwei Arten angewendet werden. Entweder wird sie als separater Vertrag ausgearbeitet oder sie wird direkt in den Kaufoder Projektvertrag aufgenommen. TI empfiehlt aufgrund der einfachen Anwendung die zweite Möglichkeit. In diesem Fall werden dem jeweiligen Vertrag noch eine Reihe allgemeiner Bestimmungen beigefügt, sei es bezüglich der Tragweite der Verpflichtungen oder der Sanktionen im Falle einer Vertragsverletzung.Die Integritätsklausel bezweckt, dass alle an einer Ausschreibung teilnehmenden Anbieter auf die Zahlung von Bestechungsgeldern verzichten können. Es soll die Gewissheit herrschen, dass kein Konkurrent besticht. Dadurch wird das folgende, immer wieder gehörte Argument entkräftet: «Meine Firma muss bestechen, weil die andern es auch tun und wir den Auftrag sonst sicher nicht erhalten.»

Kasten 4: Literaturhinweis
Im September 2003 hat das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) eine praxisorientierte Broschüre zum Thema Korruption herausgegeben: «Korruption vermeiden – Hinweise für im Ausland tätige Schweizer Unternehmen». Diese entstand in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Justiz (BJ), dem Eidg. Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA), Economiesuisse und TI-Schweiz. Für Anfang 2007 ist eine aktualisierte Neuauflage vorgesehen.Internet: www.seco.admin.ch , Rubriken «Spezialthemen», «Korruptionsbekämpfung», «Publikationen».

Zitiervorschlag: Bruggmann, Hugo (2006). Unternehmen und Korruptionsbekämpfung. Die Volkswirtschaft, 01. Dezember.