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Gleichbehandlung von beruflicher und schulischer Bildung

Rund zwei Drittel aller Arbeitnehmenden sind in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) tätig. Ein Grossteil von ihnen hat eine berufliche Grundbildung absolviert. Auch heute wählen über 60% aller 16-Jährigen diesen Weg. Das Kader hat meist eine höhere Berufsbildung, sei es eine Berufs-/Meisterprüfung oder ein Diplom einer höheren Fachschule. Diese durch unser Berufsbildungssystem ermöglichte und gewährleistete hohe Fachkompetenz zählt – auch im Vergleich zum Ausland – zu unseren grossen Stärken. Sie zu sichern und zu fördern, ist die Aufgabe der Berufsverbände, die für die qualitative Weiterentwicklung ihrer Aus- und Weiterbildungen verantwortlich sind.

Gewerbliche Wirtschaft für höhere BFI-Investitionen


Bildung, Forschung und Innovation (BFI) sind für die gewerbliche Wirtschaft von zentraler Bedeutung. Nur wenn alle drei Bereiche auf einem hohen Niveau gewährleistet sind, sind wir wettbewerbsfähig, können wir Arbeitsplätze sichern und neue schaffen. So war es für den Schweizerischen Gewerbeverband (SGV) klar, aktiv zu werden, als der Bundesrat im Sommer des letzten Jahres verlauten liess, für die Investitionen im BFI-Bereich ab dem Jahr 2008 lediglich eine Erhöhung des Kreditrahmens um jährlich 4,5% vorzusehen und erst noch im neuen Berufsbildungsgesetz und im Fachhochschulgesetz die Bundesanteile drastisch kürzen zu wollen. An einer Pressekonferenz zusammen mit den Kantonen und den Sozialpartnern wehrten wir uns gegen dieses Ansinnen und das Parlament unterstützte uns dabei. Der Bundesrat sieht nun neu eine jährliche Wachstumsrate von 6% für den ganzen BFI-Bereich vor und verzichtet auf die «angedrohten» Gesetzesänderungen. Der Verteilkampf auf die verschiedenen Bereiche ist damit allerdings nicht abgewendet.

Harzige Umsetzung des Berufsbildungsgesetzes


Die technologischen Entwicklungen machen auch vor den traditionellen gewerblichen Berufen nicht Halt und fordern alle aufs Höchste. Mit dem Inkrafttreten des neuen Berufsbildungsgesetzes im Jahr 2004 sind die Rahmenbedingungen, um diesen Ansprüchen gerecht zu werden, stark verbessert worden. Allerdings sind damit auch die Anforderungen an alle Beteiligten in der Berufsbildung gestiegen. Die Reformen verlangen von den Ausbildenden, Lehrbetrieben, Prüfungsexpertinnen und -experten, aber auch von den Organisationen der Arbeitswelt (OdA) und den Behörden ein hohes Engagement an Geld und Zeit. Das im Gesetz vorgesehene neue Finanzierungssystem – der Bund bezahlt künftig Pauschalen an die Kantone und nur noch in ganz wenigen Ausnahmefällen direkt an die OdA – soll bereits 2008 eingeführt werden. Die Anpassungen in den Kantonen – häufig geprägt durch ihre angespannte Finanzlage – sind im Gange.  Gerade im Bereich der höheren Berufsbildung – also z.B. bei den Vorbereitungskursen für Berufs- und höhere Fachprüfungen – harzt es an einigen Orten mit der zwingend notwenigen Unterstützung. Nachdem das Schweizer Volk am 21. Mai 2006 mit 86% Ja-Stimmen die neuen Bildungsartikel in der Bundesverfassung angenommen hat, darf diese Entwicklung auf keinen Fall hingenommen werden.

Ungleiche Spiesse von Hochschulen und Berufsbildung


Im Jahr 2003 flossen rund 15% (520 Mio. Fr.) aller Bildungsmittel des Bundes in die berufliche Grund- und höhere Berufsbildung und 82% (2896 Mio. Fr.) in den Hochschulbereich. Noch krasser ist das Missverhältnis, wenn wir die gesamten Ausgaben des Bundes und der Kantone für die höhere Berufsbildung und für den Hochschulbereich miteinander vergleichen. Für die höhere Berufsbildung gaben Bund und Kantone total 240 Mio. Franken aus, für den Hochschulbereich 6383 Mio. Franken. Der Anteil der Ausgaben für die höhere Berufsbildung lagen demnach bei 3,6%, während der Hochschulbereich 96,4% erhielt. Und dies, obschon im Jahre 2004 die Abschlüsse der höheren Berufsbildung 40% aller Tertiärabschlüsse ausmachten.  Die öffentliche Hand beteiligt sich also kaum an den Kosten der höheren Berufsbildung, obwohl diese Qualifikationen für unsere Wirtschaft von eminenter Bedeutung sind. Der Bund darf sich deshalb auf keinen Fall noch weiter aus seiner Verantwortung für diesen Bereich stehlen. Die Berufsbildung sollte nicht nur am 1. August für die hervorragenden Leistungen und ihre Effizienz gelobt werden, sondern muss noch stärker – auch mit finanziellen Mitteln – unterstützt werden.

Zitiervorschlag: Christine Davatz-Hoechner (2007). Gleichbehandlung von beruflicher und schulischer Bildung. Die Volkswirtschaft, 01. Januar.