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Bildungsbericht Schweiz 2006 – Grundlagen für die Systemsteuerung

Nationale Bildungssysteme waren traditionell stark politisch und normativ gesteuerte Bereiche der Gesellschaft sowie des staatlichen Handelns und sind dies in unterschiedlichem Ausmass in vielen Ländern heute noch. Angesichts der privaten und öffentlichen Ressourcen, die jährlich in das Bildungssystem fliessen, ist jedoch eine rein politisch-normative Steuerung als zu ineffizient anzusehen. Vor diesem Hintergrund entschied sich die Schweiz, die bildungspolitische Steuerung durch standardisierte Instrumente des Bildungsmonitorings und der Bildungsberichterstattung zu erweitern und zu verbessern. Mit dem neuen Verfassungszusatz zur Bildung, dem das Schweizer Volk im Mai 2006 zugestimmt hat, bekommt die Bildungsberichterstattung eine neue Bedeutung, ist sie doch ein sichtbares Zeichen, dass Bund und Kantone zusammen die Verantwortung für die Qualität des Bildungswesens übernehmen.

Bildungsmonitoring und -berichterstattung


Bildungsmonitoring ist die regelmässige Erfassung des Ist-Zustandes eines Bildungswesens mittels objektiver Verfahren wie Tests oder statistischer Auswertungen. Dazu gehören Projekte, so z.B. das Programme for International Student Assessment (Pisa) oder die kommenden Lernstandsmessungen im Rahmen von HarmoS. Auch die Publikationen und Indikatorsets des Bundesamtes für Statistik (BFS) sind in diesem Sinne Teil eines umfassenden Bildungsmonitorings, da sie Steuerungsinformationen für spezifische Bildungsbereiche generieren. Der Bildungsbericht soll dieses Wissen – kombiniert mit weiteren Informationen aus Verwaltung, Statistik und Forschung – in ein Gesamtbild zusammenfügen. Der erste nationale Bildungsbericht wurde von der Schweizerischen Koordinationsstelle für Bildungsforschung (SKBF) verfasst und ist Ende 2006 erschienen. Vgl. Bildungsbericht Schweiz 2006. Im Rahmen der Arbeiten zu diesem Bericht konnten erste und wichtige Erfahrungen gesammelt werden, inwiefern, unter welchen Bedingungen und mit welchen Einschränkungen ein rein auf Indikatoren basiertes Informationssystem in der Lage wäre, die notwendige Basis für die Steuerung des Bildungswesens zu liefern.  Monitoring beinhaltet aber nicht nur die momentane Bestandesaufnahme, sondern setzt eine Beobachtung der Indikatoren über die Zeit voraus. Für den Bildungsbericht ist deshalb eine Periodizität von vier Jahren vorgesehen. In diesem Zeitraum sollen die Befunde des ersten Berichtes in der Bildungsverwaltung, -statistik und -forschung verarbeitet werden und dazu dienen, Fragestellungen und Schwerpunkte für den nächsten Bericht zu definieren. Aufgrund dieser Vorgaben wird eine erneute Bestandesaufnahme vorgenommen, die speziell die Veränderungen im Bildungswesen unter die Lupe nimmt. Um die Bedeutung und den Nutzen der Bildungsberichterstattung beurteilen zu können, muss man dementsprechend wohl mindestens einen vollen Zyklus – d.h. mindestens zwei Bildungsberichte – abwarten.

Struktur des Berichtes


Das schweizerische Bildungswesen ist in Bildungsstufen und -typen unterteilt. Institutionelle Unterschiede, unterschiedliche Bildungsziele sowie stufen- und typenspezifische Organisation, Verwaltung und Zuständigkeiten rechtfertigen einen Aufbau des Bildungsberichtes entlang den einzelnen Bildungsstufen und -typen. Eine Gliederung nach Bildungsstufen hat eine entsprechend klare Logik, bringt aber auch gewisse Einschränkungen mit sich. Eine dieser Einschränkungen zeigt sich darin, dass einzelne Wirkungen von Bildung (Outcomes), beispielsweise auf die Gesundheit oder das soziale Verhalten von Menschen, nicht einer einzigen Bildungsstufe oder einem Bildungstyp zugeordnet werden können, sondern das Ergebnis kumulierter Prozesse sind. Jede Bildungsstufe von der Vorschule bis zur Weiterbildung (mit Ausnahme der «Höheren Berufsbildung») wird im Bildungsbericht einheitlich nach fünf Dimensionen beschrieben und analysiert: Zuerst werden die stufenspezifischen Kontextinformationen vermittelt und anschliessend die institutionellen Merkmale beschrieben. Die Analyse der Leistungsfähigkeit einer Bildungsstufe erfolgt anhand der drei Kriterien Effektivität, Effizienz und Equity. Nachfolgend werden diese fünf Dimensionen kurz erläutert und exemplarisch einige Erkenntnisse aus dem Bericht vermittelt.

Exogene Rahmenbedingungen: Für die Bildung entscheidend


Das Bildungswesen wird in seiner Funktionsweise und -fähigkeit stark durch gesellschaftliche und wirtschaftliche Prozesse geprägt. Diese Vorgänge, die sich ausserhalb des Bildungswesens abspielen, zeigen ihre Wirkungen innerhalb des Bildungswesens, was häufig dazu verleitet, unerwünschten Erscheinungen auch im Bildungswesen begegnen zu wollen. Es kann aber effizienter sein, ein Problem dort zu lösen, wo es entsteht, statt dort, wo es sich manifestiert. Einflüsse der Demografie, der Familienstrukturen, der Migrationspolitik oder auch der Wirtschaft (wichtig für die Berufsbildung oder die Weiterbildung) sind evidente exogene Einflussfaktoren. Daneben gibt es aber auch weniger augenfällige Faktoren wie die Fiskal- und Steuerpolitik oder die Sozialpolitik, die einen Einfluss auf das Bildungswesen haben können. Die Bedeutung solcher Kontextinformationen wurde in vielen Bereichen des Bildungswesens zu lange vernachlässigt. Dies führt dazu, dass die genauen systemischen Zusammenhänge häufig wenig bekannt sind und dass man kausale Wirkungsketten eher aufgrund von Plausibilitäten unterstellt, als diese tatsächlich wissenschaftlich nachzuweisen.

Institutionelle Rahmenbedingungen werden harmonisiert


Neben dem für das Bildungswesen exogenen Kontext prägen auch die internen Rahmenbedingungen (Institutionen) die Funktionsweise und -fähigkeit des Systems. Der Bildungsbericht unterstreicht die teilweise grossen Unterschiede zwischen Institutionen oder Kantonen hinsichtlich vieler Aspekte, die auf die Bildungsleistung einen entscheidenden Einfluss haben können. Vergegenwärtigt man sich beispielsweise, dass die jährliche Unterrichtszeit der Lernenden zwischen den Kantonen um mehr als 20% variiert (siehe Grafik 1), so wird klar, dass eine Beurteilung der schulischen Leistung ohne eine Berücksichtigung solcher institutioneller Rahmenbedingungen zu kurz greift. Dazu kommt, dass sowohl die Anteile an der Unterrichtszeit für die einzelnen Fächer wie auch die inhaltliche Ausrichtung innerhalb der Fächer variieren, weshalb ein Vergleich der Bildungsleistung zwischen Kantonen in einzelnen Fächern kaum möglich ist. Dennoch erstaunt, dass diese «natürliche» Variation in den Rahmenbedingungen in der Vergangenheit nur selten auf ihre (Aus-)Wirkungen hin untersucht wurde. Wenn also zurzeit aus Gründen der Mobilität der Schülerschaft und der Kosteneffizienz (z.B. leichteres Erreichen einer kritischen Grösse bei der Lehrmittelauflage) die Harmonisierung im schweizerischen Bildungswesen vorangetrieben wird, dann sind Prognosen über die Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit des Systems kaum möglich. Im überobligatorischen Bereich kann gerade die Autonomie im Setzen von institutionellen Rahmenbedingungen eine qualitätsfördernde Massnahme darstellen, weil sich einzelne Institutionen (z.B. Universitäten) dadurch im Wettbewerb von ihren Konkurrenten absetzen können (siehe auch Abschnitt Effizienz). Das gilt speziell ab dem tertiären Bereich, in dem weniger Kantone oder Regionen, sondern einzelne Bildungsinstitutionen als Bildungsproduzenten im Vordergrund stehen.

Effektivität: Eingeschränkte Aussagefähigkeit


Die Effektivität einer Bildungsstufe, d.h. die Frage, welchen Grad der Zielerreichung eine Bildungsstufe gemessen an den dafür relevanten Bildungszielen aufweist, ist zuallererst eine Frage der Definition und der Operationalisierung von Bildungszielen. Im Volksschulbereich wird man in der Schweiz mit dem Projekt HarmoS in dieser Beziehung einen Meilenstein setzen. Zurzeit der Erstellung dieses ersten Bildungsberichtes waren jedoch weder standardisierte Ziele noch deren Überprüfung vorhanden. Mit Ausnahme der Ergebnisse internationaler Leistungstests (Pisa, TIMSS oder ALL) für Schülerinnen und Schüler am Ende der obligatorischen Schulzeit oder für Erwachsene können praktisch keine Aussagen zum Leistungsstand gemacht werden. Wo solche Messungen fehlen, können andere Effektivitätsziele – wie die Erfolgsquote von Lernenden der Berufsbildung oder Studierender beim Übertritt in den Arbeitsmarkt – herangezogen werden. Erfolg und Misserfolg werden in diesen Bereichen aber nur zum Teil durch das Bildungswesen bestimmt. Eine entscheidende Rolle spielen hier auch die individuellen Eigenschaften der Lernenden und die Kontextfaktoren, wie etwa die Wirtschaftslage.  Der Bildungsbericht interpretiert die vorhandenen Informationen, hinterfragt ihren Gehalt und stellt Fragen, die noch einer Beantwortung warten. Dies sei an einem Beispiel illustriert: Der Besuch eines Gymnasiums soll primär der Erlangung der Hochschulreife dienen. Die Überprüfung dieses Bildungsziels ist anhand der Übertrittsquote der Maturanden an Hochschulen möglich. Berücksichtigt man den Umstand, dass sich die Maturandenquote zwischen 1980 und 2005 verdoppelt hat, so ist es sicher als Erfolg zu werten, dass die Quote derjenigen, die in den ersten zwei Jahren nach der Maturität an eine Hochschule übergetreten sind, konstant hoch blieb (siehe Grafik 2). Nun ist aber bei der Beurteilung dieses Effektivitätserfolges zu bedenken, dass der Eintritt in schweizerische Hochschulen mit wenigen Ausnahmen prüfungsfrei erfolgt und somit eine allfällige Verschlechterung der durchschnittlichen Studierbefähigung erst im Laufe des Studiums Folgen hätte. In diesem Fall müssten die Studienabbruchquoten zugenommen haben; diese können aber immer erst retrospektiv mit einer grossen zeitlichen Verzögerung festgestellt werden. Und selbst wenn die Studienerfolgsquote gleich hoch geblieben wäre, wüssten wir nicht, ob dies vielleicht durch eine Senkung der Ansprüche der Hochschulen zustande gekommen ist.

Effizienz: Terra incognita


Die Fragen nach der Effizienz des (vornehmlich staatlichen) Ressourceneinsatzes im Bildungswesen sind noch schwieriger zu beantworten als jene nach der Effektivität. Da sich die Effizienz aus der Relation zwischen Input und Output (Effektivität) ergibt, kommen zu den Problemen bei der Bestimmung der Effektivität die Probleme bei der Berechnung der Inputgrössen hinzu. Der Bildungsbericht ist dementsprechend nicht in der Lage, die Effizienz des schweizerischen Bildungswesens zu bestimmen. Es muss hier aber mit aller Deutlichkeit festgehalten werden, dass diese Wissensdefizite weder den Schluss zulassen, das Bildungswesen sei ineffizient, noch es sei effizient. Angesichts der Bedeutung der Effizienz – nicht zuletzt für die Zahlungsbereitschaft der Öffentlichkeit für Bildung – ortet der Bildungsbericht in diesem Bereich den dringendsten Handlungsbedarf bei der Verbesserung von Steuerungsinformationen für die Bildungspolitik.  Der Bildungsbericht wirft alleine anhand von Kostenvergleichen Fragen auf, deren Untersuchung für das Bildungswesen interessante Erkenntnisse bringen würden. So ist beispielsweise bei einem Kostenvergleich von Ausbildungsgängen an verschiedenen Universitäten festzustellen, dass die Universitäten Genf und Zürich einen Diplomanden der Geistes- und Sozialwissenschaften zu praktisch identischen Gesamtkosten ausbilden (siehe Grafik 3). Diese Kosten kommen aber auf verschiedene Weise zustande: Verkürzt ausgedrückt, werden Studierende in Genf teuer und kurz ausgebildet, in Zürich hingegen lange und günstig (Kosten pro Jahr einer Ausbildung). Würde man nun davon ausgehen, dass die Effektivität beider Ausbildungsmodelle gleich gut wäre, dann wäre für die Studierenden das «Zürcher Modell» weniger effizient. Da dies aber nur unter der Annahme gleich hoher Effektivität der Ausbildung gelten würde, wäre es interessant zu untersuchen, ob sich kurze und (kosten-)intensive Studiengänge hinsichtlich des Studienergebnisses von langen und weniger intensiven unterscheiden.

Equity: Eine gemischte Diagnose


Selbst wenn die Bildung im Durchschnitt betrachtet effektiv und effizient wäre, gilt es immer zu bedenken, dass nicht alle Lernenden davon im gleichen Ausmass profitieren würden. Deshalb stellt der Bildungsbericht die Frage, ob alle Lernenden unabhängig von ihrer Herkunft die gleichen Chancen haben, im Bildungssystem erfolgreich zu sein. Dass unterschiedliche Lernende unterschiedliche Lernresultate erzielen, ist dabei noch kein hinreichender Hinweis auf eine Verletzung des Prinzips der Chancengerechtigkeit. Dies ist erst der Fall, wenn die Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder einem Geschlecht den Lernerfolg einschränkt oder vorbestimmt. Insbesondere auf der Basis der Auswertung jüngster Resultate aus der Bildungsforschung Siehe auch Coradi Vellacott & Wolter (2005). stellt der Bildungsbericht die Verletzung des Postulates der Chancengerechtigkeit auf allen Bildungsstufen fest. Allerdings verhindert der Mangel an Längsschnittstudien und Individualdaten in der Bildungsstatistik genaue Aussagen über die Ursachen und die Konsequenzen von Chancenungerechtigkeit sowie über die Interaktionen der Faktoren der Benachteiligung. Fortschritte in der Bildungsstatistik und -forschung – so z.B. die laufenden Kohortenstudien am Jacobs-Zentrum in Zürich – sollten es erlauben, in kommenden Bildungsberichten ein deutlich differenzierteres Bild der Chancengerechtigkeit im schweizerischen Bildungswesen zeichnen zu können.

Informationen für eine rationale Bildungspolitik


Der erste nationale Bildungsbericht der Schweiz ermöglicht es, in geraffter Form eine strukturierte und umfassende Sicht des schweizerischen Bildungswesens zu gewinnen. Fast wichtiger noch als das Zusammentragen und die strukturierte Präsentation der bekannten Informationen ist aber das Aufdecken von Lücken im Steuerungswissen, das es den Entscheidungsträgern erleichtern soll, die richtigen Fragen zu stellen und somit die zukünftige Steuerung des Bildungswesens auf eine erfolgversprechende, rationale Basis zu stellen.  Bleibt zum Schluss nur noch die bislang unbeantwortete Frage, ob eine bessere Steuerung auch ein besseres Bildungswesen garantiert. Wie bei so vielem ist besseres Steuerungswissen noch keine hinreichende Bedingung für ein besseres Bildungswesen. Für ein nachhaltig gutes Bildungswesen ist gutes Steuerungswissen aber eine notwendige Voraussetzung!

Grafik 1 «Durchschnittliche jährliche Unterrichtszeit der Lernenden auf Primarstufe nach Kantonen, 2002»

Grafik 2 «Übertrittsquote Gymnasium – universitäre Hochschulen, 1980-2000»

Grafik 3 «Geistes- und Sozialwissenschaften: Kosten für Lehre und Forschung pro Studiengang, 2004»

Kasten 1: Erkenntnisse aus dem ersten Bildungsbericht 1. Trotz der grossen Fortschritte in der Bildungsstatistik in den letzten zwei Jahrzehnten sind weitere grosse Investitionen nötig, um sowohl bestehende Statistiken zu verbessern als auch bislang unerfasste Bereiche abzudecken. Als Beispiele seien hier nur zwei angeführt: Auf der Seite der Bildungsverläufe leidet die Statistik immer noch unter der Partialisierung des Bildungswesens in Stufen und Typen. Auf der Seite der Inputs besteht immer noch eine fehlende Vergleichbarkeit von Kosten und eine geringe Differenzierung bei der Erfassung der realen Inputs.2. Abgesehen von der Teilnahme an internationalen Leistungsvergleichen wie TIMSS oder in jüngster Zeit Pisa hat die Schweiz keine eigene Tradition von Leistungstests. Somit fehlt der Überblick über den Leistungsstand des Bildungswesens sowohl im Quervergleich als auch im Längsschnitt. Die Teilnahme an Pisa hat zwar eine Standortbestimmung im internationalen Vergleich ermöglicht, ist aber gerade aufgrund ihres Querschnittcharakters ungeeignet, das für die Steuerung wichtige Wissen über die Ursachen der Leistungsunterschiede zu liefern. Die dafür notwendigen «Mehrwert»-Ansätze können aber erst nach einem mehrmaligen Erfassen von individuellen Leistungen über die Zeit umgesetzt werden.3. Die Bildungsforschung hat sich in den letzten drei Jahrzehnten sehr stark mit der Binnensicht der Bildung beschäftigt und sich relativ wenig um den Einfluss der Rahmenbedingungen auf die Bildungsproduktion sowie um den Output oder gar die Outcomes der Bildung gekümmert. Damit fehlt empirisch validiertes systemisches Wissen, welches notwendig ist, um die Interdependenzen von Indikatoren adäquat erfassen zu können. Letzteres wäre aber unabdingbar, um überhaupt von einem Indikatorensystem sprechen zu können.4. Generell wenig förderlich für den Aufbau eines Bildungsmonitorings ist die lange Vernachlässigung der empirischen Bildungsforschung (vgl. etwa Angrist 2004), welche dazu geführt hat, dass den Entscheidträgern weder Wissen über Ursachen-Wirkungs-Zusammenhänge (Kausalitäten) noch über Effektgrössen in genügendem Umfang zur Verfügung steht. Im realen Anwendungsfall ist aber beides essenziell und kann weder durch theoretisches noch erfahrungsgestütztes Wissen (Expertise oder historische Vergleiche) vollkommen ersetzt werden.5. Die quantitativ arbeitenden Forschenden und die Statistiker haben sich lange mit dem Machbaren zufrieden gegeben. Dies führte dazu, dass die Validität von Annahmen und Interpretationen nicht auf der Basis streng wissenschaftlicher Methoden überprüft wurde, sondern Plausibilitäten genügten. Die aus solchem Vorgehen entstehenden Aussagen zerstören aber das Vertrauen der Praxis in Forschung und Statistik und sind wohl nicht ganz unschuldig an der ressourcenmässigen Unterversorgung der Bildungsforschung (im Vergleich zu anderen Forschungsrichtungen).

Kasten 2: Literatur – Angrist, J.D. (2004). American Education Research Changes Tack, Oxford Review of Economic Policy, Vol. 20, No. 2, S. 198-212.- Bildungsbericht Schweiz 2006. Aarau: Schweizerische Koordinationsstelle für Bildungsforschung (SKBF).- Coradi Vellacott, M./Wolter, S.C. (2005). Chancengerechtigkeit im schweizerischen Bildungswesen, Trendbericht No. 9, Aarau: SKBF. – SUK (Schweizerische Universitätskonferenz) (2006): Kosten eines Universitätsstudiums. Bern: SUK.

Zitiervorschlag: Miriam Kull, Stefan C. Wolter, (2007). Bildungsbericht Schweiz 2006 – Grundlagen für die Systemsteuerung. Die Volkswirtschaft, 01. Januar.