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Wissenstransfer mit dem Ausland: Chancen, Risiken und Handlungsbedarf

Vor dem Hintergrund von persönlichen Erfahrungen setzt sich der Autor mit Fragen des Wissenstransfers zwischen der Schweiz und China auseinander. Er analysiert Chancen und Risiken von internationaler Kooperation und ortet Handlungsbedarf im Bereich der angewandten Forschung und Entwicklung (F&E). Der Autor plädiert für die Sensibilisierung der verantwortlichen Akteure im Umgang mit Wissen und Technologie. Dass die Warnungen nicht aus der Luft gegriffen sind, zeigt die Titelgeschichte eines bekannten deutschen Nachrichtenmagazins, die neulich publiziert wurde, auf eindrückliche Weise.

Eine der häufigsten Fragen, mit denen ich bei meiner gegenwärtigen Tätigkeit in China konfrontiert bin (siehe Kasten 1 Grundlagenforschung und angewandte Forschung sind Idealtypen, die in der Praxis ineinander übergehen. Wo der bezüglich internationalem Wissenstransfer sensible Bereich beginnt, ist konzeptionell nicht eindeutig festzulegen – schliesslich hat auch der Grundlagenforscher nicht nur Erkenntnisgewinn im Kopf, sondern denkt häufig auch an sinnvolle Anwendungen. Als Handlungsprinzip muss genügen, dass die internationale Kooperation mit zunehmender Nähe des Forschungsvorhabens zum gewinnbringenden Produkt und zur marktfähigen Lösung ihre Unschuld verliert und die Forschenden gut daran tun, mögliche negative Aspekte mitzudenken und zu antizipieren.), ist jene nach den Risiken eines engen wissenschaftlichen Austausches für die Schweiz. Wer profitiert schlussendlich von dieser mit öffentlichen Geldern finanzierten Kooperation? Stösst der Wissenstransfer im Reich der Mitte nicht primär deshalb auf Interesse, weil man sich davon einseitige wirtschaftliche Vorteile erhofft? Wird die Schweiz dabei nicht ausgenutzt?  Die Frage ist berechtigt. Zwar ist die notwendige Bedingung für fruchtbare internationale Zusammenarbeit erfüllt: Die Wissenschafter selber sind interessiert, wie eine kürzlich erfolgte Umfrage der Schweizerischen Hochschulkonferenz bei den schweizerischen Hochschulen zeigt. China ist auf dem Weg, (auch) in den Wissenschaften zu einer Weltmacht zu werden. In einzelnen Forschungsfeldern gehört das Land bereits heute zur Weltspitze. Dass sich darunter einige befinden, die auch in der Schweiz zu den strategisch wichtigsten Disziplinen gehören (z.B. die Nanotechnologie), erhöht den Reiz der Sache. Aber eine notwendige Bedingung ist eben noch keine hinreichende. Hochschulen sind mit Steuergeldern betriebene öffentliche Institutionen. Ihre Akteure müssen sich die Frage gefallen lassen, ob das, was sie tun, für die Öffentlichkeit, die sie finanziert, tatsächlich von Nutzen ist. Das Interesse der Wissenschaftsgemeinde allein rechtfertigt noch keinen Ausbau der wissenschaftlichen Beziehungen «a tout prix». Der blosse Hinweis darauf, Wissenschaft sei eben ein internationales Geschäft, das vor Ländergrenzen nicht Halt mache, greift in dieser Perspektive jedenfalls zu kurz. Wissenschaft ist nicht gleich Wissenschaft. Die Antworten auf die eingangs gestellte Frage fallen deshalb je nach Forschungsbereich, Forschungsziel und jeweiligem juristischem (und politischem) Umfeld höchst unterschiedlich aus. Die Diskussion ist Bücher füllend und kann an dieser Stelle nicht geführt werden. Auf eine fundamentale Differenzierung ist aber auch in einer gezwungenermassen an der Oberfläche bleibenden Analyse nicht zu verzichten: jene zwischen Grundlagenforschung, mit dem primären Ziel, mehr zu wissen über uns und die Welt, in der wir leben, und angewandter Forschung und Entwicklung, also marktnaher Forschung, die direkt gewinnbringende Produkte oder Problemlösungen anstrebt. Im Folgenden werden die beiden Forschungstypen separat (siehe Kasten 2 Im Auftrag des Staatssekretariats für Bildung und Forschung (SBF) etabliert der Autor zurzeit in China ein Schweizer Haus für Wissenschaft, Technologie und Kultur. Swissnex Shanghai hat – wie seine schon bestehenden Schwestern in Boston, San Francisco und Singapur – die Aufgabe, wissenschaftliche Kooperationen zu fördern und die Schweiz als eine der weltweit führenden Forschungsnationen zu profilieren. Swissnex Shanghai wird Ende Jahr offiziell eröffnet. Weitere Swissnex sind in Indien, Russland und Südafrika geplant.) diskutiert. Dabei geht es jeweils nur um die mit öffentlichen Mitteln unterstützte Wissensproduktion; Forschung in Privatfirmen unterliegt noch einmal anderen Gesetzen.

Grundlagenforschung – ein unproblematischer Bereich


Als Produkt von Grundlagenforschung ist der Artikel in einer möglichst angesehenen wissenschaftlichen Zeitschrift anzusehen. Da der Artikel weltweit zugänglich ist, spielt grenzüberschreitender Wissenstransfer in dieser Perspektive keine Rolle (siehe Kasten 3 Der freie Zugang zu den Resultaten der Grundlagenforschung ist in Wirklichkeit ein Mythos. Wissenschaftliche Zeitschriften sind teuer und für viele potenzielle Lesende in ärmeren Ländern gar nicht zugänglich. Ein weiteres Hindernis ist die Sprache. China hat sich zwar zu einem Publikationsriesen gemausert: Bezüglich Anzahl der wissenschaftlichen Publikationen liegt das Land bereits auf Platz 5 der Weltrangliste. Da aber drei Viertel der Artikel in Mandarin geschrieben sind, entziehen sie sich der Kenntnis von nahezu der gesamten Schweizer Wissenschaftsgemeinde.). Aber wie steht es mit den Autoren dieser Artikel? Das Gespenst der Abwanderung brillanter, in der Schweiz ausgebildeter Wissenschaftler ins Ausland – des so genannten «Brain-Drain» – hat es in den letzten Jahren immer wieder in die Schweizer Presse geschafft und Warnfinger provoziert. Insbesondere wurde beklagt, dass wir laufend Talente an die USA verlieren. Junge, viel versprechende Schweizer Forscherinnen und Forscher werden mit öffentlichen Geldern – am häufigsten mit einem Stipendium des Schweizerischen Nationalfonds (SNF) – in die USA geschickt und bleiben dort hängen. Ich halte diese Klagen aus drei Gründen für unbegründet: Erstens hat der Kleinstaat Schweiz gar keine andere Wahl, als seine jungen Talente zu Ausbildungszwecken für einige Jahre in Spitzenforschungslabors ins Ausland zu schicken. In den meisten Fachbereichen fehlt uns die kritische Masse für eine bereichernde nationale Zusammenarbeit und – noch wichtiger – für eine anspornende innerschweizerische Konkurrenz. Nichts auszusetzen gibt es dabei sicher auch am Umstand, dass sich die Mehrheit der oben angesprochenen SNF-Stipendiaten immer noch für einen Aufenthalt in den USA entscheidet. Die USA haben die besten Universitäten der Welt. Zum Zweiten ergeben sich aus dem schieren Umstand, dass sich die Wanderungsbilanz mit den USA negativ präsentiert, noch keine negativen Auswirkungen auf den Wissensstandort Schweiz. Wichtig ist nicht die Quantität, sondern die Qualität der ausgetauschten Personen. Wenn die Mehrheit in den USA hängen bleibt, wir jedoch die Besten zurückgewinnen und es zudem gelingt, einige amerikanische Weltklasseforschende in die Schweiz zu holen, ist die Bilanz für unser Land äusserst positiv. Die Voraussetzungen dafür sind gut. Der SNF hat mit dem vor einigen Jahren etablierten Programm «SNF-Förderungsprofessuren» ein attraktives Programm für Rückkehrwillige geschaffen. Gleichzeitig gelingt es unseren Spitzenuniversitäten immer wieder, bestens ausgewiesene Kräfte aus dem Ausland – nicht zuletzt den USA – anzulocken. Der Anteil ausländischer Professoren und Professorinnen an unseren Universitäten gehört zu den höchsten der Welt. Eine hohe Lebensqualität, eine lange erfolgreiche Geschichte als Wissensnation, Spitzenplätze unserer Hochschulen in internationalen Rankings und ein im internationalen Vergleich relativ unbürokratisches Umfeld machen unser Land für Spitzenforschende ausserordentlich attraktiv. Zum Dritten sind im Ausland verbleibende Wissenschafter für unser Land nicht einfach verloren. Sie bilden ein für die Zusammenarbeit mit der entsprechenden lokalen Wissenschaftsgemeinde ausserordentlich wichtiges Netzwerk. Sie unterhalten privilegierte Partnerschaften mit Schweizer Gruppen und agieren als Geburtshelfer für neue Kooperationen mit Wissenschaftern im Gastland. Darüber hinaus bilden sie ein ausgezeichnetes Rekrutierungspotenzial für im entsprechenden Land agierende Schweizer Unternehmen. Grundsätzlich darf sich die Diskussion über die Vor- und Nachteile des internationalen Wissenschaftsaustausches ja nicht auf die akademische Welt beschränken. Grundlagenforschung ist eine ausgezeichnete Vorbereitung auf den späteren Einsatz in den verschiedensten Bereichen einer Volkswirtschaft. Überall dort, wo Originalität, Innovation und Methodenvielfalt gefragt sind, stellen in der Grundlagenforschung geschulte Persönlichkeiten die beste Wahl dar. Sie meistern ihr Handwerk und sind in den Kulturen der Schweiz und des jeweiligen Gastlandes zu Hause.  Gleiches gilt auch für alle anderen Formen des Wissenstransfers im Grundlagenbereich, sei es über gemeinsame Forschungsprojekte mit ausländischen Gruppen oder via gemeinsame Forschungsvorhaben in grossen internationalen Forschungseinrichtungen und Organisationen, wie zum Beispiel dem Cern. Die Schweiz sollte die Politik eines möglichst offenen Wissenschaftssystems ohne künstliche Barrieren forcieren. Davon wird sie so lange profitieren, als sie als starke Wissenschaftsnation mit gut ausgebildeten Wissenschaftern und hochklassigen Hochschulen aufzutreten vermag. Wichtig ist also primär, dass es uns gelingt, die bestehende Qualität zu halten oder sogar zu verbessern. Dies ist letztendlich eine Frage des politischen Willens – und an diesem war in den letzten Jahren und Jahrzehnten manchmal etwas zu zweifeln. Mit dem neuen Rahmenkredit für die Förderung von Bildung, Forschung und Innovation in den Jahren 2008-2011 und der vorgesehenen Wachstumsquote, die sich international wieder sehen lassen kann, ist die Trendwende aber offensichtlich geschafft.

Grundlagenforschung vorherrschend


Die Schweizer Forschungsgemeinde – zumindest jene, die mit öffentlichen Mitteln agiert – ist traditionell eher der Grundlagenforschung verhaftet. Nicht zuletzt aus ordnungspolitischen Überlegungen haben sich Bund und Kantone bei Investitionen in angewandte F&E immer stark zurückgehalten und das Feld der Privatindustrie überlassen. Das Budget der für diesen Forschungstyp zuständigen Förderagentur für Innovation (KTI) liegt denn auch deutlich unter jenem des der Grundlagenforschung verpflichteten SNF. Zudem gibt es im Vergleich zum Ausland für Schweizer Hochschulangehörige wenige Anreize, Brücken zur Praxis zu bauen. Während beispielsweise amerikanische Hochschulforschende in den Sommermonaten keine Saläre beziehen und sich schon aus rein finanziellen Überlegungen stärker mit der Frage beschäftigen, wie sie ihr Hochschulwissen an den Mann und die Frau bringen können, sind ihre Schweizer Kolleginnen und Kollegen finanziell derart gut gepolstert, dass solche Reflexionen in den Hintergrund treten. Kurz: Rascher und effizienter Wissenstransfer zwischen Hochschulen und Industrie gehört – von lobenswerten Ausnahmen abgesehen – nicht zu den Stärken unseres Systems. Es fehlt den Akteuren sowohl an Interesse als auch an Praxis. Und was für den innerschweizerischen Transfer gilt, hat eben auch für den Transfer mit dem Ausland Gültigkeit.

Angewandte F&E – ein komplexer und sensibler Bereich


Bedeutend komplexer und sensibler als im Bereich der Grundlagenforschung ist die Sache in jenem der marktnahen angewandten F&E. Hier entsteht der Eindruck, dass die Schweizer Wissenschaftsgemeinde sündigt und im Allgemeinen zu unbesorgt ans Werk geht. Dafür gibt es verschiedene Gründe:  Öffentlich finanzierte angewandte F&E wird in der Schweiz primär an den Fachhochschulen betrieben. Diese haben seit kurzem einen eigentlichen Forschungsauftrag. Um diesem gerecht zu werden, müssen sie sich internationalisieren und vermehrt Kooperationen mit dem Ausland eingehen. Damit begeben sie sich aber auf ein relativ neues Parkett, das sie weit weniger gut kennen als die universitären Hochschulen und das im Bereich der angewandten F&E bedeutend glitschiger ist als im Bereich der Grundlagenforschung.  Dies bringt uns zurück zum Fallbeispiel China. China ist gerade für unsere Fachhochschulen ein äusserst attraktiver Partner. Bis auf wenige, bereits zu Hochmut neigende Spitzenuniversitäten, die nur noch mit Harvard, MIT und Stanford flirten, sind chinesische Universitäten für internationale Kooperationen äusserst offen. Dabei treten traditionelle politische und bürokratische Motive – wie das Bemühen, die Liste der Kooperationspartner Ende Jahr um einige wohlklingende Namen ergänzt zu haben – immer stärker in den Hintergrund. Aktiv werden immer mehr die Forschenden selbst. Das ist Chance und Gefahr zugleich. Weil chinesische Wissenschafter bezüglich internationaler Kooperationsregeln ähnlich im Dunkel tappen wie viele ihrer potenziellen CH-Partner, sind Probleme vorprogrammiert. Kritisch ist dabei primär der Bereich des Geistigen Eigentums. Denn die auf dem Papier im internationalen Vergleich recht moderne Gesetzgebung ist in der Realität ein wunder Punkt. Das Problem liegt beim Vollzug. Die Verhältnisse in China werden sich in dieser Beziehung ohne Zweifel verbessern. Mit zunehmender Stärke wächst auch das Interesse am Schutz eigener Wissensvermehrung. Aber nach China werden andere Länder kommen, und es werden sich ähnliche Probleme stellen. Gesucht ist eine langfristige, umfassende Strategie.

Was tun?


China und andere aufstrebende Länder – insbesondere im asiatischen Raum – sind oder werden für uns zu wichtig, um sie einfach ignorieren zu können. Es geht also nicht um die Installation von Rotlichtern, sondern darum, das Orange vor dem Grün ernst, ernster zu nehmen. Drei Dinge stehen meines Erachtens im Vordergrund:  – Unsere Wissenschafter sind bezüglich internationaler Kooperation besser auszubilden. Es ist nicht statthaft, einer Fachhochschule einen Forschungsauftrag im angewandten Bereich zu erteilen, auf internationale Kooperation zu drängen und nicht gleichzeitig Anstrengungen zu unternehmen, den Akteuren ein Mindestmass an Einsichten in die Rahmenbedingungen einer internationalen Kooperation mit «sensiblen» Ländern zu vermitteln. Dabei geht es nicht nur um juristische Beratung. Um negative Aspekte des internationalen Wissenstransfers auszuschalten oder zumindest besser in den Griff zu bekommen, müssen die generellen Kenntnisse über das jeweilige Partnerland erhöht, die kulturellen Hintergründe, wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, Normen und Verhaltensmuster der dortigen Akteure besser verstanden werden. Unsere Hochschulen müssen auf bestimmte Weltregionen zugespitzte Lehrangebote entwickeln. Das wäre zum Beispiel ein auf die Bedürfnisse zukünftiger Ingenieure ausgerichteter Lehrgang «Asian Studies», wie ihn die ETH Lausanne in den letzten Jahren bereits in seinem Collège des Humanités aufgebaut hat und nächstes Jahr zu einem eigentlichen Nebenfach entwickeln will. – Es braucht eine Enttabuisierung der Problematik. Noch zu oft werden kritische Fragen der Sorge um ein gutes Kooperationsklima geopfert. Vom Gastgeber im fernen Lande verzaubert, bei Grüntee (aber auch anderen Säften) gehen Schweizer Forschungsinstitutionen und ihre Vertreter oft Abenteuer ein, auf die sie bei kühlem Kopf in trauter Umgebung zu Hause wohl lieber verzichtet hätten. Internationale Kooperationen müssen sorgfältig vorbereitet und dürfen nicht überhastet initiiert werden. Empfehlenswert ist zudem ein Testversuch auf der Projektebene. Erst wenn sich dabei keine grundlegenden Probleme manifestieren, sollten institutionalisierte Abkommen mit langfristigen Programmen auf der Ebene von Forschungsinstituten oder ganzer Hochschulen folgen.  – Die Schweiz muss auch «sur place» mehr Beratung und Expertise anbieten können. Aufgerufen sind unsere Botschaften, wo Wirtschafts- und Wissenschaftsattachés enger zusammenarbeiten müssten. Gefordert sind ebenfalls die zurzeit im Auf-bau begriffenen Wissenschaftsvertretungen des Staatssekretariats für Bildung und Forschung (SBF) Swissnex, insbesondere jene in China und Indien.

Fazit


Für die Grundlagenforschung ist das Fazit einfach: keine künstlichen Barrieren und eine aktive Mobilitätspolitik mit einem guten Angebot für die heimkehrwilligen besten Schweizer und Schweizerinnen sowie attraktive Bedingungen für brillante Ausländer. Das ist in der Schweiz schon weit gehend verwirklicht, und es besteht wenig Handlungsbedarf. Ganz anders im Bereich der angewandten F&E. Hier müssen die einzelnen Akteure – die Forschenden selbst, die Hochschulen und die schweizerischen Vertretungen im Ausland – eindeutig über die Bücher.

Kasten 1: Grundlagenforschung und angewandte Forschung Grundlagenforschung und angewandte Forschung sind Idealtypen, die in der Praxis ineinander übergehen. Wo der bezüglich internationalem Wissenstransfer sensible Bereich beginnt, ist konzeptionell nicht eindeutig festzulegen – schliesslich hat auch der Grundlagenforscher nicht nur Erkenntnisgewinn im Kopf, sondern denkt häufig auch an sinnvolle Anwendungen. Als Handlungsprinzip muss genügen, dass die internationale Kooperation mit zunehmender Nähe des Forschungsvorhabens zum gewinnbringenden Produkt und zur marktfähigen Lösung ihre Unschuld verliert und die Forschenden gut daran tun, mögliche negative Aspekte mitzudenken und zu antizipieren.

Kasten 2: Aufbau eines Swissnex in China Im Auftrag des Staatssekretariats für Bildung und Forschung (SBF) etabliert der Autor zurzeit in China ein Schweizer Haus für Wissenschaft, Technologie und Kultur. Swissnex Shanghai hat – wie seine schon bestehenden Schwestern in Boston, San Francisco und Singapur – die Aufgabe, wissenschaftliche Kooperationen zu fördern und die Schweiz als eine der weltweit führenden Forschungsnationen zu profilieren. Swissnex Shanghai wird Ende Jahr offiziell eröffnet. Weitere Swissnex sind in Indien, Russland und Südafrika geplant.

Kasten 3: Mythos des frei zugänglichen Wissens Der freie Zugang zu den Resultaten der Grundlagenforschung ist in Wirklichkeit ein Mythos. Wissenschaftliche Zeitschriften sind teuer und für viele potenzielle Lesende in ärmeren Ländern gar nicht zugänglich. Ein weiteres Hindernis ist die Sprache. China hat sich zwar zu einem Publikationsriesen gemausert: Bezüglich Anzahl der wissenschaftlichen Publikationen liegt das Land bereits auf Platz 5 der Weltrangliste. Da aber drei Viertel der Artikel in Mandarin geschrieben sind, entziehen sie sich der Kenntnis von nahezu der gesamten Schweizer Wissenschaftsgemeinde.

Zitiervorschlag: Hans Peter Hertig (2007). Wissenstransfer mit dem Ausland: Chancen, Risiken und Handlungsbedarf. Die Volkswirtschaft, 01. Oktober.