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KTI WTT: Koordination und konkrete Vermittlung bei F&E-Projekten

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Unternehmen und Forschungsinstitutionen arbeiten in der Schweiz häufig erfolgreich zusammen. Daraus entstehen Innovationen. Viele Firmen tun sich jedoch schwer bei der Suche nach den richtigen Wissenschaftern. Die «Partnervermittlung» KTI WTT unterstützt aktiv die Zusammenarbeit, damit innovativen Projekten zum Durchbruch verholfen werden kann. Im Jahre 2005 wurde unter der Schirmherrschaft der KTI mit dem Aufbau von fünf Konsortien in der ganzen Schweiz begonnen. Seither vermitteln sie erfolgreich Partner bei Forschungsprojekten.

Beispiel einer gelungenen Kooperation


Kennen Sie Cheminées mit Partikelfiltern gegen Feinstaub? Genau diesen technischen Quantensprung realisierte ein Familienunternehmen in Kooperation mit einer Forschungsstätte. Am Anfang war die Idee: Die Eidgenössische Materialprüfungsanstalt (Empa) brachte den Vorschlag ein, Cheminées mit Partikelfiltern auszurüsten. Das Problem Feinstaub war in der breiten Öffentlichkeit Gegenstand von Diskussionen geworden. Wissenschaftliche Studien belegen, dass eine zu hohe Konzentration von Feinstaub in der Luft beim Menschen zu schweren Gesundheitsschäden führen kann. Nicht nur der Verkehr wurde von der Politik und der Wissenschaft ins Visier genommen, wenn es um den Kampf gegen Feinstaub ging, sondern auch die privaten Kleinholzverbrennungsanlagen. Schliesslich steht in jedem zehnten Schweizer Haushalt eine solche Anlage.  Vor diesem Hintergrund trat die Empa im Jahr 2002 mit einem noch unausgegorenen Prototypen an die Branche heran. Die Firma Rüegg Cheminée AG zögerte nicht lange. Es habe, so Peter Rüegg vom Familienunternehmen Rüegg Cheminée AG, nicht viel Überzeugungsarbeit gebraucht, um sich der Sache anzunehmen, zumal die Firma die Feinstaubproblematik erkannt habe. Nach einer kurzen Evaluationsphase mit diversen Bildungsinstitutionen habe sich die Firma Rüegg an das Institut für Umwelt- und Verfahrenstechnik (Umtec) der Hochschule Rapperswil gewandt. Es war bereit, den Prototypen der Empa im Verbund mit dem Institut für Aerosol und Sensortechnik der Fachhochschule Nordwestschweiz und dem Institut für Kommunikationssysteme der Hochschule Rapperswil (Icom) weiterzuentwickeln. «Der Auftritt des Instituts war einfach sehr professionell», erinnert sich Peter Rüegg.  Dank eidgenössischen Fördergeldern der Förderagentur für Innovation KTI an die Forschung der Umtec halbierten sich die Kosten für das Unternehmen. Nach drei Jahren konnte ein serientaugliches Produkt aus der Taufe gehoben werden, das seit dem Herbst 2005 von der Rüegg AG mit einigem Erfolg auf dem Markt vertrieben wird. Zwar sei noch kein Ansturm auf die Partikelfilter auszumachen. Den Grund hierfür sieht Peter Rüegg bei den fehlenden gesetzlichen Grundlagen für eine Partikelfilterpflicht.

Ein atypisches Beispiel


Die Zusammenarbeit der Rüegg AG mit der Wissenschaft ist ohne Vermittlungsinstanz zu Stande gekommen. Dank bestehenden persönlichen Kontakten wurde die Umtec als Partner anvisiert und ausgewählt. In diesem Fall hat alles reibungslos und in kurzer Frist geklappt. Dies ist jedoch nicht immer so.  Häufig geht viel Zeit mit der Partnersuche verloren und ist der Weg mit Mühsal verbunden. Im Dschungel der Angebote finden sich viele nicht zurecht. Kein Wunder, kennt doch die Schweiz eine sehr breite Palette von Bildungsinstitutionen und Wissenschaftssträngen. Um die Vielfalt der Institute und Spezialisierungen zu durchschauen und die richtigen Ansprechpersonen aufzuspüren, ist ein grosser Zeitaufwand notwendig, den Unternehmen häufig nicht auf sich nehmen können.  Unterschiedliche Kompetenzen von Bund und Kantonen erschweren den Investoren den Zugang zusätzlich. So können etwa die Kantone selber bestimmen, welche Ausbildungen ihre Universitäten anbieten. Unternehmer wissen dann häufig nicht, mit wem sie Kontakt aufnehmen können, und verlieren sich in Sucharbeiten. Auch Peter Rüegg wünscht sich weniger komplizierte Abläufe und ein einfacheres Vorgehen. Eine zentrale vermittelnde Anlaufstelle fehlte zu seiner Zeit.

Vermittlung des Bundes: Aktives Vorgehen


Der Wissens- und Technologietransfer (WTT) ist ein Element der Innovationspolitik des Bundes und Bestandteil der KTI. Zu diesem Zweck schuf die KTI WTT im Jahr 2005 fünf Konsortien, die aktiv auf Unternehmen zugehen und als Vermittlungspartner fungieren (siehe

Kasten 1
Das landesweit tätige Fachkonsortium Eco-net befasst sich mit Innovationen im Umwelt- und Energiebereich. Die Leitung wird von einem kompetenten achtköpfigen Management aus Wirtschaft und Wissenschaft gemeinsam getragen. Seine Aufgabe besteht darin, Vermittlungen herzustellen (Internet: www.eco-net.ch). Das Konsortium Nordwestschweiz ist in den beiden Halbkantonen Basel, im Aargau, Solothurn und im Jura aktiv. Dabei nutzt es die Forschungsdatenbanken der Fachhochschule Nordwestschweiz, der Universität Basel und der Basel Area Life Sciences, der verschiedene Forschungsinstitute angeschlossen sind. Auch das Netzwerk InnovationsTransfer Zentralschweiz ITZ gehört organisatorisch zum Konsortium WKNW. ITZ ist in den Kantonen Luzern, Uri, Schwyz, Ob- und Nidwalden sowie Zug aktiv und konzentriert sich auf die Bereiche Innovationskultur, Mitarbeiterführung und Wissensmanagement (Internet: www.wknw.ch und www.itz.ch ).Das Konsortium Westschweiz Alliance ist auf die Romandie ausgerichtet und ist durch das Netzwerk Ticinotransfer auch in der italienischen Schweiz aktiv. Alliance umfasst rund 6000 Forschende von Hochschulen und Universitätsspitälern sowie speziell KMU. Es ist in den Fachbereichen Mikro- und Nanotechnologien, Informations- und Kommunikationstechnologien, Life Sciences und Materialwissenschaften spezialisiert (Internet: www.alliance-tt.ch und www.ticinotransfer.ch ).Das Konsortium Ostschweiz CHost ist für die Ostschweizer Kantone zuständig. Seine Schwerpunkte liegen bei Mikro- und Nanotechnologien und Hightech-Textilien (Internet: www.wtt-chost.ch und www.swisstexnet.ch ). Das Konsortium w6 Mittelland ist im Raum Bern, Zürich und Freiburg aktiv und mit 19 Einheiten im Hochschulbereich verknüpft. Es konzentriert sich auf die Fachbereiche Life Sciences, technische Wissenschaften, Material-, Holz- und Ingenieurwissenschaften sowie Humanwissenschaften (Internet: www.whoch6.ch ).). Es ist das erklärte Ziel von KTI WTT, Wirtschaft und Wissenschaft näher zusammenzubringen, ohne die Freiheit der Forschung tangieren zu wollen oder in den Wirtschaftsprozess übermässig einzugreifen.  Der Bund hat das Bedürfnis der Wirtschaftspartner und der Wissenschafter nach Vermittlung erkannt. Um die Innovationskraft der Schweizer Wirtschaft auch in Zukunft ausspielen zu können, braucht es Optimierungen und Beschleunigungen, besonders was die Kooperation zwischen Wirtschaft und Forschung anbelangt. Die fünf Konsortien schliessen diese zuvor bestehende Lücke.  Da auch für die tägliche Arbeit der Konsortien Know-how unabdingbar ist, verfügt KTI WTT über ein Reservoir von Expertinnen und Experten, die Wirtschaftsunternehmen von sich aus angehen (Pull-Prozess). Diese Spezialisten besitzen ausgezeichnete Branchenkenntnisse und Management-Erfahrungen, die sie unablässig durch Schulungen – unter anderem durch KTI – ausbauen. Die Experten klären in den Gesprächen mit Unternehmern die Bedürfnisse der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) und vermitteln die für ein Forschungsprojekt geeigneten Hochschulpartner. Diese so genannten «Klinkenputzer» erleichtern gerade den KMU, die kaum über Forschungslabors verfügen, wesentlich den Zugang zur Wissenschaft. Der Aufwand für die Suche der Unternehmer nach Hochschulpartnern wird somit radikal verkürzt. Auch die Bildungsstätten werden durch diese Förderaktivität motiviert, aktiv mit Unternehmen ins Gespräch zu kommen und ihre Forschungen darzulegen (Push-Prozess).  Diese aktive Vorgehensweise ist ein Novum. Zwar existierten schon vor dieser Bundesinitiative einige Anläufe zur «Partnervermittlung», doch erreichten sie ihr Ziel nicht. Lorenz Ramseyer von der KTI begründet dies mit dem fehlenden Element der direkten Kontaktaufnahme. Gerade aus diesen Fehlern habe die KTI WTT gelernt.

Ein Fachkonsortium und vier regionale Konsortien


Die vier regionalen Konsortien und das landesweite Fachkonsortium Eco-net kennen die Fachpersonen an den Forschungsinstitutionen und können vermitteln. Erfasst sind mittlerweile alle kantonalen Universitäten, die beiden ETH, die sieben Fachhochschulen und die Wirtschaftsverbände. Zudem besteht ein enger Kontakt zu allen nationalen und europäischen Forschungsförderungsstellen.  Gemeinsames, übergeordnetes Ziel der fünf Konsortien ist es, den Wirtschaftsstandort Schweiz durch Innovationen zu stärken. Innovation ist auf Forschung und Investitionen angewiesen. Nur im Verbund lässt sich ein neues Produkt realisieren. Die Schweiz als innovatives Land mit einem grossen wirtschaftlichen Potenzial und einem ausgezeichneten Bildungssystem kann vom Brückenschlag nur profitieren. Und je rascher die Partner einander begegnen, desto schneller kann die Arbeit aufgenommen werden.

Eco-net – Innovationen im Umwelt- und Energiebereich


Um auf die Unternehmen zuzugehen, wurde von Eco-net ein zweifaches Verfahren gewählt. Einerseits wurden über einen gewissen Zeitraum die Innovationspotenziale von Firmen anhand von Internetdaten überprüft und ausgewertet. Andererseits habe man auch Kurzbetrachtungen von Firmen vorgenommen. Die Kontaktaufnahme geschieht jedoch immer auf ähnliche Weise. Eco-net kontaktiert und informiert Unternehmen über sein kostenloses Vermittlungsangebot. Zeigen die Firmen Interesse und formulieren, wonach sie suchen, werden Partner aus dem Hochschulbereich vorgeschlagen. Nicht weniger als 3000 Firmen, die sich in der Schweiz mit Umwelt- und Energiefragen beschäftigen, haben das Konsortium bisher kontaktiert. Mit einigen davon stehe das Konsortium im Kontakt, es seien Vermittlungen ermöglicht worden und Projekte am Laufen, so Habegger weiter. Durch die Kontakte können Berührungsängste mit der Wissenschaft abgebaut werden, denn bei einem Geschäft gehe es auch um Zwischenmenschliches. Der Unternehmer erhalte von Eco-net immer mehrere Angebote und könne sich aufgrund eigener Kriterien für oder gegen einen Hochschulpartner entscheiden. Die Entscheidungsfreiheit werde in keinem Fall beschnitten.  Gerade zu Beginn habe man Zeit für die Aufbauarbeit benötigt, die nun abgeschlossen sei, wie der Fachexperte bei Eco-net, Heinz Habegger, betont. Nach der Phase der Aufbauarbeit könnten nun neue Projekte gestartet werden. Gerade der Umweltbereich erhalte durch die Klimadiskussion neuen Auftrieb. Allerdings sei der Markt in der Schweiz langsam gesättigt, weswegen der Fokus auf der Exportindustrie liege, so Habegger. Es gehe darum aufzuzeigen, dass ökologisches Handeln nicht ein Klotz am Bein eines Unternehmers sein müsse. Aus Innovationen, die einen haushälterischen Umgang mit Ressourcen bezwecken und mehr Energieeffizienz erreichen, können sich enorme Kosteneinsparungen für Unternehmen ergeben. Deshalb lohnten sich Investitionen in diesem Bereich.  Auf der Webseite www.eco-net.ch sind diverse Success-Stories zu finden, die diese Erkenntnis bestätigen. So können Ökomassnahmen etwa zum Ausbau von Wettbewerbsvorteilen genutzt werden. Zukünftig werde der Wirkungsgrad von Eco-net noch erhöht werden, so Habegger. Man wolle nicht nur Firmen einzeln angehen, sondern ebenso auf Kongressen und Fachtagungen präsent sein. Indem man Präsenz markiere, könne die Marke Eco-net – und somit das Vermittlungsangebot – breiter gestreut werden.  Eine der Firmen, welche die Vermittlung von Eco-net schon in Anspruch genommen hat, ist das Luzerner Unternehmen Renggli AG, das sich seit Jahren mit energieeffizienten Holzbauten beschäftigt. Eco-net informierte die Renggli AG, dass Hochschulpartner für ihre Projekte zur Zusammenarbeit bereitstünden. Die Renggli AG arbeitete daraufhin mit diversen Hochschulpartnern zusammen. Aus der realisierten Innovation entstand etwa im Jahr 2006 in Steinhausen ein sechsstöckiges Holzhaus im Minergie-Standard, das vom Bundesamt für Energie (BFE) mit dem «Watt d’Or»-Preis ausgezeichnet wurde und in der Öffentlichkeit sowie der Baubranche Aufsehen erregte. Die Firma sei sehr froh, habe es diese Vermittlung durch Eco-net gegeben. Denn daraus hätten sich viel rascher Kooperationen mit Hochschulpartnern ergeben, die zum Erfolg des Projektes führten, so der Firmenleiter Max Renggli. Er empfiehlt denn auch anderen Unternehmern, die Vermittlungsinstanz zu benützen.

Partnervermittlung geht weiter


Für die Vernetzungshilfe der KTI WTT bewilligten die eidgenössischen Räte für den Zeitraum 2005-2007 12 Mio. Franken. Da die Konsortien über einen guten Leistungsausweis verfügen und das Konzept im November 2006 erstmals evaluiert wurde, dürften auch für die nächste Legislaturperiode (2008-2011) Kredite gesprochen werden. Eine Wirksamkeitsevaluation der fünf Konsortien ist erstmals im Jahr 2009 vorgesehen.  Noch in der nächsten Herbstsession wird der Kredit für Bildung, Forschung und Innovation BFI, aus dem auch KTI WTT finanziert wird, im Nationalrat behandelt. Das eidgenössische Parlament stellt damit die Weichen, um die Innovationsförderung weiter auszubauen.

Kasten 1: Die fünf Konsortien der KTI WTT
Das landesweit tätige Fachkonsortium Eco-net befasst sich mit Innovationen im Umwelt- und Energiebereich. Die Leitung wird von einem kompetenten achtköpfigen Management aus Wirtschaft und Wissenschaft gemeinsam getragen. Seine Aufgabe besteht darin, Vermittlungen herzustellen (Internet: www.eco-net.ch). Das Konsortium Nordwestschweiz ist in den beiden Halbkantonen Basel, im Aargau, Solothurn und im Jura aktiv. Dabei nutzt es die Forschungsdatenbanken der Fachhochschule Nordwestschweiz, der Universität Basel und der Basel Area Life Sciences, der verschiedene Forschungsinstitute angeschlossen sind. Auch das Netzwerk InnovationsTransfer Zentralschweiz ITZ gehört organisatorisch zum Konsortium WKNW. ITZ ist in den Kantonen Luzern, Uri, Schwyz, Ob- und Nidwalden sowie Zug aktiv und konzentriert sich auf die Bereiche Innovationskultur, Mitarbeiterführung und Wissensmanagement (Internet: www.wknw.ch und www.itz.ch ).Das Konsortium Westschweiz Alliance ist auf die Romandie ausgerichtet und ist durch das Netzwerk Ticinotransfer auch in der italienischen Schweiz aktiv. Alliance umfasst rund 6000 Forschende von Hochschulen und Universitätsspitälern sowie speziell KMU. Es ist in den Fachbereichen Mikro- und Nanotechnologien, Informations- und Kommunikationstechnologien, Life Sciences und Materialwissenschaften spezialisiert (Internet: www.alliance-tt.ch und www.ticinotransfer.ch ).Das Konsortium Ostschweiz CHost ist für die Ostschweizer Kantone zuständig. Seine Schwerpunkte liegen bei Mikro- und Nanotechnologien und Hightech-Textilien (Internet: www.wtt-chost.ch und www.swisstexnet.ch ). Das Konsortium w6 Mittelland ist im Raum Bern, Zürich und Freiburg aktiv und mit 19 Einheiten im Hochschulbereich verknüpft. Es konzentriert sich auf die Fachbereiche Life Sciences, technische Wissenschaften, Material-, Holz- und Ingenieurwissenschaften sowie Humanwissenschaften (Internet: www.whoch6.ch ).

Zitiervorschlag: Mozsa, Erik (2007). KTI WTT: Koordination und konkrete Vermittlung bei F&E-Projekten. Die Volkswirtschaft, 01. Oktober.