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Entwicklung der Freihandelsabkommen: Strategien, Inhalte und Vergleich

Im Zentrum dieses Beitrags stehen die neuesten Entwicklungen im Bereich der Freihandelsabkommen der wichtigsten Wirtschaftspartner der Schweiz: der USA, der Europäischen Union (EU), Japans und Singapurs sowie der Europäischen Freihandelsassoziation (Efta), der die Schweiz selber angehört. Es wird beurteilt, in welchem Umfang es mit diesen Abkommen gelungen ist, den Marktzutritt und die Reglementierung des Handels zu verbessern. Die Analyse nimmt Bezug auf eine breite Palette von Abkommensbestimmungen über die Frage der Zölle hinaus. Betrachtet werden auch Ursprungsregeln, die Bestimmungen über sanitäre und phytosanitäre Massnahmen, über technische Handelshemmnisse sowie Bestimmungen zu Dienstleistungen, Investitionen und Immaterialgüterrechten.

Die in letzter Zeit erfolgte Zunahme von Freihandelsabkommen (FHA) kann ohne Übertreibung als Abkommensflut bezeichnet werden. Bis im Dezember 2006 waren bei der WTO 367 FHA gemeldet. Von diesen waren nicht weniger als 55 im Zeitraum zwischen Januar 2005 und Dezember 2006 angezeigt worden. Solche Abkommen, die mittler- weile für über die Hälfte des Welthandels massgebend sind, haben sich für viele Staaten zu einem zentralen Baustein ihrer Handels-politik entwickelt. Sie werden zunehmend auf bilateraler Basis ausgehandelt – in vielen Fällen zwischen Ländern, die sowohl in ökonomischer als auch in geografischer Hinsicht weit auseinander liegen.

Freihandelsabkommen als Ausdruck strategischer Zielsetzungen


Bei allen Staaten und in gleicher Weise bei den fünf Handelsräumen, die im Fokus der vorliegenden Untersuchung stehen, spiegeln sich in den FHA bestimmte strategische Zielsetzungen, die von den betreffenden Ländern verfolgt werden.

– USA: Bei den Abkommen mit Peru und Kolumbien geht es – zumindest zu einem gewissen Teil – um die Ausübung des US-amerikanischen Einflusses im näheren Umfeld der USA. Das kürzlich abgeschlossene Abkommen mit Korea (Korus) präsentierte Präsident Bush dem Kongress als weitere Stärkung der Partnerschaft zwischen den USA und Korea, die als Triebfeder für Stabilität und Wohlstand in Asien diene. Das Korus-Abkommen kann auch als Konsolidierung der US-amerikanischen Präsenz in der betreffenden Region gesehen werden angesichts der Zunahme des Einflusses von China und der Zielsetzung, einen ostasiatischen Freihandelsraum – Asean Association of Southeast Asian Nations. plus 3 (China, Japan und Korea) – zu schaffen.

– EU: Die Zielsetzungen der EU unterscheiden sich je nachdem, welche strategischen Ziele sie mit einem Handelspartner verfolgt. Von Staaten im näheren Umfeld und von Beitrittskandidaten wird erwartet, dass sie ein umfassendes Freihandelsabkommen unterzeichnen. Bei den FHA mit EuroMed- Partnern geht es um Stabilität in einer politisch unbeständigen Region vor den Toren der EU. Diesen Staaten wird Freihandel im Bereich der industriell hergestellten Produkte angeboten. Von den Abkommen ausgenommen sind hingegen sensitive Agrarprodukte. Abkommen mit Staaten in Afrika, der Karibik und der Pazifikregion (APK-Staaten) orientieren sich an bestimmten Entwicklungszielen. Voraussetzung dafür ist Flexibilität, damit die Abkommen an die Bedürfnisse der betreffenden Länder angepasst werden können. Den vor kurzem abgeschlossenen Abkommen mit asiatischen Partnern – wie Korea, Asean und Indien – liegt das Bestreben zugrunde, die Präsenz der EU in dieser Region auszubauen.

– Efta: Die Politik der Efta in Sachen Präferenzabkommen entspricht in mehrfacher Hinsicht der Politik der EU. Da der politische Einfluss der Efta jedoch geringer ist als jener der EU, ist ihr Ansatz nicht primär darauf ausgerichtet, den strategischen Zielen der EU-Abkommen nachzueifern. Es geht der Efta vielmehr darum, gleichwertige Bestimmungen in ihre Abkommen zu übernehmen. Während der Entwicklungsphase der Freihandelspolitik der Efta wurden die Abkommen nach 1991 mit mittel- und osteuropäischen Staaten und nach 1995 die EuroMed-Abkommen so ausgestaltet, dass die Interessen der Efta durch die EU-Abkommen nicht unterlaufen wurden.

– Japan: Die Ziele Japans gehen in entgegengesetzte Richtungen: Zum einen wird eine vertiefte asiatische Integration angestrebt, vor dem Hintergrund der regionalen Verletzbarkeit, die sich während der Asienkrise von 1997 bis 1998 zeigte. Zum anderen geht es um eine Ausweitung der formellen Bindungen über Ostasien hinaus, um weitergehende wirtschaftliche, aussenpolitische und strategische Interessen verfolgen zu können. Die zweite Zielsetzung bildet möglicherweise die stärkere Absicht und zeigt sich an Japans Unterstützung für die Schaffung einer Freihandelszone im asiatisch- pazifischen Raum. Dies entspricht einem Vorschlag der USA und hätte zur Folge, dass die Apec Asian Pacific Economic Cooperation. in eine präferenzielle Handelsvereinbarung umgewandelt würde. Damit könnten bedeutende Rohstofflieferanten einbezogen und gleichzeitig der Einfluss von China eingeschränkt werden.

– Singapur: Das Land hat wie Japan seine Lehren aus der Asienkrise gezogen, verfügt jedoch nicht über den gleichen politischen und strategischen Einfluss. Vor diesem Hintergrund verfolgt Singapur im Rahmen seiner FHA-Strategie bewusst ein einziges vorrangiges Ziel: Seine Rolle als Drehscheibe für Investitionen und Handel in Asien auszubauen.

Streben nach besserem Marktzutritt und strengeren Handelsregeln


Abgesehen von diesen unterschiedlich gelagerten strategischen Zielen der verschiedenen Wirtschaftsräume unserer Untersuchung wird ein Ziel von allen Staaten verfolgt: Mit den FHA sollen der Marktzutritt erleichtert und die Handelsregeln gestärkt werden. Diese Zielsetzung hat mehrere Motive:

– Unzufriedenheit mit den Fortschritten in der multilateralen Doha-Entwicklungsagenda der WTO;

– Vertiefung der Integration unter Einbezug von Bereichen wie Investitionen und Wettbewerb, die von der Doha-Runde ausgeschlossen sind;

– Vermeidung von unfairem Wettbewerb im Zusammenhang mit mangelhaften Arbeits- und Umweltstandards;

– Förderung von innerstaatlichen Reformen;

– Sorge, «links liegen gelassen zu werden», wenn andere Staaten mit Präferenzabkommen vorangehen.

Zusammengenommen haben diese marktorientierten Ziele zur heutigen Komplexität und geografischen Vielfalt des Netzwerks von FHA über den ursprünglich weit gehend regionalen Raum hinaus beigetragen. Wie erfolgreich waren die betrachteten fünf Wirtschaftsräume in ihren Bestrebungen?

USA


Bei der Realisierung ihrer «Gold-Standard-FHA» gehen die USA in mehrfacher Hinsicht weiter als die WTO. In der zentralen Frage der Zölle wurden auf Seiten der USA beinahe 100% der Zölle – zumindest in Bezug auf die Industrieprodukte – aufgehoben. Dies ist von grosser Bedeutung, da die Wohlstandsgewinne für die Abkommensstaaten umso höher ausfallen, je mehr Produkte von den FHA abgedeckt werden. Im Bereich der Dienstleistungen übernahmen die USA eine Vorreiterrolle beim Verbot von Anforderungen bezüglich lokaler Präsenz, setzten sich konsequent für eine grössere Transparenz durch Negativlisten ein und gingen bei der Festlegung von Vorschriften in kritischen Bereichen – wie den Finanzdienstleistungen und der Telekommunikation – weiter als das Gats General Agreement on Trade in Services. Dienstleistungsabkommen der WTO. Sie konnten die umfassenden Investitionsbestimmungen des Nafta North American Free Trade Agreement. in praktisch alle ihre Abkommen integrieren. Die USA waren auch eine treibende Kraft hinter der Aufnahme von Trips Agreement on Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights. Übereinkommen der WTO über handelsbezogene Aspekte der Rechte am Geistigen Eigentum.-plus-Bestimmungen in FHA, mit denen ein weitergehender Schutz für Urheberrechte und Warenzeichen eingeführt wurde. Im Bereich des öffentlichen Beschaffungswesens benutzten die USA die FHA, um die Zahl ihrer Handelspartner zu erhöhen, welche die Bestimmungen des plurilateralen Übereinkommens über das öffentliche Beschaffungswesen (GPA) tatsächlich befolgen. Bei den handelsrechtlichen Instrumenten schliesslich werden in den FHA, an denen die USA beteiligt sind, konsequent zeitliche Beschränkungen festgelegt, die knapper bemessen sind als die entsprechenden Bestimmungen der WTO.

Trotz dieser soliden Leistung stellt sich die Frage, ob wirklich von einem «Gold-Standard » gesprochen werden kann. Ein typisches Merkmal des US-amerikanischen Ansatzes ist die Einheitlichkeit der Bestimmungen in den verschiedenen FHA, unabhängig vom Entwicklungsstand des jeweiligen Partners. Der Anwendungsbereich – insbesondere im Bereich Landwirtschaft – fällt in den FHA mit Australien und Korea etwas zurück. Etwas an Glanz büsst der Standard auch durch die Verwendung der komplexen Nafta-Ursprungsregeln ein, selbst wenn die Abdeckung umfassend ist. Im Bereich der Dienstleistungen werden Sektoren, die auch in multilateraler Hinsicht schwierig zu regeln sind – wie beispielsweise der Luftverkehr oder staatliche Dienstleistungen – tendenziell ausgeschlossen. Im öffentlichen Beschaffungswesen liegt die Abdeckung von US-amerikanischen Beschaffungsstellen teilweise deutlich unter der jeweiligen Abdeckung der Partner. In Bereichen von untergeordneter politischer Priorität – wie den technischen Handelshemmnissen und den sanitären und phytosanitären Massnahmen – begnügen sich die USA mit den bestehenden WTO-Bestimmungen. In einigen Sektoren versuchen die USA, die Erosion von Arbeits- und Umweltstandards zu bremsen und letzten Endes Strafen für die Nichteinhaltung von international vereinbarten Normen zu verhängen. Die entsprechenden Bestimmungen gehen zwar ohne Zweifel über die Vorschriften der WTO hinaus, sind jedoch nicht zwangsläufig «besser» und beinhalten überdies das Risiko, eine protektionistische Wirkung zu entfalten.

EU


Im Gegensatz zu den USA ist der Ansatz der EU im Bereich der FHA durch Flexibilität gekennzeichnet. Hinsichtlich der Liberalisierung wurden indes bislang nur verhältnismässig bescheidene Resultate erzielt. Dies zeigt sich an der Abdeckung von Zöllen – Agrarzölle sind in den FHA der EU überdurchschnittlich oft ausgeschlossen. Im Bereich der Dienstleistungen verfolgt die EU einen Ansatz mit einer Positivliste. Damit räumt sie sowohl sich selbst als auch ihren Handelspartnern eine grössere Flexibilität beim Ausschluss von sensitiven Sektoren ein. Die innergemeinschaftlichen Erfahrungen der EU mit nicht tarifären Hemmnissen und die Notwendigkeit von umfassenden Bestimmungen im Bereich der sanitären und phytosanitären Massnahmen sowie der technischen Handelshemmnisse haben zur Folge, dass die EU den Anstrengungen in diesem Sektor (einschliesslich der Förderung von vereinbarten internationalen Standards) eine grössere Bedeutung beimisst als die USA. Auch in diesem Bereich agiert die EU flexibler. Die EU befürwortet Vorschriften, die weniger weit gehen als die Bestimmungen im WTO-Abkommen über sanitäre und phytosanitäre Massnahmen (SPS), da sie eine Auslegung der Schutzmassnahmen realisieren will, die auch eine gesellschaftspolitische und nicht nur eine wissenschaftlich begründete Risikobeurteilung ermöglicht. Der Wettbewerb und das öffentliche Beschaffungswesen haben Eingang in die FHA der EU gefunden. Die Vorschläge für eine Mindestplattform für Investitionsbestimmungen in den FHA der EU gehen indessen deutlich weniger weit als die umfassenden Bestimmungen der USA zum Bereich der Investitionen. Die Zuständigkeitsbestimmungen überlassen es den Mitgliedstaaten, bilaterale Investitionsschutzabkommen (BIT) auszuhandeln. Die Flexibilität erhöht den Spielraum für asymmetrische Bestimmungen zugunsten der Entwicklungsländer. In bestimmten Fällen profitiert jedoch die EU selbst von asymmetrischen Bestimmungen. Ein Beispiel dafür ist die Art der Aufhebung von Agrarzöllen im Abkommen zwischen der EU und Chile.

Efta


Wie oben erläutert, orientiert sich der Ansatz der Efta an den Bestimmungen der FHA der EU. Zusammen mit der EU (und Japan) nimmt die Efta im Bereich der Landwirtschaft weiterhin eine defensive Haltung ein. Im Umgang mit den sanitären und phytosanitären Massnahmen sowie den technischen Handelshemmnissen deckt sich der Ansatz der Efta praktisch mit demjenigen der EU. Seit kurzem versucht die Efta jedoch, etwas weiter zu gehen als die EU: Im Bereich der FHA setzt sie einen aktiveren Ansatz um, indem sie Abkommen mit Singapur, der Sacu Southern African Customs Union. und Korea abschloss. Sie integrierte auch Investitionsbestimmungen, die zwar weniger ambitiös sind als das Nafta-Modell, aber über die entsprechenden Bestimmungen in den Abkommen der EU hinausgehen. So wurden beispielsweise die Inländerbehandlung in der Vorinvesti-tionsphase (Niederlassungsrecht) und das Investor-Staat-Streitsbeilegungsverfahren integriert.

Japan


Wie bei den USA beruhen die FHA von Japan auf der Befürchtung, den Anschluss zu verlieren, auf der Unzufriedenheit mit den Fortschritten in der WTO und auf dem Streben nach einer weitergehenden Integration. Alle diese Faktoren sind im Hinblick auf den Marktzutritt von grosser Bedeutung. Doch wie die EU ging Japan verhältnismässig vorsichtig ans Werk und war daher bei der Implementierung von FHA für die Marktöffnung auch weniger erfolgreich als die USA. In den Abkommen mit Singapur und Chile, die beide für diese Untersuchung in allen Einzelheiten geprüft wurden, sind über die Hälfte der Agrarerzeugnisse ausgenommen. Auch punkto Industrieprodukte sind die FHA Japans restriktiver als jene der anderen untersuchten Wirtschaftsräume. Ausserdem verfolgt Japan – im Gegensatz zu den USA und zur EU – einen heterogenen Ansatz, der nicht mit Flexibilität gleichgesetzt werden kann. Je nach Abkommen operiert Japan mit Positiv- oder Negativlisten, handhabt die eigenen Zollkonzessionen unterschiedlich und wechselt zwischen restriktiven und weniger restriktiven Ursprungsregeln. Da Japan im Bereich der FHA noch wenig Erfahrung hat und erst drei FHA mit Beteiligung Japans in Kraft sind, ist noch kein abschliessendes Urteil möglich. Die Gründe für den bisher eher schwachen Ausbau des FHA-Netzwerks Japans werden im Fehlen einer leistungsfähigen internen Politikkoordination im Bereich der FHA bei gleichzeitig erheblichem Einfluss der Agrarlobby sowie der Arbeitnehmerverbände gesehen.

Singapur


Singapur bringt zweifellos einen Gold-Standard in seine FHA ein: keine Zölle, einen hohen Liberalisierungsgrad im Bereich der Dienstleistungen, umfassende Investitions-abkommen, Trips-plus-Bestimmungen und einen quasi-europäischen Standard der Bestimmungen zu den technischen Handelshemmnissen, den sanitären und phytosanitären Massnahmen sowie zum öffentlichen Beschaffungswesen. Was es im Gegenzug erhält, kann allerdings keineswegs als Gold-Standard bezeichnet werden. Doch diesen Preis ist Singapur wahrscheinlich bereit zu zahlen, um sein vorrangiges Ziel zu erreichen: den Ausbau seiner Rolle als asiatische Drehscheibe für Investitionen und Handel.

Wirkungen auf Handels- und Investitionsströme


Im Einklang mit den obigen Erläuterungen steht der Umstand, dass die FHA Japans – im Gegensatz zu jenen der USA und in geringerem Ausmass auch zu jenen der EU – anscheinend nur geringfügige Auswirkungen auf die Handels- und Investitionsströme zwischen den FHA-Parteien hatten. Auch innerhalb der Efta nahm der Handel mit FHA-Partnern insgesamt nicht zu. Allerdings wurde bei jenen Produkten ein starkes Wachstum verzeichnet, die Gegenstand einer massgeblichen FHA- Liberalisierung waren, wie beispielsweise die Exporte von Schweizer Uhren und Pharmazeutika nach Mexiko. Alle FHA beinhalten das Risiko, dass Drittländern durch die Verlagerung der Handelsströme Nachteile entstehen. Diese Nachteile halten sich in Grenzen, sofern die – die Refernz bildenden – ausgehandelten Meistbegünstigungszollsätze tief sind. Deshalb sind weitere Fortschritte im Bereich der multilateralen Zollliberalisierung – parallel zur Zunahme der FHA – von ausschlaggebender Bedeutung. In den Bereichen einer weitergehenden Integration (Öffentliches Beschaffungswesen, Dienstleistungen, Investitionen, technische Handelshemmnisse, sanitäre und phytosanitäre Massnahmen usw.) sollten die Auswirkungen aller Vorzugsbestimmungen auf Drittstaaten ebenfalls beurteilt werden. Das Element der präferenziellen Behandlung liegt hier jedoch weniger auf der Hand und ist auch weniger bedeutend.

Fazit


Die in der vorliegenden Untersuchung eruierten Trends müssen sich erst noch bestätigen. Insgesamt liegen sie in der Linie der bekannten Mischung von positiven und negativen Aspekten von Präferenzabkommen (siehe Kasten 1). Unabhängig davon, wie die Antworten auf diese Fragen ausfallen werden, kann davon ausgegangen werden, dass präferenzielle Abkommen auch in Zukunft einen wesentlichen Teil der Vereinbarungen im Bereich des internationalen Handels ausmachen werden. Dies macht es erforderlich, dass auf multilateraler Ebene auch weiterhin Anstrengungen unternommen werden, um die sich damit bietenden Möglichkeiten zu nutzen und die Risiken zu begrenzen. Es gilt, die Debatte «Multilateralismus versus Bilateralismus » zu überwinden und Mittel und Wege zu finden, um die Kompatibilität der verschiedenen Ebenen von Verhandlungen über Handelsfragen gewährleisten zu können.

Kasten 1: Wie werden sich die Freihandelsabkommen weiterentwickeln? Die künftige Entwicklung der FHA orientiert sich an einer Reihe bestehender Trends:- Anhaltender Abbau von Zöllen auf industriellen Erzeugnissen, jedoch nicht auf Agrarprodukten;- Aufkommen einiger dominanter Modelle im Bereich der Ursprungsregeln – wie jener der PanEuro-Freihandelszone und der Nafta – sowie die höhere Komplexität der Ursprungsregeln parallel zur immer anspruchsvolleren Ausgestaltung der PHA;- Einschränkungen hinsichtlich der Nutzung für nicht vorhergesehene Fälle unter den Parteien bei gleichzeitiger Vertiefung der Integration;- anhaltender Einbezug von umfassenderen Bestimmungen im Bereich der sanitären und phytosanitären Massnahmen und der technischen Handelshemmnisse. Dabei werden im Allgemeinen verabschiedete WTO-Grundsätze übernommen, wobei versucht wird, diese effizienter anzuwenden;- weitergehende Anwendung der Bestimmungen des GPA im Rahmen von FHA bei gleichzeitiger Fortsetzung der bilateralen, auf Gegenseitigkeit beruhenden Verhandlungen über die Abdeckung der Beschaffungsstellen;- Zunahme der gemischten Listen für Dienstleistungen, wobei die Positivlisten sensitiven Sektoren vorbehalten sind;- Verlagerung der Behandlung von Investitionsfragen bei bilateralen Investitionsschutzabkommen zu FHA (wobei dies in der EU noch nicht der Fall ist).In einem engen Zusammenhang mit diesen Entwicklungen steht die Art und Weise, wie sich der FHA-Ansatz der betrachteten Wirtschaftsräume entwickeln wird. Einige diesbezüglich wichtige Fragen sind:- Ist auf Grund grosser strategischer und wirtschaftlicher Interessen gesichert, dass die USA den FHA weiterhin Priorität einräumen werden, unabhängig vom Schicksal der «Fast-Track»-Verhandlungskompetenz?- Wird die EU bei ihren FHA weiterhin «Flexibilität» walten lassen, oder wird sie bei den laufenden Verhandlungen mit Korea, der Asean und Indien eine eher einheitliche und damit härtere Haltung einnehmen?- Wird Japan die innerstaatlichen Widerstände überwinden und in Bezug auf die Aushandlung von künftigen FHA einen eigenen Standard festlegen können?- Werden die Kohärenz und Vollständigkeit von regionalen Zusammenschlüssen wie der Efta und der Asean dadurch beeinträchtigt, dass ihre Mitgliedstaaten weitere bilaterale Abkommen mit Drittstaaten abschliessen?

Zitiervorschlag: Ken Heydon, Stephen Woolcock, (2007). Entwicklung der Freihandelsabkommen: Strategien, Inhalte und Vergleich. Die Volkswirtschaft, 01. November.