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Mobilisierung von privaten Geldern für Entwicklungsprojekte: Die jüngsten Erfahrungen des Seco

Mobilisierung von privaten Geldern für Entwicklungsprojekte: Die jüngsten Erfahrungen des Seco

Im Rahmen der wirtschaftlichen Entwicklungszusammenarbeit setzte das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) in den letzten zwölf Jahren knapp 300 Mio. Franken für rund 40 Investitionsprojekte in Entwicklungs- und Transitionsländern ein. Im Jahr 2005 übertrug das Seco das Management seines Investitionsportfolios an die Sifem AG (Swiss Investment Fund for Emerging Markets), ein Privatunternehmen mit Sitz in Bern, das auf Risikokapital spezialisiert ist. Im Rahmen dieses Auftrags hat die Sifem AG die Aufgabe, das bestehende Portfolio zu verwalten, das Seco bei allen neuen Investitionen zu beraten und in dessen Auftrag in Entwicklungs- und Transitionsländern langfristiges Kapital für Entwicklungsprojekte im Privatsektor zur Verfügung zu stellen. Sifem investiert ausschliesslich in wirtschaftlich selbsttragende Projekte und nach dem Subsidiaritätsprinzip, um eine Konkurrenzierung des Privatsektors zu vermeiden. Dabei werden mit dem Seco vereinbarte Anlagerichtlinien befolgt, um nachhaltige Auswirkungen auf die Entwicklung der Empfängerländer sowie die Berücksichtigung sozialer und ökologischer Normen zu gewährleisten. Die Mehrheit dieser Investitionen erfolgte in Form von Beteiligungen an Risikokapitalfonds für kleine und mittlere Unternehmen (KMU), hauptsächlich in Südostasien, in afrikanischen Staaten südlich der Sahara und in Ländern des ehemaligen Sowjetblocks. Siehe Claude Barras und Friederike Hofmann «Sifem: Die Verwaltung des Investitionsportfolios des Seco», in: Die Volkswirtschaft 1/2-2007, S.59ff. Solche Investitionen stellen einen konkreter Beitrag zur Entwicklung dar und sind überdies interessant als Investition in die Wachstumsmärkte der Zukunft. In diesem Artikel werden beide Aspekte näher beleuchtet. Zudem wird anhand konkreter Beispiele aufgezeigt, wie das Seco seine Rolle als Katalysator bei der Mobilisierung institutioneller Anleger und von Privatinvestoren ausübt.

Beschleunigen Investitionen in KMU des Südens die Entwicklung?


KMU sind ein wesentlicher Teil des Wirtschaftsgefüges von modernen Volkswirtschaften. Ihr Wachstum ist für die Schaffung von Arbeitsplätzen und das Erzielen von Einkommen nicht nur in Industrie-, sondern auch in Entwicklungsländern von entscheidender Bedeutung (siehe

Kasten 1
Der Begriff KMU wird nicht weltweit einheitlich definiert. Es bestehen vielmehr grosse Unterschiede zwischen den Ländern und Branchen. Massgebende Kriterien sind in der Regel der Personalbestand, der Jahresumsatz und die Bilanzsumme. Teilweise werden auch weitere Faktoren berücksichtigt, wie beispielsweise die Unabhängigkeit des Unternehmens (die Tochtergesellschaften von bestimmten Grossunternehmen werden nicht als KMU betrachtet) und dessen rechtliche Stellung. In der Schweiz gibt es keine offizielle Definition des Begriffs KMU, auch wenn in der Regel die Definitionen der EU angewandt werden, wonach Unternehmen bis 250 Mitarbeitende als KMU gelten. Die detailliertesten Definitionen bestehen in den USA, wo für jeden Industriesektor Grössenkriterien festgelegt wurden. In den Entwicklungsländern sind die nationalen Definitionen sehr unterschiedlich. Als Anhaltspunkt dient in der Regel die Definition der Weltbank, wonach KMU unter Berücksichtigung aller Branchen 11 bis 300 Mitarbeitende und einen Jahresumsatz zwischen 3 und 15 Mio. US-$ haben. Der Begriff deckt somit eine grosse Bandbreite ab, die vom Internet-Café in Ghana bis zum hoch entwickelten Software-Unternehmen in Indien reicht.). Der eingeschränkte Zugang zum benötigten Kapital ist speziell in den Entwicklungsländern das grösste Hindernis für die Entwicklung und eine Bedrohung für das Überleben von KMU. Die lokalen Finanzmärkte in diesen Staaten weisen ein geringes Volumen auf oder sind einigen Grossunternehmen vorbehalten. Sehr eingeschränkt ist auch der Zugang zu den internationalen Märkten. Bankkredite werden den KMU nur in sehr beschränktem Umfang gewährt, und der Zugang zu langfristigem Kapital bleibt ihnen weit gehend verwehrt.

Zugang zu Kapital: Das Beispiel Celtel


Zur Lösung dieses Problems haben öffentliche Investoren in den letzten 15 Jahren auf bilateraler und multilateraler Ebene Investitionen in lokale Risikokapitalfonds getätigt. Damit war auch das Ziel verbunden, die lokalen Finanzmärkte anzukurbeln und eine Hebelwirkung bei den privaten Investoren zu erzielen. Aufgrund des hohen Länderrisikos bei dieser Art von Märkten und der schwierigen Beschaffung von Unternehmensdaten waren anfänglich nur wenige private Investoren bereit, ihr Geld in Risikokapitalfonds für KMU zu investieren. Seit dem Jahr 2000 haben jedoch einige spektakuläre Transaktionen dazu beigetragen, die bis dahin bestehenden Auffassungen grundlegend zu verändern. So suchte damals der sudanesische Unternehmer Mô Ibrahim nach Kapital, um die Expansion des Mobiltelefonunternehmens Celtel in den afrikanischen Staaten südlich der Sahara vorantreiben zu können. Der private Finanzsektor gab jedoch anderen Investitionsvorhaben den Vorzug. Nur der Risikokapitalfonds Africa Infrastructure Fund, der hauptsächlich von multilateralen (IFC, ADB) und bilateralen Institutionen (u.a. dem Seco) alimentiert wird, investierte 50 Mio. US-$ in dieses Projekt. Fünf Jahre später verfügte Celtel über mehr als vier Mio. Abonnenten in 13 afrikanischen Ländern. Im Mai 2005 wurde Celtel für 3,4 Mrd. US-$ an das kuwaitische Telekommunikationsunternehmen MTC verkauft. Für den Africa Infrastructure Fund resultierte aus dieser Transaktion eine interne Rendite von knapp 40%. Er nahm beinahe das Vierfache seiner ursprünglichen Investition ein. Die Investoren des Fonds konnten die erzielten Gewinne in ähnliche Projekte in anderen Entwicklungsländern investieren. Damit hat sich der Kreis geschlossen.  Bei der Investition in Celtel handelt es sich um ein spektakuläres Beispiel, das jedoch kein Einzelfall ist. So realisierte beispielsweise der Asean China Investment Fund, der im Jahr 2004 mit knapp 75 Mio. US-$ aus öffentlichen (Frankreich, Schweiz, Asiatische Entwicklungsbank) und privaten Mitteln (United Overseas Bank in Singapur) geschaffen worden war, in den letzten zwei Jahren einige spektakuläre Verkäufe und Börsengänge (IPO). Trotz dieser vereinzelten Erfolge sollten indes die beträchtlichen damit verbundenen Risiken nicht ausser Acht gelassen werden, welche das Engagement der öffentlichen Finanzierungsinstitutionen wie dem Seco rechtfertigen. Das Seco nimmt hier bewusst eine Vorreiterrolle ein, um zukünftigen Investoren den Weg zu bahnen.

Ein Hebel für Entwicklung


Wenn keine Alternativen für die Beschaffung von langfristigem Kapital bestehen, sind Risikokapitalfonds für die Entwicklung von ausschlaggebender Bedeutung. In der Praxis wird die Vergabe von Kapital an ein Unternehmen in den meisten Fällen mit der Teilfinanzierung einer Expansionsphase verbunden, die zur Schaffung von Arbeitsplätzen führt. Damit kann das Unternehmen den Rest des benötigten Kapitals auf lokaler Ebene in Form von Krediten beschaffen. Die Funktion der Risikokapitalfonds geht jedoch weit über den eigentlichen Finanzbereich hinaus, da sich diese Investitionsinstrumente für die Förderung von internationalen Standards im Bereich der Rechnungslegungssysteme, der Transparenz und der Corporate Governance einsetzen. Grundsätzlich werden die finanzierten Unternehmen vom Fondsmanagement während des gesamten Investitionszeitraums (5-8 Jahre) in allen Bereichen der Organisation und der internen Verwaltung intensiv unterstützt. Dazu gehören die Planung von geschäftlichen Operationen, das Management der Wertschöpfungskette und der Qualitätsprozesse sowie das Risikomanagement. Die Risikokapitalfonds spielen eine wichtige Rolle bei der Entwicklung der lokalen Kapitalmärkte, indem sie zum Aufbau von finanziell gesunden und transparenten Unternehmen mit Vorbildcharakter beitragen.  Können die Auswirkungen dieser Investitionen auf die lokalen Volkswirtschaften auch zahlenmässig erfasst werden? Dieser Herausforderung stellte sich eine 2004 lancierte Fallstudie, die im Frühjahr 2007 abgeschlossen wurde. Untersucht wurde eine Stichprobe von 50 KMU in Osteuropa und Lateinamerika, denen die Seaf-Gruppe Risikokapital zur Verfügung gestellt hatte. Vgl. Seaf, From Poverty to Prosperity: Understanding the Impact of Investing in Small and Medium Enterprises, Oktober 2007. Gemäss den Ergebnissen dieser Studie werden mit jedem Dollar, der über einen Risikokapitalfonds in ein KMU investiert wird, durchschnittlich zwölf Dollar in der lokalen Wirtschaft generiert. Daraus geht hervor, dass die wirtschaftliche Rentabilität dieser Investitionen deutlich über der blossen finanziellen Rendite liegt (siehe

Kasten 2
– Mit jedem Dollar, der über einen Risikokapitalfonds in ein KMU investiert wird, werden durchschnittlich zwölf Dollar in der lokalen Wirtschaft generiert.- In den befragten Unternehmen nahm die Mitarbeiterzahl im Anschluss an die Investitionsphase um jährlich knapp 25% zu. Für 72% der neu geschaffenen Stellen wurden Mitarbeitende mit geringer Qualifikation benötigt.- Das reale Jahreseinkommen der Angestellten stieg während der Investitionsphase um durchschnittlich 26% an.- Die befragten KMU arbeiten mit einem umfangreichen Netz von Lieferanten und Händlern zusammen, sodass ihr Wachstum zweifellos auch bei diesen Partnern positive Auswirkungen hat. Durchschnittlich unterstützt jedes KMU 18 Produzenten und 10 Vertriebsunternehmen sowie etwa 20 Dienstleistungsfirmen.- Die in Form von Risikokapital erhaltenen Gelder haben für das Unternehmen eine Hebelwirkung im Zusammenhang mit dem Zugang zu anderen Finanzierungsformen. So erleichterte durchschnittlich jeder investierte Dollar den Zugang zu zusätzlichem Kapital in Höhe von 1,6 US-$ (zumeist Bankkredite).).

Welche Perspektiven bieten sich den Privatinvestoren?


Die Mikrokredite haben eindrücklich das grosse wirtschaftliche Potenzial an der Basis der weltweiten Einkommenspyramide aufgezeigt. Wie diese sind Investitionen in KMU in Entwicklungsländern für die Investoren eine Art «New Frontier». Das Beispiel von Celtel mag zum Träumen verleiten; doch man sollte die Realität nicht aus den Augen verlieren. Solche Investitionen sind mit einem sehr hohen Risiko verbunden. Dieser Markt eignet sich nur für «versierte» Investoren, die sich über die eingegangenen Risiken – allen voran das Länderrisiko, der Wechselkurs und insbesondere die direkt mit dem Projekt verbundenen Risiken – im Klaren sind. Die durchschnittliche jährliche Nettorendite eines Risikokapital-Portfolios in Dollar beträgt ungefähr 10%-15% während eines Zeitraums von 8-10 Jahren. Der schwierigste Teil besteht jedoch in der Realisierung der Gewinne in Form eines marktgerechten Ausstiegs. Die Zahl der Börsengänge hat in letzter Zeit zwar stark zugenommen, doch die Liquidität der Finanzmärkte ist in den Schwellen- und Entwicklungsländern nach wie vor gering. Ausserdem können solche Finanzoperationen in einigen Schwellenländern – wie z.B. in Indien – nur in beschränktem Umfang realisiert werden. In den übrigen Fällen erfolgt der Ausstieg zumeist über einen strategischen Investor (Trade Sale) oder über eine Übernahme durch das Management des Unternehmens (Management Buy-out). In der Regel ist der Nettogegenwartswert solcher Investitionen im kurzfristigen Zeitraum negativ, wobei das Erreichen schwarzer Zahlen nur eine Frage der Zeit ist. Bei einem Portfolio von zehn Unternehmen hofft man, über eines oder zwei Zugpferde zu verfügen, während sich der Rest des Portfolios aus fünf bis sechs Titeln mit durchschnittlichen Ergebnissen sowie einem oder zwei schwierigeren Fällen zusammensetzt.

Noch bescheidenes Volumen…


Abgesehen von der geringen Liquidität stellt sich für die privaten Investoren auch das Problem, dass das Volumen dieser Investitionen verhältnismässig beschränkt ist. Je nach Markt liegt die Grösse von Risikokapitalfonds, die auf KMU ausgerichtet sind, zwischen 40 und 150 Mio. US-$. Dabei ist der Zeitraum für die Beschaffung der Mittel zeitlich genau festgelegt. Für die allerersten Risikokapitalfonds, die in einem Markt geschaffen werden, interessieren sich normalerweise nur öffentliche Investoren wie das Seco, die bereit sind, höhere Risiken einzugehen. Abhängig von der erzielten Rendite und den Marktentwicklungen ziehen die zu einem späteren Zeitpunkt geschaffenen Fonds zunehmend das Interesse von privaten Investoren auf sich. Genau diese Erfahrung machte der in Ho Chi Minh domizilierte Vermögensverwalter Mekong Capital in Vietnam: Für den im Jahr 2002 geschaffenen Mekong Entreprise Fund (18,5 Mio. US-$) stellten nur multi- und bilaterale Entwicklungsagenturen Kapital zur Verfügung. Als im Jahr 2005 der zweite Fonds lanciert wurde, war zum einen das Fondsvolumen viel grösser (50 Mio. US-$), und zum anderen kamen knapp 50% der Gelder von privaten Investoren. Gegenwärtig laufen die Vorbereitungen für die Lancierung eines dritten Fonds mit einem Volumen von knapp 100 Mio. US-$, der ausschliesslich Privatinvestoren zur Zeichnung angeboten wird. Dieses Beispiel soll nicht darüber hinwegtäuschen, dass die privaten Investoren in anderen Märkten viel zurückhaltender agieren; daher die Bedeutung der Finanzentwicklungsinstitutionen. Mit Risikokapital sind langfristige Zielsetzungen verbunden. Solche Investitionen sind eine Wette auf weiterhin verhältnismässig günstige Rahmenbedingungen und auf den Fortbestand einer gewissen makroökonomischen Stabilität, was in den Schwellenmärkten ein relativ neues Phänomen ist.

…und tiefer Organisationsgrad


Damit sind wir bei der dritten Herausforderung, mit der die privaten Investoren konfrontiert sind: Der Markt weist nach wie vor einen tiefen Organisationsgrad auf, und der Zugang zu den Informationen ist teilweise sehr uneinheitlich. Gegenwärtig kann noch nicht von einer eigentlichen Anlageklasse gesprochen werden. Doch wie die rasante Entwicklung des Mikrofinanz-Marktes seit 2001 zeigt, ist dies vor allem eine Frage der Zeit. In diesem Sektor sind mittlerweile Rating-Agenturen und Makler tätig, und es wurden spezielle Anlageinstrumente für private Investoren geschaffen. Um einen etwas gewagten Vergleich zu ziehen: Der Risikokapitalmarkt weist im KMU-Bereich einen Rückstand von ca. fünf Jahren auf den Mikrofinanz-Sektor auf. Doch genau während dieser Aufbauphase bieten sich interessante Möglichkeiten für private Investoren!

Zwei neuere Beispiele für die vermehrte Mobilisierung von privaten Mitteln


Angesichts der oben erläuterten Herausforderungen übernahm das Seco zusammen mit der Credit Suisse, der Firma Responsability, der Sifem AG, der Syngenta-Stiftung und der Société Financière Internationale (SFI) das Sponsoring eines Symposiums, bei dem es um die Möglichkeiten für Investitionen in KMU in Entwicklungsländern ging. Diese Veranstaltung wurde im September 2007 in Genf vom Casin-Zentrum als zweite Konferenz des Zyklus Geneva Private Capital Symposium durchgeführt. Internet: www.geneva-private-capital-symposium.com. Das Symposium richtete sich hauptsächlich an private und institutionelle Anleger aus der Schweiz und dem Ausland, Verantwortliche von Anlagefonds, Regulierungsbehörden und weitere öffentliche und private Akteure, die sich im Bereich der Finanzierung von KMU in Schwellen- und Entwicklungsländern engagieren. Es verzeichnete knapp 200 Teilnehmer, darunter auch die bedeutendsten Akteure dieses Marktsegments. Die Diskussionen zeigten, dass sich sowohl die Bedeutung des Begriffs «Schwellenmarkt» als auch das Risikoprofil der privaten Investoren rasch verändern, womit ein zunehmendes Interesse für nicht traditionelle Märkte – einschliesslich der afrikanischen Staaten südlich der Sahara – einhergeht. Im Rahmen der Veranstaltung konnten somit die Kenntnisse dieses Marktsegments gefördert und Investitionsinstrumente vorgestellt werden, die für schweizerische und ausländische Privatinvestoren unter Umständen von Interesse sind. In diesem Kontext lancierte das auf sozial verantwortliche Anlagen spezialisierte Unternehmen Responsability im November 2007 den Fonds Base of the Pyramid Investments, um für institutionelle Anleger eine neue Investitionsmöglichkeit im Marktsegment des Risikokapitals zu schaffen. Mit diesem Anlagevehikel können sowohl institutionelle als auch private Investoren angesprochen werden. Es ermöglicht den Aufbau eines Risikokapitalfonds für nicht börsennotierte KMU in den Schwellenmärkten im weitesten Sinne des Wortes. Um eine entsprechende Vorbildwirkung zu erzielen, investierte das Seco 4 Mio. US-$ in dieses viel versprechende Projekt. Im Rahmen der ersten Zeichnungsrunde konnte eine Kapitalisierung von über 30 Mio. US-$ erzielt werden, da das Projekt auch das Interesse von privaten Investoren – wie der Credit Suisse und der Bank Baumann & Cie – geweckt hatte. Das Seco möchte mit dieser Investition den Erfolg eines anderen Produkts von Responsability wiederholen, nämlich des RGMF-Fonds für Mikrofinanzinstitutionen, der 2003 mit finanzieller Unterstützung des Seco lanciert wurde. Mit dieser Initialfinanzierung gab das Seco dem RGMF die Möglichkeit, bei Privatinvestoren knapp 150 Mio. US-$ aufzubringen. Nachdem der Fonds die finanzielle Unabhängigkeit erlangt hatte, konnte das Seco seine Mittel im Jahr 2006 abziehen und das Feld den privaten Investoren überlassen.  Diese beiden Beispiele verdeutlichen die Katalysatorwirkung, die das Seco im Rahmen von Instrumenten für die wirtschaftliche Entwicklungszusammenarbeit erzielt. Es sind dies bedeutende Schritte zum Aufbau nachhaltiger Public-Private Partnerships zwischen den Finanzmärkten und der Entwicklungszusammenarbeit. Ein öffentlicher Investor wie das Seco kann dabei auf überzeugende Weise aufzeigen, dass die privaten Investoren in Bezug auf die Entwicklung eine zentrale Rolle übernehmen müssen.

Kasten 1: KMU in Entwicklungsländern: Was ist darunter zu verstehen?
Der Begriff KMU wird nicht weltweit einheitlich definiert. Es bestehen vielmehr grosse Unterschiede zwischen den Ländern und Branchen. Massgebende Kriterien sind in der Regel der Personalbestand, der Jahresumsatz und die Bilanzsumme. Teilweise werden auch weitere Faktoren berücksichtigt, wie beispielsweise die Unabhängigkeit des Unternehmens (die Tochtergesellschaften von bestimmten Grossunternehmen werden nicht als KMU betrachtet) und dessen rechtliche Stellung. In der Schweiz gibt es keine offizielle Definition des Begriffs KMU, auch wenn in der Regel die Definitionen der EU angewandt werden, wonach Unternehmen bis 250 Mitarbeitende als KMU gelten. Die detailliertesten Definitionen bestehen in den USA, wo für jeden Industriesektor Grössenkriterien festgelegt wurden. In den Entwicklungsländern sind die nationalen Definitionen sehr unterschiedlich. Als Anhaltspunkt dient in der Regel die Definition der Weltbank, wonach KMU unter Berücksichtigung aller Branchen 11 bis 300 Mitarbeitende und einen Jahresumsatz zwischen 3 und 15 Mio. US-$ haben. Der Begriff deckt somit eine grosse Bandbreite ab, die vom Internet-Café in Ghana bis zum hoch entwickelten Software-Unternehmen in Indien reicht.

Kasten 2: Wie wirken sich Risikokapitalinvestitionen in KMU auf die Entwicklung aus?
– Mit jedem Dollar, der über einen Risikokapitalfonds in ein KMU investiert wird, werden durchschnittlich zwölf Dollar in der lokalen Wirtschaft generiert.- In den befragten Unternehmen nahm die Mitarbeiterzahl im Anschluss an die Investitionsphase um jährlich knapp 25% zu. Für 72% der neu geschaffenen Stellen wurden Mitarbeitende mit geringer Qualifikation benötigt.- Das reale Jahreseinkommen der Angestellten stieg während der Investitionsphase um durchschnittlich 26% an.- Die befragten KMU arbeiten mit einem umfangreichen Netz von Lieferanten und Händlern zusammen, sodass ihr Wachstum zweifellos auch bei diesen Partnern positive Auswirkungen hat. Durchschnittlich unterstützt jedes KMU 18 Produzenten und 10 Vertriebsunternehmen sowie etwa 20 Dienstleistungsfirmen.- Die in Form von Risikokapital erhaltenen Gelder haben für das Unternehmen eine Hebelwirkung im Zusammenhang mit dem Zugang zu anderen Finanzierungsformen. So erleichterte durchschnittlich jeder investierte Dollar den Zugang zu zusätzlichem Kapital in Höhe von 1,6 US-$ (zumeist Bankkredite).

Kasten 3: Wie funktioniert das Risikokapital?
Anlagefonds, bei denen es um Risikokapital geht, stehen seit einigen Jahren regelmässig im Fokus der öffentlichen Diskussion. Dies ist auf spektakuläre Investitionsgeschäfte in Europa und den USA zurückzuführen. Solche Fonds spielten bei der Finanzierung von Innovationen in den Industrieländern – insbesondere im Technologiebereich – eine sehr wichtige Rolle. Die bekanntesten Formen sind das Venture Capital und das Investment Buy-out. Bei Venture Capital geht es in der Regel um Projekte mit einem sehr grossen Entwicklungspotenzial. Dazu sind in der Anfangsphase umfangreiche Investitionen und die Bereitstellung von Know-how erforderlich. Die Investitionsdauer beträgt 8-10 Jahre. Diese Finanzierungsform ist spezifisch auf verhältnismässig junge und viel versprechende Unternehmen ausgerichtet, die mangels Erfahrung keine langfristigen Bankkredite erhalten und die Voraussetzungen für eine Börsenkotierung nicht erfüllen. Durch die Beteiligung am Kapital dieser Unternehmen und die technische Unterstützung können diese Firmen ihre Expansion finanzieren und ihre Management- und Produktionsmethoden modernisieren. Auf diese Weise können sie mittelfristig an die Börse gehen oder das Interesse eines strategischen Investors wecken. Erst in diesem Zeitpunkt – d.h. 8-10 Jahre nach der Initialinvestition – zahlt sich die Risikokapitalinvestition für einen Venture-Capital-Fonds aus. Somit sind ein gutes Gespür, Fingerspitzengefühl und Geduld gefragt. Mehrere legendäre Unternehmen – wie beispielsweise Apple Computers, Federal Express, Intel, Oracle und Starbucks – haben ihre Expansion mit Geldern von Risikokapitalfonds in den USA finanziert. Aufgrund der hohen Risiken müssen die Investitionen sehr sorgfältig ausgewählt werden. Von den Unternehmen, die von einem Risikokapitalfonds unter die Lupe genommen werden, erhalten schliesslich nicht selten nur etwa 5% das benötigte Kapital. Die Investment-Buy-out-Fonds haben in erster Linie Grossunternehmen im Visier, die sich in Schwierigkeiten befinden. Sie unterstützen diese bei der Restrukturierung und stossen ihre Beteiligung nach einem verhältnismässig kurzen Zeitraum wieder ab. Darauf ist auch ihr teilweise etwas zweifelhafter Ruf als «Heuschrecken» zurückzuführen.

Zitiervorschlag: Thierry Buchs (2008). Mobilisierung von privaten Geldern für Entwicklungsprojekte: Die jüngsten Erfahrungen des Seco. Die Volkswirtschaft, 01. Januar.