Suche

Abo

Voranschläge 2008 der öffentlichen Haushalte der Schweiz

Voranschläge 2008 der öffentlichen Haushalte der Schweiz

Die öffentlichen Haushalte der Schweiz erwarten im Jahr 2008 ein Finanzierungsdefizit in der Höhe von 5,6 Mrd. Franken. Sowohl Bund, Kantone und Gemeinden veranschlagen negative Finanzierungssaldi, während die öffentlichen Sozialversicherungen mit einem ausgeglichenen Ergebnis rechnen. Beim Bund ist der Fehlbetrag durch hohe ausserordentliche Ausgaben bedingt, so zum Beispiel mit einmaligen Zahlungen im Rahmen des Übergangs zur Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgabenteilung (NFA) und für die Pensionskasse des Bundes Publica. Aufgrund des hohen Wirtschaftswachstums wird sich jedoch die Schuldenquote weiter reduzieren. In der Erfolgsrechnung werden beim Bund und in den meisten Kantonen positive Ergebnisse erwartet.

Finanzierungsergebnis 2008 gemäss Finanzstatistik


Das Finanzierungsergebnis gemäss der Statistik der öffentlichen Haushalte der Schweiz wurde für den Voranschlag 2008 auf der Basis der Voranschläge des Bundes, der Kantone, von 34 Städten und Kantonshauptorten sowie der öffentlichen Sozialversicherungen geschätzt. In der Finanzstatistik werden sämtliche dem Wirtschaftssektor Staat zugeordnete Einheiten berücksichtigt. Beim Bund sind dies – neben der Staatsrechnung – der Fonds für Eisenbahngrossprojekte, der Infrastrukturfonds und der ETH-Bereich, bei den Kantonen u.a. Spitäler und Universitäten. In den Staatsrechnungen enthaltene öffentliche Unternehmungen, welche nicht zum Wirtschaftssektor Staat gehören (wie z.B. die Elektrizitätswerke), werden hingegen ausgebucht.  Für die konsolidierte Gesamtrechnung der öffentlichen Haushalte der Schweiz (Bund, Kantone, Gemeinden und Sozialversicherungen) wird gemäss Finanzstatistik im Jahr 2008 ein Finanzierungsdefizit von insgesamt 5,6 Mrd. Franken erwartet. Der Fehlbetrag entspricht einer Defizitquote – d.h. einem Defizit in Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP) – von 1,1% und liegt somit unter dem für das Jahr 2008 erwarteten nominellen Wachstum des BIP (3,8%). Sowohl die Einnahmen als auch die Ausgaben verzeichnen gegenüber dem Voranschlag 2007 ein hohes Wachstum, wobei die Ausgaben mit 5,8% etwas stärker ansteigen als die Einnahmen (5,1%). Bei der Interpretation der Wachstumsraten ist allerdings zu berücksichtigen, dass im Voranschlag 2007 die Einnahmen aufgrund des überraschend hohen Wirtschaftswachstums im Jahr 2006 möglicherweise etwas unterschätzt wurden. Darauf deuten zumindest die Hochrechnungen des Bundes hin, wo die Einnahmenschätzung aufgrund des starken Wachstums bei den Steuereinnahmen deutlich nach oben korrigiert werden musste. So rechnet der Bund mit einem Finanzierungsüberschuss von mehreren Mrd. Franken, während im Voranschlag 2007 noch von einem ausgeglichenen Ergebnis ausgegangen wurde.  Für das Jahr 2008 veranschlagt der Bund – inklusive Sonderrechnungen – ein Finanzierungsdefizit in der Höhe von 2,2 Mrd. Franken. Dieser Fehlbetrag ist jedoch durch eine Anzahl von Sonderfaktoren bedingt, welche in der Finanzierungsrechnung zu ausserordentlichen Ausgaben in der Höhe von 2,6 Mrd. Franken führen. Allein der Übergang zur NFA per 1.Januar 2008 hat einmalige Zahlungen in der Höhe von 1,6 Mrd. Franken zur Folge. Diese Mittel sind für Verpflichtungen zu leisten, welche unter den alten Finanzierungsregeln zwischen Bund und Kantonen entstanden sind, bis Ende 2007 jedoch noch nicht beglichen wurden. Betroffen sind Aufgabenbereiche mit so genannten «nachschüssigen Beitragssystemen», die ab Januar 2008 ausschliesslich oder zu einem höheren Anteil durch die Kantone finanziert werden. Da der Bund im Jahr 2008 bereits Zahlungen im Rahmen des neuen Ausgleichssystems leistet, entsteht eine vorübergehende Doppelbelastung. Ausserordentliche Ausgaben entstehen im Jahr 2008 auch im Asyl- und Flüchtlingsbereich (122 Mio. Fr.) sowie durch eine Einmaleinlage in die Pensionskasse des Bundes Publica (900 Mio. Fr.). Die ordentlichen Ausgaben des Bundes steigen mit einer Rate von 3,2% in etwa mit dem erwarteten Wachstum des BIP. Bei den Einnahmen ist mit einem Zuwachs von 3,9% zu rechnen, wobei die ausserordentlichen Einnahmen mit 230 Mio. Franken (Einführung der CO2-Abgabe) keine grosse Bedeutung haben. Für die Kantone wird gemäss Finanzstatistik im Jahr 2008 ein Finanzierungsdefizit von 1,8 Mrd. Franken erwartet. Sowohl die Einnahmen als auch die Ausgaben steigen mit Zuwachsraten von 7,2% bzw. 7,8% deutlich stärker als das BIP. Inwieweit diese Entwicklung ebenfalls auf einmalige Sonderfaktoren im Zusammenhang mit dem Übergang zur NFA zurückzuführen ist, lässt sich aufgrund der vorliegenden Daten nicht beurteilen. Das gilt auch für die Gemeinden, welche zwar von der NFA nicht direkt tangiert sind, jedoch in einigen Kantonen von daraus notwendigen Anpassungen der innerkantonalen Aufgabenteilung betroffen sind. Bei einem Wachstum der Einnahmen von 3,9% und der Ausgaben von 3,2% resultiert ein Finanzierungsdefizit von 1,6 Mrd. Franken. Ausgeglichen präsentiert sich hingegen der Saldo der öffentlichen Sozialversicherungen (AHV, IV, EO, ALV). Gegenüber dem Voranschlag 2007 wird bei leicht steigenden Einnahmen für die Ausgaben ein Nullwachstum erwartet.

Voranschläge von Bund und Kantonen


Die Voranschläge des Bundes und der Kantone erlauben Aussagen über deren Ertragslage im Jahr 2008. Bei den betrachteten Daten handelt es sich um die vom Bund und den Kantonen publizierten Voranschläge, d.h. ohne finanzstatistische Korrekturen und Schätzungen. Beim Bund sind somit – im Gegensatz zur Finanzstatistik – die Sonderrechnungen nicht enthalten. Bei den Kantonen werden keine Zu- und Ausbuchungen vorgenommen; beim Total handelt es sich um nicht konsolidierte Summen (vgl. Tabelle 2). Für das Jahr 2008 veranschlagt der Bund nach 2006 und 2007 abermals einen Ertragsüberschuss (252 Mio. Fr.). Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich auch in der Erfolgsrechnung die ausserordentlichen Faktoren niederschlagen, dies jedoch in weitaus geringerem Ausmass als in der Finanzierungsrechnung. So entfällt die Verbuchung der noch ausstehenden nachschüssigen Beiträge im Zusammenhang mit dem Übergang zur NFA, da diese Zahlungen Aufwände früherer Jahre betreffen. Das ordentliche Ergebnis schliesst mit einem Überschuss von rund 1,5 Mrd. Franken. Wesentlich dafür verantwortlich ist das weiterhin starke Wachstum bei den Steuereinnahmen. Insbesondere bei der direkten Bundessteuer wird vor dem Hintergrund des anhaltend hohen Wirtschaftswachstums auch im Jahr 2008 abermals mit hohen Eingängen gerechnet. Der operative Aufwand (ordentlicher Aufwand ohne Finanzaufwand) wächst gegenüber dem Voranschlag 2007 mit 2,8% nur moderat. Die Kantone rechnen im Jahr 2008 in der Erfolgsrechnung mit einem Überschuss von 368 Mio. Franken. Sowohl der Aufwand als auch der Ertrag verzeichnen mit 7,8% bzw. 9,2% gegenüber dem Voranschlag 2007 relativ hohe Zuwachsraten. Bei der Interpretation dieser Zahlen ist allerdings Vorsicht geboten. Zum einen sind einzelne Aufwand- und Ertragspositionen als Folge des Übergangs zur NFA nur bedingt mit den Vorjahren vergleichbar. Des Weiteren handelt es sich bei diesen Daten um eine nicht konsolidierte Zusammenfassung der Voranschläge. Höhere Transferzahlungen zwischen den Kantonen – z.B. im Rahmen des neuen horizontalen Ressourcenausgleichs oder der mit der NFA ausgebauten interkantonalen Zusammenarbeit mit Lastenausgleich – erscheinen somit doppelt. Mit Abschreibungen auf dem Verwaltungsvermögen in der Höhe von 3,4 Mrd. Franken erreicht die Selbstfinanzierung der Nettoinvestitionen 3,7 Mrd. Franken. Dies entspricht einem Selbstfinanzierungsgrad von 91,6%, wobei zwölf Kantone einen Selbstfinanzierungsgrad von mehr als 100% erreichen. Tabelle 3 zeigt die Jahresergebnisse der Kantone. Die grosse Mehrheit der Stände rechnet in diesem Jahr mit positiven Rechnungssaldi. Lediglich die Kantone Schwyz, Tessin und Neuenburg veranschlagen in der Erfolgsrechnung Defizite.

Ausblick


Die öffentlichen Haushalte der Schweiz präsentieren sich zurzeit in einer guten Verfassung. Wie in Grafik 1 ersichtlich, liegt die Defizitquote seit 2004 deutlich unter dem Wachstum des BIP. Dadurch konnte die Schuldenquote kontinuierlich verringert werden. Dieser Trend scheint sich auch in den kommenden Jahren fortzusetzen. Gemäss den Schätzungen der Finanzstatistik, welche auf den Finanzplänen des Bundes, der Sozialversicherungen, 19 Kantonen sowie 22 Städten und Kantonshauptorten basiert, wird das Finanzierungsdefizit im Jahr 2008 einen Höhepunkt erreicht haben und bis im Jahr 2011 wieder deutlich sinken. Bei einer erwarteten Wachstumsrate des nominellen BIP in den Jahren 2009 bis 2011 von jeweils 3% dürfte die Schuldenquote 2011 bei rund 40% liegen und somit wieder den Stand des Jahres 1993 erreicht haben.  Es sei jedoch vor dem Hintergrund der gegenwärtigen konjunkturellen Risiken als Folge der Hypothekarmarktkrise in den USA darauf hingewiesen, dass dieses Szenario von einem weiterhin robusten Wachstum der Schweizer Wirtschaft ausgeht. Zwar sind derzeit keine Signale auszumachen, welche auf eine starke Wachstumseinbusse hindeuten. Eine Änderung der wirtschaftlichen Eckwerte könnte jedoch den erfreulichen Trend bei den Staatsfinanzen erfahrungsgemäss negativ beeinflussen.

Grafik 1 «Finanzierungsdefizit der öffentlichen Haushalte im Vergleich zum BIP-Wachstum, 1991-2011»

Tabelle 1 «Finanzstatistik: Finanzierungsrechnung der öffentlichen Haushalte, 2003-2008»

Tabelle 2 «Staatsrechnungen 2006 und Voranschläge 2007/2008 der Kantone»

Tabelle 3

Kasten 1: Finanzierungs-, Erfolgs- und Investitionsrechnung
Die Finanzierungsrechnung zeigt den Saldo der Einnahmen und Ausgaben eines Gemeinwesens. Wird ein Finanzierungsdefizit ausgewiesen, so erhöht dies die Verschuldung. Ein positiver Saldo bewirkt hingegen einen Rückgang der Schulden. Die Finanzierungsrechnung gibt somit Aufschluss darüber, in welchem Umfang der Staat die Erfüllung seiner Aufgaben mit fremden Mitteln finanziert. Im Gegensatz dazu zeigt die Erfolgsrechnung den Saldo zwischen Ertrag und Aufwand und somit die Veränderung der Eigenmittel einer öffentlichen Körperschaft. Resultiert in der Erfolgsrechnung ein Ertragsüberschuss, so erhöht sich das Eigenkapital, während ein negativer Saldo das Eigenkapital reduziert. Die Investitionsrechnung gibt Aufschluss über den Erwerb bzw. den Verkauf von Aktiven (z.B. Sachanlagen, Immobilien), welche zur Erfüllung der staatlichen Aufgaben benötigt werden (Verwaltungsvermögen).

Zitiervorschlag: Roland Fischer (2008). Voranschläge 2008 der öffentlichen Haushalte der Schweiz. Die Volkswirtschaft, 01. Januar.