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Die Marktöffnung aus der Sicht der erneuerbaren Energien und der Stromeffizienz

Die Marktöffnung aus der Sicht der erneuerbaren Energien und der Stromeffizienz

Aus betriebswirtschaftlicher Sicht ist gegen eine Öffnung des Strommarkts nichts einzuwenden, sofern der Markt auch funktioniert. Vor dem Hintergrund der europäischen und speziell der deutschen Erfahrung ist aber nicht davon auszugehen, dass in Kürze ein wirklich liberalisierter Markt entstehen wird. Dazu sind die grossen Energieversorgungsunternehmen (EVU) als langjährige Monopolisten – auch nach einer Öffnung – zu dominant. Es ist deshalb zu begrüssen, dass die Kleinkonsumenten unter 100 MWh – mindestens im Übergang bis 2013 – noch einen gewissen Schutz erfahren. Denn bereits im Vorfeld zum Stromversorgungsgesetz (StromVG) wurde der Strompreis für die Industrie gesenkt und die Kostenbürde auf die Kleinen verschoben.

Ohne begleitende Fördermassnahmen wird die Situation für die erneuerbaren Energien (EE) am Markt noch schwieriger. Bereits vor der Marktöffnung (2005) gelangten gegen 47% des in der Schweiz produzierten Wasserstroms, der rund 99,8% der EE ausmacht, in den Export. Das zeigt eine Studie Evaluation Einführung der Stromkennzeichnung. Uvek, Dezember 2007. zur Stromdeklaration, welche das Bundesamt für Energie (BFE) im Dezember 2007 publiziert hatte. Mit dem im StromVG integrierten Herkunftsnachweis wird der Export von Wasserkraft (Zertifikate) nochmals deutlich erleichtert und vom steigenden Preis an der Leipziger Börse (EEX) angeregt. Wir unterstützen zwar aus volkswirtschaftlichen Überlegungen den Export von Wasserkraft; allerdings müsste ein Teil des Gewinns (2005 mehr als 1 Mrd. Franken) in den Aufbau von neuen EE-Anlagen re-investiert werden. Das Gegenteil ist aber der Fall, wie der erwähnte BFE-Bericht zeigt: Der Anteil von Wasserkraft beträgt an der Steckdose nur noch 31% – bei einem Produktionsanteil von knapp 57%. Dafür erhält der Konsument 41% Kernenergie und 21% aus «nicht überprüfbaren Energieträgern», d.h. wohl Egalstrom aus AKW und fossil befeuerten Kraftwerken. Eine Marktbefragung im Rahmen der BFE-Studie zeigt die deutlichen Unterschiede zwischen den Kundenerwartungen an einen Schweizer Strom-Mix mit viel EE (78%) und der realen Zusammensetzung an der Steckdose.

Einspeisevergütung als zentrales Instrument


Von zentraler Bedeutung für die Steigerung der Stromproduktion aus EE ist die mit dem StromVG verknüpfte Revision des Energiegesetzes (EnG) mit der kostendeckenden Einspeisevergütung. Bis zu einem Dach von 0,6 Rp./kWh Endverbrauch können Wasserkraft (bis 10 MW), Biomasse-, Wind- und Sonnenstrom kostendeckend über die nationale Netzgesellschaft vergütet werden. Ebenfalls wichtig ist die im EnG festgehaltene Steigerung der Produktion von Strom aus EE um 5400 GWh bis 2030 im Vergleich zum Jahr 2000. Allerdings reichen die rund 320 Mio. Franken auch bei einer Kostendegression neuer Anlagen nicht aus, um die zusätzliche Menge an EE zu produzieren. Es ist daher nach wie vor wichtig, dass – neben der kostendeckenden Vergütung nach Art. 7a – auch die Produktion im freien Markt (Art. 7b) weitergeführt wird. Die Agentur für erneuerbare Energien und Energieeffizienz (AEE) dokumentiert und unterstützt den freien Markt seit 1999 mit einer Angebotsseite im Internet ( Ökostrom in der Schweiz – Der Marktanteil erneuerbarer Stromprodukte im Jahr 2006. AEE, Juli 2007. zum Absatz von Stromprodukten aus EE. Wichtig ist der Markt auch für Private und Unternehmen, die eine anteilsmässige oder vollständige Abdeckung des Strombedarfs mit zertifiziertem Strom anstreben, wie zum Beispiel die in EnAW-Gruppen zusammengeschlossenen Betriebe.

Erneuerbare Energien und rationeller Umgang mit Energie


Zu einer Ökologisierung der Stromproduktion gehört auch der rationelle Umgang mit Elektrizität. Das klingt zwar banal, stösst aber eher auf Ablehnung bei vielen EVU, die sich nicht vorstellen können, wie man mit einer Stromminderung Geld verdienen kann. Wichtig ist deshalb auch Art. 7b, Abs. 3 EnG, wo die Förderung des rationellen Umgangs mit Strom vorgegeben ist und die entsprechenden Ausschreibungen mit Mitteln aus dem Zuschlag gemäss Art.7a, Abs.3 auch gefördert werden können.  Die AEE betrachtet die erneuerbaren Energien und den rationellen Umgang mit Energie als siamesische Zwillinge, die nur gemeinsam zu einer nachhaltigen Energie- und Klimapolitik führen. Wir begrüssen daher auch die vom EnG vorgesehene Einbindung der Kantone, die für die Effizienz im Gebäudebereich zuständig sind. Die im Dezember von der Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie (UREK) des Nationalrates verabschiedete und in die Vernehmlassung geschickte parlamentarische Initiative zur «Teilzweckbindung der CO2-Abgabe zur Schaffung von Anreizen für energetisch wirksame Massnahmen im Gebäudebereich» unterstützt die entsprechenden Anstrengungen des Bundes (Aktionspläne) und der kantonalen Energiedirektorenkonferenz.

Zitiervorschlag: Beck Wellinger (2008). Die Marktöffnung aus der Sicht der erneuerbaren Energien und der Stromeffizienz. Die Volkswirtschaft, 01. Januar.