Die makroökonomische Stabilität gilt als massgebender Faktor für das Erreichen bedeutender wirtschaftlicher und sozialer Ziele. In zahlreichen Studien wurde aufgezeigt, welche kurz- und mittelfristigen Effekte makroökonomische Volatilitäten auf Höhe und Dauer des Wirtschaftswachstums – und damit auch auf die Armutsreduktion – haben. Höhere Volatilitäten haben unerwünschten Effekte, welche sich in Schwellenländern und Ländern mit niedrigem Einkommen verstärken. Vor diesem Hintergrund ist zu analysieren, ob und in welchem Ausmass sich eine vertiefte Handels- und Finanzintegration der Entwicklungsländer in die Weltwirtschaft auf die makroökonomische Volatilität und auf deren Übertragungskanäle auswirkt. Verschiedene empirische Analysen bestätigen die insgesamt positiven Effekte einer Handelsliberalisierung auf die Wachstumsperspektiven eines Landes. Die Auswirkungen der Handelsliberalisierung auf die makroökonomische Volatilität sind weniger eindeutig, wobei die Mehrheit der Analysen eine positive Korrelation aufzeigt. Die dem internationalen Wettbewerb ausgesetzten Wirtschaftssektoren sind in der Regel stärkeren Fluktuationen unterworfen. Führt die Handelsliberalisierung zu einer erhöhten Spezialisierung, kann dies die Volatilität erhöhen. Hingegen können die offenen Sektoren eine stabilisierende Wirkung haben, wenn die makroökonomische Instabilität auf interne Ursachen zurückzuführen ist. In der Gesamtbetrachtung scheint jedoch eine Handelsöffnung mit grösseren Fluktuationen verbunden zu sein, was sich – aufgrund zunehmender Internationalisierung der Produktionsketten – über die Zeit verstärkt zu haben scheint. Die Auswirkungen der Globalisierung im Finanzbereich sind Gegenstand intensiver Diskussionen. Einerseits wird argumentiert, dass sich durch die Liberalisierung des Kapitalmarktes die Verwundbarkeit von Entwicklungsländern erhöhe, da für sie das Risiko eines plötzlichen und massiven Kapitalrückzugs bestehe, der nicht zwangsläufig auf eine schlechte Wirtschaftspolitik zurückzuführen sei. Die ökonomische Literatur hingegen liefert Gründe, warum die finanzielle Globalisierung über eine effizientere Kapitalallokation Produktivität und Wachstum steigert. Die Liberalisierung des Kapitalmarktes würde sich weniger aufgrund des direkten Zugangs zu ausländischem Kapital, sondern vielmehr aufgrund indirekter Effekte positiv auf das Wachstum auswirken, so etwa durch eine Vertiefung der lokalen Finanzmärkte, bessere Institutionen und Gouvernanz im privaten und öffentlichen Sektor sowie durch eine stärkere makroökonomische Disziplin. Im Kontext der jüngsten Finanzkrise bleibt diese Schlussfolgerung allerdings umstritten (vgl. Rodrik/Subramanian, 2008). Damit die positiven Effekte zum Tragen kommen, sind vorgängig eine günstig ausgerichtete Wirtschaftspolitik und entsprechende Reformen erforderlich. Falls ungeeignete Ausgangsbedingungen bestehen, können höhere makroökonomische Risiken resultieren.
«Reform locally, benefit globally»
Bezüglich der Wirtschaftspolitik führen diese Feststellungen zu einer relativ direkten Schlussfolgerung: Die Umsetzung von innerstaatlichen wirtschaftlichen und institutionellen Reformen bietet die beste Garantie, um die Risiken der Globalisierung auf ein Minimum zu reduzieren und die von der Globalisierung gebotenen Opportunitäten zu nutzen. Als erste Priorität gilt es, die öffentlichen Finanzen in Ordnung zu halten. Dies bedeutet, die öffentlichen Ausgaben konsequent auf eine höhere Effizienz bei der Mittelallokation (Konzentration auf prioritäre Sektoren) und bei der technischen Verwaltung (bessere Haushaltsführung) auszurichten. Steuerreformen spielen hier eine wichtige Rolle, um die Einkommensquellen zu diversifizieren und die Abhängigkeit von der Entwicklungshilfe zu verringern (siehe
Kasten 1
Die internationalen Erklärungen zur Finanzierung der Entwicklungshilfe nehmen explizit auch die Partnerstaaten in die Pflicht, die eigenen Einnahmen zu erhöhen. Diese von Gebern oft etwas vernachlässigte Dimension der wirtschaftlichen Zusammenarbeit ist ein wichtiger Pfeiler in der makroökonomischen Zusammenarbeit des Seco. Dies hat mehrere Gründe:- Erstens geht es darum, die sich aus Transferleistungen ergebenden Moral Hazard und Abhängigkeitsrisiken einzudämmen. Werden öffentliche Aufgaben direkt oder indirekt durch externe Hilfe finanziert, sinkt der Anreiz, eigene inländische Ressourcen zu mobilisieren. Ein effizientes und gerechtes Steuersystem ist ein zentrales Element, mittelbis langfristig die Abhängigkeit von der Auslandshilfe zu verringern. Zudem sind interne Einnahmen eine Finanzierungsform mit relativ kleiner Volatilität.- Zweitens ist es in Anbetracht des Finanzierungsbedarfs an öffentlicher Basisinfrastruktur unabdingbar, die öffentlichen Einnahmen zu erhöhen, um einen Rückfall in die Überschuldung oder in die inflationäre Finanzierung von Defiziten zu verhindern. Die aus der Handelsliberalisierung wegfallenden Zolleinnahmen – für viele Entwicklungsländer eine wichtige Finanzierungsquelle – stellen eine zusätzliche Herausforderung dar. Klar ist auch, dass nicht einfach an der Steuerschraube gedreht werden kann, sondern dass die Stabilisierung der öffentlichen Finanzen mit langfristigen Wachstumszielen, einer Förderung der privatwirtschaftlichen Initiative sowie Umverteilungs- und Armutsaspekten in Einklang gebracht werden muss. Verschiedene Fiskalinstrumente stehen zudem im Brennpunkt der aktuellen Klimadebatte. Hier gilt es, eine optimale Kohärenz zwischen diesen verschiedenen Zielsetzungen zu finden.- Drittens sind Steuern ein probates Mittel, die gute Regierungsführung zu fördern und die Rechenschaftspflicht zwischen Regierung und Bevölkerung zu stärken. Wer Steuern zahlt, hat ein ureigenstes Interesse, die Verwendung der öffentlichen Mittel zu kontrollieren und eine qualitativ hochstehende öffentliche Leistung einzufordern. Fiskalpolitische Aspekte spielen überdies eine entscheidende Rolle für den Erfolg von Dezentralisierungsprozessen. Die Auseinandersetzung und gesellschaftliche Konsensbildung über die angemessene Höhe und Verteilung der Fiskalität, stellt ein zentrales Element für die Legitimierung des Staates dar.). Eine zweite Stossrichtung betrifft die Strategie für die Entwicklungsfinanzierung. Über die verschiedenen Entschuldungsinitiativen wurde der Zugang zu unterschiedlichen Finanzierungsquellen schrittweise wieder möglich. Dies hat zur Folge, dass vermehrt Finanzierungsstrategien angewendet werden, die nicht mehr ausschliesslich auf die Tragbarkeit der bestehenden Schulden ausgerichtet sind, sondern auch Überlegungen zu den Marktrisiken und den Finanzierungskosten einschliessen. Eine Diversifikation der Finanzierungsquellen kann zudem zur Entwicklung der lokalen Finanzmärkte beitragen. Diese Märkte können wiederum eine Pufferfunktion übernehmen und mithelfen, makroökonomische Risiken zu mindern. Schliesslich bleiben die institutionelle Stärkung und die politische Stabilität von zentraler Bedeutung. In vielen Entwicklungsländern kann der nachhaltige Aufbau von leistungsfähigen Institutionen nur im langfristigen Zeitraum ins Auge gefasst werden. Doch ein nachgewiesenes politisches Engagement für die Grundsätze einer guten demokratischen und wirtschaftlichen Regierungsführung trägt entscheidend zum Erfolg von Reformen bei, die auf eine weitergehende Marktöffnung ausgerichtet sind. Die Ausrichtung der Wirtschaftspolitik wie oben erläutert ist damit ein entscheidendes Element für eine erfolgreiche Beteiligung an der Globalisierung. Doch ist sie keine Garantie. Grosse und über längere Zeiträume anhaltende exogene Schocks haben nachteilige Auswirkungen. Hier besteht die Gefahr, dass es zu Politikwechseln kommt: Massnahmen zur Milderung der kurzfristigen Auswirkungen können auf Kosten der längerfristigen Stabilität gehen. Die aktuelle Hausse der Rohstoffpreise – insbesondere der Lebensmittelpreise – ist in diesem Zusammenhang für viele Entwicklungsländer eine komplexe Herausforderung.
Das Beispiel Ghana
In der jüngeren Geschichte Ghanas stellt der Währungskollaps im 2000 den letzten negativen Höhepunkt wiederkehrender ökonomischer Instabilität dar, hervogerrufen durch den Zusammenbruch der Kakaopreise und verstärkt durch eine unangemessene Wirtschaftspolitik. Die daraufhin neu gewählte Regierung schlug einen makroökonomischen Stabilisierungskurs ein. Eine straffere Fiskalpolitik sowie eine gesunde monetäre Politik, welche jüngst auf ein direktes Inflationsziel ausgerichtet wurde, legten die Bausteine für eine wirtschaftliche Erholung. Das reale Wachstum stieg von 3,7% im Jahr 2000 auf 6,2% 2006. Die Inflation wurde von 40,5% 2000 auf 10,5% im Dezember 2006 gesenkt. Parallel zum Desinflationsprozess senkten sich die Zinsen auf das tiefste Niveau seit Jahrzehnten und – trotz der immer noch hohen Zinsaufschläge – nahmen die Kreditvergaben an den Privatsektor deutlich zu. Begünstigt wurde diese Entwicklung durch zwei weitere Faktoren. Zum einen verbesserten sich die Rohstoffpreise der Hauptexportartikel (Kakao und Gold). Zum anderen qualifizierte sich Ghana dank einem rigiden Reformkurs für den Schuldenerlass im Rahmen der Heavily Indebted Poor Country Initiative (HIPC) und der nachgelagerten Entschuldung im Rahmen der Multilateral Debt Relief Initiative (MDRI), was die externe Verschuldung signifikant reduzierte. Die Strukturreformen wurden relativ zügig vorangetrieben. In dem von der Weltbank publizierten Doing Business Review gehörte Ghana zu den zehn besten Reformern weltweit und ist in dieser Rangliste von Rang 109 (von 175) auf 87 (von 178) vorgerückt. Reformen im Bereich des öffentlichen Sektors – insbesondere auch im Bereich des öffentlichen Budgetmanagements – führten zu einer institutionellen Stärkung. Ghana schliesst bei Gouvernanzindikatoren deutlich besser ab als der Schnitt in Subsahara Afrika. Die politischen Zyklen mit Präsidial- und Parlamentswahlen in 2000 und 2004 verliefen denn auch relativ erfolgreich und sorgten für politische Stabilität. Das beschleunigte Wachstum wirkte sich auch positiv auf die Armut aus: Der Anteil der Bevölkerung unter der nationalen Armutslinie sank von 52% Anfang der Neunzigerjahre auf 28,6% im Jahr 2005. Jedoch haben sich die Ungleichheiten zwischen Einkommensgruppen und geografischen Regionen akzentuiert.
Wirtschaftliche Opportunitäten ergreifen und Risiken managen
Die heutige Ausgangslage, um Ghana bis 2015 – wie dies das erklärte Ziel der Regierung ist – in die Gruppe der Lower Middle Income Countries zu erheben, ist nach der Erledigung einiger wichtiger Hausaufgaben günstig, aber nicht ohne Risiken. Zusätzliche Anstrengungen sind notwendig: Im Spektrum der Länder mittleren Einkommens bleibt Ghanas Leistungsausweis höchstens durchschnittlich und in mancher Hinsicht gar unterdurchschnittlich. Um die Vision 2015 umzusetzen, setzt die Regierung aufgrund des relativ kleinen Binnenmarktes auf eine verstärke Integration in die Weltwirtschaft, die das Seco unterstützt (siehe
Kasten 2
Insgesamt scheint die Ausrichtung der Wirtschaftspolitik Ghanas geeignet zu sein, um die mit der Globalisierung verbundenen Opportunitäten nutzen und die zahlreichen bisherigen und neuen Herausforderungen bewältigen zu können. Das Seco hat sein Programm für die wirtschaftliche Entwicklungszusammenarbeit auf die Prioritäten des Reformprogramms von Ghana ausgerichtet und ist gut positioniert, um die Vision 2015 zu unterstützen. Das Programm stützt sich auf folgende thematischen Schwerpunkte:Stabile und nachhaltige öffentliche Finanzen als Grundlage für eine ausgeglichene wirtschaftliche Entwicklung: Das Seco beteiligt sich am Budgethilfeprogramm und an der Reform des öffentlichen Budgetmanagements, um die Umsetzung des in der Armutsbekämpfungsstrategie festgelegten Reformprogramms zu unterstützen. Ein thematischer Fokus liegt auf der Reform der Steuerpolitik und Steueradministration, um das bestehende Steuerpotenzial optimal zu nutzen sowie Distorsionen und Ineffizienzen abzubauen und die privatwirtschaftliche Aktivität zu begünstigen. Gerade mit Blick auf die Ausbeutung der natürlichen Ressourcen – insbesondere der Ölvorkommen – drängen sich Anpassungen in der Einnahmenerhebung und Steuerausnahmegesetzgebung auf. Über multilaterale Programme werden die institutionellen Kapazitäten im öffentlichen Schuldenmanagement, in der Umsetzung nachhaltiger Finanzierungsstrategien und in der Erfüllung internationaler Reportingstandards unterstützt.Wirtschaftliche Infrastruktur: Über die Unterstützung des Public-Private-Partnership-Programms im Energiesektor leistet das Seco einen Beitrag zu einer breiteren und effizienteren Energieversorgung. Die ungenügende Energieversorgung ist ein unmittelbarer Bremsfaktor des wirtschaftlichen Wachstums. Finanzmarktinfrastruktur sowie Ausbau des lokalen Finanzsektors: Mit der graduellen Liberalisierung des internen Finanzmarktes und der internationalen Kapitalflüsse kommt der Finanzmarktinfrastruktur eine besondere Bedeutung zu. In Vorbereitung ist eine Beteiligung an einem Programm, welches die institutionellen Kapazitäten zur Regulierung und Aufsicht über das Finanzsystem stärkt. Ziel ist es, die Anpassung des Finanzsektors an internationale Standards zu unterstützen, um die Verletzbarkeit des Finanzsystems zu senken und den Finanzplatz auf regionaler und internationaler Ebene wettbewerbsfähig zu machen. Trotz einer positiven Dynamik im Finanzsektor hat dieser wenig Tiefe, und der Zugang zu Finanzierung – insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) – bleibt sehr schwierig. In Partnerschaft mit der International Finance Corporation der Weltbankgruppe wird der Finanzsektor vertieft, indem neue Leasing- und Hypothekarmarktinstrumente eingeführt werden. In diesem Kontext wurde auch der notwendige Gesetzesrahmen reformiert. Über spezifische Fonds wird den KMU Risikokapital zur Verfügung gestellt. Internationale Wettbewerbsfähigkeit und Verbesserung des Martkzugangs: Um die Ertragsbasis aus der Exportwirtschaft zu stärken, werden KMU in Ghana unterstützt, damit sie ihre Wettbewerbsfähigkeit verbessern und erfolgreich am internationalen Handel teilnehmen können. Über die Einführung internationaler Qualitäts- und Nachhaltigkeitsstandards wird der Marktzugang verbessert und werden Projekte durchgeführt zur Diversifizierung der Exportbasis sowie zur Stärkung des Handels mit Tropenholz aus nachhaltiger Bewirtschaftung.). Die im 2004 verabschiedete Handelsstrategie setzt in einem verstärkten Masse auf eine exportorientierte Industrialisierung – vor allem in der verarbeitenden Agrarwirtschaft – und will die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Industrie durch eine graduelle Öffnung der Märkte stärken. Der durchschnittliche meistbegünstigte Zollsatz wurde seit 2000 um weitere 2% auf 12,7% im Jahr 2007 gesenkt, und eine verstärkte Diversifizierung der Wirtschaft über die Nutzung der Handelsopportunitäten dürfte sich langfristig stabilisierend auswirken. Mit einer graduellen Liberalisierung der lokalen Finanzmärkte und der internationalen Kapitalflüsse sucht Ghana den Anschluss an die finanzielle Globalisierung und beabsichtigt, sich noch stärker als finanzieller Hub in Westafrika zu positionieren. Symbolisch hierfür sind die Platzierung von Staatsanleihen – als erstes HIPC-Land – am internationalen Kapitalmarkt sowie das grosse Interesse internationaler Investoren und Anleihen in lokaler Währung. Dies eröffnet neue Finanzierungsmöglichkeiten, ist jedoch nicht ohne Risiken, wie sie aus der Schulden- und Asienkrise hinlänglich bekannt sind. Liberalisierungsschritte müssen sorgfältig sequenziert werden, und der Regulations- und Aufsichtsrahmen der Finanzmärkte muss entsprechend ausgebaut sein sowie institutionell gestärkt werden. Das Schuldenmanagement wird komplexer und muss durch ein effizientes Kosten-/Risiko-Management ausgebaut werden. Es gilt schliesslich sicherzustellen, dass die erforderlichen Wachstumsrenditen erzielt werden. Vor diesem Hintergrund sieht sich Ghana ebenfalls mit gestiegenen Anforderungen internationaler Finanzmärkte bezüglich makroökonomischer Disziplin konfrontiert. Die externen und internen Gleichgewichte können – wie dies die jüngsten Entwicklungen zeigen – nicht als gegeben hingenommen werden und müssen sehr aufmerksam verfolgt werden. Die derzeit diskutierte Einführung einer Finanzregel mit defizitbeschränkenden Vorgaben kann das Vertrauen in ein eigenständiges makroökonomisches Management fördern, muss aber durch zusätzliche Reformen im Budgetmanagement ergänzt werden. Einer unmittelbaren Lösung bedarf die Infrastrukturlücke. Die problematische Energieversorgung kostet 1-2 Prozentpunkte an Wachstum, und der zusätzliche Investitionsbedarf im gesamten Infrastrukturbereich wird jährlich auf rund 3%-4% des Bruttosozialprodukts (BSP) geschätzt. Verschiedene Formen von öffentlich-privatwirtschaftlichen Partnerschaften können einen wichtigen Beitrag leisten, um diesen Bedarf zu decken, die Effizienz in der Infrastrukturversorgung zu steigern und die Quasi-Fiskaldefizite in den Griff zu bekommen. Unverhoffte Opportunitäten – gerade im Hinblick auf eine Eigenfinanzierung des wirtschaftlichen Reformprogramms – bieten sich Ghana aufgrund zusätzlicher Funde von kommerziell förderbaren Ölreserven. Ghana verfügt über geschätzte Erdölvorkommen von rund 3 Mrd. Fass, mit deren Förderung frühestens 2011 begonnen werden kann. Dies könnte zusätzlich 1,5 Mrd. US-$ an Staatseinnahmen und bis zu 10 Mrd. US-$ an ausländischen Direktinvestitionen generieren. Damit aus dem Ressourcenreichtum – entgegen den Erfahrungen zahlreicher afrikanischer Länder – auch wirklich ein Segen werden kann, braucht es eine gut aufgebaute institutionelle Gouvernanzstruktur, um Rentseeking-Verhalten und Korruption zu verhindern. Ghanas Entscheid, sich der Extractive Industrie Transparency Initiative anzuschliessen, ist ein erster positiver Schritt. Diese Initiative legt Standards fest, um Transparenz bezüglich Zahlungen der Industrie und der Staatseinnahmen zu schaffen. Eine weitere Gefahr besteht in der so genannten Holländischen Krankheit (Dutch Disease), welche sich in einem steigenden realen Wechselkurs manifestiert. Über die makroökonomische Politik kann dieser Trend vorübergehend abgeschwächt werden. Langfristig ist es aber entscheidend, dass der Ölreichtum zu Produktivitätssteigerungen und erhöhter Wettbewerbsfähigkeit führt. Dies bedingt auch, dass die hierzu notwendigen institutionellen Budget- und Investitionsstrukturen geschaffen werden. Auf der Risikoseite gilt es zu ergänzen, dass Ghana anfällig auf exogene Schocks bleiben wird. Das Wahljahr 2008 wird zudem ein weiterer Testfall bezüglich Fiskaldisziplin und politischer Transition. Trotz positiver Trends ist Ghana ein Land mit hoher monetärer und nicht-monetärer Armut und sieht sich mit wachsender Ungleichheit und urbaner Arbeitslosigkeit konfrontiert. Zudem könnte eine erneute Zunahme der regionalen Instabilitäten das Land in Mitleidenschaft ziehen. Gleichwohl zeichnete sich Ghana als Hort der relativen Stabilität in Westafrika aus und hat das Potenzial, sich zu einem eigentlichen Schwellenmarkt und regionalen Wachstumspol zu entwickeln.
Grafik 1 «Ghana: Einnahmen, Ausgaben und Defizit, 1999-2007»
Grafik 2 «Ghana: Wachstum, Inflation, Zinsen, 1996-2007»
Grafik 3 «Ghana: Güterhandel und Reserveposition, 1999-2007»
Kasten 1: Lokale Reformen: Reform der Steuerpolitik und Steueradministration
Die internationalen Erklärungen zur Finanzierung der Entwicklungshilfe nehmen explizit auch die Partnerstaaten in die Pflicht, die eigenen Einnahmen zu erhöhen. Diese von Gebern oft etwas vernachlässigte Dimension der wirtschaftlichen Zusammenarbeit ist ein wichtiger Pfeiler in der makroökonomischen Zusammenarbeit des Seco. Dies hat mehrere Gründe:- Erstens geht es darum, die sich aus Transferleistungen ergebenden Moral Hazard und Abhängigkeitsrisiken einzudämmen. Werden öffentliche Aufgaben direkt oder indirekt durch externe Hilfe finanziert, sinkt der Anreiz, eigene inländische Ressourcen zu mobilisieren. Ein effizientes und gerechtes Steuersystem ist ein zentrales Element, mittelbis langfristig die Abhängigkeit von der Auslandshilfe zu verringern. Zudem sind interne Einnahmen eine Finanzierungsform mit relativ kleiner Volatilität.- Zweitens ist es in Anbetracht des Finanzierungsbedarfs an öffentlicher Basisinfrastruktur unabdingbar, die öffentlichen Einnahmen zu erhöhen, um einen Rückfall in die Überschuldung oder in die inflationäre Finanzierung von Defiziten zu verhindern. Die aus der Handelsliberalisierung wegfallenden Zolleinnahmen – für viele Entwicklungsländer eine wichtige Finanzierungsquelle – stellen eine zusätzliche Herausforderung dar. Klar ist auch, dass nicht einfach an der Steuerschraube gedreht werden kann, sondern dass die Stabilisierung der öffentlichen Finanzen mit langfristigen Wachstumszielen, einer Förderung der privatwirtschaftlichen Initiative sowie Umverteilungs- und Armutsaspekten in Einklang gebracht werden muss. Verschiedene Fiskalinstrumente stehen zudem im Brennpunkt der aktuellen Klimadebatte. Hier gilt es, eine optimale Kohärenz zwischen diesen verschiedenen Zielsetzungen zu finden.- Drittens sind Steuern ein probates Mittel, die gute Regierungsführung zu fördern und die Rechenschaftspflicht zwischen Regierung und Bevölkerung zu stärken. Wer Steuern zahlt, hat ein ureigenstes Interesse, die Verwendung der öffentlichen Mittel zu kontrollieren und eine qualitativ hochstehende öffentliche Leistung einzufordern. Fiskalpolitische Aspekte spielen überdies eine entscheidende Rolle für den Erfolg von Dezentralisierungsprozessen. Die Auseinandersetzung und gesellschaftliche Konsensbildung über die angemessene Höhe und Verteilung der Fiskalität, stellt ein zentrales Element für die Legitimierung des Staates dar.
Kasten 2: Der Beitrag des Seco in Ghana
Insgesamt scheint die Ausrichtung der Wirtschaftspolitik Ghanas geeignet zu sein, um die mit der Globalisierung verbundenen Opportunitäten nutzen und die zahlreichen bisherigen und neuen Herausforderungen bewältigen zu können. Das Seco hat sein Programm für die wirtschaftliche Entwicklungszusammenarbeit auf die Prioritäten des Reformprogramms von Ghana ausgerichtet und ist gut positioniert, um die Vision 2015 zu unterstützen. Das Programm stützt sich auf folgende thematischen Schwerpunkte:Stabile und nachhaltige öffentliche Finanzen als Grundlage für eine ausgeglichene wirtschaftliche Entwicklung: Das Seco beteiligt sich am Budgethilfeprogramm und an der Reform des öffentlichen Budgetmanagements, um die Umsetzung des in der Armutsbekämpfungsstrategie festgelegten Reformprogramms zu unterstützen. Ein thematischer Fokus liegt auf der Reform der Steuerpolitik und Steueradministration, um das bestehende Steuerpotenzial optimal zu nutzen sowie Distorsionen und Ineffizienzen abzubauen und die privatwirtschaftliche Aktivität zu begünstigen. Gerade mit Blick auf die Ausbeutung der natürlichen Ressourcen – insbesondere der Ölvorkommen – drängen sich Anpassungen in der Einnahmenerhebung und Steuerausnahmegesetzgebung auf. Über multilaterale Programme werden die institutionellen Kapazitäten im öffentlichen Schuldenmanagement, in der Umsetzung nachhaltiger Finanzierungsstrategien und in der Erfüllung internationaler Reportingstandards unterstützt.Wirtschaftliche Infrastruktur: Über die Unterstützung des Public-Private-Partnership-Programms im Energiesektor leistet das Seco einen Beitrag zu einer breiteren und effizienteren Energieversorgung. Die ungenügende Energieversorgung ist ein unmittelbarer Bremsfaktor des wirtschaftlichen Wachstums. Finanzmarktinfrastruktur sowie Ausbau des lokalen Finanzsektors: Mit der graduellen Liberalisierung des internen Finanzmarktes und der internationalen Kapitalflüsse kommt der Finanzmarktinfrastruktur eine besondere Bedeutung zu. In Vorbereitung ist eine Beteiligung an einem Programm, welches die institutionellen Kapazitäten zur Regulierung und Aufsicht über das Finanzsystem stärkt. Ziel ist es, die Anpassung des Finanzsektors an internationale Standards zu unterstützen, um die Verletzbarkeit des Finanzsystems zu senken und den Finanzplatz auf regionaler und internationaler Ebene wettbewerbsfähig zu machen. Trotz einer positiven Dynamik im Finanzsektor hat dieser wenig Tiefe, und der Zugang zu Finanzierung – insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) – bleibt sehr schwierig. In Partnerschaft mit der International Finance Corporation der Weltbankgruppe wird der Finanzsektor vertieft, indem neue Leasing- und Hypothekarmarktinstrumente eingeführt werden. In diesem Kontext wurde auch der notwendige Gesetzesrahmen reformiert. Über spezifische Fonds wird den KMU Risikokapital zur Verfügung gestellt. Internationale Wettbewerbsfähigkeit und Verbesserung des Martkzugangs: Um die Ertragsbasis aus der Exportwirtschaft zu stärken, werden KMU in Ghana unterstützt, damit sie ihre Wettbewerbsfähigkeit verbessern und erfolgreich am internationalen Handel teilnehmen können. Über die Einführung internationaler Qualitäts- und Nachhaltigkeitsstandards wird der Marktzugang verbessert und werden Projekte durchgeführt zur Diversifizierung der Exportbasis sowie zur Stärkung des Handels mit Tropenholz aus nachhaltiger Bewirtschaftung.
Kasten 3: Literaturauswahl
– Collier, P. und Hoeffler A. (1998), On Economic Causes of Civil War, Oxford Economic Papers Nr. 50, S. 563-573.- Sachs, J.D. and Warner M. (1995), Natural Resource Abundance and Economic Growth, National Bureau of Economic Research, Working Paper 6398.- Kose, A., Prasad, E., Rogoff, K., und Wei (2006), Financial Globalization: A Reappraisal, International Monetary Fund, WP/06/189.- Aizenman, J. und Pinto, B. (Ed.) (2005), Managing Economic Volatility and Crises. A Practitioner’s Guide, Cambridge University Press.- Berg, A., Ostry, J-D., Zettelmeyer, J. (2008), What Makes Growth Sustained?, International Monetary Fund, WP/08/59.- Rodrik, D., Subramanian, A. (2008), Why Did Financial Globalization Disappoint?, mimeo.