Die Rolle der Hedge Fonds in der Schweiz – ein Überblick
Was sind Hedge Fonds?
Hedge Fonds zählen – wie auch Private Equity oder Venture Capital – zu den alternativen Anlagesegmenten, dies im Gegensatz zu den traditionellen kollektiven Kapitalanlagen wie zum Beispiel Aktienoder Obligationenfonds (vgl.
Kasten 1
Mit dem Begriff «Private Equity» wird in der Regel von institutionellen Investoren, vermögenden Privatpersonen oder Unternehmen bereitgestelltes Beteiligungskapital bezeichnet. Dabei suchen Private-Equity-Gesellschaften etablierte Zielgesellschaften als Investitionsoder Übernahmeobjekte, deren Risiko-Rendite-Verhältnis günstig erscheint. Durch aktive Einflussnahme und einen zumeist mehrjährigen Investitionszeitraum wird versucht, den Wert des Zielunternehmens zu steigern, um dieses dann gewinnbringend wieder verkaufen zu können. Private-Equity-Beteiligungen werden in der Regel durch einen hohen Anteil an Fremdkapital finanziert, wobei die Zielgesellschaften üblicherweise etablierte mittelgrosse Unternehmen sind. Diesbezüglich grenzt sich Private Equity auch von der Finanzierungsform des Venture Capital ab, wo die Beteiligung grundsätzlich an jungen und innovativen Wachstumsunternehmen erfolgt. Da der Risikograd der einzelnen Investitionen sehr hoch ist, liegen bei Risikokapitalanlagen auch höhere Renditechancen vor.). Hedge Fonds sind somit Fonds, die alternative Anlagestrategien und Instrumente einsetzen. Typische Eigenschaften von Hedge Fonds sind: – In der Regel unterliegen Hedge Fonds keinen oder nur sehr losen Anlagevorschriften. Sie sind dadurch grundsätzlich frei in der Wahl ihrer Anlageklassen – und damit ihrer Risikostreuung – und verfügen deshalb über einen breiten Anlagespielraum, der unterschiedliche Anlagestrategien zulässt. Die Vielzahl von Strategien ist in der Regel auch das bedeutendste Unterscheidungsmerkmal von Hedge Fonds (vgl. Tabelle 1). – Oft setzen Hedge Fonds Fremdmittel ein, um das Eigenkapital zu hebeln (Leverage). Dies erfolgt über Kreditaufnahme (Fremdkapital) und/oder den Einsatz von Derivaten. – Im Vergleich zu anderen kollektiven Kapitalanlagen, die relative Ertragsziele verfolgen und sich an Benchmarks – wie z.B. Aktienindizes – orientieren, sind Hedge Fonds in der Regel bestrebt, unabhängig von der Marktsituation einen absoluten Ertrag zu erwirtschaften (Absolute Return), d.h. einen Ertrag grösser als 0%. – Hedge Fonds haben gegenüber traditionellen kollektiven Kapitalanlagen geringere Offenlegungspflichten und sind daher auch weniger transparent. – In der Regel haben Hedge Fonds eine duale Gebührenstruktur: Der Anleger bezahlt dem Fondsmanagement eine Verwaltungsgebühr (Management Fee; zwischen 1%-5% des Fondsvolumens) und eine Erfolgsbeteiligungsgebühr (Performance Fee; 20%-50% des Gewinns). Oft sind die Hedge-Fonds-Manager mit eigenem Geld an den Fonds beteiligt. – Der Anlegerkreis beschränkt sich zumeist auf institutionelle Investoren beziehungsweise vermögende Privatkunden, da Hedge Fonds häufig eine Mindesteinlage von 0,5 Mio. Franken oder mehr verlangen. – Das angelegte Kapital ist zeitlich nur beschränkt verfügbar. Häufig gelten Sperrfristen, sodass ein Ausstieg erst nach Ablauf einer bestimmten Frist – z.B. drei Jahre – möglich ist.
Wie ist der Markt für Hedge Fonds strukturiert?
Die Hedge-Fonds-Industrie zählt zu einer kleineren, aber wachsenden Branche. Weltweit gibt es rund 9500 Fonds, deren Vermögen Ende 2006 auf 1400 Mrd. US-Dollar geschätzt wurde. Die meisten Hedge Fonds verfügen über ein geringeres Volumen als 150 Mio. US-Dollar. Globaler Marktführer sind sowohl bezüglich der Anzahl als auch der verwalteten Vermögen die USA. Der wichtigste Finanzplatz in Europa ist London, wo rund 80% (hinsichtlich des verwalteten Vermögens) der europäischen Hedge Fonds domiziliert sind. 900 der insgesamt 1400 europäischen Hedge-Fonds-Manager arbeiten in Grossbritannien. Die Schweiz verfügt im internationalen Vergleich über eine herausragende Stellung bei den Dach-Hedge-Fonds. Dieser Markt hat ein weltweites Volumen von rund 600 Mrd. US-Dollar. Davon wird rund ein Drittel über Schweizer Kanäle vertrieben. Dabei ist zu beachten, dass die über 100 in der Schweiz registrierten und zum öffentlichen Vertrieb zugelassenen Dach-Hedge-Fonds lediglich ein Anlagevolumen von 25,7 Mrd. US-Dollar haben. Rund das Achtfache dieses Volumens wird Off-Shore-Produkten zugeschrieben, deren Vertrieb rechtlich zulässig ist, wenn diese Fonds nicht öffentlich beworben werden. Vgl. EBK (2007), S. 32. Die Schweiz ist damit zusammen mit den USA führend. Bei den Einzel-Hedge-Fonds hat die Schweiz als Domizil hingegen eine vernachlässigbare Stellung. So waren 2007 gemäss EBK nur vier Einzel-Hedge-Fonds in der Schweiz domiziliert. Ferner haben 40-50 Hedge-Fonds-Aktivitäten in der Schweiz entfaltet. Je nach Zählart und Einbezug von Zulieferern arbeiten in der Schweiz gemäss Schätzungen rund 2000-5000 Beschäftigte bei etwa 150-200 Unternehmen. Als Zulieferer sind Banken, Rechtsanwälte, Buchhalter, Wirtschaftsprüfer, Analysten, Broker, Corporate-Governance-Berater und Versicherer zu nennen. Erwartungsgemäss sind diese Firmen in der Nähe von bedeutenden lokalen Finanzplätzen in der Schweiz angesiedelt. Die wichtigsten Zentren für Hedge Fonds sind Zürich, Pfäffikon, Zug sowie Genf, Nyon, Lausanne und teilweise auch Lugano.
Welche Triebkräfte bestimmen das Wachstum des Hedge-Fonds-Marktes?
Aus makroökonomischer Sicht haben in den letzten Jahren sowohl die relativ tiefen Zinsen als auch die hohen Sparaufkommen der asiatischen sowie erdölexportierenden Länder die Entwicklung des alternativen Anlagesegments unterstützt. So konnten Hedge Fonds in Zeiten hoher Liquidität günstig Fremdkapital aufnehmen und entsprechend in Unternehmen investieren. Der Carry-Trade-Handel, bei dem Hedge Fonds ebenfalls involviert sind, ermöglichte die Kreditaufnahme in Niedrigzinsländern wie Japan oder der Schweiz, um damit in höher verzinsliche US- oder Euroanleihen zu investieren. Aus Investorensicht locken vor allem Absoluterträge und mögliche Diversifikationseffekte. Insbesondere in stagnierenden und fallenden (Aktien-)Märkten üben Hedge Fonds für Anleger eine gewisse Attraktivität aus. So müssen etwa Vorsorgeeinrichtun-gen – u.a. aus regulatorischen Gründen – Jahr für Jahr positive Renditen unabhän-gig des Marktumfeldes erzielen. Produkte, welche entsprechende Rendite-Risiko-Eigenschaften aufweisen, werden daher stärker nachgefragt. Gemäss Pensionskassenstatistik 2006 beträgt der Hedge-Fonds-Anteil an den Gesamtanlagen der Schweizer Vorsorgeeinrichtungen rund 3%. Allerdings werden die oben genannten Chancen für Investoren durch Hedge-Fonds-Investitionen von einzelnen Fachexperten kritisch hinterfragt. Hedge Fonds verfolgen einen aktiven Anlagestil. Die Finanzmarktliteratur macht jedoch deutlich, dass es nur einem sehr geringen Anteil von aktiven Fondsmanagern gelingt, den Markt über längere Zeit zu schlagen. Zudem ist ein aktiver Anlagestil um ein Vielfaches teurer als ein passiver, was wiederum die Renditen der Investoren verringert. Die wissenschaftliche Aussagekraft in Bezug auf den Nutzen für Investoren wird ausserdem durch Informations- und Messprobleme erschwert.
Welchen Einfluss haben Hedge Fonds auf die Finanzmarktstabilität?
Obwohl die Wirkungen von Hedge Fonds auf die Finanzmarktstabilität aufgrund unvollständiger Informationen und der Vielfalt von Hedge Fonds nicht abschliessend beurteilt werden können, lassen sich sowohl positive als auch negative Effekte identifizieren. Systemstabilisierend wirkt die Steigerung der Marktliquidität. Hedge Fonds erhöhen die Liquidität der Märkte, in denen sich Preisanomalien aufgrund einer zu geringen Markttiefe bilden. Dies kann die Marktvolatilität reduzieren. Des Weiteren tragen Hedge Fonds durch Arbitragegeschäfte zur Integration und Effizienz der Finanzmärkte bei. Die Aktivitäten von Hedge Fonds können mithelfen, dass Schwächen von Unternehmen aufgedeckt werden und Manager die Interessen der Eigentümer besser wahrnehmen. Zudem bieten Hedge Fonds eine alternative Finanzierungsquelle für Firmen, denen früher nur Bankkredite zur Verfügung standen. Schliesslich tragen sie aufgrund ihrer ausgesprochenen Rolle als Risikoträger im Finanzsystem zur Entwicklung weiterer Instrumente und zur Verbesserung des Risikomanagements bei. Negativ auf die Systemstabilität wirkt sich zum Beispiel der Ausfall eines Hedge Fonds mit hohem Fremdkapitaleinsatz aus. Im Falle ungenügender Liquiditätsreserven kann ein solcher Ausfall weit reichende Rückwirkungen auf exponierte Banken und das gesamte Finanzsystem haben. Dabei hängt die Gefahr eines Spillover-Effekts auf das Finanzsystem von der Grösse und der Vernetzung des betroffenen Hedge Fonds ab. Zudem können Banken als Prime Brokers abhängig von den Einkommensströmen werden, die aus dem Geschäft mit Hedge Fonds resultieren. Der Wettbewerb unter den Investmentbanken im Prime Brokerage-Geschäft hatte in den vergangenen Jahren dazu geführt, dass es für Hedge Fonds leichter geworden ist, Kredite für ihr reguläres Geschäft sowie auch für unerwartete Liquiditätsengpässe zu erhalten. Ebenso können sich in kleinen und mittelgrossen Märkten die Handelsaktivitäten der Hedge Fonds destabilisierend auswirken. Finden sich beispielsweise Indizien für die Ausweitung spekulativer Aktivitäten am Kapitalmarkt, kann dies einen Anhaltspunkt für eine Instabilität des Finanzsystems darstellen. Als zentrale Indizien werden dabei der Rückgang im Renditepotenzial, die Ausweitung des Einsatzes von Fremdkapital und der Anstieg in den Marktvolatilitäten betrachtet. Tiefe Renditen erzeugen bei Investoren einen Anreiz, ihre Anteile zu verkaufen, was Hedge Fonds wiederum veranlassen kann, Positionen in fallenden Märkte zu veräussern. So führte die vom amerikanischen Hypothekarmarkt im Herbst 2007 ausgehende Finanzkrise zahlreiche Hedge Fonds – insbesondere jene, die mit einem starken Fremdkapitalhebel arbeiteten – in Bedrängnis, da die Investmentbanken aufgrund der Wertverluste von den Fonds Nachschüsse verlangten.
Regulatorische Rahmenbedingungen in der Schweiz
Möglichkeiten einer umfassenderen Regulierung der Branche werden aus mehreren Gründen national und international diskutiert. Hauptgründe hierfür sind die erwähnten systemischen Risiken, aber auch die Risiken für den einzelnen Anleger. So hat die unmittelbare Betroffenheit einer Vielzahl von Personen durch das Engagement von institutionellen Investoren – wie Pensionskassen oder Versicherungen – zugenommen. Hinsichtlich der Risiken für die Finanzstabilität besteht unter den Behörden auf internationaler Ebene insofern ein Konsens, als eine verstärkte Aufsicht der Gegenparteien (Banken) von Hedge Fonds am wirksamsten ist. Gleichzeitig hat die Branche selbst einen Anreiz, die Transparenz zu verbessern, um drohenden Regulierungsfesseln zu entgehen. So bemüht sich die Industrie im Hinblick auf die Bewertung von komplexen Finanzinstrumenten, sich Verhaltensregeln zu geben. Damit folgt sie dem Ruf nach mehr Transparenz und Unabhängigkeit, wie dies etwa vom Financial Stability Forum, in welchem die Schweiz seit Frühjahr 2007 Einsitz nimmt, gefordert wurde. So hat eine Arbeitsgruppe von Hedge-Fonds-Managern im Januar 2008 einen Bericht zu «Best-Practices Standards» veröffentlicht. Dieses Papier wurde vom FSF begrüsst. In Bezug auf den Anlegerschutz besteht in der Schweiz im Vergleich zu anderen Staaten kein Verbot des öffentlichen Vertriebs. Hingegen bestehen für die Vertreiber Informations- und Aufklärungspflichten. Zudem dürfen institutionelle Anleger in der Schweiz zum Teil nur Anlagen in Hedge Fonds tätigen, deren Verwalter staatlich beaufsichtigt werden. Seit dem Inkrafttreten des Kollektivanlagegesetzes (KAG) am 1.Januar 2007 können sich Hedge Fonds in der Unternehmensform der Kommanditgesellschaft für kollektive Kapitalanlagen etablieren. Diese orientiert sich am angelsächsischen Vorbild der Limited Liability Partnership und unterscheidet bei der Frage der Regulierung des Produkts Hedge Fonds zwischen kollektiven Kapitalanlagen nach schweizerischem Recht und solchen nach ausländischem Recht. Erstere unterstehen der Bewilligungspflicht der Eidgenössischen Bankenkommission (EBK); Letztere bedürfen nur dann einer Bewilligung der EBK, wenn sie in oder von der Schweiz aus öffentlich vertrieben werden. Nebst der Regulierung des Produkts Hedge Fond stellt sich auch die Frage nach der Regulierung der Hedge-Fonds-Manager. Die Schweiz kennt diesbezüglich weder eine allgemeine Bewilligungspflicht noch eine prudentielle Aufsicht für Vermögensverwalter und somit auch nicht für Hedge-Fonds-Manager. Das KAG sieht jedoch eine Bewilligungspflicht für Vermögensverwalter schweizerischer Kollektivanlagen vor. Verwaltet ein Schweizer Vermögensverwalter lediglich ausländische kollektive Kapitalanlagen, kann er sich freiwillig der Aufsicht der EBK unterstellen, sofern diese Anlagen einer dem schweizerischen Aufsichtssystem gleichwertigen Regulierung unterstehen. Für die Standortattraktivität sind jedoch nicht nur regulatorische Unterschiede massgebend, sondern auch das steuerliche Umfeld. Zur Stimulierung und Förderung des Finanzplatzes Schweiz wird von der Branche eine Angleichung der inländischen steuerlichen Rahmenbedingungen für Hedge-Fonds-Manager an die vorteilhafteren Rahmenbedingungen wichtiger ausländischer Konkurrenzstandorte gefordert. Im Rahmen des seit Anfang 2008 institutionalisierten Dialogs des Finanzsektors mit dem Eidg. Finanzdepartement (EFD) wurde eine Arbeitsgruppe eingesetzt, welche sich mit solchen steuerlichen, aber auch mit aufsichtsrechtlichen Rahmenbedingungen befasst.
Tabelle 1 «Kategorien von Anlagestrategien von Hedge Fonds»
Kasten 1: Abgrenzung Hedge Fonds zu Private Equity und Venture Capital
Mit dem Begriff «Private Equity» wird in der Regel von institutionellen Investoren, vermögenden Privatpersonen oder Unternehmen bereitgestelltes Beteiligungskapital bezeichnet. Dabei suchen Private-Equity-Gesellschaften etablierte Zielgesellschaften als Investitionsoder Übernahmeobjekte, deren Risiko-Rendite-Verhältnis günstig erscheint. Durch aktive Einflussnahme und einen zumeist mehrjährigen Investitionszeitraum wird versucht, den Wert des Zielunternehmens zu steigern, um dieses dann gewinnbringend wieder verkaufen zu können. Private-Equity-Beteiligungen werden in der Regel durch einen hohen Anteil an Fremdkapital finanziert, wobei die Zielgesellschaften üblicherweise etablierte mittelgrosse Unternehmen sind. Diesbezüglich grenzt sich Private Equity auch von der Finanzierungsform des Venture Capital ab, wo die Beteiligung grundsätzlich an jungen und innovativen Wachstumsunternehmen erfolgt. Da der Risikograd der einzelnen Investitionen sehr hoch ist, liegen bei Risikokapitalanlagen auch höhere Renditechancen vor.
Kasten 2: Ausgewählte Quellen
– Eidg. Bankenkommission: Hedge Fonds: Marktentwicklung, Risiken und Regulierung; September 2007. www.ebk.admin.ch, Medienmitteilung vom 10. September 2007, EBK-Hedge-Fonds-Bericht.
– Eva Hüpkes: Finanzmarkt-Regulierung ist ein Balanceakt; Neue Zürcher Zeitung vom 18. Januar 2008.
– Financial Stability Forum: Update of the FSF Report on Highly Leveraged Institu-tions, Mai 2007. www.fsforum.org/publications, «Highly Leveraged Institutions», «Update of the FSF’s 2000 HLI Report (May 2007)», «Complete document».
– Hedge Fond Working Group: Hedge Fonds Standards: Final Report; January 2008. www.pellin.co.uk/HFWG/Final-Report.pdf.
– Swiss Financial Center Watch: Portrait des Finanzplatzes Schweiz; Schlussbericht 2007. www.sfcw.ch/assets/SFCW-Portrait-07a.pdf.
Zitiervorschlag: Gerber, David; Schmuki, Daniel (2008). Die Rolle der Hedge Fonds in der Schweiz – ein Überblick. Die Volkswirtschaft, 01. Juli.