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Vereinfachung der Zulassungsverfahren im Arzneimittelbereich

Der Staat kontrolliert den Marktzutritt von Arzneimitteln und schränkt gleichzeitig den Zugang der Konsumentinnen und Konsumenten zu diesen Produkten ein. Ziel der staatlichen Intervention ist der Schutz öffentlicher Interessen, namentlich der Schutz des Lebens und der Gesundheit von Menschen und Tieren. Derzeit überprüft die Schweizerische Heilmittelbehörde auch Arzneimittel, die im Ausland bereits überprüft worden sind. Dies wird oft als unnötiges Handelshemmnis wahrgenommen. Um die marktabschottende Wirkung solcher Verfahren zu mindern, hat der Bundesrat im Rahmen der Revision des Bundesgesetzes über die technischen Handelshemmnisse (THG) auch Vereinfachungen für im Ausland nach gleichwertigen Vorschriften bereits zugelassene Produkte beschlossen und dabei dem Arzneimittelbereich eine hohe Priorität eingeräumt.

Abbau technischer Handelshemmnisse für zulassungspflichtige Produkte


Abklärungen haben gezeigt, dass Zulassungsverfahren den Marktzutritt von Produkten erschweren und zu gegenüber dem Ausland erhöhten Preisen beitragen können. Im Rahmen eines Zulassungsverfahrens prüft die zuständige Behörde die eingereichten Gesuchunterlagen. Im Falle einer positiven Beurteilung erteilt sie eine Bewilligung für die Vermarktung des betreffenden Produktes. Ziel der staatlichen Intervention in den freien Warenverkehr ist der Schutz öffentlicher Interessen, namentlich der Schutz des Lebens und der Gesundheit von Menschen, Tieren und Pflanzen sowie der Schutz der Umwelt. Da Zulassungsverfahren insbesondere für jene Produkte bestehen, von denen eine potenziell hohe Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Personen oder für die Umwelt ausgeht, soll das Cassis-de-Dijon-Prinzip bei Inkrafttreten des revidierten Bundesgesetzes über die technischen Handelshemmnisse (THG) nicht auf solche Produkte angewendet werden. Vgl. dazu den Artikel Stadelhofer auf S.4ff in dieser Ausgabe. Auch in der EG sind zulassungspflichtige Produkte von diesem Prinzip ausgenommen. Um jedoch auch für solche Produkte technische Handelshemmnisse weiter abzubauen, hat der Bundesrat im Rahmen der Revision des THG zwei Arten von Massnahmen zur Erleichterung des Marktzutritts ergriffen:  – In einem ersten Schritt wurde die schweizerische Gesetzgebung für zulassungspflichtige Produkte auf Abweichungen vom EG-Recht überprüft. Vgl. dazu den Artikel Hertig und Wey auf S. 10ff in dieser Ausgabe. Solche Abweichungen betreffen entweder die Zulassungspflicht selbst oder die Zulassungsvoraussetzungen. In beiden Fällen stellte sich die Frage, ob es zum Schutz öffentlicher Interessen notwendig ist, diese schweizerischen Abweichungen beizubehalten. Der Bundesrat hat am 31.Oktober 2007 entschieden, dass in mehreren Fällen die Abweichungen betreffend zulassungspflichtige Produkte aufgehoben oder nur vorläufig bzw. nur in eingeschränkter Form weitergeführt werden sollen (vgl. Kasten 1 Abweichungen betreffend zulassungspflichtige Produkte, die unverändert weitergeführt werden: – Dünger: Grenzwerte für Schadstoffe in organischen und organisch-mineralischen Düngern; Cadmium-Grenzwert in Mineraldüngern; – Striktere Abgas-, Lärm- und Sicherheitsvorschriften für Motorfahrräder und bestimmte motorisierte Behindertenfahrstühle; – GVO: Dokumentations- und Kennzeichnungspflicht für Erzeugnisse, die aus GVO gewonnen wurden; GVO-Negativkennzeichnung; Inverkehrbringen von gentechnisch veränderten und pathogenen Organismen;- Energieetikette für Personenwagen;- Sportboote: Begrenzung des Schmierölanteils bei Zweitaktmotoren; Betriebsgeräusche; Begrenzung Schadstoffemmission von Verbrennungsmotoren; Wohn-, Koch-, sanitäre Einrichtungen; Trennung von Dieseltankwand und Aussenwand; Motorisierung von Wassermotorrädern. Abweichungen, die vorläufig weitergeführt werden oder deren Geltungsbereich eingeschränkt wird: – Geräuschemissionsbeschränkungen von Arbeitsmotorwagen; – Zulassung für Elektrizitätszähler, Messgeräte für thermische Energie und bestimmte Längenmessmittel; Zulassung für Messgeräte für Dieselrauch und für Abgasprüfgeräte für Feuerungsanlagen; – Bewilligungen für Aufstallungssysteme und Stalleinrichtungen. Abweichungen betreffend zulassungspflichtige Produkte, auf die zukünftig verzichtet werden soll oder für die keine Abweichung mehr besteht:- Chemikalien: Mengenschwellen und Umfang der Prüf-, Beurteilungs- und Dokumentationspflichten für Stoffe;- Zulassung für Ausgangsprodukte und Einzelfuttermittel; – Positivprinzip im Lebensmittelrecht (Bewilligungspflicht); – Bewilligungspflichtige Behandlung von Lebensmitteln;- Zulassung und Prüfung mobiler Druckbehälter für die Beförderung gefährlicher Güter auf der Strasse und auf der Schiene; – Einfuhrbewilligung und Zulassung für pyrotechnische Gegenstände; – Vorschriften für Fahrgastschiffe, die mehr als 12 Fahrgäste befördern; – Sportboote: Ölwannen unter Innenbordmotoren;- Bewilligung für Raucherwaren mit Tabakersatzstoffen.).  – In einem zweiten Schritt wurde untersucht, in welchen Bereichen für im Ausland nach gleichwertigen Vorschriften bereits zugelassene Produkte Vereinfachungen des schweizerischen Zulassungsverfahrens möglich sind. «Nach gleichwertigen Vorschriften zugelassen» bedeutet, dass ein gleichwertiges Schutzniveau hinsichtlich öffentlicher Interessen durch das ausländische Zulassungsverfahren gewährleistet wird. Bei den Abklärungen ging es somit primär um die Frage, unter welchen Voraussetzungen die schweizerischen Behörden ganz oder zumindest teilweise auf eine eigene Risikobeurteilung verzichten und ihren Zulassungsentscheid gestützt auf die Ergebnisse der Begutachtung des Produkts durch ausländische Behörden treffen können. Die Ergebnisse dieser Abklärungen wurden im «Bericht über die Vereinfachung bestehender Zulassungsverfahren für bereits im Ausland nach gleichwertigen Vorschriften zugelassene Produkte» Link: www.news-service.admin.ch/NSBSubscriber/message/attachments/12480.pdf. im Anhang zur THG-Botschaft dargelegt.   Die Abklärungen haben ergeben, dass Handlungsbedarf insbesondere für den Arzneimittelbereich besteht. Da 90% der aus der EG importierten zulassungspflichtigen Produkte, deren Marktzugang noch nicht staatsvertraglich geregelt ist, auf Arzneimittel entfallen, kommt diesem Bereich oberste Priorität zu. Der Bundesrat hat deshalb am 25.Juni 2008 mit der Botschaft zur Revision des THG gleichzeitig auch die Stossrichtungen der Massnahmen festgelegt, mit denen Handelshemmnisse im Arzneimittelbereich weiter abgebaut werden sollen, ohne die Gesundheit für Mensch und Tier zu gefährden. Nachfolgend werden zwei dieser Massnahmen, die in den nächsten Monaten noch den interessierten Kreisen zur Stellungnahme unterbreitet werden, kurz dargelegt.

Erleichterung des Marktzutritts


Medikamentenpreise sind in der Schweiz ein politisches Dauerthema und stehen oft im Zentrum der Diskussionen über die Hochpreisinsel Schweiz. Die genannten Gründe für die hohen Preise in diesem Bereich sind ebenso vielfältig wie die vorgeschlagenen Massnahmen. Eine Besonderheit der Preisbildung ist jedoch, dass die meisten Preise für Medikamente administriert, d.h. staatlich festgelegt sind. Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) bestimmt den Höchstpreis derjenigen Arzneimittel, welche von den Krankenversicherern im Rahmen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung vergütet werden. Nach Angaben von Interpharma betrug der Anteil dieser kassenpflichtigen Medikamente am Gesamtumsatz im Jahre 2007 79% oder 3540 Mio. Franken. Vgl. zu Herstellerabgabepreisen: Interpharma, Pharma-Markt Schweiz 2008, Basel.  Neuere Untersuchungen haben zwar gezeigt, dass sich die Arzneimittelpreise in der Schweiz immer mehr dem europäischen Niveau annähern. Für gewisse Arzneimittel liegen die Schweizer Preise jedoch immer noch höher als im benachbarten Ausland. Neben der Höchstpreisfestsetzung durch den Staat spielen auch die staatlichen Marktzutrittsregelungen, wie etwa Zulassungsverfahren für Arzneimittel oder die gesetzlichen Anforderungen an das Vertriebssystem, eine Rolle. Aus diesem Grund werden im erwähnten Bericht über die Vereinfachung von Zulassungsverfahren Massnahmen aufgezeigt, mit denen Handelshemmnisse im Arzneimittelbereich abgebaut, der Zugang zu Medikamenten erleichtert und der Binnenmarkt weiter gestärkt werden sollen. Die Vereinfachung des Marktzutritts soll nicht nur den Wettbewerb stimulieren, sondern auch das Produktangebot vergrössern und sowohl die Vertriebsfirma als auch die Heilmittelbehörde administrativ entlasten.

Verfahrenserleichterung für im Ausland bereits überprüfte Arzneimittel


Bevor Arzneimittel in der Schweiz verkauft werden können, müssen sie grundsätzlich von Swissmedic, dem Schweizerischen Heilmittelinstitut, zugelassen werden. Dazu reicht der Gesuchsteller eine umfangreiche Dokumentation über das Präparat ein. Anhand einer wissenschaftlichen Begutachtung dieser Unterlagen beurteilt Swissmedic anschliessend die Qualität, die Sicherheit und die Wirksamkeit des Medikaments (vgl. Grafik 1). Dies erlaubt der staatlichen Behörde, das Risikoprofil eines bestimmten Arzneimittels einzuschätzen. Dieses Risikopotenzial fällt je nach Arzneimittel unterschiedlich aus. Aus diesem Grund hat der Gesetzgeber im Bundesgesetz über Arzneimittel und Medizinprodukte Vgl. Heilmittelgesetz, SR 812.21. eine Verfahrenskaskade mit unterschiedlichen Anforderungen (ordentliche Zulassung, vereinfachte Zulassung und Meldeverfahren) vorgesehen. Auch für bereits in einem Land mit vergleichbarer Arzneimittelkontrolle zugelassene Arzneimittel ist im Heilmittelgesetz eine Vereinfachung vorgesehen, indem die ausländischen Prüfergebnisse bei der Zulassung in der Schweiz berücksichtigt werden sollen. Bisher ist diese Erleichterung jedoch in der Praxis aufgrund fehlender Ausführungsbestimmungen nur beschränkt zum Tragen gekommen. Es fehlte die Bestimmung, welche Länder über vergleichbare Arzneimittelkontrollen verfügen und in welchem Umfang ausländische Prüfergebnisse berücksichtigt werden sollen. Aus diesem Grund hat der Bundesrat am 25. Juni 2008 entschieden, dass dafür klare Kriterien definiert und diese Vereinfachung in einer Bundesratsverordnung präzisiert werden sollen. Ziel ist es, bei Zulassungsentscheiden anderer Länder mit gleichwertigen Zulassungsverfahren ganz oder teilweise auf eine erneute wissenschaftliche Begutachtung in der Schweiz zu verzichten. Voraussetzung ist jedoch, dass der Gesuchsteller ein komplettes Dossier einreicht. Dieses Dossier entspricht weitgehend demjenigen, das im Ausland bereits eingereicht worden ist. Diese Unterlagen sind für den Staat wichtig, denn Arzneimittel bleiben auch nach der Zulassung risikobehaftet. Deshalb werden ihre Risiken bei der behördlichen Marktüberwachung regelmässig neu beurteilt. Namentlich die EG verfügt über weitgehend gleichwertige Zulassungsverfahren. Dementsprechend sollte ein Arzneimittel, das in der EG beispielsweise in den letzten vier Jahren zugelassen wurde, alle Voraussetzungen für die Anwendung von Artikel 13 HMG erfüllen. In diesem Fall könnte auf eine erneute wissenschaftliche Begutachtung in der Schweiz verzichtet werden. Zu bemerken ist, dass in der EG mehr Arzneimittel im Rahmen von nationalen Verfahren zugelassen werden als im sogenannt zentralisierten Verfahren. Nationale Zulassungsverfahren differieren innerhalb der Mitgliedstaaten teilweise sehr stark. Damit ist die Gleichwertigkeit der Zulassungsverfahren nicht in jedem Fall gegeben. Die dargestellte Vereinfachung des Marktzutrittes für im Ausland nach gleichwertigen Vorschriften bereits zugelassene Arzneimittel vermindert kostspielige Doppelspurigkeiten, die sich im Sinne des Gesundheitsschutzes nicht rechtfertigen lassen. Die Zulassung dieser Produkte zum Schweizer Markt wird beschleunigt und der Warenaustausch mit dem Ausland erleichtert. Gleichzeitig vermindert sich der Aufwand sowohl für die Vertriebsfirmen, welche das Arzneimittel vermarkten möchten, als auch für die Heilmittelbehörde, die ihre Ressourcen risikoorientiert einsetzen kann. Gerade im Hinblick auf das relativ kleine Marktvolumen in der Schweiz ist es wichtig, dass keine unnötig hohen Zulassungshürden bestehen, damit sowohl den Gesundheitsfachpersonen als auch den Patientinnen und Patienten ein vielfältiges Produktangebot zur Verfügung steht.

Anpassung der Vorschriften betreffend Einteilung, Umteilung und Abgabe


Im Rahmen des Zulassungsverfahrens teilt Swissmedic jedes Medikament aufgrund des Risikoprofils in eine von fünf Abgabekategorien ein (vgl. Kasten 2 Das Heilmittelgesetz knüpft die Abgabe von Arzneimitteln an eine entsprechende Ausbildung. Ziel dieser Regelung ist es, durch die angepasste Fachberatung bei der Abgabe von Heilmitteln deren sichere Anwendung zu gewährleisten. Bei der Zulassung teilt Swissmedic die Arzneimittel in Kategorien mit und ohne Verschreibungspflicht ein. Das Heilmittelgesetz definiert dafür fünf verschiedene Abgabekategorien: A: Einmalige Abgabe auf ärztliche oder tierärztliche Verschreibung; B: Abgabe auf ärztliche oder tierärztliche Verschreibung; C: Abgabe nach Fachberatung durch Medizinalpersonen; D: Abgabe nach Fachberatung; E: Abgabe ohne Fachberatung.Verschreibungspflichtige Arzneimittel werden in die Kategorien A und B eingeteilt. Die Arzneimittel der Abgabekategorien C bis E sind nicht verschreibungspflichtig und werden auch Over-the-counter-Präparate (OTC-Präparate) genannt. Zu den Medizinalpersonen gehören die Apotheker sowie Human- und Tiermediziner. Drogisten sind im Grundsatz nur zur Abgabe von Arzneimitteln der Kategorien D und E befugt. Arzneimittel der Kategorie E sind frei verkäuflich und können von allen Personen abgegeben werden.). Arzneimittel mit einem erhöhten Risikopotenzial müssen von einem Humanoder Tierarzt verschrieben werden. Gleichzeitig stellt das Heilmittelgesetz Anforderungen an die Personen, welche zur Abgabe von Arzneimitteln berechtigt sind. Die Einteilung erfolgt im Wesentlichen aufgrund des jeweiligen Nutzen-Risiko-Verhältnisses. Das Risikoprofil bemisst sich aufgrund der Qualität, der Sicherheit und der Wirksamkeit des Präparates. Diese drei Faktoren können sich gegenseitig beeinflussen. Arzneimittel mit einem neuen Wirkstoff werden aus Sicherheitsgründen bei der Erstzulassung der Verschreibungspflicht unterstellt. Eine Entlassung aus der Verschreibungspflicht erfolgt grundsätzlich erst, wenn eine mehrjährige, problemlose Erfahrung mit einem Präparat vorliegt und zudem belegt wird, dass der Wirkstoff für das beanspruchte Anwendungsgebiet in der Selbstmedikation – d.h. ohne Verschreibung durch einen Arzt – geeignet ist. Bei der Ein- und Umteilung eines Medikamentes stützt sich Swissmedic auf den Antrag des Zulassungsinhabers.  Diese Praxis führt heute zu Inkohärenzen innerhalb der Abgabekategorien und zwischen vergleichbaren Präparaten. Arzneimittel mit denselben Wirkstoffen können während einer gewissen Zeitspanne in unterschiedliche Kategorien eingeteilt sein. Ausserdem fehlen ausreichende Anreize für den Zulassungsinhaber, die Entlassung aus der Verschreibungspflicht zu beantragen. Die dazu einzureichende wissenschaftliche Dokumentation ist mit bedeutendem Aufwand verbunden. Ausserdem ist auch der wirtschaftliche Anreiz für den Zulassungsinhaber zur Umklassierung eines Präparates nicht in jedem Fall gegeben.  Eine andere Folge davon ist die stetige Zunahme der verschreibungspflichtigen Medikamente. Im Jahr 2007 entfielen auf die verschreibungspflichtigen Abgabekategorien rund 88% der kassenpflichtigen Arzneimittel. Vgl. Interpharma, (2008). Der hohe Anteil verschreibungspflichtiger Arzneimittel schränkt den Zugang zu Arzneimitteln für Patientinnen und Patienten ein. Damit verbunden ist auch die Notwendigkeit einer ärztlichen Konsultation mit entsprechenden Kostenfolgen. Diese erhöhten Kosten für die obligatorische Krankenpflegeversicherung sowie die Einschränkung der Selbstmedikation für die Patientin und den Patienten lassen sich nicht in jedem Fall mit einer höheren Arzneimittelsicherheit rechtfertigen. Aus diesen Gründen hat der Bundesrat am 25.Juni 2008 beschlossen, die Vorschriften zur Einteilung, Umteilung und Abgabe von Arzneimitteln zu ändern. In Zukunft soll es möglich sein, dass Swissmedic eine Umteilung von Arzneimitteln vornehmen kann, wenn namentlich neue wissenschaftliche Erkenntnisse über das Produkt vorliegen und nicht nur auf Antrag des Zulassungsinhabers. Eine Liberalisierung der Abgaberegelung soll nicht nur für die Entlassung eines Arzneimittels aus der Verschreibungspflicht anvisiert werden, sondern auch innerhalb der nicht verschreibungspflichtigen Kategorien, so dass vermehrt Produkte durch Drogerien oder den Detailhandel abgegeben werden können. Dadurch soll unter Wahrung der Arzneimittelsicherheit die Selbstmedikation vereinfacht und auch der Wettbewerb auf Stufe der Vertriebskanäle gefördert werden.  In Ergänzung zu den beiden oben genannten Stossrichtungen sind weitere Massnahmen beschlossen oder eingeleitet worden, namentlich in den Bereichen Spitalpräparate und kantonale Vorschriften über das Führen von Detailhandelsbetrieben und den Verkauf von Arzneimitteln.

Fazit


Der Staat hat auch weiterhin ein begründetes Interesse daran, das Inverkehrbringen von Arzneimitteln zu kontrollieren. Die vorhandenen knappen Ressourcen sollen jedoch effizienter als bisher zum Schutz der Gesundheit von Mensch und Tier eingesetzt werden. Der Abbau unnötiger Doppelspurigkeiten und die effizientere Gestaltung von Verfahren vermindern die administrativen Kosten für die Gesuchsteller wie auch für die zuständige Behörde. Gleichzeitig fördert die Erleichterung des Marktzutritts nicht nur den Warenaustausch mit dem Ausland, sondern stärkt auch den hiesigen Binnenmarkt. Ziel bleibt es, dass den Gesundheitsfachpersonen sowie den Patientinnen und Patienten ein vielfältiges Angebot an qualitativ hochstehenden, sicheren und wirksamen Arzneimitteln zu geringeren volkswirtschaftlichen Kosten zur Verfügung steht.

Grafik 1 «Zulassungsverfahren von Swissmedic»

Kasten 1: Abweichungen betreffend zulassungspflichtige Produkte Abweichungen betreffend zulassungspflichtige Produkte, die unverändert weitergeführt werden: – Dünger: Grenzwerte für Schadstoffe in organischen und organisch-mineralischen Düngern; Cadmium-Grenzwert in Mineraldüngern;- Striktere Abgas-, Lärm- und Sicherheitsvorschriften für Motorfahrräder und bestimmte motorisierte Behindertenfahrstühle; – GVO: Dokumentations- und Kennzeichnungspflicht für Erzeugnisse, die aus GVO gewonnen wurden; GVO-Negativkennzeichnung; Inverkehrbringen von gentechnisch veränderten und pathogenen Organismen; – Energieetikette für Personenwagen; – Sportboote: Begrenzung des Schmierölanteils bei Zweitaktmotoren; Betriebsgeräusche; Begrenzung Schadstoffemmission von Verbrennungsmotoren; Wohn-, Koch-, sanitäre Einrichtungen; Trennung von Dieseltankwand und Aussenwand; Motorisierung von Wassermotorrädern.Abweichungen, die vorläufig weitergeführt werden oder deren Geltungsbereich eingeschränkt wird: – Geräuschemissionsbeschränkungen von Arbeitsmotorwagen; – Zulassung für Elektrizitätszähler, Messgeräte für thermische Energie und bestimmte Längenmessmittel; Zulassung für Messgeräte für Dieselrauch und für Abgasprüfgeräte für Feuerungsanlagen; – Bewilligungen für Aufstallungssysteme und Stalleinrichtungen. Abweichungen betreffend zulassungspflichtige Produkte, auf die zukünftig verzichtet werden soll oder für die keine Abweichung mehr besteht: – Chemikalien: Mengenschwellen und Umfang der Prüf-, Beurteilungs- und Dokumentationspflichten für Stoffe; – Zulassung für Ausgangsprodukte und Einzelfuttermittel; – Positivprinzip im Lebensmittelrecht (Bewilligungspflicht); – Bewilligungspflichtige Behandlung von Lebensmitteln; – Zulassung und Prüfung mobiler Druckbehälter für die Beförderung gefährlicher Güter auf der Strasse und auf der Schiene; – Einfuhrbewilligung und Zulassung für pyrotechnische Gegenstände; – Vorschriften für Fahrgastschiffe, die mehr als 12 Fahrgäste befördern; – Sportboote: Ölwannen unter Innenbordmotoren; – Bewilligung für Raucherwaren mit Tabakersatzstoffen.

Kasten 2: Einteilung der Arzneimittel in Abgabekategorien Das Heilmittelgesetz knüpft die Abgabe von Arzneimitteln an eine entsprechende Ausbildung. Ziel dieser Regelung ist es, durch die angepasste Fachberatung bei der Abgabe von Heilmitteln deren sichere Anwendung zu gewährleisten. Bei der Zulassung teilt Swissmedic die Arzneimittel in Kategorien mit und ohne Verschreibungspflicht ein. Das Heilmittelgesetz definiert dafür fünf verschiedene Abgabekategorien: A: Einmalige Abgabe auf ärztliche oder tierärztliche Verschreibung; B: Abgabe auf ärztliche oder tierärztliche Verschreibung; C: Abgabe nach Fachberatung durch Medizinalpersonen; D: Abgabe nach Fachberatung; E: Abgabe ohne Fachberatung. Verschreibungspflichtige Arzneimittel werden in die Kategorien A und B eingeteilt. Die Arzneimittel der Abgabekategorien C bis E sind nicht verschreibungspflichtig und werden auch Over-the-counter-Präparate (OTC-Präparate) genannt. Zu den Medizinalpersonen gehören die Apotheker sowie Human- und Tiermediziner. Drogisten sind im Grundsatz nur zur Abgabe von Arzneimitteln der Kategorien D und E befugt. Arzneimittel der Kategorie E sind frei verkäuflich und können von allen Personen abgegeben werden.

Zitiervorschlag: Matthias Enderle, Kathrin Bucher, (2008). Vereinfachung der Zulassungsverfahren im Arzneimittelbereich. Die Volkswirtschaft, 01. Oktober.