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Region Basel – Pharma-Metropole am Tor zur Schweiz

Die Grossregion Basel, welche sich aus den beiden Halbkantonen Basel-Stadt und Basel-Landschaft zusammensetzt, liegt nördlich des Juras am Dreiländereck Schweiz-Frankreich-Deutschland. Dank der verkehrstechnisch vorteilhaften Lage und der Binnenschifffahrt siedelten sich hier schon früh diverse Unternehmen der chemischen Industrie an. Der Strukturwandel und die starke Fokussierung auf die Life Sciences - insbesondere die Pharmaindustrie - machten Basel in der jüngeren Vergangenheit zur wachstumsstärksten Region der Schweiz. Während die Region wirtschaftlich prosperiert, verläuft die Bevölkerungsentwicklung schleppend. Die Bevölkerung wächst vorwiegend in den angrenzenden Regionen. Dies macht sich unter anderem in einer stetig wachsenden Zahl von Grenzgängern bemerkbar.

Region Basel - Pharma-Metropole am Tor zur Schweiz

Hohe Produktivität und überdurchschnittliches Wachstum


Mit einem Flächenanteil von etwas über 1% der gesamten Schweiz ist die Region Basel klar die kleinste der in dieser Serie untersuchten Regionen. Infolge der hohen Bevölkerungsdichte ist der Bevölkerungsanteil jedoch deutlich höher (6%). Noch grösser ist die wirtschaftliche Bedeutung der Region Basel: Dank der hohen Zahl von Zupendlern aus den Nachbarkantonen sowie aus dem Elsass und Südbaden beträgt der Anteil an den Erwerbstätigen in der Schweiz rund 7%. Eine klar überdurchschnittliche Produktivität – vor allem eine Folge der markanten Präsenz der hochproduktiven Life-Sciences-Indus-trie – führt schliesslich zu einem Anteil am nationalen Bruttoinlandprodukt (BIP) von über 9%.  Ein Blick auf die Entwicklung des BIP (siehe Grafik 1) zeigt, dass die Wirtschaft in der Region Basel deutlich überdurchschnittlich gewachsen ist. Bereits in den Neunzigerjahren zeigte sich die Wirtschaft der beiden Halbkantone sehr wachstumsstark. Insbesondere aber in den ersten Jahren nach der Jahrtausendwende, während die Gesamtschweiz nur ein sehr geringes Wachstum aufwies, expandierte die Basler Wirtschaft mit weiterhin hohen Zuwachsraten. Auch in der kürzeren Vergangenheit wuchs die Region Basel weiter überdurchschnittlich, auch wenn sich die Wachstumsdifferenz infolge der breit abgestützten Hochkonjunkturphase sichtlich verringert hat.  Eine komplett andere Entwicklung ist bei der Erwerbstätigkeit ersichtlich: Deren Zunahme hinkt der nationalen Entwicklung deutlich hinterher. So liegt die Erwerbstätigenzahl im Jahr 2007 nur geringfügig über derjenigen von 1990. Der Strukturwandel in der chemisch-pharmazeutischen Industrie zu Beginn der Neunzigerjahre, aber auch die Restrukturierungen in den Finanzbranchen, im Detailhandel oder in diversen anderen traditionellen Industriesparten haben deutliche Spuren hinterlassen. Da die starke Performance in der Life-Sciences-Industrie vor allem auf einem markanten Produktivitätswachstum beruht, konnte diese Entwicklung bei den Erwerbstätigen nur bedingt kompensiert werden. Ebenfalls nur eine unterdurchschnittliche Entwicklung weist die Region Basel bei der Bevölkerung auf (siehe Grafik 2). Deren Zahl hat seit Mitte der Neunzigerjahre nahezu stagniert. Klar negativ war die Entwicklung insbesondere in der Stadt Basel. Fehlende Baulandreserven und vor allem die Suburbanisierung führten zu einem alljährlichen Bevölkerungsschwund. In der Region Basel beschäftigte Arbeitskräfte wählen als Wohnstandort zunehmend das Fricktal, das Schwarzbubenland, den Kanton Jura oder das benachbarte Ausland. So hat die Zahl der Grenzgänger in den vergangenen zehn Jahren um rund 10000 auf fast 48000 Personen zugenommen.  Trotz der mageren Bevölkerungsentwicklung hat das regionale Volkseinkommen seit 1990 deutlich zugenommen. Während die Zunahme in der Schweiz zwischen 1990 und 2005 50% betrug, ist das Volkseinkommen in der Region Basel um rund 80% gestiegen. Nebst der Gewinnentwicklung der in Basel beheimateten Grosskonzerne spielen hierfür auch die dank der florierenden Wirtschaftsentwicklung zunehmenden Löhne eine Rolle.

Dominierende Life Sciences


Hauptverantwortlich für den wirtschaftlichen Erfolg in den vergangenen Jahren sind die am Standort Basel stark expandierenden Life Sciences. In diesem Branchenaggregat, zu welchem die Pharmaindustrie, die Agrochemie, die Medizinaltechnik und Dentaltechnik sowie die Biotechnologie gezählt werden, arbeiten in der Region Basel über 25000 Personen. Der Wertschöpfungsanteil der Life Sciences an der Gesamtwirtschaft beträgt rund 20% – etwa dreimal so viel wie noch 1990 (siehe Grafik 3). Insbesondere innerhalb der chemisch-pharmazeutischen Industrie ereignete sich in den Neunzigerjahren ein enormer Strukturwandel: Ausgehend von der Produktion klassischer chemischer Erzeugnisse wandelte sich der Standort zu einem weltweit bedeutenden Kompetenzzentrum in der Pharmaindustrie und Agrochemie. Zu diesem Cluster gesellten sich mehr und mehr auch Exponenten der Medizinal- und Dentaltechnik sowie der vorwiegend Forschung betreibenden Biotechnologie-Sparte.

Verkehrsdrehscheibe


Die historische Ursache für die Ansiedlung der chemisch-pharmazeutischen Industrie am Rheinknie liegt in der geografischen Lage Basels. Dank der Binnenschifffahrt und der Lage an einer wichtigen Nord-Süd-Transitachse galt Basel schon im Mittelalter als wichtiger Warenumschlagplatz und als eigentliches «Tor zur Schweiz». Zwar wurde mit dem Flugverkehr und der Entstehung weiterer Transitverbindungen diese Bedeutung etwas geschwächt, dennoch ist der Verkehrssektor mit einem regionalen Wertschöpfungsanteil von 5% nach wie vor überdurchschnittlich vertreten. Nebst den bereits angeführten Rheinhäfen sind auch der Flughafen und zahlreiche Betriebsstätten der SBB – der Rangierbahnhof Muttenz gehört zu den grössten in Europa – wichtige Verkehrsinfrastruktur-Einrichtungen. Daneben haben sich entlang der Autobahn A2 diverse Logistikunternehmen angesiedelt. Infolge der enorm grossen Präsenz der chemisch-pharmazeutischen Industrie sind – mit Ausnahme der Unternehmensdienstleistungen, welche auch die Forschung und Entwicklung umfassen, und dem Verkehrssektor – keine anderen Branchen anteilsmässig überdurchschnittlich vertreten. Dies heisst jedoch nicht, dass andere Branchen in der Region Basel keine Bedeutung haben. So sind insbesondere im Kanton Basel-Landschaft diverse andere Hightech-Unternehmen vorwiegend in den Sparten Metallverarbeitung, Maschinenbau und Elektrotechnik angesiedelt. Hinzu kommen im Oberbaselbiet einige Arbeitsplätze in der Uhrenindustrie. Nur noch von untergeordneter Bedeutung ist heutzutage der Finanzsektor: Als vormals wichtiger Finanzplatz der Schweiz hat Basel im Vergleich zu Zürich, Genf und Lugano in den vergangenen Jahren – trotz starken Wachstums – laufend an Boden verloren.

Wachstumsgarant chemisch-pharmazeutische Industrie


Der wirtschaftliche Erfolg der Region Basel in den vergangenen Jahren ist hauptsächlich auf die erfreuliche Performance der Life Sciences – insbesondere der Pharmaindustrie – zurückzuführen (siehe Grafik 4). So betrug das reale Wachstum der chemisch-pharmazeutischen Industrie in der Region Basel zwischen 1990 und 2007 durchschnittlich über 7% pro Jahr. Damit ist die chemisch-pharmazeutische Industrie in diesem Zeitraum die mit Abstand wachstumsstärkste Branche. Ebenfalls stark gewachsen sind der Finanzsektor, die Unternehmensdienstleistungen sowie der Verkehrs- und Kommunikationssektor.  Der Erfolg der Life-Sciences-Branchen darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass diverse Branchen in der Region Basel in den vergangenen Jahren auch mit Problemen zu kämpfen hatten. So sind traditionelle Unternehmen im Detailhandel, im Fahrzeugbau sowie in der Papier-, Textil- und Maschinenindustrie dem strukturellen Wandel zum Opfer gefallen oder mussten zu drastischen Redimensionierungsmassnahmen greifen. Im Gastgewerbe entwickelte sich die Wertschöpfung – vor allem in den Neunzigerjahren – drastisch rückläufig. In den Jahren 2006 und 2007 verbuchte die Branche hingegen ein deutliches Wachstum. Verantwortlich hierfür ist der deutliche Anstieg der Hotelübernachtungen insbesondere von ausländischen Gästen in der jüngeren Vergangenheit. So lag die Zahl der Logiernächte 2007 um fast 30% über dem Niveau von 2000. Die erfreuliche Entwicklung konnte im bisherigen Jahresverlauf 2008 auch dank der Fussball-Europameisterschaft fortgesetzt werden. Ebenfalls ein negatives Wertschöpfungswachstum weist zwischen 1990 und 2007 der Handel auf. Die Ursache hierfür ist mehrheitlich im Detailhandel zu finden: Infolge der unterdurchschnittlichen Bevölkerungsdynamik und des Einkauftourismus ins benachbarte Ausland sind die Wachstumsperspektiven dieser Branche in der Region Basel sehr beschränkt.

Regional breit abgestütztes Wirtschaftswachstum…


Anhand von makroökonomischen Kennzahlen auf Gemeindeebene kann die wirtschaftliche Entwicklung der Region Basel noch detaillierter betrachtet werden (siehe Grafik 5). Es wird ersichtlich, dass das Wirtschaftswachstum der Region Basel kommunal sehr breit abgestützt ist. Nebst der Stadt Basel und dem Unterbaselbiet, wo die Life Sciences stark präsent sind, weisen von 1990 bis 2007 zahlreiche Gemeinden im Raum Liestal, im Waldenburgertal und im Laufental ein hohes Wirtschaftswachstum auf. Während das Wachstum im Raum Liestal vor allem auf dem öffentlichen Sektor und anderen Dienstleistungsbranchen basierte, entwickelte sich das Waldenburgertal zu einem Kompetenzzentrum für die Präzisionsindustrie (Medizinaltechnik, Uhren). Das Laufental wiederum konnte insbesondere in der Nahrungsmittelindustrie und im Grosshandel deutlich zulegen.

…die Bevölkerung wächst jedoch hauptsächlich in der Peripherie


Ein wesentlich differenziertes Bild zeigt sich beim Bevölkerungswachstum (siehe Grafik 6). In den meisten Gemeinden der Agglomeration Basel hat die Bevölkerungszahl seit 1990 stagniert. Dasselbe gilt für Liestal und die direkt anliegenden Gemeinden in der Talebene. Die grössten Bevölkerungszunahmen sind hingegen in den eher peripher gelegenen Gemeinden des Laufentals, des Birsigtals sowie auf den Jurahöhen des Oberbaselbiets zu beobachten.

Wachstum international im Durchschnitt


Im internationalen Vergleich darf sich die Performance Basels durchaus sehen lassen. Für diesen internationalen Vergleich wurden Benchmark-Regionen ausgewählt, in welchen die Life Sciences von grosser Bedeutung für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung sind (siehe Grafik 7). Dieses Benchmarking zeigt, dass das BIP pro Kopf in Basel den höchsten Wert unter den ausgewählten Regionen erreicht. Die Ursachen hierfür sind einerseits die hohe Produktivität der Life Sciences und andererseits der bereits oben erwähnte stark positive Pendlersaldo der Region Basel.  Schlechter schneidet Basel jedoch hinsichtlich des Wachstums zwischen 1990 und 2006 ab. Während die Region im nationalen Vergleich an der Spitze steht, darf das Wachstum im internationalen Vergleich im besten Fall als durchschnittlich betrachtet werden. Insbesondere die angelsächsischen Benchmark-Regionen, aber auch München weisen in diesen 16 Jahren eine deutlich höhere Dynamik auf. Dabei ist jedoch darauf hinzuweisen, dass dieses Abschneiden sehr stark vom ausgewählten Zeitraum abhängig ist. So war insbesondere die chemisch-pharmazeutische Industrie zu Beginn der Neunzigerjahre noch in einer Restrukturierungsphase. Die enorme Wachstumsstärke entfaltete sich erst in den Jahren darauf. Die Region Basel steht bei der Analyse eines kürzeren Zeitraums in der jüngeren Vergangenheit im internationalen Vergleich denn auch deutlich besser da.

Life Sciences bleiben auch in Zukunft matchentscheidend


Mit ihrem hohen Anteil wird die Entwicklung der Life Sciences in Zukunft das gesamtwirtschaftliche Wachstum in der Region Basel zu grossen Teilen bestimmen. Gegenwärtig zeigt sich, dass auch die grossen Basler Pharmaunternehmen von branchenspezifischen Problemen – wie dem Auslaufen des Patentschutzes auf bewährte Produkte, der zunehmenden Konkurrenz durch Generika und einer ausgedünnten Produkte-Pipeline – nicht ganz verschont bleiben, was sich momentan im regionalen Branchenwachstum niederschlägt. Auch wenn die herausragenden Expansionsraten der jüngeren Vergangenheit kaum mehr erreicht werden dürften, ist zu erwarten, dass die Life Sciences in Zukunft in der Region Basel einen klar positiven Wachstumsbeitrag generieren werden. Hierfür bürgen zuletzt die enormen Investitionen, welche die Unternehmen zurzeit in der Region Basel tätigen oder planen (u.a. Novartis-Campus, Roche-Turm, Schweizerhalle).

Grafik 1 «Entwicklung des realen Bruttoinlandprodukts und der Erwerbstätigen der Region Basel, 1990-2007»

Grafik 2 «Entwicklung von Bevölkerung und Volkseinkommen der Region Basel, 1990-2005/2007»

Grafik 3 «Regionale Branchenstruktur Basel, 2007 Anteil der nom. Bruttowertschöpfung an der Gesamtwirtschaft in % und Differenz zur Schweiz in Prozentpunkten»

Grafik 4 «Regionales Branchenwachstum Basel, 1990-2007 Durchschnittliches jährliches Wachstum der realen Bruttowertschöpfung in %»

Grafik 5 «Reales BIP-Wachstum der Region Basel nach Gemeinden, 1990-2007 Durchschnittliche jährliche Veränderung in %»

Grafik 6 «Die Region Basel im internationalen Vergleich BIP pro Kopf der Bevölkerung 2006 und BIP-Wachstum 1990-2006»

Grafik 7 «Reales Bevölkerungswachstum der Region Basel nach Gemeinden, 1990-2006 Durchschnittliche jährliche Veränderung in %»

Tabelle 1 «Region Basel – Kennzahlen 2007»

Kasten 1: Online-Datenportal
Die wichtigsten Grundlagedaten des vorliegenden Artikels sind auf der Homepage von BAK Basel Economics visualisiert aufbereitet ( www.bakbasel.com ).

Zitiervorschlag: Urban Roth (2008). Region Basel – Pharma-Metropole am Tor zur Schweiz. Die Volkswirtschaft, 01. November.