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Eine gute Verkehrsinfrastruktur kostet

Eine gute Verkehrsinfrastruktur kostet

Eine gute Verkehrsinfrastruktur ist wichtig für die schweizerische Volkswirtschaft. Zum einen verfügt die Schweiz im internationalen Vergleich bereits heute über eine sehr gut ausgebaute, qualitativ hochwertige Infrastruktur. Diese ist einer der grossen Standortvorteile im globalen Wettbewerb. Zum anderen zeigen empirische Studien, dass Investitionen in den Verkehrsbereich Wohlfahrt und Wachstum begünstigen. Doch eine gute Verkehrsinfrastruktur kostet. Aber wer soll bezahlen? Grundsätzlich gibt es zwei Möglichkeiten zur Finanzierung des Verkehrs: über Steuern oder durch die Nutzer. Dazwischen gibt es viele Mischformen. Bund, Kantone und Gemeinden – also die öffentliche Hand – haben 2006 über 14 Mrd. Franken für Infrastruktur und Verkehr ausgegeben.

Die Vorteile der Nutzerfinanzierung liegen darin, dass diejenigen zahlen, die auch am meisten profitieren. Auch wird stärker dort investiert, wo die höchste Nachfrage besteht. Und nicht zuletzt kann die Zahlungsbereitschaft der Konsumentinnen und Konsumenten abgeschöpft werden. Die Grenzen der Nutzerfinanzierung liegen daher dort, wo z.B. das politische Ziel verfolgt wird, eine ausgewogene Versorgung verschiedener Landesteile zu gewährleisten. So gesehen ist die Steuerfinanzierung für öffentliche Güter wie die Verkehrsinfrastruktur zweifellos unvermeidbar. Damit verbunden ist aus ökonomischer Sicht das Risiko, dass aus politischen Gründen zu viel gebaut wird oder die Prioritäten nicht sinnvoll gesetzt werden. Ein Nachteil ist zudem, dass die Effizienz und Effektivität der Investitionen tendenziell tiefer ist als bei der Nutzerfinanzierung.

Mischung aus Nutzer- und Steuerfinanzierung


Beim öffentlichen Verkehr (ÖV) handelt es sich um eine Mischung aus Steuer- und Nutzerfinanzierung. Der ÖV wird je rund zur Hälfte aus Steuern (ordentliches Bundesbudget) und zweckgebundenen Einnahmen (z.B. FinöV-Fonds) bezahlt. Diese Mittel fliessen in die Infrastruktur und die Bestellung von Verkehren. Doch auch die Nutzer zahlen mit und tragen – z.B. über Billette – rund 50% der Kosten. Die Finanzierung der Strasseninfrastruktur ist ebenfalls eine Art Mischform: Finanzierungsquellen sind beim Bund der zweckgebundene Teil der Mineralölsteuer, der Mineralölsteuerzuschlag und die Autobahnvignette. Der Nutzer bzw. Autofahrer kommt als Steuerzahler für diese Kosten auf. Kantone und Gemeinden setzen hingegen allgemeine Steuermittel für die Strasseninfrastrukturen ein, die nicht vom Nutzer finanziert sind. Eine weitere Mischform aus öffentlicher und privater Finanzierung sind Public-Private-Partnerships (PPP). Deren Ziel ist ein langfristiger, funktionaler Vertrag der öffentlichen Hand mit privaten Partnern zum Bau, Betrieb und Unterhalt von Verkehrsinfrastrukturen. Dabei erwarten Private eine Rendite und sind meist kostenorientierter und effizienter. Allerdings kann sich niemand günstiger refinanzieren als der Bund. Solche Projekte müssen Gewinnmöglichkeiten bieten und klar abgrenzbar sein; Kosten und Gewinne müssen zugeteilt werden können. Damit sind die Anwendungsmöglichkeiten im Verkehr sehr eingeschränkt.

Unsere gute Verkehrserschliessung ist nicht auf ewig gesichert


Der Verkehr wird weiter zunehmen, und wir brauchen Investitionen in unsere Infrastrukturen und in neue Technologien, um die steigende Mobilität bewältigen zu können. Die Finanzierung dieser Investitionen muss zuverlässig gesichert werden. Wo aber soll das Geld herkommen? Die Mittel des Bundes sind begrenzt. Der Verkehr steht in Konkurrenz zu anderen Bereichen, wie z.B. Bildung und Forschung oder sozialer Wohlfahrt. Wir werden daher zukünftig die Nutzer in die Finanzierung der Investitionen stärker einbeziehen müssen. Möglichkeiten dazu wären etwa Road-Pricing, zweckgebundene Aufschläge auf Bahntickets oder stärker zeitbzw. nachfrageabhängige Billettpreise im öffentlichen Verkehr. Verantwortbar wäre auch eine zeitlich verfeinerte Autobahnvignette (Quartal, Halbjahr, Jahr), die in der Gesamtsumme höhere, aber auch gerechtere Einnahmen bringen würde.  Hier geraten wir jedoch schnell in Konflikt mit übergeordneten politischen Zielen und stossen an die Grenzen der politischen Akzeptanz. Die Fahrgäste des öffentlichen Verkehrs sollen nicht aufs Auto umsteigen, weil die Preise höher werden. Auch sollten keine sozialen Ungerechtigkeiten entstehen, Mobilität soll ein Allgemeingut bleiben. Letztlich stellt sich damit die Frage, wie viel uns Qualität und Ausbau unseres Verkehrsangebots wert sind. Denn die einzige Alternative zu höherer Nutzerfinanzierung sind höhere Steuern oder Abgaben, wenn nicht andere Aufgabenbereiche kürzer treten würden. Bei der kommenden Vorlage Bahn 2030 dürfte diese Alternative zum Zug kommen, um weitere Investitionen in die Schieneninfrastruktur zu finanzieren – zum Wohl des Landes und der Volkswirtschaft.

Zitiervorschlag: Peter Bieri (2009). Eine gute Verkehrsinfrastruktur kostet. Die Volkswirtschaft, 01. Mai.