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Konjunkturindikator: Der Detailhandelsumsatz

In der Schweiz hat die Detailhandelsumsatzstatistik eine lange Tradition. Sie wurde 1932 erstmals eingeführt. In den Jahren 1953 und 2001 wurde sie umfassend überarbeitet. Bei der letzten Revision wurden grosse Anstrengungen unternommen, um ihre Repräsentativität zu verbessern und eine stärkere Vereinheitlichung auf nationaler und internationaler Ebene zu erreichen. Die Statistik über den Detailhandelsumsatz wird monatlich auf nationaler Ebene mit einer repräsentativen Stichprobe von rund 4000 Unternehmen erhoben, wobei bei der Schicht der grössten Unternehmen eine Vollerhebung durchgeführt wird. Seit 2005 ist die KOF Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich mit der Durchführung der Erhebung beauftragt.

Die bei den Unternehmen erhobenen Informationen beziehen sich auf den im Betrachtungsmonat erzielten Gesamtumsatz, gegliedert nach verschiedenen Warengruppen. Die gleichen Informationen werden auch für den entsprechenden Monat des Vorjahres verlangt. Der erhobene Umsatz entspricht dem Wert aller direkten Verkäufe von Waren an die Endkunden. Es werden die tatsächlichen Umsätze einschliesslich Mehrwertsteuer erhoben, das heisst die Umsätze nach Abzug von Rabatten, Barzahlungsrabatten und weiteren Preisermässigungen.

Veröffentlichte Informationen


Die Detailhandelsumsatzstatistik (DHU) informiert monatlich über die Veränderung des Umsatzes (nominale Veränderung) und des Verkaufsvolumens (reale Veränderung) im Vergleich zum Vorjahr. Bei den nominalen Werten handelt es sich um die tatsächlich erzielten Umsätze, während die realen Werte den teuerungsbereinigten, nominalen Umsätzen entsprechen. Die Veränderungen ergeben sich aus dem Vergleich der Daten des Betrachtungsmonats mit den Daten des entsprechenden Monats im Vorjahr. – Mit der Gliederung nach Warengruppen (nominale und verkaufstagsbereinigte nominale Veränderungen sowie reale und verkaufstagsbereinigte reale Veränderungen) können die Konsumgewohnheiten in bestimmten Zeiträumen beobachtet werden (z.B. zu Ostern ein markanter Anstieg der Ausgaben für Nahrungsmittel und Getränke).  – Die Gliederung nach Betriebsgrösse (nominale und verkaufstagsbereinigte nominale Veränderungen sowie reale und verkaufstagsbereinigte reale Veränderungen) ermöglicht die Untersuchung der unterschiedlichen Entwicklung von Unternehmen in Funktion ihrer Grösse sowie der Entwicklung der Grossverteiler im Vergleich mit kleinen Gewerbetreibenden. – Die nach Wirtschaftszweigen gegliederten Resultate werden in nominaler und in verkaufstagsbereinigter nominaler Form zur Verfügung gestellt, was einen einheitlichen Vergleich auf nationaler und internationaler Ebene ermöglicht.

Die Nutzer der Statistik


Die Detailhandelsumsatzstatistik wird von unterschiedlichen Akteuren in Verwaltung, Politik, Wirtschaft und Forschung im Kontext der Konjunkturbeobachtung genutzt. So ist die DHU eine zentrale Datenquelle der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung (VGR) für die Schätzung des Endverbrauchs. Die nach Warengruppen gegliederten Daten sind für die VGR unerlässlich, um den Endverbrauch nach Warenkategorien hochzurechnen. Im Rahmen der Berechnung des Produktionskontos werden die Ergebnisse der Statistik zur Plausibilisierung der Detailhandelsbranche miteinbezogen. Sie wird von Grossbetrieben des Detailhandelsbereichs für Vergleichszwecke verwendet, entweder für Vergleiche mit ihren eigenen Statistiken oder mit ihren Konkurrenten. Die Schweizerische Nationalbank (SNB) verwendet die Ergebnisse der DHU unter anderem für ihre Geldpolitik und veröffentlicht sie in ihren monatlichen Publikationen. Forschungsinstitute schliesslich verwenden die DHU regelmässig für Marktstudien oder Prognosen.

Entwicklung und internationaler Vergleich


Alle Länder der Europäischen Union (EU) publizieren monatliche Statistiken zum Detailhandel. Die Grafik 1 zeigt die Entwicklung der realen, verkaufstagsbereinigten Detailhandelsumsätze in ausgewählten EU-Ländern und der Schweiz ab 2007. Da die Methoden zur Verkaufstagsbereinigung nicht in allen Ländern identisch sind, werden hier die Quartalsergebnisse miteinander verglichen.  In der Schweiz lagen die Veränderungsraten der realen Detailhandelsumsätze bis Ende 2008 grösstenteils über jenen der Vergleichsländer. Gegen Ende des Jahres 2008 setzte für alle Länder ein deutlicher Rückgang der Umsätze ein. Die weltweite Finanzkrise beginnt, sich sichtbar auf das Konsumverhalten auszuwirken. So waren im ersten Quartal 2009 auch in der Schweiz rückläufige Umsätze zu verzeichnen. Im Verlauf der letzten 24 Monate lässt sich ein Kurswechsel bei der Entwicklung des Detailhandels erkennen: Nach einer langsamen Zunahme ab Juli 2008 ergab sich im Februar 2009 praktisch keine nominale Veränderung; die reale Veränderung erwies sich hingegen als negativ. Diese Entwicklung hat mit der bereits erwähnten Wirtschaftskrise zu tun. Weniger auf der Hand liegt folgender Kalendereffekt: Im Jahr 2007 fiel Ostern auf den April und im Jahr 2008 auf den März, was die Entwicklung des Konsums beeinträchtigte.

Die Zukunft der Statistik


Die Detailhandelsumsatzstatistik wird zurzeit revidiert. Ziel der Revision ist die Anpassung der Statistik an die europäischen Vorgaben. Einerseits wird die Nomenklatur aktualisiert (neu: Noga 2008); andererseits soll künftig ein Index der Detailhandelsumsätze publiziert werden. Weiter wird neu die Produktgruppe Treibstoff eingeführt. Künftig sollen auch die ersten Resultate schneller zur Verfügung stehen.  Die ergänzenden Arbeiten, die im Rahmen der Revision durchzuführen sind, umfassen die retrospektive Wiederherstellung der Indexreihen mindestens bis Januar 2001 und die Bereitstellung von saisonbereinigten Indexreihen, um die Berechnung der Veränderung im Betrachtungsmonat im Vergleich zum Vormonat zu ermöglichen. Für 2011 ist die Integration der DHU in eine Handels- und Vertriebsstatistik vorgesehen, die zusätzlich den Handel und die Reparatur von Automobilen und Motorrädern sowie den Grosshandel umfassen wird.

Grafik 1 «Vergleich der Entwicklung der realen Detailhandelsumsätze in Europa»

Tabelle 1 «Entwicklung der realen Detailhandelsumsätze in der Schweiz, 2008-2009»

Kasten 1: Die wirtschaftliche Bedeutung des Detailhandels in der Schweiz
Der Detailhandel zählte gemäss Betriebszählung 2005 rund 35460 Unternehmen (ohne Handel mit Automobilen und Tankstellen). Vgl. Betriebszählung 2005. Dies entspricht einem Anteil von 11,5% aller Schweizer Unternehmen. Rund 322000 Beschäftigte sind in diesem Sektor tätig; das sind 11% der Beschäftigten des tertiären Sektors und 8% aller Beschäftigten in der Schweiz. 68% der Stellen im Detailhandel sind von Frauen besetzt. Vgl Beschäftigungsbarometer für das vierte Quartal 2008. Der steuerbare Umsatz dieser Branche belief sich im Jahr 2006 auf rund 101 Mrd. Franken, was 20% des Dienstleistungssektors und 14% des nationalen steuerbaren Umsatzes repräsentiert. Der Anteil an der gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung betrug somit 5,0%. Vgl. ESTV 2006

Zitiervorschlag: Christian Furger, Luu Nguyen, (2009). Konjunkturindikator: Der Detailhandelsumsatz. Die Volkswirtschaft, 01. Juni.