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Veränderungen im internationalen Preiswettbewerb für die Schweizer (Ferien-)Hotellerie

Die vorliegende Studie hat die Entwicklung der preislichen Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Hotellerie nach 2003 zum zweiten Mal analysiert. Die damals festgestellten Kostennachteile für Schweizer Hotels von ca. 30% konnten seither nur geringfügig verringert werden. Trotzdem haben die Schweizer Hotels ihre relative Investitionsfähigkeit verbessert – und zwar aufgrund leicht stärker steigender Kosten im Ausland und eigener Finanzierungsdisziplin. Die strukturstarken Hotels können heute trotz Kostennachteilen im internationalen Preiswettbewerb mithalten. Die traditionellen Hotelbetriebe hingegen, bei welchen die Kostennachteile voll auf die Preise durchschlagen, müssen weiterhin einen Aufschlag von ca. 30% auf die internationalen Marktpreise verlangen.

Die «Hochpreisinsel» Schweiz wirkt auf die Ferienhotellerie wachstumshemmend, da für die Einnahmen internationale Marktpreise gelten, während die Produktionskosten hauptsächlich nationalen Rahmenbedingungen folgen. Das Preisniveau der Ferienhotellerie lag denn auch im Jahr 2003 im österreichischen und im italienischen Alpenraum rund 30% unter demjenigen von vergleichbaren Schweizer Hotels. Der wichtigste Grund für die tieferen Preise im benachbarten Ausland waren die im Vergleich zur Schweiz deutlich tieferen Personal-, Waren- und Anlagekosten der österreichischen und der italienischen Hotels. Im Auftrag von Hotelleriesuisse haben BHP – Hanser und Partner AG im Jahr 2008 erneut analysiert, wie sich die Situation in den letzten fünf Jahren verändert hat. Folgende Fragen standen dabei im Zentrum: Wie haben sich die wesentlichen Kostenpositionen der Hotels in der Schweiz, in Österreich und im Südtirol seit 2000 verändert? Bestehen heute Unterschiede in den verschiedenen Hotelkategorien – z.B. Wellnesshotels, Luxushotels, Low-Cost Hotels – bezüglich der internationalen preislichen Wettbewerbsfähigkeit?

Kostenvergleich Vier-Sterne-Hotels


Die anfängliche Hypothese für den Kostenvergleich war, dass der steigende Wohlstand in Österreich und Italien ein tendenzielles Ansteigen des Lohnniveaus und damit der Personalkosten in der Hotellerie in diesen Ländern erwarten lässt. Die Analyse zeigt denn auch insgesamt, dass der Kostennachteil der Schweizer Hotels gegenüber Österreich in den letzten fünf Jahren leicht reduziert werden konnte. Die Veränderungen in den Kostenstrukturen sind jedoch graduell und haben keine wesentliche Veränderung der Wettbewerbssituation herbeigeführt. Bei den Vier-Sterne-Hotels (vgl. Grafik 1) kann festgestellt werden, dass sich die Warenkosten in Österreich im Vergleich zur Schweiz erhöht haben. Wir führen dies primär auf Veränderungen im verwendeten Warenkorb zurück, da sich die Preisniveaus der Lebensmittel nicht wesentlich verändert haben. Die matchentscheidenden Personalkosten haben in allen Ländern ungefähr im gleichen Ausmass zugenommen. Die Schweizer Hotels konnten ihre relative Wettbewerbsposition in dieser Hinsicht nicht verbessern. Die übrigen Kosten (inkl. Unterhaltsaufwendungen) liegen in allen Ländern mehr oder weniger auf dem gleichen Niveau, da es sich hier hauptsächlich um Produkte handelt, die auf freien internationalen Märkten beschafft werden können. Am stärksten auf die Wettbewerbsfähigkeit auswirken dürfte sich die deutlich reduzierte Zinslast bei den Schweizer Hotels. Diese Verbesserung hat zwei Gesichter: Auf der einen Seite kann davon ausgegangen werden, dass die Finanzierungstruktur in der Schweiz in den letzten Jahren stark verbessert wurde. Auf der anderen Seite führen wir die reduzierte Zinslast auch auf geringere (fremdfinanzierte) Investitionen in der Schweiz zurück, was auf eine Konsolidierung hinweist und mittelfristig zu einer reduzierten Attraktivität des Produkts führen könnte. Allerdings haben die Schweizer Hotels unter dem Strich einen leicht höheren Cashflow erwirtschaftet. In der Annahme, dass sich die Unterhalts- und Anlagekosten in den verschiedenen Ländern tendenziell angleichen, bedeutet dies, dass die Schweizer Hotels künftig über eine gleich starke Investitions- und Innovationsfähigkeit verfügen wie ihre ausländischen Wettbewerber. Insgesamt kann gefolgert werden, dass die Vier-Sterne-Hotels in allen Ländern in der Lage waren, den Umsatz zu halten oder zu erhöhen und den Cashflow knapp auf einem betriebsnotwendigen Niveau zu halten. Während die Schweizer Hotels die Investitionen in der Tendenz konsolidierten, haben die Hotels in Österreich und Südtirol weiter investiert. Die Vier-Sterne-Hotels im Südtirol konnten sich in der Vergleichsperiode am günstigsten entwickeln.

Kostenvergleich Drei-Sterne-Hotels


Die Drei-Sterne-Hotels (vgl. Grafik 2) in der Schweiz haben die Warenkosten deutlich reduziert, was – wie bei den Vier-Sterne-Hotels – wahrscheinlich auf Veränderungen im Warenkorb zurückzuführen ist. Die Personalkosten fallen hingegen in der Schweiz nach wie vor deutlich höher aus als in Österreich und im Südtirol. Auch die Drei-Sterne-Hotellerie konnte den deutlichsten Fortschritt bei der Reduktion der Zinslast erzielen. Im Unterschied zur Vier-Sterne-Hotellerie haben jedoch auch die ausländischen Hotels ihre Zinslast reduziert. Wir interpretieren diese Entwicklung primär als einen Verzicht auf wesentliche Investitionen in allen Ländern, womit die generell in dieser Periode gesunkenen Basiszinsen voll auf den Zinsaufwand durchschlagen konnten. Erfreulicherweise konnte das Schweizer Hotel den generierten Cashflow knapp halten, während die Hotels im Ausland einen erheblichen Cashflow-Rückgang hinnehmen mussten und auf dem aktuellen Niveau deutlich weniger Investitionskraft aufweisen als das Schweizer Hotel. Insgesamt präsentiert sich die Lage der Drei-Sterne-Hotellerie in allen Ländern in etwa gleich schwierig. Das Gesamtbild zeigt bei rückläufigen Umsätzen kaum Investitionen. Gleichzeitig sind Veränderungen in der Umsatzstruktur hin zu reiner Beherbergung und Nebenbetrieb zu vermuten. Der präsentierte Kostenvergleich basiert auf den jeweils aktuellen Wechselkursen. Hätte man den Wechselkurs konstant gehalten, wären die Kostenunterschiede im 2006 etwas stärker ausgeprägt. Die Schlussfolgerungen würden sich jedoch nicht ändern.

Preisvergleich


Die Analyse der Marktpreise und Preisstrukturen zeigt, dass die Schweizer Hotels in gewissen Kategorien gut im Preiswettbewerb mithalten können, während die Kostennachteile bei anderen Hotelformen deutlich stärker auf die preisliche Wettbewerbsfähigkeit durchschlagen (vgl. Grafik 3). Die Preise der untersuchten konventionellen Drei-Sterne-Hotels beispielsweise sind in Österreich und Südtirol rund ein Drittel tiefer als in der Schweiz. Die Vier-Sterne-Familienhotels oder Wellnesshotels hingegen sind in Österreich nur ca. 10% günstiger als in der Schweiz.  Die Preismediane der Schweizer Fünf-Sterne-Hotels liegen besonders im Winter deutlich über jenen der entsprechenden Hoteltypen in Österreich. Dabei bietet – wie bei den Vier-Sterne-Hotels – eine bedeutende Zahl der untersuchten Schweizer Hotels Zimmer zu ähnlichen Preisen wie in Österreich an. Daneben besteht aber in der Schweiz sowohl bei den Luxushotels wie bei den Fünf-Sterne-Wellnesshotels eine Gruppe von Betrieben, die als Ganzes oder mit einem Set von Zimmern in einem Hochpreissegment positioniert sind, das in Österreich und in Südtirol in derselben Art nicht angeboten wird oder werden kann. Deutlich anders präsentiert sich das Bild bei den Drei-Sterne-Hotels. Die Südtiroler und die Österreicher Hotels sind im Mittel 30% bis 40% günstiger als diejenigen in der Schweiz. Es bieten höchstens einzelne Schweizer Hotels Zimmer an, die in derselben Preisklasse liegen wie die grosse Menge der Hotels in Österreich und Südtirol. Dieses Bild zeigt sich sowohl bei den konventionellen Drei-Sterne-Hotels als auch bei den spezialisierten Familien- und Sporthotels. Obwohl nur wenige Betriebe für den Vergleich zur Verfügung standen, deuten die Ergebnisse der Analyse darauf hin, dass die Schweizer Low-Cost- und Appartement-Hotels ein ähnliches oder sogar günstigeres Preisniveau aufweisen als vergleichbare Hotels in den Wettbewerbsregionen.

Beispiel: Vier-Sterne-Wellnesshotels


Die Vier-Sterne-Wellnesshotels, welche das Rückgrat der Schweizer Alpenhotellerie bilden, schneiden im Preisvergleich gut ab. Die Detailergebnisse dieser Kategorie sind deshalb besonders erwähnenswert. Detailergebnisse anderer Hoteltypen können in der ausführlichen Studie nachgelesen werden. In der Hochsaison liegen die Preismediane der Österreicher und der Südtiroler Vier-Sterne-Wellnesshotels lediglich 10% tiefer als diejenigen der Schweizer Hotels, während der Preisunterschied in der schwächeren Sommersaison mit einem intensiveren Preiswettbewerb etwas grösser ist. Insgesamt überschneiden sich die Preise und Preisspannen der Schweizer Vier-Sterne-Wellnesshotels stark mit denjenigen in Österreich und Südtirol. Deutschland ist etwas günstiger, während die französischen Hotels deutlich höhere Preise aufweisen (vgl. Grafik 4). Die Preisspannen in diesen von der Qualität her grundsätzlich vergleichbaren Hotels beruhen meist auf der Art und Grösse der gewählten Zimmer. Die Preisunterschiede im gleichen Hotel für ein unterschiedliches Zimmer (z.B. Grösse, Aussicht, Balkon) sind oft bedeutend grösser als die Preisunterschiede zwischen verschiedenen Hotels für das genau gleiche Zimmer. Grafik 5 zeigt zudem, dass in der Schweiz Vier-Sterne-Hotels in allen Preiskategorien gefunden werden können. Allerdings ist die Wahrscheinlichkeit in der Schweiz höher, ein Hotel im mittleren Preissegment zu finden, während in Österreich ein relativ breites Angebot an Hotels im unteren Preissegment vorhanden ist.

Schlussfolgerungen für Schweizer Hotels im Preiswettbewerb


Ein Kosten- und Preisvergleich ist nur eines von mehreren Elementen, die für Investitionsentscheide in die Schweizer Hotellerie herangezogen werden können. Deshalb können keine abschliessenden Handlungsempfehlungen daraus abgeleitet werden. Trotzdem lassen sich allgemeine Schlussfolgerungen für künftige Investitionen in die Schweizer Ferienhotellerie ziehen: – Die Analysen haben gezeigt, dass die Preis- und Kostenunterschiede zwischen der Schweiz und dem Ausland tendenziell abnehmen. Dieser Prozess schreitet jedoch nur langsam voran. Zudem ist diese Entwicklung primär das Resultat von betrieblichen Anpassungen statt von Veränderungen der (politischen) Rahmenbedingungen. – Strukturstarke Hotels (z.B. Vier-Sterne-Wellnesshotels, Luxushotels) konnten sich am stärksten verbessern. Hotels, die über betriebswirtschaftlich ungünstige Strukturen verfügen (z.B. traditionelle kleinstrukturierte Drei-Sterne-Hotels), konnten deutlich weniger bis gar keine Fortschritte erzielen. Wir gehen davon aus, dass sich die internationalen Wettbewerbsbedingungen für Schweizer Hotels mit betriebswirtschaftlich optimalen Strukturen tendenziell weiter verbessern werden, weil die ausländischen Hotels eine ähnliche oder sogar schwächere Investitionskraft aufzeigen. – Der Vergleich der Drei-Sterne-Ferienhotellerie lässt vermuten, dass der regionale/nationale Wettbewerb weiterhin mehr Druck auf die Preise ausübt als der internationale Wettbewerb. Wir gehen aufgrund der erkennbaren Tendenzen davon aus, dass manche kleinere Häuser mangels Expansions- und Diversifikationsmöglichkeiten im Laufe der Zeit in Nebenerwerbsbetriebe umgewandelt werden. Diese Entwicklung (in Österreich und der Schweiz) führt dazu, dass sich das Preis-Leistungs-Verhältnis in diesem Segment eher verschlechtern dürfte und die internationale Wettbewerbsposition der Schweiz damit weiterhin schwierig bleibt. Diese Aussage bezieht sich primär auf konventionelle eher kleine Drei-Sterne-Hotels, die vollkommen auf die Destinationsprodukte angewiesen sind und mit ihrem Angebot nicht aus eigener Kraft für Auslastung in der Nebensaison sorgen können. – Aufgrund der analysierten Daten gehen wir davon aus, dass die Schweiz bereits heute eine verhältnismässig gute Wettbewerbsfähigkeit bei neueren Hotelformen aufweist, die bezüglich Arbeits- und Warenkosten extensiv bewirtschaftet werden. Dabei handelt es sich namentlich um Aparthotel- und Low-Service/Cost-Konzepte.  Schliesslich hat die Analyse gezeigt, dass der Kostennachteil in der Schweiz zwar nicht zwingend eine tiefere Auslastung nach sich zieht, wohl aber die Steigerung der Anzahl Hotels verhindert. Neben der Schaffung gleich langer Spiesse im internationalen Wettbewerb – z.B. bei Waren- und Personalkosten – behält aufgrund der hohen Saisonalität der Ferienhotellerie und des intensiven regionalen/nationalen Wettbewerbs die weitere Ausdehnung der Saisons eine zentrale Bedeutung, um die Profitabilität und Lohnqualität in der Hotellerie zu erhöhen.

Grafik 1 «Kostenvergleich Vier-Sterne-Modellhotels»

Grafik 2 «Kostenvergleich Drei-Sterne-Modellhotels»

Grafik 3 «Preisvergleich verschiedener Hoteltypen (ermittelte Preismediane, mittlere Zimmerkategorie)»

Grafik 4 «Preisspannen der Vier-Sterne-Wellnesshotels»

Grafik 5 «Preise der Vier-Sterne-Wellnesshotels»

Kasten 1: Untersuchungsmethodik
Kostenvergleich

Basierend auf den Jahresrechnungen mehrerer hundert Hotelbetriebe in den Datenbanken der Österreichischen Hotel- und Tourismusbank, der Schweizerischen Gesellschaft für Hotelkredit und des Wirtschaftsforschungsinstituts der Handelskammer Bozen wurde je ein typisches Drei-Sterne- und Vier-Sterne- Modellhotel definiert, das in der Schweiz, in Österreich und in Südtirol unter den jeweiligen Rahmenbedingungen betrieben wird. Die Kosten wurden zu den jeweils geltenden Wechselkursen und zu Wechselkursen von 2000 verglichen. Die dargestellten aggregierten Daten weisen aufgrund der getroffenen statistischen Vorkehrungen und aufgrund der überprüften Plausibilität eine hohe Repräsentativität auf. Sie sind geeignet, wesentliche Trends und charakteristische Strukturen in den drei Ländern darzustellen und zu interpretieren. Einzelbetriebe in allen Ländern können jedoch wesentlich von den dargestellten Modellhotels abweichen.

Preisvergleich

Im Preisvergleich wurden verschiedene Hoteltypen zu verschiedenen Saisonzeiten analysiert und miteinander verglichen. Es wurden Ferienhotels aus den Alpenregionen der Schweiz, Österreichs und des Südtirols analysiert sowie Hotels aus Deutschland (Bayern) und Frankreich (Rhône-Alpes) punktuell in die Analyse mit einbezogen. Insgesamt wurden die Preise von 725 einzelnen Hotels verglichen. Bei der Auswahl der Hotels wurde darauf geachtet, dass es sich um möglichst typische Betriebe für die betreffende Produktkategorie handelt.

Kasten 2: Literatur
– BHP – Hanser und Partner AG (2009): Hotels im Preiswettbewerb, Analyse der Kosten und Preise der Schweizer Hotellerie im internationalen Vergleich, Hrsg: Hotelleriesuisse, Bern/Zürich.- BHP – Hanser und Partner AG (2008): Gemeinsam Übernachtungsgäste gewinnen – Best Practise im Bündner Tourismusmarketing. Hrsg.: Hotelierverein Graubünden, Amt für Wirtschaft und Tourismus Graubünden, Bergbahnen Graubünden und Gastro Graubünden, Chur.- BHP – Hanser und Partner AG (2003): Tourismusdestination Schweiz: Preis- und Kostenunterschiede zwischen der Schweiz und der EU, Hrsg: Staatssekretariat für Wirtschaft SECO, Bern.

Zitiervorschlag: Maria Hug-Sutter, Jürg Kuster, Peder Plaz, Michael Ruetimann, (2009). Veränderungen im internationalen Preiswettbewerb für die Schweizer (Ferien-)Hotellerie. Die Volkswirtschaft, 01. Juli.