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Hochschulbereich auf Bedürfnisse der KMU-Wirtschaft ausrichten

Der Schweizerische Gewerbeverband (SGV) legt als grösster Dachverband der Schweizer Wirtschaft Wert auf ein qualitativ hochstehendes Bildungssystem, das auf allen Ebenen gesellschafts- und wirtschaftspolitisch effizient wirken kann und sich an den Vorgaben der neuen Bildungsverfassung orientiert. Dies bedeutet insbesondere die Anerkennung der Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung sowie der damit verbundenen Gleichbehandlung beider Bildungswege. Es geht nicht darum, diese unterschiedlichen Kulturen zu vereinheitlichen – im Gegenteil: Langfristiges Ziel der Bildungsbestrebungen auf Hochschulebene muss sein, dass alle auf Hochschulebene angebotenen Studiengänge – ungeachtet des Hochschultyps – von höchster Qualität sind, den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bedürfnissen entsprechen sowie im In- und Ausland anerkannt werden.

Bereits 1995 wurde mit der Einführung des Fachhochschulgesetzes unter dem Schlagwort «gleichwertig, aber andersartig» ein neuer, mit der Berufsbildung eng verbundener Hochschultypus geschaffen. Mit der Etablierung der Berufsmaturität und der Fachhochschulen (FH) erweiterten sich die Weiterbildungsmöglichkeiten für Berufsleute, die bis dahin bezüglich eidgenössisch anerkannter Abschlüsse auf die höhere Berufsbildung (Tertiär B) eingeschränkt waren.

Effizient und arbeitsmarktorientiert


Die KMU-Wirtschaft ist auch im Hochschulbereich auf ein effizientes und arbeitsmarktorientiertes Bildungssystem angewiesen. Folgende Punkte sind dabei von Bedeutung: – Die Fachhochschulen basieren auf unserem bewährten dualen Berufsbildungssystem mit dem «Königsweg» über die Berufsmatura. Dieser Zugang sowie die Passerellen sind eindeutig im Gesetz zu verankern und zu regeln. – Die höhere Berufsbildung als wichtige Weiterbildungsschiene – vor allem für die KMU-Wirtschaft – darf nicht wettbewerbsverzerrend durch die Hochschulen konkurrenziert werden.  – Der Einbezug der Wirtschaft, wie er in der Berufsbildung gelebt und im Berufsbildungsgesetz in Artikel 1 als Verbundpartnerschaft verankert ist, muss auf Gesetzesstufe prominent und wirkungsvoll vorgesehen werden.

Wirtschaftsvertretung im Hochschulrat imperativ


Der Entwurf zum Bundesgesetz über die Förderung der Hochschulen und die Koordination im Schweizerischen Hochschulbereich (HFKG) trägt diesen Forderungen nur ungenügend Rechnung, indem die Entscheidkompetenz primär beim Hochschulrat – einer Art Ausschuss der Hochschulkonferenz – liegt. Der Einfluss der aussenstehenden Kreise auf die Hochschullandschaft Schweiz ist damit markant verringert worden. Das Gremium setzt sich aus 14 Regierungsmitgliedern der Trägerkantone von Universitäten, FH sowie Pädagogischen Hochschulen zusammen und steht unter der Leitung eines Bundesrates. Die Wirtschaft hingegen ist nicht vertreten und kann damit in Bezug auf die FH keinen Einfluss mehr nehmen. Der SGV fordert deshalb zwingend, dass der Hochschulrat mit vier Mitgliedern aus der Wirtschaft ergänzt wird. Ändert dies nicht, würden die FH als Königsweg der dualen Berufsbildung zwar das eigene Profil behalten; aber der Einbezug der Wirtschaft, der in diesem Bereich zwingend ist, würde sowohl in der Lehre als auch in der Forschung auf ein Minimum reduziert.

Qualität und Best Practice gefragt


Selbstverständlich anerkennt auch der SGV den verfassungsmässigen Auftrag, einen einheitlichen Hochschulraum Schweiz zu schaffen. Die Vorgaben der Bundesverfassung sind eigentlich klar: gemeinsame Koordination und Gewährleistung der Qualitätssicherung durch Bund und Kantone, Rücksichtnahme auf die Autonomie der Hochschulen und ihre unterschiedlichen Trägerschaften sowie Gleichbehandlung von Institutionen mit gleichen Aufgaben. Dabei gehen wir von folgendem Bild aus: Die Universitäten verfügen heute über ein breites, kaum koordiniertes Studienangebot. Ihre Abstützung ist kantonal; sie haben wenig Bundesvorgaben und verfügen so über eine hohe Autonomie. Die ETH sind in ihrem Angebot eher fokussiert, national abgestützt, sehr autonom und verfügen über erhebliche Finanzmittel. Die Fachhochschulen schliesslich haben ihre grosse Stärke im Praxisbezug; sie sind regional abgestützt, durch die straffe Bundesregelung nur teilautonom, entwickeln sich aber trotzdem sehr dynamisch. Für die Institutionen gilt, dass sie weder vom «Kantönligeist» geprägt werden noch der Selbstverwirklichung einzelner Hochschuldozierender dienen dürfen. Unser Land ist zu klein, als dass wir uns ein Überangebot an mittelmässigen Hochschul-Studiengängen und zu kleinen Forschungszentren leisten können – und dies gilt für den ganzen Hochschulbereich. Die Grundlagen dazu müssen jetzt im HFKG gelegt werden.

Zitiervorschlag: Hans-Ulrich Bigler (2009). Hochschulbereich auf Bedürfnisse der KMU-Wirtschaft ausrichten. Die Volkswirtschaft, 01. September.