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Der rechtliche Rahmen des HFKG

Dem Bundesgesetz über die Förderung der Hochschulen und die Koordination im schweizerischen Hochschulbereich (HFKG), das bei den eidgenössischen Räten zur Beratung steht, kommt für die Schaffung des Hochschulraumes Schweiz grundlegende Bedeutung zu. Es stellt die Kriterien auf und dient dem Bund als gesetzliche Grundlage für die Finanzierung der Hochschulen, definiert die aus Bundessicht zu vereinbarenden Zuständigkeiten, regelt den organisatorischen und verfahrensmässigen Rahmen für die gemeinsamen Organe und verankert die Führungs- und Koordinationsverantwortung des Bundes, die er im gemeinsamen Entscheidungsprozess wahrzunehmen hat.

Verfassungsrechtlich begründeter Hochschulraum Schweiz


Jedes Bundesgesetz bedarf einer Grundlage in der Bundesverfassung: Der Bundesgesetzgeber darf nur im Rahmen der dem Bund übertragenen Zuständigkeiten legiferieren (Art. 3/42 BV). Nach Art. 62 BV ist das Hochschulwesen – als Teil des Schulwesens – an sich Sache der Kantone. Der Bund verfügt nur über eine parallele Kompetenz zur Führung eigener Hochschulen, und er hat eine Verpflichtung zur Unterstützung der kantonalen Hochschulen (Art. 63a Abs. 1/2 BV). Deshalb ist es von besonderem Interesse, die Verfassungsgrundlage des HFKG näher zu betrachten.  Mit der am 21. Mai 2006 von Volk und Ständen mit grosser Mehrheit angenommenen Bildungsverfassung (Art. 61a ff. BV) ist im schweizerischen Bildungswesen in mehrfacher Hinsicht verfassungsrechtliches Neuland beschritten worden. Einen wichtigen Bestandteil dieser Bildungsverfassung bildet die Hochschulverfassung. In einem neuen, eigenen Hochschulartikel (Art. 63a BV) wird die Verfassungsgrundlage gelegt für den zu schaffenden, gemeinsam von Bund und Kantonen getragenen Hochschulraum Schweiz. Als solcher umfasst er das ganze schweizerische Hochschulwesen – unabhängig von der Hochschulträgerschaft und von der Art der Hochschule (Universitäten und Fachhochschulen) – und bezieht auch die Forschung mit ein. In diesem Sinne handelt es sich um einen einheitlichen Hochschulraum. Für diesen gelten die gleichen Oberziele wie für den übrigen Bildungsraum Schweiz: hohe Qualität und Durchlässigkeit (Art. 61a BV). Diese Ziele sollen durch Koordination und Wettbewerb erreicht werden (so in Art. 1 HFKG ausdrücklich als Gesetzeszweck bezeichnet).  Art. 63a Abs. 3 BV beauftragt Bund und Kantone gemeinsam mit der Koordination wie auch mit der Gewährleistung der Qualitätssicherung im schweizerischen Hochschulwesen. Sie haben dabei – dies ist die entscheidende Grundlage für den Wettbewerb im Hochschulbereich – die Autonomie der Hochschulen zu wahren und auf die Unterschiedlichkeit der Institutionen des Hochschulwesens Rücksicht zu nehmen. Die Hochschulautonomie erhält damit erstmals eine eigene verfassungsrechtliche Verankerung, wobei die konkrete Gewährleistung der Autonomie den einzelnen Hochschulträgergesetzen überlassen bleibt. Der Autonomiegrundsatz gilt gleicherweise für Universitäten wie für Fachhochschulen, was insbesondere für den Fachhochschulbereich eine wichtige Neuerung bedeutet und zu erheblichen Änderungen führen wird. Mit der Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Besonderheiten der unterschiedlichen Hochschultypen kann dabei das spezifische Fachhochschulprofil gesichert werden (was in Art. 5 HFKG ausdrücklich hervorgehoben wird). Zur Erfüllung ihrer gemeinsamen Aufgaben schliessen Bund und Kantone Verträge ab und schaffen gemeinsame Organe, denen sie bestimmte Entscheidungsbefugnisse übertragen (Absatz 4). Die für den Hochschulraum Schweiz geltenden wesentlichen Rahmenbedingungen sind demnach – gestützt auf Gesetz und Vertrag (konkret: HFKG und Hochschulkonkordat) – durch gemeinsame Organe von Bund und Kantonen festzulegen (siehe unten). Art, Zahl und mögliche Zuständigkeiten dieser gemeinsamen Organe wie auch die Grundsätze von Organisation und Verfahren der Koordination und die Stellung des Bundes im Hochschulraum zu bestimmen, ist demnach Sache des HFKG (Art. 63a Abs. 4 BV). Der Hochschulartikel überlässt dem Bundesgesetzgeber wie auch den Kantonen als Konkordatsgesetzgeber einen grossen Handlungsspielraum bei der Ausgestaltung des koordinierten Hochschulraumes Schweiz. Die Verfassung gibt jedoch Bund und Kantonen die verpflichtenden Bereiche – sogenannte Steuerungseckwerte – vor, in denen sie gemeinsam festgelegte Koordinationsziele erreichen müssen: nämlich die Regelung der Studienstufen und deren Übergänge, die akademische Weiterbildung, die Anerkennung von Hochschulinstitutionen und -abschlüssen, einheitliche Finanzgrundsätze sowie die Aufgabenteilung zwischen den Hochschulen in besonders kostenintensiven Bereichen. Gelingt es Bund und Kantonen nicht, die gemeinsamen Ziele zu erreichen, so sieht die Verfassung eine subsidiäre Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes vor (Art. 63a Abs. 5 BV). Insgesamt verfügt somit das HFKG über eine klare Verfassungsgrundlage, die dem Handeln der gemeinsamen Organe von Bund und Kantonen die nötige demokratische Legitimation verschafft.

Bezeichnung und Geltungsbereich des Gesetzes


Der Titel des Bundesgesetzes über die Förderung der Hochschulen und die Koordination im schweizerischen Hochschulbereich wirkt schwerfällig; er ist auch schon als legislativer Zungenbrecher bezeichnet worden. Die Bezeichnung gibt jedoch treffend den Hauptinhalt des Gesetzes wieder: einerseits Gesetzesgrundlage für die Hochschulförderung des Bundes – analog den bisherigen Hochschulförderungsgesetzen – und andererseits Organisationserlass für die gemeinsame Koordination von Bund und Kantonen im (gesamt)schweizerischen Hochschulbereich (Art. 1 HFKG). Das HFKG ist also weder ein Hochschulrahmengesetz des Bundes noch ein schweizerisches Hochschulgesetz; für beides würde dem Bund die Gesetzgebungszuständigkeit fehlen. Das HFKG setzt vielmehr voraus, dass jede Hochschule und Hochschulinstitution von Bund und Kantonen – auch weiterhin – über eine eigene Gesetzesgrundlage des jeweiligen Trägergemeinwesens verfügt. Im Rahmen des verfassungsmässig klar beschränkten Zwecks (Förderung und Koordination) gilt das HFKG für alle Hochschularten, d.h. alle kantonalen Universitäten, die Fachhochschulen unter Einschluss der Pädagogischen Hochschulen sowie die beiden Eidg. Technischen Hochschulen (ETH) und die Hochschulinstitutionen des Bundes (deren Finanzierung in der Spezialgesetzgebung geregelt wird). Konsequenterweise wird das Fachhochschulgesetz aufgehoben (Ziffer I des Anhangs zum HFKG), wobei übergangsrechtlich einige wichtige Bestimmungen für bestimmte Zeit weiter bestehen werden. Die privaten Hochschulen, die sich auf die Wirtschaftsfreiheit abstützen können, fallen grundsätzlich nicht in den Geltungsbereich des HFKG, ausser wenn sie sich akkreditieren lassen und vom Bezeichnungs- und Titelschutz profitieren wollen (Art. 2 HFKG).

Konstituierung gemeinsamer Organe


Die Grundstruktur der Zusammenarbeit von Bund und Kantonen ist durch die oben beschriebene Hochschulverfassung weitgehend vorgegeben. Analog dem heute geltenden Universitätsförderungsgesetz (UFG) legt der Bundesgesetzgeber im HFKG die Organisation und das Verfahren der Koordination fest. Die Kantone ihrerseits schliessen ein Hochschulkonkordat – im Wesentlichen mit gleichem Inhalt wie das HFKG – ab. HFKG und Hochschulkonkordat ermächtigen den Bundesrat resp. die Kantonsregierungen zum Abschluss einer Zusammenarbeitsvereinbarung, welche erst die gemeinsamen Organe schafft und sie mit konkreten Zuständigkeiten ausstattet (Art. 6 HFKG). Ein Nichtzustandekommen der Zusammenarbeitsvereinbarung müsste als Scheitern der Koordination gewertet werden, was die subsidiäre Bundeskompetenz auslösen würde. Die für den Hochschulraum Schweiz getroffene Regelung der Zusammenarbeit von Bund und Kantonen geht weit über die in anderen Aufgabenbereichen vorgesehenen und praktizierten Kooperationsformen hinaus. Mit dem HFKG und dem Hochschulkonkordat delegieren der Bundesresp. die kantonalen Gesetzgeber wichtige legislative und exekutive Zuständigkeiten an die gemeinsamen Organe, insbesondere an die Schweizerische Hochschulkonferenz als oberstem hochschulpolitischem Organ der Schweiz. So ist es an der Plenarversammlung (Art. 11 HFKG), die Merkmale der Hochschultypen Auf eine gesetzliche Umschreibung der Universitäten/Fachhochschulen ist verzichtet worden. oder die Referenzkosten zur Berechnung der Grundbeiträge an die Hochschulen festzulegen. Der Hochschulrat (Art. 12 HFKG) ist u.a. zuständig für die Regelung der Studienstufen und deren Übergänge, die Durchlässigkeit und Mobilität im Hochschulraum, das Akkreditierungsverfahren sowie die Festlegung der gesamtschweizerischen hochschulpolitischen Planung. Die Hochschulkonferenz ist eine Hochschulträgerkonferenz. Als weiterem gemeinsamen Organ kommt demgegenüber der Rektorenkonferenz der schweizerischen Hochschulen die zentrale Aufgabe zu, die gemeinsamen Interessen und die Haltung der Hochschulen im Hochschulraum zu definieren und zu vertreten (Art. 20 f. HFKG). Es liegt also vor allem an der Rektorenkonferenz, die Akademie- und Autonomieinteressen der Hochschulen in den gesamtschweizerischen hochschulpolitischen Entscheidungsprozess einzubringen und dafür einzustehen. Dies ist umso wichtiger als das HFKG – anders als noch die Vernehmlassungsvorlage – den Schweizerischen Wissenschafts- und Technologierat nicht mehr als gemeinsames Organ vorsieht. Schliesslich legt das HFKG fest, dass künftig der Schweizerische Akkreditierungsrat resp. die Agentur für Qualitätssicherung im Rahmen der Richtlinien der Hochschulkonferenz selbständig verantwortlich ist für die notwendige institutionelle Akkreditierung der Hochschulen und die damit verbundene Gewährleistung der Qualitätssicherung und -entwicklung (Art. 22 ff. HFKG).

Stellung des Bundes im Hochschulraum


Die schweizerische Hochschulverfassung basiert auf dem Konzept einer verstärkten Kooperation von Bund und Kantonen bei der Steuerung und Finanzierung des Hochschulwesens. Zentralistische wie auch einer radikalen Aufgabenentflechtung zwischen Bund und Kantonen verpflichtete Modelle sind im Vorfeld als wenig realistisch verworfen worden. Das Kooperationsmodell bedeutet aber nicht gleichzeitig auch föderales Konsensmodell (wie es einzelne Medienkommentare zum Ausdruck gebracht haben). Es liegt durchaus im Sinne des Verfassungsgebers, wenn der Bundesgesetzgeber nun im HFKG die Koordinationsorgane handlungs- und entscheidungsfähig ausgestaltet, so dass sie die gemeinsamen Ziele auch zu erreichen vermögen. Wesentliche Voraussetzung dafür ist die auf ihre spezifische Funktion zugeschnittene Zusammensetzung der Organe und deren Entscheidverfahren, insbesondere in Bezug auf die Schweizerische Hochschulkonferenz (Abgrenzung Plenarversammlung/Hochschulrat).  Von ausschlaggebender Bedeutung für eine erfolgreiche Zusammenarbeit dürfte aber auch die Frage der Führung sein. Art. 4/14 HFKG übertragen diese Verantwortung ausdrücklich dem Bund. Es handelt sich demnach um einen durch den Bund geführten, koordinierten Hochschulraum Schweiz. Verschiedene Gesetzesbestimmungen konkretisieren diese Führungsverantwortung. Der Bundesrat leitet die Koordination der gemeinsamen Aktivitäten von Bund und Kantonen im Hochschulbereich. Deshalb ist ihm auch dauerhaft (kein Rotationssystem mit einem kantonalen Regierungsvertreter wie bei der SUK) die Leitung der Hochschulkonferenz übertragen, was zweifellos mehr bedeutet als den (formalen) Konferenzvorsitz innezuhaben. Art. 14/15 HFKG schafft die notwendigen organisatorischen Voraussetzungen für eine aktive Führungsrolle des Bundesrates, indem der Bundesrat das zuständige Mitglied und dessen Stellvertretung ausdrücklich bezeichnen muss, das die Präsidentenaufgabe zu erfüllen hat und dessen Departement primär mit der Führung der Geschäfte der Hochschulkonferenz beauftragt ist. Diese klare Zuordnung der Verantwortung im Bundesrat dürfte angesichts der weiterhin bestehenden Aufteilung des Hochschulbereichs auf zwei Departemente von erheblicher Bedeutung sein.

Transparenz, Sicherheit und Wettbewerb in der Hochschulfinanzierung


Die herausgehobene Verantwortung des Bundes im Hochschulbereich zeigt sich insbesondere auch im Finanzierungsbereich. Nach Art. 41 HFKG stellt der Bund zusammen mit den Kantonen sicher, dass die öffentliche Hand die für eine Lehre und Forschung von hoher Qualität notwendigen finanziellen Mittel zur Verfügung stellt. Das bedeutet klarerweise nicht, dass dem Bund die Hauptverantwortung für die Finanzierung der kantonalen Hochschulen zukommt. Die Hauptverantwortung liegt weiterhin beim jeweiligen Trägergemeinwesen. Das HFKG schafft aber die Grundlage für eine erhöhte Transparenz bei der Hochschulfinanzierung. Die gesamte Grundfinanzierung der Hochschulen – die Trägergrundfinanzierung, die interkantonalen Beiträge und die Bundesbeiträge – soll sich künftig am Referenzkostenmodell orientieren (Art. 44 HFKG). Die periodische Festlegung der Referenzkosten ist deshalb ein hochschulpolitisch bedeutender Leitentscheid der Hochschulkonferenz, der nicht nur die künftige Entwicklung und das Profil der unterschiedlichen Hochschultypen massgeblich beeinflussen wird, sondern auch wesentlich zum erwünschten verstärkten Wettbewerb zwischen den Hochschulen beitragen kann. Mit dem Recht, die Kombination und die Gewichtung der Bemessungskriterien festzulegen, gibt Art. 51 HFKG dem Bundesrat zusätzlich ein wirkungsvolles Steuerungsinstrument in die Hand. Das HFKG verbindet den verstärkten Wettbewerb und die Qualitätssicherung im Hochschulbereich mit mehr Vorhersehbarkeit und Sicherheit in der Grundfinanzierung der Hochschulen. Mit der Interkantonalen Universitätsvereinbarung (IUV) und der Fachhochschulvereinbarung (FHV) besteht bereits heute und weiterhin ein gesichertes Finanzierungsinstrument für die Hochschulkantone. Das HFKG sieht nun nicht nur wie bisher mehrjährige, durch die Bundesversammlung zu beschliessende Zahlungsrahmen für die Grundbeiträge an die Universitäten und Fachhochschulen vor, sondern verankert neu auch gesetzlich festgelegte Beitragssätze (Art. 50 HFKG). Danach übernimmt der Bund bei den Universitäten 20% und bei den Fachhochschulen (mit Ausnahme der Pädagogischen Hochschulen) 30% vom Gesamtbetrag der Referenzkosten. Diese – politisch wohl nicht unumstrittene – Neuerung wäre ein erheblicher Fortschritt auf dem Weg zu einer längerfristig angelegten, weniger von finanzpolitischen Tagesopportunitäten beeinflussten Hochschulpolitik des Bundes. Sie würde auch die neue Gesamtverantwortung angemessen zum Ausdruck bringen, die dem Bund im Hochschulraum Schweiz künftig zukommt.

Fazit


Die gesetzliche Umsetzung der Hochschulverfassung, die das HFKG vornimmt, mag kompliziert erscheinen. Dies liegt im Wesen des bewusst föderal angelegten Kooperationsmodells, das sich auf die Gesamtsteuerung des schweizerischen Hochschulwesens beschränkt und den Trägergemeinwesen die Hauptverantwortung für die strategische Entwicklung sowie das Profil ihrer Hochschulen belässt. Die gemeinsamen hochschulpolitischen Organe von Bund und Kantonen sind so konstituiert und ausgestaltet, dass sie handlungsfähig sind. Ob die in der Zusammenarbeitsvereinbarung gemeinsam festgelegten Ziele auf dem vorgesehenen Weg erreicht werden können, hängt wesentlich davon ab, ob die Akteure die ihnen zugewiesene Rolle und Befugnisse tatsächlich wahrnehmen.

Grafik 1 «Rechtlicher Rahmen des Hochschulraumes Schweiz»

Zitiervorschlag: Bernhard Ehrenzeller (2009). Der rechtliche Rahmen des HFKG. Die Volkswirtschaft, 01. September.