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Arbeitslosenquote – wichtiger Indikator für die Beschäftigungslage und die Ausschöpfung des Arbeitskräfteangebots

Arbeitslosenquote - wichtiger Indikator für die Beschäftigungslage und die Ausschöpfung des Arbeitskräfteangebots

Die Arbeitslosenquote beschreibt das Ausmass der Arbeitslosigkeit in einer Volkswirtschaft. Als Verhältniszahl gibt sie Auskunft über den Anteil der Arbeitslosen an der Gesamtzahl der Erwerbspersonen, auch aktive Bevölkerung genannt, und beschreibt damit die Höhe des Mismatch auf dem Arbeitsmarkt. Sie ist die wichtige Kennzahl für die Darstellung der Beschäftigungslage und Indikator für die Ausschöpfung des Arbeitskräfteangebots. In der Schweiz wird die Arbeitslosenquote vom Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) berechnet. Sie ist eine von zahlreichen Kennzahlen, die im Rahmen der Arbeitslosenstatistik mittels einer monatlich durchgeführten elektronischen Registerzählung und Auswertung aller Stellensuchenden-Dossiers bei den Regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV) in den Kantonen anfallen. Kontakt und Informationen: 031 322 22 15, lamda-helpdesk@seco.admin.ch, www.amstat.ch .

Technisch berechnet sich die Arbeitslosenquote aus der Division der Anzahl der registrierten Arbeitslosen durch die Anzahl der Erwerbspersonen, multipliziert mit 100, um den Prozentsatz auszudrücken:



Als Arbeitslose zählen dabei alle stellensuchenden Personen, die am Stichtag der Erhebung ohne Arbeit, sofort vermittelbar und bei einem RAV registriert sind. Für die Erfassung in der Statistik ist die Registrierung eine Voraussetzung; hingegen ist es unwesentlich, ob die arbeitslose Person auch einen Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung hat oder nicht. Die Definition, wer als arbeitslos betrachtet wird, strebt eine möglichst hohe Übereinstimmung mit den international anerkannten Normen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) an, nach welchen Arbeitslose als Personen umschrieben werden, die keine Arbeit haben, für Arbeit verfügbar und auf der Suche nach einer Beschäftigung sind.  Die Zahl der Erwerbspersonen fliesst über den Nenner in die Berechnung der Arbeitslosenquote ein. Als Erwerbspersonen gelten die Erwerbstätigen ab einer Arbeitsstunde pro Woche plus die Erwerbslosen. Die Zahl der Erwerbspersonen wurde bisher alle 10 Jahre im Rahmen einer Volkszählung durch das Bundesamt für Statistik (BFS) erhoben. In der Schweiz stellte die Volkszählung bis 2000 die einzige Vollerhebung im Personenbereich dar. Sie ist damit die einzige Quelle, welche detaillierte und kohärente Angaben über die Erwerbspersonen in der Schweiz und deren demografische und sozioökonomische Merkmale bis hinab auf Gemeindestufe liefern konnte. Da die Erhebung allerdings nur alle 10 Jahre stattfand, wurde diese Zahl für die Berechnung der Arbeitslosenquote durch das Seco jeweils 10 Jahre lang konstant gehalten. Die nächste Anpassung des Nenners erfolgt deshalb erst, sobald neue Resultate zum Bereich Erwerbsleben im Anschluss an die Volkszählung 2010 vorliegen (zum Systemwechsel bei der Volkszählung siehe letzter Abschnitt).

Praktische Relevanz


In der Schweiz gibt es seit 1936 eine Arbeitslosenstatistik. Sie wird heute vom Seco erhoben. Die Arbeitslosenquote ist dabei eine von zahlreichen Kennzahlen, die im Rahmen dieser Statistik anfallen. Mittels einer Vollerhebung, die sich auf die amtlich geführten Register der RAV abstützt, werden die Daten – unterstützt durch eine moderne, webbasierte Datawarehouse-Technologie – elektronisch erfasst und ausgewertet. Daraus gehen die drei kurzfristigen Konjunkturindikatoren Arbeitslosenquote, Kurzarbeit und gemeldete offene Stellen hervor sowie eine Vielzahl von Kennzahlen zur Beschreibung der Arbeitslosigkeit nach geografischen und sozioökonomischen Merkmalen. Aber auch Controllingdaten für die Wirkungsmessung der Arbeitsmarktmassnahmen (AMM) und deren aktive Steuerung werden so gewonnen. Je nach Lage und Befindlichkeit des Arbeitsmarktes oder politischem Fokus erhalten Untersuchungen respektive Unterscheidungen nach Regionen, Kantonen, Alter, Geschlecht, Nationalität, Qualifikation, Dauer der Arbeitslosigkeit oder Wirtschaftszweigen Gewicht. Die entsprechenden Arbeitslosenquoten und Kennzahlen zur Strukturanalyse der Arbeitslosigkeit werden vom Seco auf monatlicher Basis und mit grosser Aktualität bereits wenige Tage nach der Erhebung auf Internet als Pressemitteilung und als Print publiziert. Neben der Arbeitslosenquote wird auch eine saisonkorrigierte Arbeitslosenquote veröffentlicht, aus welcher jahreszeitliche Einflüsse und Beschäftigungsschwankungen – wie sie insbesondere im Baugewerbe, dem Gastgewerbe und in der Landwirtschaft auftreten – anhand von langjährigen Erfahrungen herausgefiltert worden sind.

Entwicklung der Arbeitslosigkeit


Der Schweizer Arbeitsmarkt gilt im internationalen Vergleich als sehr flexibel. Das gute Zusammenspiel der schweizerischen Institutionen auf dem Arbeitsmarkt hat es erlaubt, trotz nicht immer günstiger Wirtschaftslage eine Verfestigung hoher Arbeitslosigkeit weitgehend zu verhindern. Im Rückblick durchbrachen die jahresdurchschnittlichen Arbeitslosenquoten in der Schweiz zwischen 1940 und 1990 die 1%-Marke kaum. Dies gilt auch für die Rezession Mitte der 1970er-Jahre. Die 1990er-Jahre bedeuteten allerdings das Ende des 50 Jahre andauernden arbeitsmarktlichen Sonderfalles Schweiz. Anfang der 1990er-Jahre begannen die Arbeitslosenquoten markant zu steigen und erreichten im Februar 1997 mit einer Arbeitslosenquote von 5,7% und einer Arbeitslosenzahl von über 206 000 Personen einen vorläufigen Höhepunkt. Über die nächsten vier Jahre sanken die Arbeitslosenquoten wieder ab und erreichten im Juni 2001 mit 1,5% einen Sockel von rund 59 000 arbeitslosen Personen. In einer nachfolgenden zweiten Welle stiegen die Zahlen bereits zweieinhalb Jahre später wieder auf 4,3% (über 168 000 arbeitslose Personen) an, was aber doch deutlich unter den Werten von 1997 lag. Zwischen 2004 und 2008 bauten sich die Arbeitslosenquoten wieder ab und erreichten im Juni 2008 wieder einen unteren Wendepunkt. Allerdings lag dieser Wert mit einer Quote von 2,3% höher als im letzten Wellental aus dem Juni 2001, wodurch der neue Sockel auf etwas über 91 000 Personen angestiegen ist. Im Zuge der Turbulenzen auf den Finanzmärkten und dem Übergreifen der Auswirkungen auf die Realwirtschaft erfolgte 2008 auch die Trendwende auf dem Arbeitsmarkt mit starken monatlichen Zunahmen in den Arbeitslosenzahlen, die auch im Jahr 2009 noch andauern.  Im Ausblick für das Jahr 2009 prognostiziert die Expertengruppe Konjunkturprognosen des Bundes im Jahresdurchschnitt eine Zahl von 150 000 Arbeitslosen und eine Arbeitslosenquote von 3,8%.

Vergleich mit dem Ausland


Die nationalen Arbeitslosenzahlen sind international nur bedingt vergleichbar, da sich die Erhebungsmethoden und die Berechnungsweise teilweise stark voneinander unterscheiden. In der Schweiz erstellt das BFS im Rahmen der Schweizerischen Arbeitskräfteerhebung (Sake) seit 1991 eine gemäss den Normen und Standards der ILO und von Eurostat auf Stichprobenbasis erhobene international vergleichbare Erwerbslosenquote. Zufallsstichproben sind international weiter verbreitet als Vollerhebungen. Für aussagefähige internationale Vergleiche verweist das Seco deshalb stets auf die Erwerbslosenquote.

Weiterführung des Indikators und Revisionen im Ausblick


Am 22. Juni 2007 hat das Parlament die Totalrevision des Bundesgesetzes über die Eidgenössische Volkszählung verabschiedet. Mit dem neuen Gesetz, welches am 1. Januar 2008 in Kraft getreten ist, wird ein umfassender Systemwechsel bei der Erhebung der Volkszählungsdaten vollzogen. Die Volkszählung wird ab 2010 nicht mehr in ihrer gewohnten Form durchgeführt, sondern als Kombination von Registererhebung – d.h. einer Vollerhebung der basisdemografischen Merkmale aus den bestehenden amtlichen Registern – und Stichprobenerhebungen, die im Einjahresrhythmus durchgeführt und ausgewertet werden. Im Stichprobenverfahren geschätzt werden dabei jene Daten, die nicht in den Registern enthalten sind, und das betrifft insbesondere die Daten zu Erwerbsleben, Erwerbsstatus, Ausbildung und Beruf. Da rund 80% der Gemeinden in der Schweiz eine Wohnbevölkerung von weniger als 3000 Personen aufweisen und damit die notwendige Grösse für zuverlässige statistische Aussagen verfehlen, wird die Bildung von Arbeitslosenquoten auf Stufe der Gemeinden in Zukunft voraussichtlich entfallen, sodass wir für regionale Untersuchungen auf die nächsthöhere Stufe, die Bezirke, werden ausweichen müssen, es sei denn, der Informationsverlust auf Ebene der Gemeinden kann durch den Beizug einer anderen Datenquelle noch kompensiert werden. Die Bildung von Arbeitslosenquoten auf kantonaler oder gesamtschweizerischer Ebene sind jedoch nicht gefährdet.

Grafik 1 «Arbeitslosenquote im September 2009: Betroffenheit nach Kantonen»

Grafik 2 «Registrierte Stellensuchende und Arbeitslose, 1990-2009»

Kasten 1: Definitionen im Bereich Arbeitslosenquote
Arbeitslosenquote: Quotient aus der Anzahl registrierter Arbeitsloser geteilt durch die Anzahl Erwerbspersonen, multipliziert mit Hundert.

Registrierte Arbeitslose: Alle stellensuchenden Personen, die am Stichtag der Erhebung – d.h. am letzten Tag des Monats – ohne Arbeit, sofort vermittelbar und bei einem RAV registriert sind.

Erwerbspersonen: Erwerbstätige ab einer Arbeitsstunde pro Woche plus Erwerbslose unter der Wohnbevölkerung. Die Zahl der Erwerbspersonen wird alle 10 Jahre im Rahmen der Volkszählung durch das BFS erhoben und behält damit auch jeweils 10 Jahre ihre Gültigkeit (seit 1. Januar 2000: 3 946 988 Personen). Häufig werden die Erwerbspersonen mit dem Arbeitsangebot gleichgesetzt.

Zitiervorschlag: Robert Häubi (2009). Arbeitslosenquote – wichtiger Indikator für die Beschäftigungslage und die Ausschöpfung des Arbeitskräfteangebots. Die Volkswirtschaft, 01. November.