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Erfahrungen der Anbieter der Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie mit öffentlichen Beschaffungen

Erfahrungen der Anbieter der Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie mit öffentlichen Beschaffungen

Aus der Sicht der Anbieter der Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie besteht im Submissionsrecht Verbesserungspotenzial, welches sich sowohl zu Gunsten der Unternehmen als auch der öffentlichen Hand auswirken würde. So würde etwa eine einheitliche Ausgestaltung der Submissionsvorschriften den Anbietern erlauben, häufiger Angebote abzugeben und an Ausschreibungsverfahren in einer grösseren Zahl von Kantonen teilzunehmen. Das würde den Wettbewerb stimulieren und für die öffentliche Hand Kosten senken, wovon letztlich der Steuerzahler profitiert. Insgesamt stellt die revidierte Verordnung über das öffentliche Beschaffungswesen (VöB) einen Schritt in die richtige Richtung dar. Weitere Verbesserungen zum Nutzen aller sind aber notwendig.

Fehlende Harmonisierung im Schweizerischen Beschaffungsrecht

Aufgrund der kantonalen Zuständigkeit für das öffentliche Beschaffungswesen besteht eine Rechtszersplitterung auf drei Ebenen (Bund, Kantone und Gemeinden), welche für die Anbieter zu erheblichen Unsicherheiten, Zeitverlust und Kosten führt. Zwar hat das Konkordat eine gewisse Vereinheitlichung gebracht. Trotzdem besteht in jedem Kanton eine individualisierte Gesetzgebung über das Submissionswesen, mit deren Eigenarten sich ein Anbieter vertraut machen muss. Dieser Aufwand führt dazu, dass sich Unternehmen bei Ausschreibungen auf einige wenige Kantone beschränken, in deren Gesetzgebung sie sich vorgetastet haben. Dies hat zur Folge, dass nicht alle möglichen Anbieter an der Vergabe von Aufträgen teilnehmen. Derart reduzierter Wettbewerb führt dazu, dass die Beschaffung nicht mehr kostenoptimiert erfolgt.

Einkaufsbedingungen als Eignungskriterium

Gelegentlich kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass Beschaffungsstellen ihre Nachfragemacht zum Nachteil der Anbieter ausspielen. Dies zeigt sich häufig, wenn branchenunübliche Einkaufsbedingungen (wie z.B. unübliche Gewährleistungsfristen) vorausgesetzt werden. Die uneingeschränkte Akzeptanz auch von besonders einseitigen Einkaufsbedingungen stellt regelmässig ein Eignungskriterium dar. Damit wird der Anbieter, der gewisse rechtliche Aspekte verhandeln möchte, automatisch vom Verfahren ebenso ausgeschlossen, wie wenn er nicht die nötigen fachlichen Qualifikationen aufweisen und sich für die Belieferung nicht eignen würde. Oft werden Verhandlungen mit dem Argument der Gleichbehandlung bzw. Vergleichbarkeit der Angebote gar nicht erst zugelassen, was v.a. bei komplexen Langzeitprojekten für die Anbieter mit zusätzlichen Risiken verbunden ist und sich zwangsläufig in einem höheren Preis niederschlägt. Damit setzt die öffentliche Hand vom gängigen Recht abweichende Vertragsbedingungen durch, welche sie als «normaler» Teilnehmer nicht durchsetzen könnte. Die Durchsetzung ungewöhnlicher Vertrags- und Haftungsbedingungen zwingt aber den verantwortlichen Unternehmer, nach Auswegen zu suchen: Er erhöht seinen Angebotspreis, um das unberechenbare Risiko aufzufangen. Unternehmer, die dieses Risiko nicht tragen wollen, bleiben dem Wettbewerb fern. Damit entgehen dem Staat Auswahlchancen und mit ihnen kompetitive Beschaffungsmöglichkeiten.Bei öffentlichen Beschaffungen von Industrieprodukten stellen die Anbieterinnen regelmässig fest, dass die Beschaffungsstellen nicht über das nötige technische Know-how verfügen, um die Ausschreibungen vollständig und genügend detailliert vorzunehmen. Auch wenn diesem Umstand ein gewisses Verständnis entgegengebracht werden kann, ist dies für den Hersteller ein Dilemma. Wenn der Anbieter die Ausschreibungsunterlagen mangels genügend fundiertem Detaillierungsgrad nicht vollständig ausfüllen kann, wird ihn die Beschaffungsstelle vom Verfahren ausschliessen. Wenn er Rückfragen stellt und dadurch einen Wissensvorsprung erlangt, kann er als befangen betrachtet werden und muss eine Beschwerde seines Konkurrenten in Kauf nehmen. Die Implementierung eines noch zu definierenden Kooperationsverfahrens könnte dieses Dilemma lösen.

Beschaffungsverfahren und Rechtsmittel

Das Beschaffungsrecht ist Verfahrensrecht. Es regelt den Ablauf, der bei der Auswahl des Lieferanten einzuhalten ist. Damit soll die Gleichbehandlung von potenziellen Lieferanten sichergestellt werden. Dazu gehört der Anspruch eines nicht berücksichtigten Wettbewerbers auf die Überprüfung des Verfahrens auf dem Rechtsmittelweg. Diesem Umstand wird in der Praxis sehr oft zu wenig oder gar nicht Rechnung getragen. Bei der Planung des zeitlichen Ablaufs der Submission sollte die Beschaffungsstelle daher eine durch das Beschreiten des Rechtsmittelwegs verursachte Verzögerung berücksichtigen. So können übereilte Vorgänge und Zeitdruck bei wichtigen Entscheidungen zum Vorteil aller Beteiligten verhindert werden. Ebenfalls würden verbindliche Entscheidungsfristen für die Gerichte eine gewisse Abhilfe schaffen.

Zitiervorschlag: Peter Dietrich (2010). Erfahrungen der Anbieter der Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie mit öffentlichen Beschaffungen. Die Volkswirtschaft, 01. März.