Mehr Transparenz und Effizienz im Beschaffungswesen mit simap.ch
Ein möglichst transparenter Zugang zum öffentlichen Nachfragemarkt ist ein wichtiges politisches Anliegen, wird damit doch der Wettbewerb gefördert und die Chancengleichheit für alle Unternehmen sichergestellt. Die zunehmende Knappheit der Budgets der öffentlichen Beschaffungsstellen führt aber zu einem Kostendruck. Hier ist simap.ch ein wichtiges Instrument. Mit der elektronischen Publikationsplattform, die seit dem 1. März 2009 in Betrieb ist, können sowohl die Transparenz des Beschaffungsmarktes verbessert wie auch die Kosten reduziert werden.
Die volkswirtschaftliche Bedeutung des Beschaffungswesens ist beachtlich, beläuft sich doch der Umfang des jährlichen Beschaffungsbedarfs von Bund, Kantonen und Gemeinden auf schätzungsweise 40 Mrd. Franken. Diese Summe entspricht rund 25% der Staatsausgaben und 8% des Bruttoinlandprodukts. Trotzdem war das öffentliche Beschaffungswesen der Schweiz bis vor wenigen Jahren von einem mehr oder weniger starken «Heimatschutzgedanken» geprägt. Nicht selten wurde es als Instrument der Regional- und Strukturpolitik eingesetzt. Mit dem WTO-Übereinkommen über das öffentliche Beschaffungswesen und dem bilateralen Abkommen mit der EU wurden zwar die Rahmenbedingungen für die nationale Gesetzgebung vorgegeben. Dennoch blieb es bis heute in der Schweiz bei 27 Beschaffungsrechtsordnungen von Bund und Kantonen. Dadurch wird die Transparenz und die Anwendung der Beschaffungsprozeduren erheblich erschwert, insbesondere für die Anbieter. Der Beschaffungsbedarf der öffentlichen Hand ist für die potenziellen Anbieter kaum eruierbar. Um sich über sämtliche Ausschreibungen in der Schweiz einen Überblick zu verschaffen, muss ein Anbieter das Schweizerische Handelsamtsblatt (SHAB), 26 kantonale Amtsblätter und eine Vielzahl von regionalen Anzeigern konsultieren – eine im Grundsatz unzumutbare Situation für die Privatwirtschaft.Hinzu kommt, dass die Intransparenz des öffentlichen Nachfragemarktes zwangsläufig zur Einschränkung des Wettbewerbs unter den Anbietern führt. Aus volkswirtschaftlichen und staatspolitischen Gründen wäre nebst der Verbesserung der Transparenz auch eine Harmonisierung des Beschaffungsrechts in der Schweiz begrüssenswert. Die Vernehmlassungen zu diesem Thema haben gezeigt, dass noch grössere Anstrengungen notwendig sind, um entscheidende Fortschritte zwischen Bund und Kantonen zu erreichen. Hingegen ist man sich einig, dass mit dem Einsatz von neuen Technologien eine «technische Harmonisierung» der Beschaffungsprozesse und der Zusammenarbeitsformen in der Praxis erreicht werden soll.
Wirtschaftlicher beschaffen dank E-Procurement
Unter Electronic Procurement (E-Procurement) ist die Ausschöpfung der Möglichkeiten der elektronischen Hilfsmittel – insbesondere des Internets – zur effizienten und kostengünstigen Abwicklung des gesamten Beschaffungsablaufs zu verstehen. Darunter fallen auch Vergabeplattformen, welche die elektronische Abwicklung öffentlicher Ausschreibungen von der Publikation der Ausschreibung über die Verteilung der Pflichtenhefte sowie die Übermittlung und Evaluation der Offerten bis hin zum Vertragsabschluss umfassen.Den Haupteffekt von E-Procurement sehen in- und ausländischen Studien übereinstimmend in der Entlastung der Beschaffungsstellen von administrativen Arbeiten. Die Prozesskosten können pro Beschaffungsvorgang um bis zu 80% reduziert werden. Bei einer konsequenten Anwendung liegt das Sparpotenzial für die Beschaffungsstellen bei rund 350 Mio. Franken pro Jahr. Seitens der Anbieter haben Umfrageergebnisse zur elektronischen Beschaffung ergeben, dass die Hälfte der befragten Unternehmen dank E-Procurement bis zu 25% der Prozesskosten einsparen; bei 30% der Unternehmen resultieren sogar Einsparungen bis zu 50%.
Die gesamtschweizerische Beschaffungsplattform simap.ch
Der gemeinsame Wille von Bund und Kantonen, eine gesamtschweizerische Beschaffungsplattform unter dem Namen simap.ch (Système d’information sur les marchés publics en Suisse) zu betreiben, aber auch die daraus resultierende Form der Zusammenarbeit ist sehr erfreulich. Besonders seitens der Kantone wird der damit verbundene technische Harmonisierungseffekt begrüsst. Mit diesem praxistauglichen Ansatz wird auch ohne zwingende Harmonisierung der Gesetzgebung eine weitgehende Standardisierung der Beschaffungsprozesse der öffentlichen Hand eingeleitet. Die Wirkung wird wie folgt durch simap.ch verbessert:– Die Informatikkosten werden durch eine einheitliche Vergabeplattform reduziert.– Die Publikationen der Vergabeverfahren erfolgen von allen Beteiligten mittels einheitlicher Formulare, womit eine wesentliche Verbesserung der Rechtssicherheit bei Ausschreibungen erreicht wird.– Begründete und öffentlich publizierte Zuschläge weisen eine dynamische Wirkung auf, indem unterlegene Anbieter lernen können.Die Inbetriebnahme der neuen Plattform erfolgte am 1. März 2009. Mit über 2000 registrierten Beschaffungsstellen aus Bund und Kantonen wurde innert kürzester Zeit ein sehr hoher Benutzungsgrad erreicht. Hinzu kommen täglich über 3000 Online-Abfragen der potenziellen Anbieter aus der Schweiz und dem Ausland. Seit der Inbetriebnahme haben sich zudem bereits 22 000 Anbieter registriert und die Ausschreibungsunterlagen (Pflichtenhefte) elektronisch heruntergeladen.
Umsetzung im Rahmen der E-Government-Strategie Schweiz
Die Investitions- und laufenden Kosten von E-Procurement-Lösungen sind keineswegs vernachlässigbar. Sie sind stark davon abhängig, wie weit die Lösungen standardisiert werden können bzw. wie gut die Zusammenarbeit zwischen den Institutionen und Gebietskörperschaften, die dem öffentlichen Beschaffungsrecht unterstehen, funktioniert.Die Umsetzung der neuen Plattform von simap.ch erfolgte konsequent gemäss der vom Bundesrat 2007 verabschiedeten E-Government-Strategie. Diese nationale Strategie wurde in enger Zusammenarbeit mit den Kantonen und Gemeinden entwickelt. Sie bildet die Basis für Bund, Kantone und Gemeinden, ihre Bestrebungen auf gemeinsame Ziele auszurichten und legt Grundsätze, Vorgehen sowie Instrumente zu deren Umsetzung fest. Ziel der Strategie ist es, dass sowohl die Wirtschaft als auch die Bevölkerung die wichtigen Geschäfte mit den Behörden elektronisch abwickeln können. Die Behörden ihrerseits sollen ihre Geschäftsprozesse modernisieren und untereinander elektronisch verkehren. Mit der Integration der neuen Beschaffungsplattform simap.ch in die seit Jahren bewährte Publikationsplattform SHAB-online wird der E-Government-Strategie exemplarisch nachgelebt. Dank des Synergieeffekts wurden erhebliche Entwicklungs- und Betriebskosten eingespart. Zudem konnte von den jahrelangen Erfahrungen bei der Zusammenarbeit zwischen Bund und Kantonen – insbesondere beim Austausch der Daten und den Schnittstellen zu kantonalen Publikationsorganen – profitiert werden. Die Verantwortung für die Plattform liegt beim Verein simap.ch, welchem Bund und Kantone angehören. Für den Betrieb der Plattform ist das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) zuständig.
Kasten 1: Die wesentlichen Funktionalitäten von simap.ch in Überblick – Moderne Webtechnologie mit kundenfreundlicher Benutzeroberfläche;– Medienbruchfreier Prozess von der Ausschreibung bis zum Zuschlag;– Vereinfachte Handhabung der Mehrsprachigkeit von Publikationen;– Erweiterte Recherchefunktionen für die Publikationen;– Up- und Download von Ausschreibungsunterlagen;– Forum für Fragen und Antworten;– Gratis-Online-Abonnementsdienst für Anbietende;– Automatisierte Schnittstelle zum SHAB und den kantonalen Amtsblättern sowie zur Publikationsplattform der EU (TED) – die Schweiz gilt als akkreditierte E-Senderin in der EU;– Gemeinsame Nutzung der Plattform von Bund und Kantonen;– Sichere und sehr hohe Verfügbarkeit der Applikation.
Zitiervorschlag: Tanner, Markus (2010). Mehr Transparenz und Effizienz im Beschaffungswesen mit simap.ch. Die Volkswirtschaft, 01. März.