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Beschränkte Einlagensicherung als Lösungsansatz für das Grossbankenproblem

Die Finanzkrise hat gezeigt, dass Staaten ihre Grossbanken nicht fallen lassen können, weil der Untergang einer systemrelevanten Bank verheerende volkswirtschaftliche Folgen haben könnte. Banken gelten ab einer bestimmten Grösse als «Too big to fail». Die faktische Staatsgarantie für Grossbanken widerspricht grundlegenden marktwirtschaftlichen Prinzipien, da die Folgen unternehmerischer Fehlleistungen mit staatlichen Mitteln gemildert und so nicht dem Verursacher angelastet werden. Im Folgenden wird ein Regulierungsansatz vorgestellt, welcher sich stärker an marktwirtschaftlichen Prinzipien orientiert.
Detaillierte Informationen zum Vorschlag finden sich unter http://www.comtool.ch/Bankenregulierung.

Im Kern geht es darum, dass Banken verpflichtet werden sollen, eine neue Kontokategorie mit beschränkter Einlagensicherung einzuführen. Die Kunden könnten wählen, ob sie ihr Geld auf einem solchen Konto – mit entsprechend höherem Zins – oder auf einem herkömmlichen Konto mit vollständig gesicherten Einlagen anlegen möchten. Banken müssten für Konten mit beschränkter Einlagensicherung beispielsweise nur noch 80% der Einlagehöhe garantieren. Zunächst müsste durch die Regulierungsbehörden genau definiert werden, unter welchen Umständen die Bank die Guthaben dieser Kontokategorie um maximal 20% kürzen und in Eigenkapital umwandeln darf. Zu denken ist an Liquiditätsengpässe oder Überschuldungsszenarien. Die Umwandlung von Fremd- in Eigenkapital führt dazu, dass eine Bank in Krisenzeiten ihre Eigenmitteldecke stärken und ihre Bilanz sanieren kann.Der Anteil von Konten mit beschränkter Einlagensicherung an der Bilanzsumme würde an die Eigenmittel der Bank gekoppelt, beispielsweise 20% minus 5-mal die Eigenkapitalquote der Bank. Damit kann die Bank durch eine Erhöhung der Eigenkapitalquote das geforderte Volumen der neuen Kontokategorie vermindern. Und um bei drohenden Liquiditätsengpässen der Bank die Wahrscheinlichkeit eines Bankensturms zu begrenzen, dürften sich Inhaber solcher Konten pro Monat nur einen begrenzten Betrag auszahlen lassen – zum Beispiel maximal 4% des Kontostandes.Die Inhaber von Konten mit beschränkter Einlagensicherung tragen einen Teil des Risikos der Bank mit. Für das getragene Risiko werden sie von den Banken mit einem höheren Zins entschädigt. Der Zins wäre dabei umso höher, je schlechter es um die Bonität der Bank steht und je höher die Risiken sind, welche die Bank eingegangen ist. Damit würde die Risikoprämie – also die Zinsdifferenz zwischen den Konten der neuen Kontokategorie und den traditionellen Konten – automatisch durch den Markt festgelegt. Die Banken hätten somit einen Anreiz, nicht zu hohe Risiken einzugehen. Im Gegensatz dazu birgt eine regulatorisch vorgeschriebene Erhöhung der Eigenkapitalquote den Nachteil, dass die Banken die dadurch verminderte Eigenkapitalrendite durch das Eingehen höherer Risiken zu kompensieren versuchen.

Vorteile gegenüber Gesetzesentwurf des Bundesrates


Der hier vorgestellte Regulierungsvorschlag weist auch gegenüber dem Gesetzesentwurf des Bundesrates über eine revidierte Einlagensicherung Vorteile auf. Die Vorlage des Bundes sieht vor, dass durch jährlich von den Banken zu entrichtende Beiträge ein spezieller Einlagensicherungsfonds geäufnet wird. Dabei sollen sich die Beiträge der einzelnen Banken nach dem bankspezifischen Ausfallrisiko bemessen. Die Festlegung einer solchen Risikoprämie wäre in der Praxis mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden. Ein entsprechendes Regelwerk wäre kompliziert und würde trotzdem den sich stetig verändernden wirtschaftlichen Rahmenbedingungen hinterher hinken. Im Gegensatz dazu kann die hier vorgeschlagene Regulierung mit einem geringen administrativen Aufwand umgesetzt werden. Ein zusätzlicher Vorteil des vorgeschlagenen Modells liegt darin, dass bei einem Ausfall einer Bank lediglich ein Teil der Einleger dieser Bank einen Verlust in Kauf nehmen muss. Hingegen tragen bei der vorgesehenen Revision der Einlagensicherung aufgrund der kollektiven Finanzierung des Einlagesicherungsfonds auch Banken, welche seriös gearbeitet haben, einen Bankausfall mit. Noch unbefriedigender ist der aktuelle Zustand, bei welchem die Steuerzahler für den Ausfall eines Finanzinstituts aufkommen müssen.Wie das hier beschriebene Modell eines begrenzten Einlegerschutzes im Detail regulatorisch umgesetzt werden sollte, muss näher diskutiert werden. Der vorgestellte Ansatz kann mit anderen Massnahmen kombiniert werden und so Teil eines möglichen Massnahmenpaketes zur Entschärfung des Grossbankenproblems bilden.

Zitiervorschlag: Marc Blatter, Reto Tanner, (2010). Beschränkte Einlagensicherung als Lösungsansatz für das Grossbankenproblem. Die Volkswirtschaft, 01. April.