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EU-Marktzutritt der Schweiz für Kollektivanlagen

Nach dem Nein zum EWR 1992 wurde auch der angestrebte Beitritt der Schweiz zum gemeinsamen Binnenmarkt für Publikumsfonds (englisch UCITS) hinfällig. Im Rahmen des danach eingeschlagenen bilateralen Weges verlor der Fondsstandort Schweiz mangels Freizügigkeit laufend Marktanteile an EU-Finanzplätze wie Luxemburg und Dublin sowie jüngst auch Liechtenstein. Namentlich Schweizer Anbieter waren gezwungen, im paneuropäischen oder weltweiten Fondsvertrieb auf ausländische UCITS auszuweichen. Mit der Einführung der UCITS-IV-Richtlinie, welche bis 1. Juli 2011 implementiert werden muss, erreicht die EU-Harmonisierung eine neue Stufe: Schaffung eines EU-Passes für Management Companies (Fondsleitungen), Erleichterung grenzüberschreitender Fusionen, Einführung eines UCITS-Master-Feeder-Fund sowie Ersatz des vereinfachten Prospekts durch den Kurzprospekt «Key Investor Document».

Die Änderungen in der neuen UCITS-Richtlinie der EU führen zu einer Beschleunigung der Notifikationsverfahren und einer Verbesserung der Kooperation zwischen den Aufsichtsbehörden. Diese Massnahmen, welche den UCITS-Markt effizienter und die Informationen für den Anleger verständlicher machen, wären auch für Schweizer Anbieter attraktiv.

Raus aus der Isolation


Der Fondsplatz Schweiz stagniert heute, da er bei der Zulassung ausländischer UCITS sehr liberal, bei der Exportfähigkeit schweizerischer Produkte hingegen isoliert ist, und beschränkt sich gezwungenermassen auf Nischen wie etwa Fonds für qualifizierte Anleger und übrige Fonds für traditionelle und alternative Anlagen. Die Lage könnte sich durch die geplante Richtlinie für Alternative Investment Fund Manager (AIFM) verschärfen, denn sie reguliert nicht die einzelnen Vehikel, sondern die Manager, sofern sie ihre AIF an Professional Investors vertreiben, und umfasst – neben alternativen Anlagen – auch alle anderen Anlagestrategien, wie Private Equity-, Immobilien- und Commodity-Funds, die nicht durch die UCITS-Richtlinie abgedeckt werden. Ein EU-Pass soll damit in denjenigen Nicht-UCITS-Nischen eingeführt werden, die interessantes Wachstumspotenzial aufweisen und wo bis anhin auf dem EU-Markt mangels Harmonisierung noch keine bedeutenden Wettbewerbsnachteile für die Schweiz bestanden. Die grösste Diskriminierung könnte darin bestehen, dass für den in der EU domizilierten AIF-Manager – das könnte auch der Ableger eines Schweizer Fondsanbieters sein – die Delegation des Asset Managements in einen Drittstaat ausgeschlossen ist. DieSwiss Funds Association (SFA) kämpft gemeinsam mit anderen Verbänden und Behörden dafür, dass die Anlageentscheide auch an Manager aus Drittstaaten wie der Schweiz delegiert werden können, sofern sie nachweisen, dass sie in der Schweiz einer gleichwertigen Aufsicht unterstehen und ein entsprechendes Amtshilfeabkommen EU/Schweiz vorliegt. Auch beim Vertrieb von Drittstaaten-Fonds ist derzeit noch vieles unklar.

EU-Marktzutritt zentral


Infolge der Finanzkrise und des dadurch ausgelösten Regulierungsaktivismus entsteht in der EU ein noch viel grösserer Markt für Kollektivanlagen. Damit droht im Worst Case eine Abwanderung der bisher in der Schweiz domizilierten Manager – gerade in einer Zeit, wo die Schweiz aufgrund ihrer stabilen Finanzlage, ihrer Lebensqualität und ihres Steuerklimas für ausländische Asset Manager attraktiver denn je wird. Daher muss mit proaktiven Massnahmen der drohenden Isolation entgegengewirkt sowie der EU-Marktzutritt angestrebt werden sollte. Dies entspricht einem alten Postulat der Swiss Funds Association (SFA). In den Bereichen Asset Management und Kollektivanlagen bedeutet dies: – EU-Pass für Fondsleitungen und Vermögensverwalter kollektiver Kapitalanlagen im Sinne des Kapitalanlagegesetzes (KAG);– EU-Pass für Schweizer (EU-kompatible) Effektenfonds im Sinne des KAG;– EU-Pass für alle in der Schweiz domizilierten Asset Manager von AIF im Sinne des AIFM-Richtlinienvorschlags;– Anerkennung schweizerischer AIF und deren Schweizer Depotbanken im Sinne des AIFM-Richtlinienvorschlags, damit auch diese in der EU vertrieben werden können.Gegenüber einer Offshore-Strategie verspricht die Variante Marktzutritt mehr Erfolg: Erstens hat die Schweiz in der Fondsproduktion keine Offshore-Tradition und zweitens geht es nicht nur darum, einige Fonds zu repatriieren, sondern um die Teilnahme am dynamischen, zusammenwachsenden EU-Binnenmarkt für Kollektivanlagen. Diesen Weg verfolgt auch der Bundesrat. In den kürzlich veröffentlichten Massnahmen zur Konkretisierung der Finanzmarktstrategie heisst es: «Schliesslich will der Bundesrat die Möglichkeiten für einen verbesserten Marktzutritt bei Einzelstaaten und der EU weiter vertiefen.» Die SFA setzt sich dafür ein, dass diese Bemühungen rasch vorangetrieben werden.

Zitiervorschlag: Matthaeus Den Otter (2010). EU-Marktzutritt der Schweiz für Kollektivanlagen. Die Volkswirtschaft, 01. April.