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Die neue internationale Finanzarchitektur und ihre Players: Eine Agenda

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Zentrale Ursachen der Finanz- und Wirtschaftskrise waren falsche Anreize und die komplexen Vernetzungen im modernen Finanzsystem. Diese hatten sehr viel grössere makroökonomische Auswirkungen als bis anhin vermutet. Zur künftigen Sicherstellung der internationalen Finanzstabilität müssen solche Zusammenhänge besser verstanden und bewältigt werden. Hierfür ist eine Stärkung der internationalen Finanzarchitektur unabdingbar. In diesem Prozess ist die G20 als Agendasetter hervorgetreten, während sich der Internationale Währungsfonds (IWF) und das Financial Stability Board (FSB) als wichtigste ausführende Institutionen etabliert haben. Sowohl im IWF als auch im FSB ist die Schweiz als bedeutender Finanzplatz gut positioniert und kann die Diskussionen daher aktiv mitgestalten.

Schwachstellen im System


Die Suche nach den Ursachen der Finanzkrise begann bereits zu Krisenbeginn. Auf die ökonomische Frage, wie ein derart rascher Aufbau grosser Risiken möglich war, muss zuerst der grenzenlose Optimismus der Marktteilnehmer erwähnt werden – ein Optimismus, den Jahre hoher Wachstumszahlen bei tiefer Inflation und tiefen Zinsen genährt hatten. In einer dem Goldrausch gleichenden Suche nach hohen Renditen vernachlässigten Marktteilnehmer sehr elementare Sorgfaltspflichten. Zum oftmals fahrlässigen Verhalten gesellten sich auf verschiedenen Ebenen fundamentale Fehler im Risikomanagement gewisser Finanzinstitute sowie die prozyklische Ausgestaltung der Finanzmarktregulierung, welche die beginnende Abwärtsspirale rasant beschleunigte.Für die Finanzstabilität nicht minder relevant sind die Gründe für das verspätete Eingreifen der Verantwortlichen. Massnahmen, deren Folgen wir noch lange spüren werden, wurden erst nach dem Platzen der Blase ergriffen. Eine Krise darf aber nicht als grosser Unfall abgetan werden, wenn sich Risiken über Jahre ungehindert aufbauen konnten. Gleichzeitig ist eine Pauschalkritik an den Kriseneingriffen wenig angebracht, da eine gewisse Entfaltung der Krise abgewartet werden muss – auch bei vorhandener Einsicht, dass mit rechtzeitigem Handeln Schaden verhindert oder begrenzt werden könnte. Einerseits steigt mit frühzeitigem Handeln die Moral-Hazard-Problematik. Andererseits ist die Handlungsbereitschaft dann am grössten, wenn das Wasser bereits bis zum Halse reicht, selbst wenn die Krisenbewältigung theoretisch gut vorbereitet ist. Im Wissen, dass die Behörden erst spät in der Krisenentwicklung abwendende Massnahmen ergreifen sollten, ist es umso wichtiger, dass das präventive Dispositiv gut funktioniert.

Fragmentierte Risikobeurteilung


In den Vordergrund rückt deshalb die Frage, warum vorbeugend nicht mehr gegen die schon vor der Krise bekannten Risiken unternommen wurde, namentlich gegen die Überhitzung in verschiedenen Immobilienmärkten sowie gegen die Nichtnachhaltigkeit der hohen Renditeziele bei gleichzeitig hoher Verschuldung von Finanzinstituten und privaten Haushalten. Gemäss IWF liegt eine Ursache darin, dass durch falsche Anreize und die komplexen Vernetzungen im modernen Finanzsystem die sich aufbauenden Risiken sehr viel grössere makroökonomische Auswirkungen hatten als allgemein vermutet. So wurden in der Finanzmarktregulierung und -aufsicht bestimmte Risikokonzentrationen und Risiken von Finanzinnovationen schlicht nicht richtig erkannt. Zudem wurden in der Wirtschaftspolitik systemische Risiken im Finanzsystem nur ungenügend berücksichtigt. Entsprechend müssen auch Themen wie die Bedeutung der Finanzmärkte für die Geldpolitik oder die inskünftige steuerliche Behandlung von Schulden in der Haushaltspolitik angegangen werden.Relevant ist letztlich die Einsicht, dass ein kollektives Versagen der verschiedensten Akteure zur Finanzkrise geführt hat. Heute wissen wir, dass die Vorkrisenarchitektur nur eine fragmentierte Überwachung der Stabilitätsrisiken sowie eine ungenügende internationale Zusammenarbeit erlaubte. Für die Erkennung wie auch für die Senkung der heutzutage komplexen Stabilitätsrisiken sind eine Verbesserung der internationalen Zusammenarbeit sowie klare Mandate für internationale Gremien notwendig. In der globalen Finanzarchitektur sollte primär die Überwachung der Finanzmärkte verstärkt werden. Dabei müssen einerseits die Kapazitäten für die Erkennung makro-finanzieller Zusammenhänge aufgestockt werden. Andererseits ist die Zusammenarbeit von Aufsicht und Regulierung besser zu koordinieren. Heute ist bekannt, dass bestimmte Regeln – wie beispielsweise Eigenmittelvorschriften, deren Ziel die Gesundheit von Finanzinstituten sein sollte – im Krisenfall die Stabilität des Gesamtsystems gefährden können. Auch die Notwendigkeit, gewisse Entscheide und Massnahmen international zu koordinieren, scheint inzwischen völlig selbstverständlich. In der Realität ist dies aber nicht einfach umzusetzen, denn im Krisenfall wird jedes Land zuerst den Brand im eigenen Haus löschen wollen, selbst wenn es dabei das Wasser der anderen anzapfen muss.

Veränderungen in der internationalen Finanzarchitektur


Das reibungslose Funktionieren der globalisierten Finanzmärkte bedingt eine konsistente und qualitativ hochwertige Regulierung der Finanzintermediation in allen grösseren Finanzzentren. Angesichts global agierender Finanzinstitute ist ein klar definierter Rahmen für die internationale Zusammenarbeit erforderlich. Dies gewährt den Marktteilnehmern Sicherheit, reduziert die Umgehung von Regulierungen (regulatorische Arbitrage), verringert kostspielige, redundante Überwachung und fördert schliesslich auch ein Level Playing-Field. Weil eine institutionalisierte globale Finanzaufsicht weder realisierbar noch wünschbar erscheint, muss die Koordination zwischen den Ländern vorangetrieben werden. Zentral sind hierbei internationale Institutionen und Gremien wie der Internationale Währungsfonds (IWF), das Financial Stability Board (FSB), die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) und die verschiedenen Standard-Setter (siehe Kasten 1Internationale Finanzarchitektur ist der Oberbegriff für das Zusammenspiel jener Institutionen und Gremien, die für die Wahrung der Stabilität des internationalen Finanz- und Währungssystems verantwortlich sind. Der Internationale Währungsfonds (IWF) und die Weltbank – Institutionen von Bretton Woods (BWI) – sind mit ihren 186 Mitgliedstaaten die wichtigsten formellen Institutionen des globalen Finanzsystems. Ihre Bedeutung geht auf den Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg zurück. Hinzu kommen die bereits 1930 gegründete Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) und die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD).Die krisenbedingten Anstösse für Veränderungen in der internationalen Finanzarchitektur kommen historisch gesehen meist aus informellen Gremien oder Gruppierungen, wie der G7/G8 und der G20. Letztere bestand seit ihrer Gründung 1999 im Nachgang zur Asienkrise vornehmlich als Gremium von Finanzministern und Notenbankgouverneuren. Im Herbst 2008 traf sich die G20 erstmals auf dem Niveau der Staats- und Regierungschefs. Seit den 1990er-Jahren erwies sich eine verstärkte Orientierung an internationalen Standards als realistische und konsensfähige Massnahme zur Unterstützung der internationalen Finanzstabilität. Entsprechend wuchs die Bedeutung von technischen Organisationen, Standard-Settern, die für einen klar definierten Bereich im Finanzsektor (z.B. Banken-, Versicherungs- oder Effektenhandelsaufsicht) zuständig sind und teilweise auch Marktteilnehmer einschliessen.Das Financial Stability Board (FSB, ehemals Financial Stability Forum) kann als formalisiertes Gremium charakterisiert werden, welches die Sicherung der Finanzstabilität zum Ziel hat. Dies wird durch die Formulierung von internationalen Standards im Finanzsektor sowie die Überwachung und Koordinierung von deren Umsetzung angestrebt. Das FSB arbeitet operationell eng mit dem IWF zusammen und bilden somit das Gravitationszentrum der internationalen Koordination der Finanzmarktpolitik. Indem die G20 in Bezug auf die Agenda eine zentrale Rolle spielt, haben die Aktivitäten des FSB auch Züge einer politischen Aufsicht über den internationalen Standard-Setting-Prozess.und Grafik 1). Durch einen breiten politischen Rückhalt, der gegenwärtig von der G20 kommt, erhalten Empfehlungen und Entscheide dieser Institutionen international besonders grosses Gewicht.Auf dem Höhepunkt der Finanzkrise im Herbst 2008 bestärkten die Staatschefs der G20 in einem Aktionsplan, dass eine breite multilaterale Zusammenarbeit im Finanzsektor zur Sicherstellung der Stabilität erforderlich ist. Im Zentrum stand damals bereits die Zuteilung der Führungsrolle für die Überwachung im Makro-Finanz-Bereich an den IWF und für das Standard-Setting an das damalige Financial Stability Forum (FSF). Beide Institutionen wurden aufgefordert, neben den notwendigen Anpassungen in ihrem Instrumentarium auch ihre Gouvernanzstrukturen zu verbessern. Es wurde ferner eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen den beiden Institutionen gefordert. Gleichzeitig begann auf nationaler Ebene in verschiedenen Ländern ein grundsätzliches Überprüfen der Aufgaben und -teilung zwischen Gesetzgeber, Regulator und Überwacher im Bereich der Finanzmarktregulierung. Zentrale Stossrichtung dieser Reformen ist die Integration verschiedener Regulierungsbereiche – ein Schritt, den die Schweiz mit der Gründung der Eidg. Finanzmarktaufsicht (Finma) Anfang 2009 frühzeitig umsetzte.In dieser Dynamik wurde am Londoner G20-Gipfel im April 2009 das FSF institutionell gestärkt, indem es erweitert und als FSB etabliert wurde. Seitdem spielt das FSB bei der internationalen Koordinierung der Finanzmarktregulierung und bei der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit zur Sicherung der Systemstabilität eine zentrale Rolle. Mit der Erweiterung wurde die Mitgliedschaft auf alle G20-Staaten, auf Spanien und auf die EU-Kommission ausgedehnt. Die Schweiz sowie einige bestehende Mitglieder erhielten zusätzliche Sitze.
Die Schweiz ist im FSB durch das Eidg. Finanzdepartement und die Schweizerische Nationalbank vertreten, wobei eine enge Koordination mit der Finma stattfindet. Heute vereint das FSB Finanzministerien, Notenbanken und Aufsichtsbehörden der G20-Länder sowie der Schweiz, der Niederlande, Spaniens, Hongkongs und Singapurs. Hinzu kommen Vertreter supranationaler Körperschaften (wie der EU-Kommission), der internationalen Finanzinstitutionen (IWF, Weltbank, BIZ und OECD) sowie der internationalen Standard-Setter.

Aktuelle Themen: Reform der Finanzinstitutionen und -regulierung


Von der G20 sind auch in diesem Jahr zentrale politische Impulse für die weitere Stabilisierung der Weltwirtschaft und des globalen Finanzsystems zu erwarten. Anpassungen der internationalen Finanzarchitektur finden sich ebenfalls auf der Agenda. Dabei stehen die Reform der internationalen Finanzinstitutionen und die Reform der Finanzregulierung im Vordergrund.
Weitere Themen der G20 in diesem Jahr sind der Ausstieg aus den Krisenmassnahmen sowie der Ausbau des Rahmens für ein starkes, nachhaltiges und ausgewogenes Wachstum.

Reform der internationalen Finanzinstitutionen


Der Druck für eine Veränderung zugunsten der aufstrebenden Märkte in den massgeblichen Institutionen und Gremien des internationalen Finanzsystems ist auch im grösseren Kontext der jüngeren weltpolitischen Machtverschiebungen zu sehen. Insbesondere China, Indien, Brasilien und Russland (BRIC-Staaten) nahmen in den letzten Jahren eine immer wichtigere Stellung in Weltwirtschaft und -politik ein. Damit geht auch die Forderung der Schwellenländer nach mehr Mitbestimmung in den internationalen Finanzinstitutionen einher.Bisher ist es gerade dem IWF sowie der Weltbank und ihrer globalen Mitgliedschaft gelungen, mit den grossen Umbrüchen in der Weltwirtschaft – Zusammenbruch des Systems fester Wechselkurse, Ölpreisschock, Dekolonialisierung, Entwicklung eines globalen Bankensystems, Schuldenkrise, Ende des kalten Krieges, Asienkrise – durch eine Anpassung ihrer Instrumente und Arbeitsweisen Schritt zu halten. In der jüngsten Krise haben die Institutionen grundsätzlich rasch und wirksam gehandelt sowie ihre Mitglieder beratend und wo nötig auch finanziell stark unterstützt. Sie waren imstande, kurzfristig Mittel zu mobilisieren und ihr Instrumentarium an die besonderen Bedürfnisse der Krise anzupassen. Gleichzeitig hat die Krise aber die Forderung nach Anpassungen in ihren Gouvernanzstrukturen verstärkt.Aus Sicht der Schwellenländer und der USA sind die Länder Europas in den Exekutiv- und Ministerräten von IWF und Weltbank übervertreten. Auch fordern die Schwellen- und Entwicklungsländer für sich deutlich höhere Stimmgewichte. Im IWF wurden 2008 bereits eine Reform der Quotenformel, eine selektive Quotenerhöhung, eine Erhöhung der Basisstimmen und eine Reihe von weiteren Massnahmen beschlossen. Die Reform wurde noch nicht von der notwendigen Mehrheit der Mitgliedländer ratifiziert und wird von den aufstrebenden Ländern als ungenügend beurteilt. Vor diesem Hintergrund und basierend auf einer Forderung der G20 hat der ministerielle Ausschuss des IWF im Oktober 2009 beschlossen, dass bis 2011 mindestens 5% des Quotenanteils von über- zu unterrepräsentierten Ländern umzuverteilen sind.

Reform der Finanzregulierung – Initiativen zur Stärkung der Finanzsektoren


In der gegenwärtigen Neuordnung der Finanzarchitektur ist die Anpassung des Instrumentariums der Institutionen von grosser Bedeutung. So wird im IWF und im FSB die Überprüfung der Länder in Bezug auf ihre Vorkehrungen im Bereich der Finanzstabilität ausgeweitet und das notwendige Know-how weiter ausgebaut. In den Kernbereichen werden bestehende Initiativen angepasst, allen voran die Finanzsektorüberprüfung des IWF. Im Bereich der Zuständigkeit des FSB wurden neue Initiativen zur Förderung der Einhaltung der internationalen Finanzsektorstandards lanciert.

Finanzsektorexamen und Standardüberprüfung


Seit 2000 führt der IWF – in Zusammenarbeit mit der Weltbank – in den Mitgliedstaaten spezielle Finanzsektorexamen durch, um deren Finanzstabilität und Finanzsektorentwicklung zu evaluieren. Bisher war die Durchführung eines Financial Sector Assessment Programs (FSAP)
Für weiterführende Informationen siehe http://www.imf.org/external/np/exr/facts/fsap.htm. freiwillig. Nachdem die G20 aber ihre vom IWF begleitete gegenseitige Überprüfung der Wirtschafts- und Finanzsektormassnahmen auf dieses Instrument abgestützt hat, haben sich insbesondere die grossen Länder zur Durchführung eines derartigen Examens verpflichtet.
Interessanterweise wird eine ganze Reihe von Ländern der G20 in diesem Jahr erstmals ein FSAP durchführen, so auch die USA.Aufgrund der bisherigen Erkenntnisse aus der Krise soll das FSAP noch stärker auf potenzielle Risiken ausgerichtet werden und besser in die jährlichen Länderexamen des IWF – Artikel-IV-Konsultationen – integriert werden. So sollen zum Beispiel die Resultate von FSAP neu in Form von Risk Assessment Matrices (RAM) dargestellt werden. Diese fassen Quellen, Wahrscheinlichkeiten und mögliche Auswirkungen von systemischen Risiken zusammen und bilden die Grundlage für die Diskussion von Finanzsektorthemen in künftigen Artikel-IV-Konsultationen. Durch modulare Updates sollen ferner die wichtigsten Fragen zielgerichteter angegangen werden. Gleichzeitig soll neu auch eine rein punktuelle Überprüfung der Einhaltung einzelner Standards (Risk-based Rosc
Reports on Observance of Standards and Codes (Rosc): Hintergründe siehe http://www.imf.org/external/np/exr/facts/sc.htm.) im Banken-, Versicherungs- und Effektenhandelsbereich möglich sein. Die Schweiz hat 2002 als eines der ersten Länder ein FSAP und 2007 bereits ein Update durchgeführt. In diesen Examen hat der IWF jeweils festgehalten, dass die Aufsicht gut organisiert ist und die Finanzinstitute gegen Stresssituationen gewappnet sind.
Vgl. Publikation der Berichte zur Schweiz (siehe http://www.imf.org/external/np/FSAP/fsap.asp#S). Die Schweiz hat die Anpassungen im FSAP-Prozess unterstützt und sich dafür ausgesprochen, FSAP für alle IWF-Mitgliedstaaten obligatorisch zu machen.

FSB Peer Reviews


Die Mitgliedstaaten des Financial Stability Boards (FSB) haben sich dazu verpflichtet, die etablierten internationalen Standards im Finanzsektorbereich national umzusetzen. Ausserdem erklären sie sich bereit, den Schlussbericht des alle fünf Jahre durchzuführenden FSAP zu veröffentlichen. Alle zwei bis drei Jahre nach der Durchführung eines FSAP wird das FSB die Fortschritte bei der Umsetzung der FSAP-Empfehlungen mittels Peer Review überprüfen. Diese Kontrolle basiert auf den vom FSB verabschiedeten Standards and Policies und soll das jeweilige Land beim Treffen der optimalen Massnahmen zur Stärkung des Finanzsektors unterstützen. Der Fokus wird vorläufig auf die Prinzipien des Basel Committee on Banking Supervision (BCBS), der International Association of Insurance Supervisors (Iais) und der International Organisation of Securities Commissions (Iosco) gelegt. Die Schweiz wird sich 2011 einer solchen Überprüfung unterziehen.Neben diesen Länderüberprüfungen werden zentrale Themen in besonderen Arbeitsgruppen des FSB behandelt, wie zum Beispiel derzeit die Too-big-to-fail-Problematik. Ferner finden jährlich zwei bis drei thematische Überprüfungen in allen Mitgliedländern statt. Ein Quervergleich der nationalen Bestimmungen für Vergütungssysteme, welcher in Kürze vom FSB publiziert wird, ist das erste Thema. Die nächsten Überprüfungen haben die Offenlegung von Risiken bei Marktteilnehmern sowie die Praktiken bei der Verbriefung von Hypotheken zum Thema.

Initiative on Standards Adherence


Das FSB verfolgt gegenwärtig eine Initiative zur Förderung der Einhaltung der Standards über internationale Zusammenarbeit und Informationsaustausch im Bereich der Finanzmarktregulierung und -überwachung.
Vorbild für die Initiative sind die Peer-Reviews der Financial Action Task Force (FATF) und die OECD-Überprüfungen der internationalen Amtshilfe im Steuerbereich. Die FATF ist ein internationales Gremium, welches die Umsetzung von Vorschriften zur Bekämpfung der Finanzkriminalität zum Ziel hat. Aus dem Pool der 60 systemrelevantesten Länder müssen sich gegenwärtig diejenigen einer vertieften Prüfung unterziehen, die nachweislich mehr als einen von 14 internationalen Standards zu Informationsaustausch und Zusammenarbeit nicht einhalten. Um möglichst rasch eine befriedigende Umsetzung dieser Standards zu ermöglichen, stehen Dialog und technische Hilfe als Massnahmen im Vordergrund. Nicht kooperative Länder laufen Gefahr, Ende 2010 auf eine schwarze Liste gesetzt zu werden. Die Schweiz erfüllt alle Standards und wird nicht weiter überprüft.

Ausblick aus Sicht der Schweiz


Die Schweiz trägt heute aktiv zur Sicherung der Finanzstabilität und zur Entwicklung der Rahmenbedingungen bei. Als offene, international stark verflochtene Volkswirtschaft mit einem bedeutenden Finanzplatz und einer eigenen Währung ist die Schweiz in hohem Mass auf ein stabiles internationales Finanz- und Währungssystem angewiesen. Geordnete internationale Währungsverhältnisse und zwischenstaatlich gut koordinierte Rahmenbedingungen der Finanzmarktregulierung und -aufsicht sind wichtige Voraussetzungen für den Erfolg unserer international ausgerichteten Unternehmen sowie unseres Finanzplatzes. Von diesen hängt ein wesentlicher Teil des schweizerischen Wirtschaftswachstums ab.Die Schweiz ist in den für die internationale Finanzstabilität wichtigsten Institutionen und Gremien gut vertreten – mit Ausnahme der G20. Sie leistete bisher wichtige finanzielle und inhaltliche Beiträge, die international anerkannt sind, und übernimmt führende Rollen in laufenden Arbeiten. Dies erlaubt der Schweiz eine aktive Teilnahme an den Diskussionen und das wirksame Einbringen ihrer Interessen. Die permanente Vertretung – gerade auch im IWF und im FSB – ermöglicht eine konsistente und direkte Einflussnahme auf die Ausrichtung und Tätigkeiten dieser für das Finanzsystem zentralen Institutionen. Es kann davon ausgegangen werden, dass in der kurzen Frist die Konkurrenz unter den grossen Finanzzentren aufgrund des staatlichen Engagements und des nötigen Abbaus von Überkapazitäten zunimmt. Auch dürfte der Druck auf die Schweiz in der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit im Steuerbereich anhalten. Damit wird die Notwendigkeit, die allgemeinen Rahmenbedingungen des internationalen Finanzsystems auch künftig mitzugestalten, noch bedeutender.Dementsprechend hat die Schweiz einen grossen Ansporn, sich im Prozess der sich weiter entwickelnden Finanzarchitektur klar für den Erhalt ihrer Exekutivratssitze im IWF und in der Weltbank einzusetzen, ihre Position im FSB auszubauen und – sollten sich Verschiebungen bei der G20 ergeben – auch eine Aufnahme in dieser informellen Gruppierung anzustreben.

Grafik 1: «Internationale Finanzarchitektur»

Kasten 1: Internationale FinanzarchitekturInternationale Finanzarchitektur ist der Oberbegriff für das Zusammenspiel jener Institutionen und Gremien, die für die Wahrung der Stabilität des internationalen Finanz- und Währungssystems verantwortlich sind. Der Internationale Währungsfonds (IWF) und die Weltbank – Institutionen von Bretton Woods (BWI) – sind mit ihren 186 Mitgliedstaaten die wichtigsten formellen Institutionen des globalen Finanzsystems. Ihre Bedeutung geht auf den Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg zurück. Hinzu kommen die bereits 1930 gegründete Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) und die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD).Die krisenbedingten Anstösse für Veränderungen in der internationalen Finanzarchitektur kommen historisch gesehen meist aus informellen Gremien oder Gruppierungen, wie der G7/G8 und der G20. Letztere bestand seit ihrer Gründung 1999 im Nachgang zur Asienkrise vornehmlich als Gremium von Finanzministern und Notenbankgouverneuren. Im Herbst 2008 traf sich die G20 erstmals auf dem Niveau der Staats- und Regierungschefs. Seit den 1990er-Jahren erwies sich eine verstärkte Orientierung an internationalen Standards als realistische und konsensfähige Massnahme zur Unterstützung der internationalen Finanzstabilität. Entsprechend wuchs die Bedeutung von technischen Organisationen, Standard-Settern, die für einen klar definierten Bereich im Finanzsektor (z.B. Banken-, Versicherungs- oder Effektenhandelsaufsicht) zuständig sind und teilweise auch Marktteilnehmer einschliessen.Das Financial Stability Board (FSB, ehemals Financial Stability Forum) kann als formalisiertes Gremium charakterisiert werden, welches die Sicherung der Finanzstabilität zum Ziel hat. Dies wird durch die Formulierung von internationalen Standards im Finanzsektor sowie die Überwachung und Koordinierung von deren Umsetzung angestrebt. Das FSB arbeitet operationell eng mit dem IWF zusammen und bilden somit das Gravitationszentrum der internationalen Koordination der Finanzmarktpolitik. Indem die G20 in Bezug auf die Agenda eine zentrale Rolle spielt, haben die Aktivitäten des FSB auch Züge einer politischen Aufsicht über den internationalen Standard-Setting-Prozess.

Zitiervorschlag: Hess, Martin; Pohlenz, Friederike (2010). Die neue internationale Finanzarchitektur und ihre Players: Eine Agenda. Die Volkswirtschaft, 01. April.