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Exportchancen für Cleantech-Produkte in den USA optimieren

Die Geschäftswelt ist sich einig: Cleantech ist Big Business. Weltweit sollen heuer in diesem Sektor 900 Mrd. US-Dollar umgesetzt werden, 40% davon allein in den USA. Diese Feststellung erstaunt, gelten doch die Amerikaner – im Gegensatz zu uns Schweizern – nicht als besonders umweltfreundlich. Mittlerweile sind sich Politik, Wirtschaft und Bevölkerung in den USA jedoch bewusst geworden, welch hohen politischen und wirtschaftlichen Preis das Land für seine Abhängigkeit von Energieimporten zahlt. Dadurch wurde ein tief greifender Meinungswandel bewirkt. Ein wachsender Teil der Bevölkerung fällt seine Kaufentscheide aufgrund von Kriterien wie Gesundheit und Lebensqualität.

Die Schweiz ist im Umweltbereich ein Vorläuferland. Unser Umweltschutzgesetz geht auf das Jahr 1983 zurück. Mit der Annahme der Volksinitiative zum Schutz des Alpengebiets vor dem Transitverkehr hat das Schweizervolk den Auftrag zum Jahrhundertwerk der Neat erteilt. So wundert es nicht, dass diese Haltung international anerkannt und bekannt ist. Die Schweiz ist Spitzenreiterin des Environmental Performance Index der Yale University (1. Platz 2008; 2. Platz 2010).

Cleantech-Markt in den USA


Ende 2008 waren in den USA 25 000 MW Produktionskapazität für Windenergie installiert. Etwa vier Fünftel davon wurden nach 2005 erstellt. Leader im Windenergieanlagenmarkt ist GE Wind mit einem Anteil von 42%, gefolgt von Vestas (13%) und Siemens (9%). Der Anteil von Solarenergie an der in den USA installierten erneuerbaren Energie ist geringer; doch hat dieses Marktsegment hohe Dynamik. Zwischen 2007 und 2008 nahm die installierte Solarenergie um 67%, in Kalifornien gar um 95% zu. Der Grossteil der Solaranlagen wird importiert, hauptsächlich aus Deutschland, China, Japan und Taiwan. Gut ein Drittel des Marktes wird von vier Firmen – Q-Cell, First Solar, Suntech und Sharp Corp. – beherrscht. Im Jahr 2007 wurden 7% des Energiebedarfs durch erneuerbare Energie befriedigt (Nuklearenergie 8%). Aus Biomasse gewonnene Energie hatte daran einen Anteil von etwas mehr als der Hälfte. Im Unterschied zur Schweiz setzen die USA stark auf Ethanol (2009 wurden 41,6 Mrd. Liter vermarktet) und Biodiesel, deren Verwendung von Gesetzes wegen vorgeschrieben wird. Die Versorgung mit Wasser und die Entsorgung der Abwässer ist in den USA eine grosse Herausforderung. Das bestehende Leitungsnetz ist vielerorts überaltert und in schlechtem Zustand. Gemäss einer Studie der Environmental Protection Agency wird der Aufwand für den Unterhalt der Trinkwasserversorgung auf insgesamt 335 Mrd. US-Dollar geschätzt. 2009 wurden für diese Sanierung 25 Mrd. US-Dollar aufgewendet; die Ausgaben sollen bis 2016 auf 49 Mrd. US-Dollar pro Jahr steigen. Für die Sanierung im Abwasserbereich wird mit durchschnittlich 46 Mrd. US-Dollar pro Jahr gerechnet. Weitere Marktchancen bestehen u. a. bei Geräten und Sensoren zur Überwachung der Wasserqualität oder bei Membranen, welche bei der anaeroben Vergärung von Klärschlamm verwendet werden. Neuere Trends in diesem Markt sind UV-Wasserdesinfektion, biologischer Abbau von Phosphor und Stickstoff, Düngerherstellung aus Klärschlamm, Biogasproduktion mit Faultürmen oder die Verarbeitung von geklärtem Abwasser zu Brauchwasser. Im Jahr 2008 wurden auf dem Markt Green-Building-Baumaterialien für 57 Mrd. US-Dollar umgesetzt. Experten prognostizieren, dass die Umsätze jährlich um 7,2% zunehmen und im Jahr 2013 über 80 Mrd. US-Dollar betragen. Dieser Markt ist für Schweizer Lieferanten von Dichtungen, Dämpfungen, Wärmepumpen, Messtechnik, Sensoren, innovativen Abwasserlösungen, Isolierverglasung, Solarenergie usw. von Interesse. Dabei gilt es zu beachten, dass US Green Building nicht den fortschrittlichen Schweizer Minergie-Standard anwendet, sondern sich an das LEED Punkte-System hält.

Chancen und Hürden für die Schweizer Zulieferer


Die arbeitsteilige globalisierte Produktionsweise ist für die Schweizer Zulieferindustrie eine enorme Chance. Für die Maschinen- und Werkzeugmaschinenindustrie eröffnet Cleantech neue Märkte. Beispielsweise haben GE Wind und andere Hersteller von Windanlagen die Herstellung der Getriebe, welche dazu dienen, die vom Wind über die Rotorenblätter erzeugte kinetische Energie auf den Generator zu übertragen, outsourced. Auch der Windanlagen-Ersatzteilemarkt bietet wegen der unterschiedlichen Lebensdauer der Komponenten (elektronische Kontrolle 3 Jahre, Getriebe 10 Jahre, Generator 11 Jahre usw.) interessante Chancen. Die Hersteller von Solarzellen versuchen ihre Wettbewerbsfähigkeit durch Zusammenarbeit mit Lieferanten zu verbessern. Weil C-Silikon annähernd die Hälfte der Herstellungskosten von Solarzellen ausmacht, sind beispielsweise Sägetechniken, bei denen möglichst wenig Abfall erzeugt wird, gesucht. Diesen Chancen stehen erhebliche Hürden gegenüber. Dazu gehören logistische Herausforderungen, der in den USA gnadenlose Wettbewerb, unterschiedliche Normen, ein anderes Rechtssystem sowie bestimmte Kundenerwartungen, etwa dass der Lieferant 24 Stunden an 365 Tagen im Jahr erreichbar sein soll. Zudem fehlen vielen potenziell interessierten Schweizer KMU die Kenntnisse über den Markt und Markteintrittsstrategien.

Wie helfen die Osec, die Botschaften und die Swiss Business Hubs?


Zusammen mit der im Aufbau befindlichen Exportplattform Cleantech stellen die Osec, die Schweizer Botschaft und die Konsulate in den USA mit dem Swiss Business Hub USA die folgenden Instrumente zur Verfügung, um die Marktchancen der KMU in diesem profitablen und schwierigen Markt zu erhöhen. – Zielgerichtete Informationen: Der Swiss Business Hub USA hat bereits im September 2009 eine Studie publiziert, die beim Autor gratis bestellt werden kann. Das Dokument gibt Antworten zu Marktchancen in den «grünen» Sektoren, zum regulatorischen Umfeld, zu rechtlichen Fragen, zur Haftpflicht und Absicherung des Produktehaftpflicht-Risikos, zur Finanzierung sowie zu Subventionen. Die Studie soll in regelmässigen Abständen aktualisiert werden.– Positionierung der Schweiz als Cleantech-Nation: Das Cleantech-System Schweiz wird in den USA bereits seit Oktober 2009 durch gezielte Massnahmen bei ausgewählten Zielgruppen bekannter gemacht. So haben wir im Oktober 2009 mit amerikanischen Journalisten eine Mediatour in der Schweiz organisiert. Im Januar haben wir zusammen mit der Universität Georgia Tech in Atlanta ein von rund 200 Personen besuchtes Seminar über die Neat durchgeführt. An den Olympischen Winterspielen von Vancouver haben wir eine Broschüre verteilt und ein High Level Meeting organisiert. Im April wird Bundespräsidentin Leuthard in Washington zu «Cleantech and Job Creation» auftreten. Weitere Massnahmen sind geplant.– Dienstleistungen im Heim- und Zielmarkt: Schweizer Unternehmen werden sowohl in der Schweiz wie auch in den USA verschiedene Dienstleistungen angeboten. Vom 24. bis 27. März hat die Osec einen Schweizer Pavillon an der Globe 2010 in Vancouver durchgeführt. Weitere Messebeteiligungen sind geplant. In der Schweiz und in den USA bieten wir gratis eine Erstberatung sowie individuelle Marktstudien und die Suche von Geschäftspartnern durch erfahrene Branchen-Scouts an.– Identifikation von Investitionsprojekten und Businessanbahnung: Zu einem späteren Zeitpunkt wird die Cleantech-Plattform in den USA Investitionsvorhaben und -projekte von Regierungsstellen identifizieren und nach ausländischen Unternehmen suchen, die als Multiplikations- oder Abwicklungspartner dienen können. Die selektierten Projekte sollen anschliessend via Internet-Plattform den in Frage kommenden Unternehmen angeboten werden. Geplant ist ausserdem begleitender Support bei Markteintritt, Marktbearbeitung und konkreten Projekten. Schweizer Cleantech-Firmen können über die Exportplattform Unterstützung bei ihrem individuellen Markteintritt, der Marktbearbeitung und der Offertstellung bei konkreten Projekten anfordern. Wo die Exportplattform diese Dienstleistung nicht selbst erbringen kann, vermittelt sie geeignete Experten. Schweizer Cleantech-Unternehmen können die Länderscouts und Senior Industry Advisors zur individuellen Ergänzung ihrer eigenen Akquisitionskräfte nutzen.

Zitiervorschlag: Martin von Walterskirchen (2010). Exportchancen für Cleantech-Produkte in den USA optimieren. Die Volkswirtschaft, 01. Mai.