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Korruptionsbekämpfung als wachsender Integritätsbeweis – eine Bestandesaufnahme der Arbeiten in der Weltbank

Korruption wird weltweit als eines der grössten Hindernisse für wirtschaftliche und soziale Entwicklung angesehen. Nicht nur untergräbt sie jegliche Bemühungen im Aufbau eines Rechtsstaates; sie schwächt auch das in Entwicklungsstaaten bereits überdurchschnittlich angeschlagene Vertrauen der Bürger in staatliche Institutionen. Für langfristiges wirtschaftliches Wachstum ist jedoch genau dieses Vertrauen – garantiert durch ein Mindestmass an Rechtssicherheit – unerlässlich.

Die Weltbank-Gruppe hat an der Korruptionsbekämpfung ein besonderes Interesse, da ihre Entwicklungsprogramme durch die teilweise grassierende Korruption in den Empfängerstaaten direkt betroffen sind. Die erfolgreiche Ausführung des Mandates der Weltbank, namentlich einer substanziellen Armutsreduktion, kann durch die Auswirkungen von Korruption regelrecht sabotiert werden. Die Bank hat in den letzten Jahren – spätestens aber seit der Rede (Cancer of Corruption) des ehemaligen Weltbankpräsidenten James Wolfensohn im Jahre 1996 – ihre Bestrebungen verstärkt, diesen Teufelskreis zu brechen. So werden auf operationeller Ebene vermehrt direkte Querverbindungen zwischen Massnahmen zur Korruptionsbekämpfung und messbaren Entwicklungsresultaten gezogen, und die Verwendung der eigenen Gelder wird genauestens überwacht. Ebenfalls werden die institutionellen Kapazitäten – wie beispielsweise die Schulung des Personals – kontinuierlich ausgebaut.

Gouvernanz- und Korruptionsfragen als integraler Bestandteil der Entwicklungsprogramme


Die Weltbank setzt immer höhere Standards: Im Jahre 2007 verabschiedete sie mit der überarbeiteten Governance and Anti-Corruption Strategy (GAC) einen umfassenden Implementierungsplan, welcher verschiedene Ebenen der Arbeiten innerhalb der Weltbank betrifft und in regelmässigen Abständen durch einen hochrangigen Bank internen Rat überprüft und verfeinert wird. Auf lokaler Ebene hat die Bank seit 1996 bereits mehr als 600 Antikorruptionsprogramme unterstützt. Zu einer effizienten Strategie gehören für die Institution – neben der gezielten Einführung von Strukturen zur Verantwortungs- und Rechenschaftspflicht für Staatsangestellte und Politiker – auch der verstärkte Einbezug der Zivilgesellschaft, der Aufbau eines wettbewerbsfähigen Privatsektors, die klare Festlegung institutioneller Machtbegrenzung sowie die Verbesserung des Public Sector Management (siehe Grafik 1). Ebenso ist es der Weltbank ein Anliegen, auf sektorieller Ebene das Know-how im Kampf gegen die Korruption stetig zu vertiefen und eine systematische Sensibilisierung aufrechtzuerhalten. Diesbezüglich bieten sich gewisse Sektoren regelrecht an: Vor allem im Infrastruktur-, Ausbildungs-, Gesundheits- und Sozialhilfebereich werden Gouvernanz- und Antikorruptionsmassnahmen konsequent in die regulären Entwicklungsprogramme mit einbezogen. So wird beispielsweise in Paraguay einerseits der Aufbau von Kanalisationssystemen und Sanitäranlagen in ländlichen Gebieten gefördert, während gleichzeitig die institutionelle Kontrolle über das System ausgebaut wird. Regulationseinheiten werden unterstützt und das zuständige Ministerium direkt beraten. Dieses Projekt reiht sich in die sogenannten GAC Squad-Programme ein und ist ein gutes Beispiel für die geschickte Kombination von Infrastruktur- und Antikorruptionsprogrammen. In den letzten Jahren hat sich die Weltbank überdies als Katalysator globaler Initiativen im Bereich der Korruptionsbekämpfung etabliert. Neben der Extractive Industries Transparency Initiative (EITI), die vom Seco mitfinanziert wird, sowie der Construction Sector Transparency Initiative (CoST), welche u.a. den Privatsektor im Kampf gegen die Korruption in Pflicht nehmen sollen, verdient die Stolen Asset Recovery Initiative (StAR) spezielle Aufmerksamkeit. Nicht nur stellt sie die derzeit wohl dynamischste der hier erwähnten Initiativen dar; sie weist ausserdem zahlreiche interessante Verbindungen zur Schweiz auf (siehe Kasten 1

Die StAR-Initiative wurde am 17. September 2007 in New York als gemeinsame Initiative zwischen der Weltbank und dem United Nations Office on Drugs and Crime (UNODC) gegründet. StAR setzt sich für den Abbau von Barrieren bei der Rückschaffung von illegal erworbenen Vermögenswerten in die Ursprungsländer ein. Dabei wird das politische Engagement, welches sowohl in Industrie- wie auch in Entwicklungsländern gleichzeitig aufgebracht werden muss, hervorgehoben. Die rechtliche Grundlage findet die Initiative im UNO-Übereinkommen gegen Korruption (UNCAC), namentlich im Kapitel V, welches die Schweiz bereits im Rahmen der Verhandlungen zur Ausarbeitung des Übereinkommens aktiv mitgestaltet hatte. Die Tätigkeiten von StAR finanzieren sich über Beiträge von Norwegen, der Schweiz, Schweden, Frankreich und Grossbritannien. Das StAR-Team arbeitet eng mit der UNODC, dem Entwicklungsausschuss DAC der OECD und auf nichtstaatlicher Ebene mit dem Basel Institute on Governance (Icar) zusammen. Ende April 2010 fand das von der Schweiz organisierte Lausanne-V-Seminar zum Thema Barriers to Asset Recovery in Zusammenarbeit mit StAR statt. Anfang Juni 2010 koordiniert die Schweiz eine Konferenz in Paris, an welcher Experten aus Industrie- und Entwicklungsländern zusammenkommen.

).

Selbstauferlegte institutionelle Rechenschaftspflicht


Diese Initiativen und Programme auf lokaler, sektorieller und globaler Ebene stellen jedoch nur die eine Seite des Engagements der Weltbankgruppe in der Korruptionsbekämpfung dar. Die Bank hat sich überdies – auch aufgrund ihrer treuhänderischen Verantwortung – das Ziel gesetzt, höchste Transparenz und Integrität bei der Verwendung ihrer eigenen Gelder zu beweisen. Im September 2007 präsentierte eine unabhängige Untersuchungskommission unter dem Vorsitz des ehemaligen Präsidenten der US-Notenbank Paul Volcker einen detaillierten Bericht u.a. über die Arbeiten des damaligen Department of Integrity. Der Bericht identifizierte markantes Verbesserungspotenzial in der Verfolgung von Korruptionsfällen im Zusammenhang mit eigenen Entwicklungsgeldern. Insgesamt wurden 18 Empfehlungen formuliert, die bis Juli 2009 alle erfolgreich umgesetzt wurden. Als eine der Massnahmen wurde das Department zu einer Vice Presidency aufgewertet und in Integrity Unit (INT) umbenannt.Heute arbeitet die ca. 110 Personen umfassende INT noch enger mit den regionalen und sektoriellen Abteilungen – wie beispielsweise dem Operations Policy and Country Services (OPCS) und dem Bank’s Poverty Reduction and Economic Management Network (Prem) – zusammen. Gleichzeitig koordiniert sie ihre Strategie mit dem Office of Ethics and Business Conduct (EBT) und mit den globalen Initiativen wie StAR. So führt INT nicht nur Untersuchungen durch, sondern ist vermehrt auch im Bereich des Capacity Building vor Ort aktiv. Dies war nicht immer so: Die Untersuchungseinheit INT stand früher tendenziell etwas abseits der operativen Arbeiten der Bank. Spätestens jedoch seit dem Volcker-Bericht werden verstärkt Synergien genutzt sowie Wissen und Expertise ausgetauscht. Die Arbeit von INT hat an Kohärenz und Effizienz gewonnen.

Meldepflicht des Personals


Hinweise auf strafbare Praktiken – wie Betrug, Korruption, Kollusion, Nötigung und Behinderung – werden innerhalb von INT in zwei verschiedenen Entitäten untersucht. Für Anschuldigungen, welche das Bankpersonal direkt betreffen, ist ein internes Untersuchungsteam zuständig, während alle anderen Fälle in der ca. sechsmal grösseren External Investigation Unit bearbeitet werden. Die Weltbank verfolgt einen risikobasierten Ansatz, welcher sich auf Sektoren, Lieferanten und Länder mit erhöhtem Korruptionsrisiko konzentriert. Das Personal der Weltbank ist jedoch verpflichtet, jede Vermutung über betrügerische oder korrupte Handlungen im Zusammenhang mit den von der Bank finanzierten Projekten an den direkten Vorgesetzten oder an INT zu melden.
Gemäss Artikel 08.01, Abs. 2.02 der Personalrichtlinien. Zur Veranschaulichung: In der Periode von Juli 2008 bis Juni 2009 stammten ungefähr 38% der Hinweise (exkl. interne Fälle) aus den eigenen Reihen der Bank. Um diese Tendenz noch auszubauen, wurde Ende 2008 der Schutz für Whistleblower ausgeweitet und gleichzeitig das Personal durch die Verteilung eines Leitfadens zur Meldepflicht weitgehend über seine Rechte und Pflichten im Bereich der Korruptionsbekämpfung informiert. Über eine telefonische Hotline können die Angestellten überdies auf anonyme Weise verdächtige Fälle melden. Von den 138 im Steuerjahr 2009 neu eröffneten Fällen stammen 26% aus Asien und 25% aus Afrika, was ungefähr dem Umfang der Vergaben von IBRD- und IDA-Krediten in diesen Regionen entspricht. Erstaunlich wenige Fälle werden jedoch aus Lateinamerika und der Karibik gemeldet (nur 7%), was nicht zwingend bedeutet, dass diese Länder einen tieferen Korruptionsindex aufweisen. Oftmals reflektieren solche Statistiken auch schlicht, in welchen Regionen INT in den letzten Jahren am aktivsten war. Weniger überraschend fällt die Aufschlüsselung der am meisten betroffenen Sektoren aus (siehe Grafik 2).

Institutionsübergreifendes Ausschlussverfahren


Der Untersuchungsprozess innerhalb INT ist administrativer und nicht strafrechtlicher Natur. Bei internen Fällen, welche ausschliesslich Anschuldigungen des Personals der Weltbank betreffen, kümmert sich vorwiegend die Personalabteilung – und im Rekursfall auch das Administrative Tribunal – um die Angelegenheit. Alle externen Fälle durchlaufen klar definierte Prozessstrukturen: – Kommt INT nach ihrer Untersuchung zum Schluss, dass genug Beweismaterial vorhanden ist, wird der Fall an den sogenannten Evaluation and Suspension Officer (EO) weitergeleitet. Diese unabhängige Instanz prüft das von INT erarbeitete Beweismaterial, ergänzt es gegebenenfalls und schlägt eine Strafe vor. Gleichzeitig hat sie die Möglichkeit, eine temporäre Suspendierung zu verhängen, um ein Unternehmen bis zum Abschluss des laufenden Sanktionsprozesses von allen Weltbankprojekten fernzuhalten. – Falls die betroffene Partei sich der angekündigten Strafe nicht widersetzt, erlässt das Sanctions Board den Entscheid, die vom EO vorgeschlagene Strafe zu verhängen. Die betroffene Firma oder Person kann die vorgeschlagene Strafe des EO jedoch auch anfechten und die Angelegenheit vor das Sanctions Board weiterziehen. Dieses rollt den Fall neu auf, führt bei Bedarf Anhörungen durch und fällt den finalen Entscheid. – Handelt sich beim vorliegenden Betrugs- oder Korruptionsfall gleichzeitig auch um eine Verletzung nationalen Rechts, werden die Untersuchungsergebnisse auch an die nationalen Behörden weitergeleitet (Referral Report), welche in der Folge über allfällige Strafen gegenüber ihren eigenen Staatsangestellten zu entscheiden haben. INT, das Evaluation and Suspension Office sowie das Sanctions Board sind voneinander unabhängige Entitäten, welche jedoch sehr eng zusammenarbeiten. Da das Sanctions Board Entscheide von INT umstossen kann, ist es für den Ruf der Weltbank unerlässlich, dass INT bereits auf der ersten Stufe der Untersuchung qualitativ hochstehende Leistung vollbringt. Gleichzeitig ist das reibungslose Funktionieren des Sanctions Board als oberste «richterliche» Instanz von grösster Wichtigkeit. Die Schweiz ist in diesem aus bankinternen wie -externen Experten zusammengesetzten Gremium mit Cornelia Cova, Richterin am Bundesstrafgericht in Bellinzona, prominent vertreten. 2007 wurde die Schweizer Richterin mit international erstklassigem Ruf im Kampf gegen die Korruption und Geldwäscherei als Mitglied in diesen Sanktionsausschuss der Weltbank ernannt. Vor einem Jahr wurde ihr Mandat für drei weitere Jahre verlängert. Firmen oder Personen können – je nach Schweregrad des Falls – entweder verwarnt, von Projekten der Weltbank ausgeschlossen und/oder zur Rückzahlung illegal erworbener Gelder verurteilt werden. Seit 2001 hat die Weltbank ungefähr 389 Firmen oder Personen von ihren öffentlichen Ausschreibungen ausgeschlossen beziehungsweise auf ihre schwarze Liste (Debarment List) gesetzt. Auf jeden Ausschluss folgt eine Pressemitteilung der Bank. Diese reputationsschädigende Massnahme soll die abschreckende Wirkung des gesamten Sanktionssystems noch verstärken. Auch hier gilt: Je bekannter der Name der sanktionierten Firma, desto grösser die mediale Aufmerksamkeit (siehe Kasten 2

Die Siemens AG zählt zu den wichtigsten Bietern um Ausschreibungen der Weltbank: Seit 1999 konnte das Unternehmen mehr als 245 Verträge im Wert von ungefähr 2 Mrd. US-Dollar an Land ziehen. Am 2. Juli 2009 kam es zu einer Einigung der Weltbank mit Siemens, nachdem genügend Beweismaterial sichergestellt worden war, welches die Involvierung der deutschen Firma und ihrer russischen Tochtergesellschaft in Schmiergeldaffären aufzeigte. Das Unternehmen verpflichtete sich dabei, während zweier Jahre nicht an der Vergabe von öffentlich ausgeschriebenen Projekten der Weltbank teilzunehmen. Die russische Tochtergesellschaft (OOO Siemens) wurde zusätzlich auf die Liste ausgeschlossener Firmen gesetzt, wo sie voraussichtlich bis November 2013 bleiben wird. Siemens versprach überdies, während der nächsten 15 Jahre die Bank in ihrem Kampf gegen die Korruption mit 100 Mio. US-Dollar zu unterstützen. Die Firma willigte ein, ihre industriellen Praktiken zu ändern, und versprach, in Zukunft eng mit INT zusammenzuarbeiten. Mit dieser Einigung bewies die Weltbank, dass auch Unternehmen, welche zu den 100 grössten der Welt gehören, für unternehmerisches Fehlverhalten verantwortlich gemacht werden können.

). Beim Ausschluss können spezielle Auflagen erlassen werden, bei deren Erfüllung die Streichung der Firma oder der Person von der Liste angeordnet wird. Die oftmals heikle Frage des Delisting ist bei diesem System der Weltbank insofern etwas weniger problematisch, als eine Firma, welche beweisen kann, dass sie die geforderten Compliance-Programme eingeführt hat, automatisch von der schwarzen Liste entfernt wird. Auch wenn sich eine leichte Tendenz Richtung Einigungen – wie auch im Fall Siemens – abzeichnet, nimmt die schwarze Liste der Weltbank in der internationalen Korruptionsbekämpfung weiterhin eine richtungweisende Rolle ein. Bereits sind zusätzliche Ideen für institutionsübergreifende Ausschlussverfahren auf dem Tisch, welche die internationalen Kräfte in der Korruptionsbekämpfung bündeln sollen. Die International Financial Institutions Anti-Corruption Task Force, welche die AfDB, AsDB, EBRD, EIB, IADB, den IMF sowie die Weltbankgruppe zusammenbringt, arbeitet bereits seit 2006 an einer Harmonisierung der Sanktionssysteme. Die jeweiligen Integrity Units kooperieren seit Jahren; nun soll eine Cross-Debarment List die schwarzen Listen der Entwicklungsbanken (ohne IMF und EIB) vereinigen. Konkret wird damit einer Firma oder Person, welche zuvor bereits von einer Entwicklungsbank ausgeschlossen wurde, auch der Zugang zu öffentlichen Ausschreibungen der übrigen Entwicklungsbanken verwehrt. Solche Bestrebungen stossen auch bei Korruptionsexperten auf Interesse, da sie handfest beweisen, dass immer mehr internationale Organisationen die Betrugs- und Korruptionsbekämpfung auch auf institutioneller Ebene genügend ernst nehmen.

Herausforderungen und Ausblick


Einen Ruf als integre und vertrauenswürdige Institution schafft man sich bekanntlich nicht von heute auf morgen. Die Weltbank hat erkannt, dass es für den Erhalt eines solchen einer gut durchdachten Struktur bedarf. Aus diesem Grund wurde 2008 nach den Empfehlungen des Volcker-Berichts auch gleich das Independent Advisory Board (IAB) geschaffen, welches ausschliesslich aus externen Experten besteht. Der Schweizer Strafrechtsprofessor Mark Pieth, Chairman der Working Group on Bribery in International Business Transactions der OECD, nimmt in diesem wegweisenden Gremium seit dessen Schaffung Einsitz. IAB berät INT in der Ausübung ihres Mandates, indem es auch auf Untersuchungsebene sehr praxisbezogene Ratschläge erteilt. Gleichzeitig rapportiert das IAB direkt an Präsident Zoellick sowie an das Audit Committee – einer der 5 Ausschüsse des Exekutivrates – über die Leistungen von INT und gibt überdies in regelmässigen Abständen seine Einschätzung zu den Fortschritten der Weltbank in der Korruptionsbekämpfung seit dem Volcker-Bericht ab. Derzeit wartet man gespannt auf einen ersten internen Zwischenbericht des IAB. Unabhängig davon, wie der Expertenbericht ausfallen wird: Die Weltbank hat im Kampf gegen die Korruption unbestritten noch einige Herausforderungen zu meistern. Kenner identifizieren diese vor allem im Bereich der institutionsübergreifenden Zusammenarbeit sowie in der Prävention. Initiativen wie das Voluntary Disclosure Program (VDP), bei welcher Firmen von einer Art Amnestie bezüglich vergangener Korruptionsdelikte profitieren können, solange sie bereit sind, gewisse Transparenzpflichten einzugehen, setzen in der Prävention wichtige Zeichen. Auch informiert die Bank ihre Angestellten umfassend über mögliche Risiken, sei es durch die Veröffentlichung von Leitfäden wie The Most Common Red Flags in Procurement oder das Fraud and Corruption Awareness Handbook. Das Spektrum und die aufgebrachten Ressourcen können aber auch in diesem Bereich noch ausgeweitet werden.Die gleichen Gesellschaftsgruppen, welche die Begünstigten der Weltbank darstellen, sind auch die täglichen Opfer von Betrug und Korruption – nämlich die Schwächsten unter uns. Die Weltbank trägt daher eine doppelte Verantwortung in der Bekämpfung dieses Übels, und zwar auf allen Ebenen ihrer Tätigkeit.

Grafik 1: «Korruptionsbekämpfung der Weltbank – eine Übersicht»

Grafik 2: «Eröffnete Verfahren nach Sektoren, Fiskaljahre 2007–2009»

Kasten 1: Die Stolen Asset Recovery Initiative

Die StAR-Initiative wurde am 17. September 2007 in New York als gemeinsame Initiative zwischen der Weltbank und dem United Nations Office on Drugs and Crime (UNODC) gegründet. StAR setzt sich für den Abbau von Barrieren bei der Rückschaffung von illegal erworbenen Vermögenswerten in die Ursprungsländer ein. Dabei wird das politische Engagement, welches sowohl in Industrie- wie auch in Entwicklungsländern gleichzeitig aufgebracht werden muss, hervorgehoben. Die rechtliche Grundlage findet die Initiative im UNO-Übereinkommen gegen Korruption (UNCAC), namentlich im Kapitel V, welches die Schweiz bereits im Rahmen der Verhandlungen zur Ausarbeitung des Übereinkommens aktiv mitgestaltet hatte. Die Tätigkeiten von StAR finanzieren sich über Beiträge von Norwegen, der Schweiz, Schweden, Frankreich und Grossbritannien. Das StAR-Team arbeitet eng mit der UNODC, dem Entwicklungsausschuss DAC der OECD und auf nichtstaatlicher Ebene mit dem Basel Institute on Governance (Icar) zusammen. Ende April 2010 fand das von der Schweiz organisierte Lausanne-V-Seminar zum Thema Barriers to Asset Recovery in Zusammenarbeit mit StAR statt. Anfang Juni 2010 koordiniert die Schweiz eine Konferenz in Paris, an welcher Experten aus Industrie- und Entwicklungsländern zusammenkommen.

Kasten 2: Einigung – Beispiel Siemens

Die Siemens AG zählt zu den wichtigsten Bietern um Ausschreibungen der Weltbank: Seit 1999 konnte das Unternehmen mehr als 245 Verträge im Wert von ungefähr 2 Mrd. US-Dollar an Land ziehen. Am 2. Juli 2009 kam es zu einer Einigung der Weltbank mit Siemens, nachdem genügend Beweismaterial sichergestellt worden war, welches die Involvierung der deutschen Firma und ihrer russischen Tochtergesellschaft in Schmiergeldaffären aufzeigte. Das Unternehmen verpflichtete sich dabei, während zweier Jahre nicht an der Vergabe von öffentlich ausgeschriebenen Projekten der Weltbank teilzunehmen. Die russische Tochtergesellschaft (OOO Siemens) wurde zusätzlich auf die Liste ausgeschlossener Firmen gesetzt, wo sie voraussichtlich bis November 2013 bleiben wird. Siemens versprach überdies, während der nächsten 15 Jahre die Bank in ihrem Kampf gegen die Korruption mit 100 Mio. US-Dollar zu unterstützen. Die Firma willigte ein, ihre industriellen Praktiken zu ändern, und versprach, in Zukunft eng mit INT zusammenzuarbeiten. Mit dieser Einigung bewies die Weltbank, dass auch Unternehmen, welche zu den 100 grössten der Welt gehören, für unternehmerisches Fehlverhalten verantwortlich gemacht werden können.

Kasten 3: Links

– Governance and Anti-Corruption: http://www.worldbank.org/governance – Extractive Industries Transparency Initiative (EITI): http://www.eitransparency.org– Construction Sector Transparency Initiative (CoST): http://www.constructiontransparency.org – Stolen Asset Recovery Initiative (StAR): http://www.worldbank.org/star – Basel Institute on Governance: http://www.baselgovernance.org/icar – Integrity Vice Presidency: http://www.worldbank.org/integrity – Liste der ausgeschlossenen Firmen: http://www.worldbank.org/debarr

Zitiervorschlag: Michel Mordasini, Fabienne Aemisegger, (2010). Korruptionsbekämpfung als wachsender Integritätsbeweis – eine Bestandesaufnahme der Arbeiten in der Weltbank. Die Volkswirtschaft, 01. Juni.