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Die Zusammenarbeit der Schweiz im Bereich Wasser

Die Zusammenarbeit der Schweiz im Bereich Wasser

Wasser ist eine lebensnotwendige, facettenreiche Ressource und ein Motor des Wirtschaftswachstums. Die verschiedenen Funktionen der Ressource sind jedoch oft durch Probleme bei der Verfügbarkeit, Verteilung und rationellen Nutzung gestört. Während im Jahr 2000 8% der Weltbevölkerung von chronischem Wassermangel betroffen waren, werden es im Jahr 2050 bereits 45% oder 4 Mrd. Menschen sein. Bei der Wassernutzung bestehen konkurrenzierende Interessen, die auch zu Konflikten führen können. Wasser ist daher häufig Gegenstand von Verhandlungen, die auch Gelegenheit zum Dialog bieten. Der folgende Artikel skizziert die Herausforderungen, die sich im Zusammenhang mit Wasser in menschlicher, ökonomischer und ökologischer Hinsicht stellen und präsentiert die Ziele und Lösungsansätze der schweizerischen Entwicklungszusammenarbeit in diesem Bereich.
Der Autor bedankt sich bei François Münger, Chef der Sektion Wasser Initiativen, Direktionsbereich Globale Zusammenarbeit der Direktion für Zusammenarbeit und Entwicklung (Deza) und Johan Gély, Mitarbeiter der Sektion Wasser Initiativen, für ihre Mithilfe beim Verfassen dieses Artikels. Der Beitrag versteht sich nicht als Ersatz für die Dokumente der offiziellen Stellen.

Wasser – ein einzigartiges und komplexes Gut


Wasser ist nicht nur das wichtigste Lebensmittel; es ist auch ein bedeutender Hygieneträger, ein wichtiger Produktionsfaktor und ein Grundbaustein des Ökosystems. Wasser ist somit ein Schlüsselfaktor der sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung sowie der Erhaltung der natürlichen Ressourcen. Dies alles macht den Bereich Wasser zu einem komplexen System. Auch das so genannte «virtuelle Wasser» beeinflusst weitgehend die ganze Wertschöpfungskette: 80% des Wassers, das in den in der Schweiz konsumierten Gütern enthalten ist, stammt aus dem Ausland. Unsere wirtschaftliche Entwicklung hängt somit stark von der Verfügbarkeit von Wasser in anderen Regionen der Welt ab. Wasser ist somit als öffentliches Gut zu betrachten, dessen Bereitstellung und Schutz mit der Wahrnehmung öffentlicher Interessen sowie mit den Grundrechten zu tun hat. Grafik 1 zeigt die komplexen Beziehungen des Wasserkreislaufes von der Gewinnung bis zur Abwasserreinigung.Aufgrund dieser Eigenschaften und Funktionen braucht es ein angemessenes und transparentes Wassermanagement. Nur so kann ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum garantiert und folglich die Armut reduziert werden. Vorsichtig geschätzt generiert ein in diesem Bereich investierter Franken einen Nutzen von 3 bis 5 Franken, wenn die vermiedenen Ausgaben und die Produktivitätssteigerung mit berücksichtigt werden.

Herausforderungen im Bereich Wasser

Versorgungssicherheit und ökologische Nachhaltigkeit


Die zuverlässige und ausreichende Versorgung mit Wasser ist sowohl für den Staat wie auch für die Gesellschaft zentral und stellt eine Vorbedingung für Wirtschaftswachstum dar. Für die politisch Verantwortlichen im Bereich Wasser geht es darum, den Konsumenten Zugang zu Wasser in genügender Menge und Qualität zu ermöglichen. Weltweit haben über 1 Mrd. Menschen keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser. Eines der Millennium-Entwicklungsziele ist denn auch, diese Zahl bis 2015 zu halbieren. Dieses Ziel dürfte jedoch verfehlt werden, wenn keine aussergewöhnlichen Anstrengungen unternommen werden. Gleiches gilt für Abwassersysteme, an die 2,6 Mrd. Menschen keinen Anschluss haben.Die Verbesserung der ökologischen Nachhaltigkeit fordert auch die Gewährleistung der Wasserqualität. Leider lassen sich viele Politiker von den kurzfristigen Kosten der Abwasserentsorgung abschrecken und vernachlässigen diese zugunsten der Trinkwasserversorgung, die in der Öffentlichkeit ein besseres Image hat. Die Konsequenz daraus sind stark negative Wirkungen auf die Umwelt, die sich in der Verschmutzung von Wasser und Böden – und den damit einhergehenden beträchtlichen Risiken für die öffentliche Gesundheit – manifestieren. Im Bereich der Bewässerung kommt zum Mengenproblem der Aspekt der saisonalen Verfügbarkeit hinzu, der überdies mit anderen Nutzungsarten – wie z.B. der Energiegewinnung – konfligieren kann.

Effizienz der Wassersysteme


Die Effizienz der Produktions- und Verteilsysteme und die umweltgerechte Abwasserentsorgung sind oft das grössere Problem als die Menge des verfügbaren Wassers an der Quelle. Die entsprechenden Infrastrukturen befinden sich – sofern vorhanden – denn auch häufig in einem Zustand des fortgeschrittenen Zerfalls. Dies führt zu einer schlechten Wasserqualität und zu Mengenverlusten von zum Teil über 50%. Ausserdem erhöht sich dadurch der Stromverbrauch, vor allem bei Pumpen und Aufbereitungsanlagen. Die Achillesferse der Wassersysteme im ländlichen wie im städtischen Raum liegt aber vielfach in ihrer ökonomischen und technischen Bewirtschaftung. Sie äussert sich in Betriebsstörungen, Verlusten und mangelnden Einkünften, welche für die Funktionstüchtigkeit des Systems notwendig sind. Darüber hinaus ist die Effizienz von Bewässerungssystemen ebenso wichtig.

Rahmenbedingungen für eine nachhaltige Finanzierung


Der Wassersektor hat mit einem bedeutenden strukturellen Finanzierungsproblem zu kämpfen: Für den Aufbau und Unterhalt leistungsfähiger Infrastrukturen sind grosse Investitionen notwendig – dies in einem polit-ökonomisch oft sehr riskanten Umfeld und mit unattraktiven Ertragsaussichten. Die Kunden sind nur selten in der Lage, die Produktionskosten des verbrauchten Wassers vollumfänglich zu bezahlen. Schätzungen zufolge sollten die Kosten für den Wasserverbrauch 4% des verfügbaren Einkommens nicht übersteigen. Die Massnahmen zur Verbesserung der finanziellen Nachhaltigkeit sind indes schwierig umzusetzen. Die Wahrnehmung der Probleme und Herausforderungen ist zumeist auf die jeweilige Verbrauchsart beschränkt. Die Zusammenarbeit der beteiligten Institutionen oder Ministerien ist nicht immer optimal, weshalb die Lösungsansätze oft lückenhaft sind. Widersprüchliche politische Interessen führen zudem zu falschen finanziellen Anreizen, was einen sparsameren Umgang mit Wasser kaum fördert. Nur selten besteht eine klare Vorstellung darüber, welche Bereiche mit Steuern und welche mit Abgaben finanziert werden sollen. Das trifft insbesondere für planwirtschaftliche Systeme nach sowjetischem Vorbild zu.

Wasser in der industriellen Produktionskette


Wasser ist nicht nur ein Bestandteil vieler mehr oder weniger stark verarbeiteter Nahrungsmittel. Es wird auch in zahlreichen industriellen Prozessen als Produktsfaktor bei der Fertigung (Reinigung, Verdampfung) verwendet. Der Anteil dieses «virtuellen Wassers» variiert stark je nach Produkt. Eine schlechte Wahl kann sowohl in der Industrie wie auch in der Landwirtschaft eine grosse Zunahme der Wassernachfrage – und entsprechend höhere Produktionskosten – zur Folge haben.

Kompetenzen in der schweizerischen Entwicklungszusammenarbeit


Fünf Bundesämter leisten einen aktiven und konzertierten Beitrag im Bereich Wasser. Der Interdepartementale Ausschuss Nachhaltige Entwicklung (Idane) gewährleistet die Kohärenz der Tätigkeiten. Dazu stützt sich der Ausschuss auf bedeutende Finanzierungsinstrumente, insbesondere des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) und der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (Deza), die Festsetzung der Prioritäten aller involvierten Akteure und eine gemeinsame Entscheidungsfindung im internationalem Rahmen. Diese «Vergemeinschaftung» der Anstrengungen verleiht der Schweiz einen Einfluss, den sie rein aufgrund ihres relativ geringen finanziellen Beitrags sonst nicht ausüben könnte.Während das Bundesamt für Umwelt (Bafu) die globale Debatte um die Zerstörung von Ökosystemen prägt, engagiert sich das Bundesamt für Gesundheit (BAG) zum Thema Wasserqualität. Das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) schliesslich konzentriert sich auf die landwirtschaftliche Produktivität des Wassers und die Bekämpfung der Verschmutzung durch Agrarprodukte.Die Zusammenarbeit umfasst zwei Stossrichtungen: die wirtschaftliche Zusammenarbeit und die Entwicklungszusammenarbeit. Die wirtschaftliche Zusammenarbeit wird vom Seco (EVD) wahrgenommen. Sie kann über zwei Jahrzehnte Erfahrung im Bereich Wasser und Abwasser im städtischen Raum vorweisen. Durchschnittlich werden 15 bis 20 Mio. Franken pro Jahr dafür aufgewendet. Aktuell sind 16 Projekte im Gang; die Gesamtsumme des Engagements beläuft sich auf 131 Mio. Franken. Die Entwicklungszusammenarbeit ist bei der Deza (EDA) angesiedelt und geht auf die ersten Projekte in den 1970er-Jahren zurück. Im Zentrum der Aktivitäten steht hier der ländliche Raum mit den Schwerpunkten Trinkwasser, Abwasser (40 Mio. Franken pro Jahr) und Bewässerung.Die Komplementarität der beiden Ansätze hat zur Herausbildung spezifischer Kompetenzen geführt:− Die wirtschaftliche Zusammenarbeit ist bekannt für ihre Aktivitäten zur Stärkung der Regulierungsbehörden, zum Aufbau von finanziellen und technischen Managementkapazitäten im Bereich der Wasserversorgung sowie zur Förderung eines sparsamen Umgangs mit Wasser des Privatsektors (Industrie). Sie begünstigt einen auf den nationalen, regionalen oder lokalen – staatlichen oder parastaatlichen – Strukturen aufbauenden Ansatz.− Die Entwicklungszusammenarbeit ist bekannt für ihren partizipativen Ansatz bei der Wasserbewirtschaftung sowie für ihre dezentralisierten Systeme in ländlichen Regionen, die sowohl der Bewässerung als auch der Trinkwasserversorgung dienen. Ihre Repräsentanten haben eine wichtige Stimme auf den internationalen Foren der Sektorpolitiken und spielen eine führende Rolle bei den Diskussionen um die Wasserversorgung als Teil der Menschenrechte.− Durch den multifunktionellen Charakter des Wassers wurde auch bei der Interaktion mit anderen Sektoren besonderes Know-how aufgebaut: Wasser-Energie (Seco), Wasser-Landwirtschaft (Deza) und Wasser-Gesundheit (Deza, siehe Kasten 1

In Zentralasien ist Wasser ein ständiges Streitobjekt zwischen den Anrainerstaaten der grossen Flüsse Amu-Darja und Syr-Darja. Die Landwirtschaft, Einkommensquelle eines grossen Teils der Bevölkerung, hat während der Sommermonate einen hohen Wasserverbrauch. Im Winter würde der Energiesektor dieses Wasser benötigen, um der grossen Kälte in den Hochländern zu begegnen. Gleichzeitig besteht ein hoher Bedarf an Trinkwasser, der durch ein marodes und leckes Netz verteilt wird. In einer konzertierten Aktion finanziert das Seco in Usbekistan (mit der Weltbank), Kirgisistan und Tadschikistan (mit der EBRD) die Instandsetzung der städtischen Wasserversorgung; die Deza unterstützt ihrerseits Projekte zur Wasserverteilung in ländlichen Gebieten sowie den Unterhalt der Bewässerungskanäle im dicht besiedelten Fergana-Tal, das sich über alle drei Länder erstreckt. Mit diesem Ansatz wurde ein sektorieller Dialog über die Finanzierung institutioneller Strukturen angeregt. Durch den Einsatz von leistungsfähigen Schweizer Geräten konnte bis zu 15% an Pumpenergie eingespart werden. Das Seco unterstützt zudem den schwierigen Dialog zwischen den Ländern der Region über die Aufteilung der Wasser- und Energieressourcen mit der Bereitstellung von Experten mittels eines Finanzierungsfonds der Weltbank.

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Lösungsansätze und Prioritäten der Zusammenarbeit


Die soziale und wirtschaftliche Entwicklung ist untrennbar mit dem Wasser – insbesondere der Infrastruktur und Wasserbewirtschaftung – verbunden. Der Umweltschutz ist der Schlüssel zur Nachhaltigkeit und zur langfristigen Wirtschaftlichkeit des Sektors. Voraussetzung dazu ist eine effiziente Nutzung des vorhandenen Wassers in seinen verschiedenen Funktionen und eine konsequente Abwasserreinigung. Die Qualitätssicherung des lebenswichtigen Gutes − von der Quelle über die Aufbereitung und Verteilung bis zur Behandlung − ist ein Produktionskostenfaktor, der grösstenteils von den Konsumenten/Steuerzahlenden getragen werden muss. Diese haben somit das Recht auf eine gerechte und transparente Bewirtschaftung dieses kostbaren Gutes.Die schweizerische Zusammenarbeit begegnet den Herausforderungen mit einem Beitrag zu den folgenden Zielen:

Verbesserung der Wasserversorgung von Bevölkerung und Wirtschaft in den Partnerländern


Die Bereitstellung einer effizienten und nachhaltigen Wasserversorgung ist ein grundlegender Beitrag zur wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung. Ziel der schweizerischen Finanzierungen ist eine Ausweitung der Netze und des Zugangs zu einer zuverlässigen, qualitativ guten und preiswerten Wasserversorgung auch für die ärmeren Bevölkerungsschichten. Dazu gehören auch physische Massnahmen wie z.B. die Installation von Wasserzählern, um den Zugang und – bei Bedarf – den Handel mit Wasser nachvollziehbar zu gestalten (siehe Kasten 2

In Albanien haben fast ein Viertel der Bevölkerung keinen Anschluss an eine zentrale Wasserversorgung; und weniger als die Hälfte sind an ein Abwassernetz angeschlossen. Nur gerade drei Kläranlagen sind in Betrieb. Mit der Finanzierung des Seco und der deutschen Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) wurde in der Stadt Pogradec die Wasserversorgung und -entsorgung saniert, der Strombedarf um 20% reduziert, Wasserzähler installiert und die Wassergesellschaft auf Vordermann gebracht. Am Ufer des Ohridsees, der zum Welterbe der Unesco gehört und ein beträchtliches touristisches Potenzial aufweist, wurde eine Kläranlage gebaut. Das in Pogradec gewählte Vorgehen mit der pragmatischen Umsetzung einer integrierten Wasserbewirtschaftung wurde zum Vorbild für eine Strategie auf nationaler Ebene. Dieses Vorgehen wurde nun auch für das Projekt in der albanischen Stadt Shkodra gewählt.

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Verbesserung des Zugangs zu Abwasserreinigung von Bevölkerung und Wirtschaft in den Partnerländern


Wirtschaftliche und soziale Entwicklung beruht zu einem grossen Teil auch auf dem Zugang zu einer funktionierenden Abwasserreinigung. Die Schweiz unterstützt die Verbesserung dieser Systeme aus gesundheitlichen und Umweltschutzgründen. Dabei geht es hauptsächlich um Zuverlässigkeit, Qualität und Kostenkontrolle. Da der Nutzen für die Begünstigten nicht direkt sichtbar ist, wird der Abwasserbereich in den Projekten meist stiefmütterlich behandelt. Deshalb braucht es hier besondere Anstrengungen.

Institutionelle Stärkung sowie Förderung der wirtschaftlichen, ökologischen und technischen Tragfähigkeit der öffentlichen Unternehmen im Bereich Wasser und Abwasser


Hier geht es darum, die Geschäftsführung der Wasserversorgungsunternehmen mittels technischer Hilfe zu verbessern. Wichtige Stichworte sind: Einführung von Managementprinzipien, Stärkung der Führungsstrukturen und der internen Kontrollorgane, Investitionsplanung und Kostentransparenz. Ziel ist die Reduktion der kommerziellen Verluste und eine grössere Kundenfreundlichkeit. Unterstützt werden auch die fachlichen Kapazitäten für Unterhalt und Nutzung der Anlagen. Der öffentliche Sektor kann auch von der Erfahrung des privaten Sektors profitieren, etwa in Form von Public-Private Partnerships (Managementverträge) oder Beratungsaktivitäten bei den Wasserversorgungsunternehmen (siehe Kasten 3

Die Erfahrung des Privatsektors im Bereich Unternehmensführung kann im öffentlichen Sektor dazu genutzt werden, um die Strukturen zu stärken und die Nutzung effizienter zu gestalten. Dieser Know-how-Transfer kann in Form von Managementverträgen im Sinne von PPP oder in Form von Beratungsaktivitäten bei den Wasserversorgungsunternehmen erfolgen. In jedem Fall ist der institutionelle Rahmen eines solchen Transfers genau zu definieren. Zudem muss sichergestellt sein, dass die Interessen aller Beteiligten berücksichtigt sind.Gemäss einer kürzlich publizierten Studie der Weltbank schneiden PPP in Form von Verwaltungsmandaten am besten ab, wenn es darum geht, die Leistungsfähigkeit der Wasserversorgung zu verbessern. Die von ihnen geschaffenen Partnerschaften sind mehrheitlich lokal und regional verankert und weniger international ausgerichtet. Hingegen gelingt es mit PPP nur selten, zusätzliches Kapital zur Modernisierung eines Netzes zu generieren.

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Institutionelle Stärkung sowie Förderung der wirtschaftlichen, ökologischen und technischen Tragfähigkeit der Wasserversorgung in ländlichen und periurbanen Gebieten


Grundsätzlich handelt es sich um ähnliche technische Hilfe bezogen auf ländliche Gebiete. Planung, Bewirtschaftung, Unterhalt und Nutzung beruhen hier auf einem Gemeinwesen, das sich selber organisieren muss, um seine Bedürfnisse – häufig in Zusammenarbeit mit dem öffentlichen oder dem lokalen privaten Sektor – erfüllen zu können. Es handelt sich also um einen partizipativen und sozialen Ansatz.

Reduktion des spezifischen Verbrauchs an realem oder virtuellem Wasser der Wirtschaft in den Partnerländern mit gezielten Massnahmen


Aufgrund mangelhafter Systeme kommen beim Endverbraucher zumeist nur 30% bis 80% des an der Quelle verfügbaren Wassers an. Um die Belastung für Konsumenten, Gesellschaft und Natur erträglicher zu gestalten, wird bei den von der Schweiz finanzierten Projekten systematisch darauf geachtet, dass die Verluste in den Wassernetzen reduziert und die Effizienz der Behandlung sowie die industriellen Prozesse verbessert werden. Die dadurch erzielten Einsparungen im spezifischen Wasserverbrauch pro Person (oder Wirtschaftseinheit) haben generell einen sehr positiven Effekt auf die Energieeffizienz der Wassersysteme. Zudem hat die Reduktion des in landwirtschaftlichen und verarbeiteten Produkten enthaltenen virtuellen Wassers einen realen positiven Effekt auf die Infrastrukturkosten. Von einer Reduktion des Anteils an virtuellem Wasser in den Endprodukten profitieren schlussendlich alle. Diese Aspekte sind besonders wichtig in Ländern mit grossem Wassermangel (siehe Kasten 4

Fast alle unsere Konsumgüter benötigen bei der Produktion enorme Wassermengen. Diese werden jedoch zumeist von Ländern aus ariden oder semi-ariden Klimazonen importiert. Die Deza hat in Kolumbien ein Pilotprojekt lanciert, bei dem sechs Schweizer Unternehmen (Nestlé, Syngenta, Holcim, Novartis, Clariant und Alpina) auf allen Produktionsstufen Wassereinsparungen erzielen wollen. Erstmals arbeiten Unternehmen aus so verschiedenen Industriesektoren zur Reduzierung des Wasserverbrauchs zusammen. Im Jahr 2009 hat die Schweiz vorgeschlagen, eine entsprechende internationale Norm zu schaffen; der Vorschlag wurde von der International Organization for Standarization (ISO) begrüsst. Die Ausarbeitung der Norm wird von der waadtländischen Firma Quantis geleitet, die auf Ökobilanzen spezialisiert ist. Das Projekt hat von der Grundlagenarbeit des Cleaner Production Center bei der Industrie profitiert; es wurde in der Aufbauphase ebenfalls vom Seco finanziert.

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Verbesserung der wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Kohärenz des Umgangs mit Wasser auf nationaler, regionaler oder kommunaler Ebene mittels Rahmenbedingungen, technischer Hilfe und Politikdialog


Die Schaffung guter Rahmenbedingungen im Hinblick auf einen transparenten Betrieb der Wassersysteme und auf die Projektfinanzierung ist unabdingbar für die Nachhaltigkeit des Sektors. Die diesbezügliche Unterstützung geschieht hier in Form von technischer Hilfe und Politikdialog, um die Wasserversorgung und Abwasserreinigung effizient regulieren zu können. Der rechtliche Rahmen umfasst die Stärkung der Aufsicht, Leistungsverträge, die Verbesserung der finanziellen und tarifären Strukturen sowie die Schaffung eines sozialen Auffangnetzes. Aufgrund des konkreten und lokalen Charakters des Wassers können überdies Fragen rund um Dezentralisierung und Regierungsführung zur Diskussion gestellt werden.Bei der Strategie zur langfristigen Finanzierung dieser Infrastrukturen sowie ihres Ausbaus ist ein heikles Gleichgewicht zwischen dem zentralistischen Ansatz und der möglichst weitgehenden Anwendung des Subsidiaritätsprinzips zu finden. Während Ersterer den sektorspezifischen budgetären Aspekten Rechnung trägt, ist Letzterer an den echten Bedürfnissen der Nutzer sowie ihren sozialen und wirtschaftlichen Möglichkeiten ausgerichtet (siehe Kasten 5

Eine Investition verbessert die Qualität einer Dienstleistung für die Kunden, macht aber zumeist eine Anpassung der Gebühren notwendig, welche von den Konsumenten angenommen werden muss. Wie die Erfahrung zeigt, ist es notwendig, die Investitionen an Strukturreformen zu koppeln, welche die finanzielle Nachhaltigkeit der Wasserversorgungsgesellschaft sicherstellen. Dies bedingt die Erhebung einer Gebühr, welche im Minimum die operationellen Kosten deckt. Dieser Paradigmawechsel ist – speziell in Ländern mit Planwirtschaft oder mit staatlicher Subventionierung der Dienste – nicht selbstverständlich. Die aktive Unterstützung der Wasserversorgungs- und Abwasserentsorgungsunternehmen bei der Erhöhung ihres Deckungsgrades auf Stufe der Zählung (über 50%) und des Inkasso (über 80%) sowie der Buchhaltungstransparenz löst oft eine positive Rückkoppelung aus: Es können dann – noch bescheidene – Investitionen zur Verbesserung der Dienste und der Wartung getätigt werden. Die Unternehmen können so ihre Attraktivität auf dem Kreditmarkt steigern und damit ihren Zugang zu notwendigen Krediten verbessern.

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Mittel und Partnerschaften


Die Infrastruktur zur Wasserversorgung eines Landes oder einer Region benötigt grosse finanzielle Mittel. Aus diesem Grund braucht es wichtige Geldgeber − wie etwa die Weltbankgruppe oder die regionalen Entwicklungsbanken, welche den Empfängerländern Darlehen oder Kredite gewähren. Demgegenüber genügen für Demonstrationsprojekte, die Strukturreformen oder innovative Ansätze fördern sollen, begrenzte Mittel im Bereich von 10 bis 50 Mio. Franken. Diese können von einem Geber, mehreren bilateralen Gebern oder einer Gruppe von Financiers bereitgestellt werden.Die Mittel der schweizerischen Zusammenarbeit werden vom Parlament gesprochen. Sie verteilen sich auf verschiedene Rahmenkredite, die auf die jeweilige Interventionsregion ausgerichtet sind. Drei Instrumente stehen bei der Umsetzung im Vordergrund:− Zuschüsse für Projektfinanzierung, die entweder bilateral oder im Rahmen von internationalen Finanzierungsinstitutionen – wie z.B. der Weltbank, der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) oder der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) – geleistet werden;− Programm- oder sektorspezifische Beiträge über entsprechende Fazilitäten entlang der oben beschriebenen operationellen Achsen;− Beiträge in Form von Zuschüssen oder Garantien zur Stärkung von Public-Private Partnerships (wie z.B. die Public-Private Infrastructure Advisory Facility PPIAF oder die Private Infrastructure Development Group PIDG) und ähnlichen Finanzierungsmechanismen.Schliesslich wird ein wichtiger Teil des verfügbaren Know-hows und der Technologie der schweizerischen Zusammenarbeit im Bereich Wasser von der Industrie und den Beratern geliefert, die im Bereich Wasser- und Abwasser-Bewirtschaftung von Einzugsgebieten tätig sind. Dabei variieren die nötigen Kompetenzen stark − je nachdem, ob ein Land ganz am Anfang des wirtschaftlichen Transitionsprozesses steht, wie etwa in Zentralasien, oder ob es sich um östliche EU-Länder handelt. Die Schweizer Fachleute haben ein ausgewiesenes Know-how zur Steuerung der komplexen Wasserflüsse und die damit zusammenhängenden Abwägungen aufgebaut. Die Projekte der schweizerischen Zusammenarbeit dienen auch dem Transfer dieses Know-how.Die schweizerische Zusammenarbeit verfügt über ein vielfältiges, durch Eigenständigkeit, Unabhängigkeit und Flexibilität charakterisiertes Instrumentarium. Damit kann sie einen bescheidenen, aber wichtigen Betrag zur nachhaltigen und gerechten Bewirtschaftung des kostbaren Gutes Wasser leisten.

Grafik 1: «Schematischer Überblick der Wassernutzung und der Einsatzbereiche der schweizerischen Zusammenarbeit (rot umrandete Felder)»

Kasten 1: Wasser – ein Instrument des Dialogs in Zentralasien

In Zentralasien ist Wasser ein ständiges Streitobjekt zwischen den Anrainerstaaten der grossen Flüsse Amu-Darja und Syr-Darja. Die Landwirtschaft, Einkommensquelle eines grossen Teils der Bevölkerung, hat während der Sommermonate einen hohen Wasserverbrauch. Im Winter würde der Energiesektor dieses Wasser benötigen, um der grossen Kälte in den Hochländern zu begegnen. Gleichzeitig besteht ein hoher Bedarf an Trinkwasser, der durch ein marodes und leckes Netz verteilt wird. In einer konzertierten Aktion finanziert das Seco in Usbekistan (mit der Weltbank), Kirgisistan und Tadschikistan (mit der EBRD) die Instandsetzung der städtischen Wasserversorgung; die Deza unterstützt ihrerseits Projekte zur Wasserverteilung in ländlichen Gebieten sowie den Unterhalt der Bewässerungskanäle im dicht besiedelten Fergana-Tal, das sich über alle drei Länder erstreckt. Mit diesem Ansatz wurde ein sektorieller Dialog über die Finanzierung institutioneller Strukturen angeregt. Durch den Einsatz von leistungsfähigen Schweizer Geräten konnte bis zu 15% an Pumpenergie eingespart werden. Das Seco unterstützt zudem den schwierigen Dialog zwischen den Ländern der Region über die Aufteilung der Wasser- und Energieressourcen mit der Bereitstellung von Experten mittels eines Finanzierungsfonds der Weltbank.

Kasten 2: Das Engagement des Seco in Albanien

In Albanien haben fast ein Viertel der Bevölkerung keinen Anschluss an eine zentrale Wasserversorgung; und weniger als die Hälfte sind an ein Abwassernetz angeschlossen. Nur gerade drei Kläranlagen sind in Betrieb. Mit der Finanzierung des Seco und der deutschen Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) wurde in der Stadt Pogradec die Wasserversorgung und -entsorgung saniert, der Strombedarf um 20% reduziert, Wasserzähler installiert und die Wassergesellschaft auf Vordermann gebracht. Am Ufer des Ohridsees, der zum Welterbe der Unesco gehört und ein beträchtliches touristisches Potenzial aufweist, wurde eine Kläranlage gebaut. Das in Pogradec gewählte Vorgehen mit der pragmatischen Umsetzung einer integrierten Wasserbewirtschaftung wurde zum Vorbild für eine Strategie auf nationaler Ebene. Dieses Vorgehen wurde nun auch für das Projekt in der albanischen Stadt Shkodra gewählt.

Kasten 3: Beitrag des Privatsektors im Bereich Wasser

Die Erfahrung des Privatsektors im Bereich Unternehmensführung kann im öffentlichen Sektor dazu genutzt werden, um die Strukturen zu stärken und die Nutzung effizienter zu gestalten. Dieser Know-how-Transfer kann in Form von Managementverträgen im Sinne von PPP oder in Form von Beratungsaktivitäten bei den Wasserversorgungsunternehmen erfolgen. In jedem Fall ist der institutionelle Rahmen eines solchen Transfers genau zu definieren. Zudem muss sichergestellt sein, dass die Interessen aller Beteiligten berücksichtigt sind.Gemäss einer kürzlich publizierten Studie der Weltbank schneiden PPP in Form von Verwaltungsmandaten am besten ab, wenn es darum geht, die Leistungsfähigkeit der Wasserversorgung zu verbessern. Die von ihnen geschaffenen Partnerschaften sind mehrheitlich lokal und regional verankert und weniger international ausgerichtet. Hingegen gelingt es mit PPP nur selten, zusätzliches Kapital zur Modernisierung eines Netzes zu generieren.

Kasten 4: Virtuelles Wasser: Anstrengungen von Schweizer Unternehmen zur Reduktion ihres Wasserverbrauchs in Kolumbien

Fast alle unsere Konsumgüter benötigen bei der Produktion enorme Wassermengen. Diese werden jedoch zumeist von Ländern aus ariden oder semi-ariden Klimazonen importiert. Die Deza hat in Kolumbien ein Pilotprojekt lanciert, bei dem sechs Schweizer Unternehmen (Nestlé, Syngenta, Holcim, Novartis, Clariant und Alpina) auf allen Produktionsstufen Wassereinsparungen erzielen wollen. Erstmals arbeiten Unternehmen aus so verschiedenen Industriesektoren zur Reduzierung des Wasserverbrauchs zusammen. Im Jahr 2009 hat die Schweiz vorgeschlagen, eine entsprechende internationale Norm zu schaffen; der Vorschlag wurde von der International Organization for Standarization (ISO) begrüsst. Die Ausarbeitung der Norm wird von der waadtländischen Firma Quantis geleitet, die auf Ökobilanzen spezialisiert ist. Das Projekt hat von der Grundlagenarbeit des Cleaner Production Center bei der Industrie profitiert; es wurde in der Aufbauphase ebenfalls vom Seco finanziert.

Kasten 5: Koppelung von Investitionen und Strukturreformen ist notwendig

Eine Investition verbessert die Qualität einer Dienstleistung für die Kunden, macht aber zumeist eine Anpassung der Gebühren notwendig, welche von den Konsumenten angenommen werden muss. Wie die Erfahrung zeigt, ist es notwendig, die Investitionen an Strukturreformen zu koppeln, welche die finanzielle Nachhaltigkeit der Wasserversorgungsgesellschaft sicherstellen. Dies bedingt die Erhebung einer Gebühr, welche im Minimum die operationellen Kosten deckt. Dieser Paradigmawechsel ist – speziell in Ländern mit Planwirtschaft oder mit staatlicher Subventionierung der Dienste – nicht selbstverständlich. Die aktive Unterstützung der Wasserversorgungs- und Abwasserentsorgungsunternehmen bei der Erhöhung ihres Deckungsgrades auf Stufe der Zählung (über 50%) und des Inkasso (über 80%) sowie der Buchhaltungstransparenz löst oft eine positive Rückkoppelung aus: Es können dann – noch bescheidene – Investitionen zur Verbesserung der Dienste und der Wartung getätigt werden. Die Unternehmen können so ihre Attraktivität auf dem Kreditmarkt steigern und damit ihren Zugang zu notwendigen Krediten verbessern.

Zitiervorschlag: Guy Bonvin (2010). Die Zusammenarbeit der Schweiz im Bereich Wasser. Die Volkswirtschaft, 01. Juli.