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Nachhaltiger Konsum in der Schweiz und bessere Ernährungssicherheit in den Produzentenländern

Ein nachhaltig ausgerichtetes globales Ernährungssystem beginnt mit einem effizienteren Umgang mit Ressourcen. Mit der Handelsförderung für Entwicklungsländer unterstützt das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) den Aufbau und die Anwendung von Labels, die auf Produzenten- und Konsumentenseite das ökonomisch, ökologisch und sozial verträgliche Verhalten stärken. Eine erstmals durchgeführte Vergleichsanalyse zeigt, dass die Umsetzung von Labelkriterien dank Fortschritten bei Produktionsprozessen dazu beiträgt, die negativen Auswirkungen auf die Umwelt zu verringern, die soziale Situation zu verbessern, die Nettoerträge zu erhöhen und letztlich die Ernährungssicherheit von Produzenten zu steigern.

Welternährungs-, Wirtschafts- und Klimakrise haben die nachhaltige und effiziente Nutzung von Ressourcen, aber auch die sichere Versorgung mit Rohstoffen und Nahrungsmitteln vermehrt in den Mittelpunkt des Interesses gerückt. Ein koordiniertes Vorgehen auf globaler Ebene und die Kohärenz zwischen den Handels-, Sozial- und Umweltregelwerken werden immer wichtiger. Mit der Globalisierung und der zunehmenden Komplexität der Produktionsprozesse entstehen Lücken und Zielkonflikte, die von den internationalen Regelwerken noch ungenügend gelöst werden. So unterscheidet das internationale Handelsregelwerk der Welthandelsorganisation (WTO) Produkte nicht nach Herstellungsart (sogenannten Prozess- und Produktionsmethoden, PPM), sondern lässt nur Eigenschaften des Endproduktes für eine handelspolitisch unterschiedliche Behandlung gelten. Demgegenüber betreffen die Sozialregelwerke – wie diejenigen der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) – und die Umweltregelwerke der multilateralen Umweltabkommen – z.B. die Klima- und Biodiversitätskonvention – vor allem die sozialen und ökologischen Bedenken der Produktionsmethoden. Deshalb unterstützt das Seco im Rahmen der wirtschaftlichen Entwicklungszusammenarbeit den Aufbau von Labels und deren Anwendung in Entwicklungsländern.

Freiwillige private Standards: Umwelt- und Soziallabels


Freiwillige private Standards und Labels, die hier als Synonyme verwendet werden, leisten einen Beitrag zur Schliessung bestehender Lücken zwischen den internationalen Regelwerken und zur Überwindung uneinheitlicher Standards in verschiedenen Ländern, die international tätige Unternehmen bei der Wahrnehmung ihrer gesellschaftlichen Verantwortung vor grosse Herausforderungen stellen. Freiwillige private Standards sind Verhaltensnormen, die im Privatsektor allgemeingültige und global verbindliche Kriterien für Produktionsmethoden und -prozesse festlegen. Die Anwendung von freiwilligen Standards beeinflusst zunehmend die Produktion, das Käuferverhalten und die Unternehmenspolitik internationaler Konzerne. Die unabhängige Zertifizierung garantiert die Einhaltung der Kriterien und erlaubt eine Rückverfolgbarkeit der Herstellungsbedingungen und Herkunft eines Produkts. Das Seco setzt sich ebenfalls dafür ein, dass die Zertifizierungskriterien vereinheitlicht und gegenseitig anerkannt werden. Es unterstützt deshalb die International Social and Environmental Accreditation and Labelling Alliance (Iseal), einen Zusammenschluss führender Labelorganisationen, der «gute Praktiken» bei der Standardsetzung, Zertifizierung und Akkreditierung festlegt. Von der Kompatibilität und den damit verbundenen Kosteneinsparungen profitieren alle Marktteilnehmer in der Wertschöpfungskette: die Produzenten, der Handel, die Detaillisten und nicht zuletzt die informierten, kritischen Konsumenten. Bei den Schweizer Konsumenten liegt Nachhaltigkeit ganz im Trend: naturbetonte zeitgemässe Mode, natürliche und nachhaltig produzierte Kosmetikprodukte, ressourcenschonende Recyclingtaschen aus Lastwagenplanen oder philippinischen Reissäcken, das E-Bike zur CO2-neutralen Beschleunigung und der «slowUp» zur ausgelassenen Entschleunigung, «Slow Food» als Verbindung von Ethik und Genuss bis hin zum Wiedererwachen der Schrebergärten. Bei bewussten Konsumenten stehen aber auch vermehrt aus sozial- und umweltfreundlicher Produktion stammende exotische Erzeugnisse auf dem Menuplan. Dies mit gutem Grund, denn weniger die Schiffsfracht mit Ananas aus Afrika belastet das Klima als vielmehr die Fahrt zum nächsten Supermarkt, die zum Beispiel in England die Hälfte aller durch Transport erzeugten Emissionen verursacht. Dagegen bietet der nachhaltige Kaufentscheid zu Gunsten von Fairtrade, Bio und Spezialitäten aus dem Süden echte Perspektiven für Entwicklungsländer.Produzenten verstehen es, sich ändernden Konsum- und Marktbedürfnissen anzupassen, und setzen vermehrt auf nachhaltige Produktion. 8% des globalen Exports von grünem Kaffee stammt heute aus zertifizierter Produktion; beim Kakao sind es derzeit 3%. Aufgrund des starken Engagements einiger grosser Schokoladenhersteller wird gemäss Experten in naher Zukunft für zertifizierten Kakao mit einem Marktanteil von 40% gerechnet. Die Anwendung von freiwilligen privaten Standards trägt neben dem sozialen und umweltverträglichen Umgang mit Ressourcen auch zur Steigerung der Effizienz, Produktivität und Qualität sowie zur Diversifikation der Produkte bei. Der nachhaltige Handel verbessert den Marktzugang, generiert Einkommen und reduziert letztlich die Armut, die als Hauptursache von chronischer Unter- oder Mangelernährung gilt.

Der faire Handel


Eine Erfolgsstory ist der faire Handel. In diesem Modell werden mit garantierten Preisen, einer Fairtrade-Prämie, langfristigen Handelsbeziehungen und Erntebevorschussung die Einkünfte der Produzenten stabilisiert, die damit ihrerseits langfristig in den Fortschritt bei den Produkten selbst und in ein besseres Umfeld investieren können. Die Erweiterung der Produktbasis – und somit die Diversifizierung der Einkommensquellen –, aber auch die Haltung von Nutztieren zum Eigenverbrauch erlauben, die Ernährungssicherheit bei Fairtrade-Produzenten und ihren Familien zu verbessern. Darüber hinaus können die Produzenten innerhalb einer Genossenschaft gemeinsam entscheiden, die Fairtrade-Prämie zum Beispiel direkt für Programme im Bereich der Ernährungssicherheit zu verwenden. Auf der Konsumentenseite erfreut sich dieser konkrete Ansatz zur direkten Verbesserung der Lebensqualität in den Produzentenländern wachsender Beliebtheit. Mit der Anschubfinanzierung zur Gründung der Max-Havelaar-Stiftung in der Schweiz im Jahr 1992 ist das Seco ein Förderer der ersten Stunde. Der Pioniergeist der Schweizer Hilfswerke, zusammen mit der mutigen und geschickten Marktstrategie der Schweizer Detaillisten, hat die Schweiz mit dem weltweit höchsten Pro-Kopf-Konsum von durchschnittlich 35 Franken pro Jahr an die Weltspitze des fairen Handels geführt. Max Havelaar, seit 2002 institutionell und finanziell selbsttragend, gehört heute zu den 100 wichtigsten Marken der Schweiz und glänzt mit einem Bekanntheitsgrad und einer Vertrauensrate des Fairtrade-Gütesiegels von 80% beziehungsweise 83%. Um international die wachsende Nachfrage besser zu befriedigen, die je nach Land jährlich bis zu 50% steigt, haben sich auf Initiative des Seco Anfang 2009 verschiedene Geberländer – u.a. Norwegen, Grossbritannien, die Niederlande und Deutschland – zusammengeschlossen, um koordiniert und auf internationaler Ebene den fairen Handel weiter subsidiär zu fördern und vor allem die Produktpalette zu erweitern. Auch wenn der faire Handel massgeblich zur Verbesserung der Lebenssituation der Produzenten beiträgt, eignet er sich mit einem Anteil von weniger als 0,1% des weltweiten physischen Handels von Agrarprodukten nicht als Standard für den gesamten Welthandel.

Business to Business


Durch die Unterstützung neuer Initiativen wie Better Cotton Initiative (BCI) und Common Code for the Coffee Community (4C) verhilft das Seco Standards auch im Massenmarkt zum Durchbruch und erhöht damit die Breitenwirkung. Die Schweiz will hier als internationale Drehscheibe für den Handel von Agrarrohstoffen Verantwortung übernehmen. Bei solchen durch Sektorenverbände getragenen Kodizes für Massengüter wie Soja, Kaffee, Kakao oder Baumwolle suchen alle wichtigen Stakeholder oder Anspruchsgruppen (d.h. Produzenten, Industrie und Handel sowie Nichtregierungsorganisationen) gemeinsam eine Lösung und Strategie für Standards zur sozialen und ökologischen Verträglichkeit sowie Produktqualität.Beim Kaffee beispielsweise soll durch die Anwendung des 4C ein Grossteil des Kaffeesektors auf freiwilliger Basis auf Nachhaltigkeit ausgerichtet werden, sodass die Mehrheit der Kaffeebauern davon profitiert. Im Zentrum dieser sogenannten Multi-Stakeholder-Dialoge steht ein runder Tisch, wo alle Anspruchsgruppen zusammenkommen und gegenseitig auf die unterschiedlichen Bedürfnisse, aber auch sich deckende Interessen – namentlich bei der Qualität – eingehen. Für die Nachfrageseite ist die Qualitätssicherung von grösster Bedeutung, was den Einkäufern einiges wert ist. Für die Angebotsseite bedeutet die Teilnahme am 4C einen höheren Preis für bessere Qualität und einen verbesserten Zugang zu internationalen Absatzmärkten.

Labels auf dem Prüfstand


Aufgrund des umfangreichen Engagements bei Labels hat das Seco die erste breit abgestützte wissenschaftliche Wirkungsanalyse des Committee on Sustainable Assessment (Cosa) finanziert, die bei den unterschiedlichen Labels den Nutzen für die Produzenten vergleicht. Bereits bei einem Pilotprojekt der Cosa-Studie im Kaffeesektor in Tansania (siehe Kasten 1

In Entwicklungsländern ist die Kaffeeproduktion für die Bauern eine bedeutende Einkommensquelle, zum Beispiel in Tansania, wo 2 Mio. Menschen ihren Lebensunterhalt teilweise oder ganz mit Kaffee verdienen. Die Schweiz gilt als zentrale Drehscheibe im Kaffeehandel und Schweizer Unternehmen sind Meister in der Veredelung verschiedenster Kaffeeprodukte. Deshalb haben das Seco und das Cosa für das Pilotprojekt den Kaffeesektor in Tansania gewählt, um bei einem Querschnitt von mehr als 1000 Kaffeebauern die entwickelten Modelle zur systematischen Prüfung der Effektivität nachhaltiger Praktiken erstmals anzuwenden. Mit dieser Kosten-Nutzen-Analyse können Konsumenten und Produzenten zukünftig die unterschiedlichen Initiativen richtig einordnen und ihre Bedürfnisse besser abwägen. Im Vergleich mit konventionellen Produzenten als Referenzgruppen sind bei allen vier analysierten, in Tansania besonders verbreiteten Labels – Fairtrade, Bio, Utz Certified und C.A.F.É. Practices von Starbucks – deutliche Verbesserungen sozialer, ökologischer und ökonomischer Natur zu erkennen. Der Common Code for the Coffee Community (4C) ist in Tansania erst im Aufbau und konnte deshalb in dieser ersten Analysephase nicht berücksichtigt werden.

) sind auf allen drei Ebenen der nachhaltigen Entwicklung – der sozialen, ökonomischen und ökologischen – Erfolge und Vorteile gegenüber der konventionellen Produktion auszumachen. In Bezug auf die Ernährungssicherheit lässt die Studie ebenfalls erste interessante Schlüsse zu.Auf der sozialen Ebene fördert die Anwendung aller analysierten Labels die Diversifizierung einerseits in andere, Mehrwert bringende Sektoren und Produkte, die einen besseren Preis erzielen, und andererseits in den Anbau von Nahrungsmitteln zur Erhöhung des Selbstversorgungsgrades. Beides verbessert die Ernährungssicherheit erheblich. Bei allen Labels geniessen die Kinder einen privilegierten Zugang zu Bildung (höhere Einschulungsrate und besseres Schulabschlussniveau), wovon sie nur dank ausreichender Ernährung wirklich profitieren können. Auf der ökologischen Seite leistet die Anwendung von Labels einen Beitrag zum Erhalt der biologischen Vielfalt und damit zur ausgewogenen Ernährung. Durch den kontrollierten Pestizideinsatz sowie die Vermeidung von Erosion und Wasserverunreinigung sorgt die Anwendung von Labelkriterien lokal für fruchtbaren Boden und somit höhere Erträge. Global wird damit Dürren und Hungersnöten vorgebeugt.Die ökonomische Komponente ist schliesslich die Basis für eine allgemein bessere Lebenssituation jenseits von Armut und Hunger. Dank verbesserter Produktqualität, einem Aufpreis und durch Know-how gesteigerter Effizienz kann das verfügbare Nettoeinkommen erhöht werden. Laut der Cosa-Untersuchung schätzen Produzenten speziell die Stärkung der Managementkompetenz, die bei der Umsetzung freiwilliger Labels vermittelt wird, weil Fortschritte bei Herstellungs-, Verarbeitungs- und Vermarktungsmethoden dazu beitragen, ihre Einkommen zu verbessern. Sie verstehen deshalb Qualitäts-, Sozial- und Umweltstandards nicht als Handelshemmnis, sondern als Grundstein für die Verbesserung der Lebenssituation.

Beispiel Biobaumwolle


Mit dem Kauf eines trendigen T-Shirts aus Biobaumwolle machen Konsumentinnen und Konsumenten ebenso den Unterschied, wie eine Evaluation des vom Seco unterstützten Biobaumwollprojekts der Schweizer Entwicklungsorganisation Helvetas in Burkina Faso zeigt. Der Baumwollpreis ist seit 2006 im Verhältnis zu den Nahrungsmittelpreisen kontinuierlich gesunken, was bei konventionellen Bauern die Kaufkraft der Haushalte um zirka 3,5% verringert hat. Die Biobaumwollbauern profitieren gegenüber konventioneller Baumwolle von einem höheren wirtschaftlichen Nettoertrag, der es ihnen erlaubt, einen Teil des Einkommens in die allgemeine Verbesserung der Lebenssituation zu investieren. Neben Schulbildung, Gesundheit und Wohnen fliesst der Mehrertrag vornehmlich in eine gute Ernährung, die wiederum die physische und psychische Leistungsfähigkeit erhöht. Gemäss Studie hat sich ihre Ernährung betreffend Qualität und Quantität – z.B. mit der Vielseitigkeit des Speiseplans und der Anzahl Mahlzeiten – spürbar verbessert. Gegenüber konventionellen Baumwollproduzenten teilen Biobaumwollbauern einen grösseren Landanteil dem Lebensmittelanbau zu. Sie erhöhen den Selbstversorgungsgrad und reduzieren mögliche Versorgungsengpässe. Die Bodenfruchtbarkeit und der Fruchtwechsel können langfristig durch die Diversifizierung in andere wirtschaftlich rentable Agrarsektoren – wie biologische Erdnüsse – gestärkt werden.

Beispiel nachhaltiges Waldmanagement


Auch die umfassende Stärkung der nachhaltigen Tropenwaldbewirtschaftung leistet durch die Umsetzung der Kriterien des Forest Stewardship Council (FSC) direkt und indirekt einen wichtigen Beitrag zur Ernährungssicherheit in Entwicklungsländern. Eine nachhaltige Waldbewirtschaftung, die dank Marktzugang für Klimazertifikate, Umweltdienstleistungen, Nichtholzprodukte und Tourismus gegenüber anderen Landnutzungsformen wirtschaftlich an Attraktivität gewinnt, generiert nicht nur Mehrwert und Einkommen, sondern schützt auch vor einer Abholzung der Tropenwälder. Das Ökosystem, die Biodiversität, die Nutzungsflächen von Kleinbauern und damit die Lebensgrundlage der lokalen Bevölkerung bleiben dadurch erhalten. Die Abwendung der weltweiten Entwaldung, die mehr als 20% der globalen CO2-Emissionen verursacht, reduziert schliesslich die mit der Klimaerwärmung verbundenen Umweltrisiken sowie die Gefahr vor Ernteausfällen und tieferen Erträgen. Zwei konkrete Beispiele für entsprechende Projekte des Seco werden in Kasten 2

Auf dem malaysischen Teil der Insel Borneo hat das Seco zusammen mit der Stiftung Intercooperation das Erbe des in Sarawak verschollenen Umweltaktivisten Bruno Manser weitergeführt. Mit dem BrunoManser-Fonds hat man für den Nationalpark Pulong Tau («Unser Land») die richtige Mischung gefunden, die einerseits mit der Erhaltung der Biodiversität die Existenzgrundlage und den Fortbestand der traditionellen Lebensform sichert und andererseits mit der nachhaltigen Nutzung der Waldressourcen in sogenannten Pufferzonen zur Überlebensfähigkeit der Bewohner des Parks beiträgt. Im Kongobecken unterstützte das Seco ein gemeinsames Projekt von Nichtregierungsorganisationen, Privatsektor und Regierung, das ausserhalb der geschützten Gebiete, die nur 7% des Kongobeckens ausmachen, eine kontrollierte Nutzung des Tropenwaldes und damit eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung der Region zu Gunsten der lokalen Bevölkerung garantiert. Dieses Projekt hat die ersten Holzerzeugnisse Afrikas mit dem weltweit anerkannten und bei den Konsumenten beliebten FSC-Label auf den Markt gebracht.

vorgestellt.

Global denken, lokal handeln


Die Wirkungsanalysen belegen, dass Nachhaltigkeits-Labels im Rahmen fairer Handelsbeziehungen das Know-how und die Eigenständigkeit der Produzenten stärken, den Marktzugang verbessern und Mehreinkommen generieren. Die Produzenten investieren in die Diversifizierung, was den Selbstversorgungsgrad erhöht und gleichzeitig die Abhängigkeit von einem einzigen Agrarrohstoff reduziert, ihre Einkommensbasis erweitert und letztlich eine ausgewogene Ernährung sichert. Die Produzenten wollen keine Almosen, sondern wollen durch Wettbewerbsfähigkeit im internationalen Markt bestehen und für ihre Produkte, die in Bezug auf die Produktqualität und Nachhaltigkeit den internationalen Bedürfnissen und Anforderungen entsprechen, angemessen entschädigt werden.Auf der Konsumentenseite mag der Schrebergarten zwar als Naherholungsgebiet und – im Zuge der Klima-, Wirtschafts- und Ernährungskrise – als Utopie einer autarken Lebensform taugen, nicht aber als Modell, um Brücken für ein nachhaltiges globales Ernährungssystem zu bauen. Der nachhaltige Handel hingegen leistet dank dem zunehmend bewussten Konsumverhalten und dem Interesse von Handel und Detaillisten einen wichtigen Beitrag zur nachhaltigen wirtschaftlichen Entwicklung der Produzentenländer. Der weltberühmte Schlusssatz von Voltaires Candide («Il faut cultiver notre jardin»), der die Kontinente bereist und trotz Überfluss nur Mangel erfahren hat, mag dann stimmen, wenn eine Besinnung auf das Wesentliche so verstanden wird, dass alle im Alltag etwas zur weltweiten Ernährungssicherheit beitragen können.Global denken, lokal handeln – das heisst bei Produzenten und Konsumenten, eine sozial, ökologisch und ökonomisch verträgliche Nutzung der Ressourcen zu fördern. Global handeln will das Seco, um in der ganzen Wertschöpfungskette den nachhaltigen Handel zwischen dem Süden und Norden weiter zu stärken.

Kasten 1: Pilotprojekt in Tansania

In Entwicklungsländern ist die Kaffeeproduktion für die Bauern eine bedeutende Einkommensquelle, zum Beispiel in Tansania, wo 2 Mio. Menschen ihren Lebensunterhalt teilweise oder ganz mit Kaffee verdienen. Die Schweiz gilt als zentrale Drehscheibe im Kaffeehandel und Schweizer Unternehmen sind Meister in der Veredelung verschiedenster Kaffeeprodukte. Deshalb haben das Seco und das Cosa für das Pilotprojekt den Kaffeesektor in Tansania gewählt, um bei einem Querschnitt von mehr als 1000 Kaffeebauern die entwickelten Modelle zur systematischen Prüfung der Effektivität nachhaltiger Praktiken erstmals anzuwenden. Mit dieser Kosten-Nutzen-Analyse können Konsumenten und Produzenten zukünftig die unterschiedlichen Initiativen richtig einordnen und ihre Bedürfnisse besser abwägen. Im Vergleich mit konventionellen Produzenten als Referenzgruppen sind bei allen vier analysierten, in Tansania besonders verbreiteten Labels – Fairtrade, Bio, Utz Certified und C.A.F.É. Practices von Starbucks – deutliche Verbesserungen sozialer, ökologischer und ökonomischer Natur zu erkennen. Der Common Code for the Coffee Community (4C) ist in Tansania erst im Aufbau und konnte deshalb in dieser ersten Analysephase nicht berücksichtigt werden.

Kasten 2: Projekte des Seco für nachhaltiges Waldmanagement – zwei Beispiele

Auf dem malaysischen Teil der Insel Borneo hat das Seco zusammen mit der Stiftung Intercooperation das Erbe des in Sarawak verschollenen Umweltaktivisten Bruno Manser weitergeführt. Mit dem BrunoManser-Fonds hat man für den Nationalpark Pulong Tau («Unser Land») die richtige Mischung gefunden, die einerseits mit der Erhaltung der Biodiversität die Existenzgrundlage und den Fortbestand der traditionellen Lebensform sichert und andererseits mit der nachhaltigen Nutzung der Waldressourcen in sogenannten Pufferzonen zur Überlebensfähigkeit der Bewohner des Parks beiträgt. Im Kongobecken unterstützte das Seco ein gemeinsames Projekt von Nichtregierungsorganisationen, Privatsektor und Regierung, das ausserhalb der geschützten Gebiete, die nur 7% des Kongobeckens ausmachen, eine kontrollierte Nutzung des Tropenwaldes und damit eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung der Region zu Gunsten der lokalen Bevölkerung garantiert. Dieses Projekt hat die ersten Holzerzeugnisse Afrikas mit dem weltweit anerkannten und bei den Konsumenten beliebten FSC-Label auf den Markt gebracht.

Kasten 3: Quellen

– Aussenwirtschaftsbericht, 2009.– COSA Analysis of Sustainability in Coffee Production: Initial Results in Tanzania, International Institute for Sustainable Development (iisd), 2010.– The Last Ten Years: A Comprehensive Review of the Literature on the Impact of Fairtrade, Natural Resources Institute, 2009.– Etude d’impact du programme coton-bio et équitable d’Helvetas, Centre for development and environment, 2009.

Zitiervorschlag: Hans-Peter Egler (2010). Nachhaltiger Konsum in der Schweiz und bessere Ernährungssicherheit in den Produzentenländern. Die Volkswirtschaft, 01. September.