Suche

Abo

Der Beitrag der Schweiz zu einem nachhaltigen globalen Ernährungssystem

Die starken Preisanstiege bei Getreide, Ölsaaten und Milchprodukten in den Jahren 2007 und 2008 haben Fragen zur Ernährungssicherheit auf globaler Ebene zu einem wichtigen Thema werden lassen. Die internationale Gemeinschaft ist sich einig, dass enorme Anstrengungen notwendig sind, damit eine ausgewogene Ernährung für eine wachsende Weltbevölkerung nachhaltig gesichert werden kann. Angeführt von der UN-Organisation für Ernährung und Landwirtschaft (FAO) sind auf internationaler Ebene verschiedene Initiativen ergriffen worden, um die Investitionen in den lange vernachlässigten Agrarsektor zu erhöhen. Die Schweiz unterstützt diese Bemühungen, setzt sich für faire internationale Rahmenbedingungen ein und fördert im Inland eine nachhaltige und marktgerechte Produktion.

In den Jahren 2007 und 2008 stiegen auf dem Weltmarkt die Preise wichtiger Grundnahrungsmittel wie Weizen, Reis, Öl und Milch in kurzer Zeit stark an. Ungewohnt war, dass die Preise auf breiter Front stiegen und die Erhöhungen mit 200% bis 300% sehr ausgeprägt waren. Die Ernährungssicherheit wurde mit einem Schlag wieder aktuell und breit diskutiert. So rasch, wie die Preise gestiegen waren, fielen sie 2009 auch wieder. Gute Ernten und die sich abschwächende Nachfrage – insbesondere bei den Milchprodukten – sowie fallende Erdölpreise als Folge der Finanz- und Wirtschaftskrise waren die Gründe dafür. Der Preisindex der FAO (vgl. Grafik 1) zeigt, dass die Preise aber nicht mehr auf das Niveau zu Beginn des Jahrhunderts zurückgingen, sondern höher liegen als in der Referenzperiode 2002/04. Dies gilt auch für den Food Price Index. Grundnahrungsmittel sind auf globaler Ebene also teurer geworden. Das Beispiel Zucker verdeutlicht, dass Preisschwankungen jederzeit auftreten können.

Ernährungssicherheit im Fokus internationaler Initiativen


Die Zahl der Hungerleidenden ist weltweit von rund 870 Mio. zwischen 2004 und 2006 auf heute über 1 Mrd. angestiegen. Diese Zunahme ist grösstenteils auf den markanten Anstieg der Lebensmittelpreise 2007–2008 sowie auf die globale Finanz- und Wirtschaftskrise zurückzuführen. Diese besorgniserregende Entwicklung, die durch Probleme wie den Klimawandel, die zunehmende Ressourcenknappheit und die veränderten Konsumgewohnheiten noch verstärkt wird, gefährdet die Erreichung des 1. Millenniumsziels, wonach zwischen 2000 und 2015 der Anteil der Hunger leidenden Menschen halbiert werden soll. Sie hat deutlich gemacht, dass nach langen Jahren des rückläufigen Engagements wieder mehr in die Landwirtschaft, die ländliche Entwicklung und die Ernährungssicherheit investiert werden muss.Es hat sich gezeigt, dass die internationale Gemeinschaft vermehrt koordiniert, kohärent und effizient handeln muss, um der Verschlechterung der weltweiten Ernährungssicherheit zu begegnen. So wurden in den vergangenen zwei Jahren verschiedene Initiativen in diesem Bestreben lanciert (vgl. Kasten 1

− Im Jahr 2008 setzte der UNO-Generalsekretär eine Taskforce zur Bekämpfung der globalen Ernährungskrise ein. Ihre Aufgabe ist es, die Aktivitäten der multilateralen Entwicklungsagenturen auf Länderebene mittels eines globalen Handlungsrahmens zu vereinen und zu koordinieren. Dieser globale Handlungsrahmen, der im Juli 2008 erarbeitet wurde, umfasst einen prioritären Aktionsplan, um den dringenden Bedürfnissen der betroffenen Bevölkerung zu entsprechen und den strukturellen Faktoren, welche die Ernährungskrise herbeigeführt haben, entgegenzuwirken. Der globale Handlungsrahmen wird 2010 überarbeitet, um ihn unter Berücksichtigung der gesamten Palette an erforderlichen Massnahmen zur Gewährleistung der Ernährungssicherheit für alle auf die heutigen Gegebenheiten anzupassen.− Ebenfalls 2008 organisierte der UNO-Menschenrechtsrat eine Sondersession zu den Auswirkungen der Ernährungskrise auf das Recht auf Nahrung. Seither widmet der Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung dieser Thematik in seinen Jahresberichten zuhanden des UNO-Menschenrechtsrats und der UNO-Vollversammlung besondere Aufmerksamkeit.− 2009 lancierten die G8-Staaten mit der Unterstützung einiger Länder und internationaler Organisationen die LAquila-Initiative für Ernährungssicherheit. Eines der Hauptziele besteht darin, über drei Jahre 20 Mrd. US-Dollar Hilfsgelder für die Landwirtschaft und die Ernährungssicherheit zu mobilisieren.− Es wurden zusätzliche Mittel der internationalen Finanzinstitute (Weltbankgruppe, regionale Entwicklungsbanken, Ifad) zur Unterstützung der bäuerlichen Landwirtschaft in Entwicklungsländern mobilisiert. So wurde im April 2010 beispielsweise ein neuer Multi-Geber-Treuhandfonds, das globale Programm für Landwirtschaft und Ernährungssicherheit (GAFSP), errichtet. Dieser von der Weltbank verwaltete Fonds wird eine zusätzliche Unterstützung des Agrarsektors zur Verbesserung der Ernährungssicherheit und der Einkommen in den am wenigsten entwickelten Ländern finanzieren.− Das FAO-Komitee für globale Ernährungssicherheit (CFS) durchlief eine erste Reformetappe, die im November 2009 beschlossen worden war. Ziel war es, aus diesem Organ ein zentrales Element der globalen Partnerschaft für Landwirtschaft und Ernährungssicherheit zu machen, die im Rahmen der Erklärung von Rom begründet worden war. In diesem Zusammenhang ist geplant, 2010 eine Taskforce zur Ernährungssicherheit einzusetzen, die als wissenschaftlicher Pfeiler des CFS dienen soll.

). Diese Initiativen der internationalen Gemeinschaft bildeten die Kulisse des Welternährungsgipfels, der im November 2009 von der FAO in Rom veranstaltet wurde und dessen Schlusspunkt die Verabschiedung einer gemeinsamen Erklärung bildete. Darin werden eine globale Partnerschaft für Landwirtschaft und Ernährungssicherheit begründet und strategische Ziele definiert. Um diese zu erreichen, müssen die Engagements und Aktionen der Regierungen auf den folgenden fünf Grundsätzen von Rom für eine nachhaltige Welt-Ernährungssicherheit aufbauen:− in Pläne von betroffenen Ländern investieren, die darauf ausgerichtet sind, Ressourcen in gut durchdachte und zielgerichtete Programme und Partnerschaften einfliessen zu lassen;− die strategische Zusammenarbeit auf nationaler, regionaler und globaler Ebene stärken, um die Gouvernanz zu verbessern, einen effizienteren Ressourceneinsatz zu fördern, Doppelspurigkeiten zu vermeiden und Mängel aufzudecken;− einen doppelten Ansatz der Ernährungssicherheit verfolgen, der sowohl kurzfristige Nothilfemassnahmen als auch langfristige Entwicklungsprogramme umfasst;− die Effizienz, Koordination und Effektivität der multilateralen Institutionen verbessern;− ein nachhaltiges und substanzielles Engagement aller Partner für Investitionen in die Landwirtschaft und die Ernährungssicherheit sicherstellen.Bestrebungen zur Stärkung der internationalen Gouvernanz in Sachen Landwirtschaft und Ernährungssicherheit werden von der Schweiz aktiv unterstützt. Sie erachtet es als notwendig, dass die internationale Gemeinschaft globale Herausforderungen koordiniert und kohärent angeht sowie angemessen finanziert. Unser Land beteiligt sich aktiv am Prozess, der die FAO mittels der Reform dieser Organisation sowie der Einrichtung einer globalen Partnerschaft für Landwirtschaft und Ernährungssicherheit erneuern soll. Zudem plädiert die Schweiz für einen Ansatz, der auf dem Recht auf Nahrung, der Verbesserung der Reaktionsfähigkeit in Notlagen, dem Ausbau der Investitionen in die Landwirtschaft – namentlich über innovative Finanzierungsmodelle wie öffentlich-private Partnerschaften (PPP) – sowie der Notwendigkeit einer nachhaltigen Produktions- und Produktivitätssteigerung in der Landwirtschaft beruht.

Ernährungssicherheit auch in der Schweiz ein Thema


In der Schweiz sind als Folge der Nahrungsmittelkrise im Frühjahr 2008 eine grosse Zahl von parlamentarischen Vorstössen zum Thema Ernährungssicherheit und -souveränität eingereicht worden, darunter das Postulat Stadler «Nahrungsmittelkrise, Rohstoff- und Ressourcenknappheit»
SR 08.3270., welches einen Bericht zu diesen Themen verlangte. Der Bundesrat nahm das Postulat an und verabschiedete den entsprechenden Bericht dazu im August 2009. Der Verbrauch von Nahrungsmitteln beträgt in der Schweiz aktuell rund 39 000 Terajoule. Produziert werden in der Schweiz rund 24 000 Terajoule. Dies bedeutet, dass die Schweiz einen Bruttoselbstversorgungsgrad von rund 60% aufweist. Brutto wird er genannt, weil in dieser Produktion auch die mit importierten Futtermitteln produzierten tierischen Produkte mitgezählt werden. Netto – also ohne Berücksichtigung der Nahrungsmittel, die aus importierten Futtermitteln produziert werden – liegt der Versorgungsgrad bei 55%. Die Ernährung der Schweizer Bevölkerung – und damit auch die Ernährungssicherheit – hängt also auch von den Importen ab.Der Bericht des Bundesrates zum Postulat Stadler sieht zwei prioritäre Handlungsfelder vor, um die Ernährungssicherheit der Schweizer Bevölkerung in einer Welt mit zunehmend knapper werdenden Rohstoffen und Ressourcen langfristig sicherstellen zu können: − Zum einen das Engagement auf internationaler Ebene. Ansatzpunkte sind z.B. faire Handelsregeln oder die Förderung von Transparenz für die Konsumentinnen und Konsumenten. Bei der Entwicklungszusammenarbeit steht die stärkere Betonung der Landwirtschaft und der nachhaltigen Nutzung der natürlichen Ressourcen im Vordergrund. − Zum andern sind im Inland die Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass die Landwirtschaft mit einer nachhaltigen Produktion die vorhandenen Ressourcen optimal nutzen kann.

Unterstützung der Ernährungssicherheit im internationalen Bereich


Im Rahmen der wirtschaftlichen Entwicklungszusammenarbeit unterstützt die Schweiz bereits seit langem den Handel mit nachhaltig erzeugten landwirtschaftlichen Produkten, die wirtschaftliche Diversifizierung, effiziente Versorgungsinfrastrukturen, die ressourceneffiziente Weiterverarbeitung agrarischer Rohstoffe und den dafür benötigten Technologietransfer sowie die Ausarbeitung entsprechender politischer Rahmenbedingungen in diesen Bereichen.Unilaterale Zollpräferenzen sind ein Instrument, um Entwicklungsländern den Zugang zum Schweizer Markt zu erleichtern. So bietet die Schweiz den ärmsten Entwicklungsländern Zollfreiheit für ihre Agrarprodukte. Damit Produzenten in Entwicklungsländern einen Überblick über die Einfuhrbestimmungen für Waren in die Schweiz erhalten, wurde unter http://www.exporttoswitzerland.com ein Informationsportal aufgeschaltet. Die Informationen betreffen sowohl mögliche Zollerleichterungen als auch technische Bestimmungen, welche beim Import von Waren in die Schweiz einzuhalten sind. Zur Steigerung der Exportfähigkeit und zur besseren Integration in internationale Wertschöpfungsketten unterstützt das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) die Produzenten bei der Erfüllung der internationalen technischen Normen und Standards. In Zusammenarbeit mit der UN-Organisation für industrielle Entwicklung (Unido) werden Programme durchgeführt, in denen die lokalen Behörden der Partnerländer bei der Einhaltung von Qualitätsstandards und Normen unterstützt werden. Neben den rein technischen Standards ist die Einhaltung weiterer minimaler Qualitätsanforderungen notwendig, um auf die Märkte der Industrieländer exportieren zu können. Im Landwirtschaftsbereich sind dies vor allem die sogenannten Good Agricultural Practices und Management-Standards.Die Schweiz setzt sich in der WTO für die Ausarbeitung günstiger Rahmenbedingungen für die Anwendung transparenter Standards und Labels ein, die im Rahmen eines breit abgestützten Prozesses aller involvierten Stakeholder erarbeitet und verabschiedet worden sind. Als konkrete Massnahmen der Handelsförderung werden Projekte zur Entwicklung und Umsetzung von Nachhaltigkeitsstandards durch sogenannte Multi-Stakeholder-Prozesse im Handel mit wichtigen agrarischen Rohstoffen – wie Kaffee, Tropenholz, Soja, Baumwolle und Biotreibstoffe – unterstützt. Dazu zählen auch Bio- und Fair-Trade-Produkte. Angesichts der Verschlechterung der Ernährungslage in den Entwicklungsländern hat die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (Deza) im Oktober 2008 ein Globalprogramm Ernährungssicherheit (GPFS) ins Leben gerufen. Die Hauptaufgabe des GPFS besteht darin, zur erfolgreichen Weiterentwicklung der globalen Ernährungssicherheitspolitik beizutragen. Zu diesem Zweck werden einschlägige Initiativen, Prozesse und Akteure sowohl auf multilateraler als auch auf regionaler oder nationaler Ebene unterstützt.Zahlreiche multilaterale Organisationen sind auf Gebieten tätig, die mehr oder weniger eng mit der Ernährungssicherheit zusammenhängen. Dazu gehören die FAO, das Welternährungsprogramm (WFP), die Fachzentren der Beratungsgruppe für internationale Agrarforschung (CGIAR), das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP), der Internationale Fonds für Agrarentwicklung (Ifad), das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (Unicef), die Weltbank und die regionalen Entwicklungsbanken. Die schweizerischen Nichtregierungsorganisationen (NGO), die in der Entwicklungshilfe aktiv sind, leisten seit langer Zeit Grundlagenarbeit im Kampf gegen den Hunger. Die ökologische und soziale Verträglichkeit der Biotreibstoffproduktion – insbesondere die Gewährleistung der Ernährungssicherheit – ist eine zentrale Grundanforderung. Mit dem Inkrafttreten des revidierten Mineralölsteuergesetzes und der Mineralölsteuerverordnung im Jahr 2008 sowie der Treibstoffökobilanz-Verordnung des Eidgenössischen Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek) Mitte April 2009 knüpfte die Schweiz als erstes Land weltweit die Unterstützung von biogenen Treibstoffen an die Erfüllung verbindlicher ökologischer und sozialer Kriterien. Die Schweiz will den eingeschlagenen Weg fortfahren und international ihre Vorreiterrolle konsolidieren. Sie will ihre Regelungen bezüglich Nachhaltigkeitsanforderung mit der EU unter Wahrung der qualitativ hohen Anforderungen der Schweizer Gesetzgebung harmonisieren sowie weiterhin aktiv zur Etablierung international anerkannter Normen und deren Konvergenz beitragen.

Produktionsstandort Schweiz in einem globalen Umfeld stärken


In der Schweiz gibt Artikel 104 der Bundesverfassung die Ziele für die Landwirtschaft vor. Gemäss diesem Artikel hat «der Bund dafür zu sorgen, dass die Landwirtschaft durch eine nachhaltige und auf den Markt ausgerichtete Produktion einen wesentlichen Beitrag leistet zur:a) sicheren Versorgung der Bevölkerung;b) Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen und zur Pflege der Kulturlandschaft;c) dezentralen Besiedlung des Landes.»In der Schweiz spielt die Multifunktionalität der Landwirtschaft eine grosse Rolle. Zusätzlich zur Produktion von Nahrungsmitteln als Beitrag zur Ernährungssicherheit soll sie auch schonend mit den natürlichen Lebensgrundlagen umgehen, die Kulturlandschaft pflegen und mit ihren Aktivitäten Teil eines attraktiven ländlichen Raums sein. Zentral ist auch, dass die Entwicklung nachhaltig verläuft. Dabei sind einerseits Eigenanstrengungen der Landwirtschaft zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit gefragt. Anderseits leistet der Staat einen Beitrag, indem er für gemeinwirtschaftliche und ökologische Leistungen, die über den Markt nicht abgegolten werden, Direktzahlungen ausrichtet.In den letzten zwei Jahren hat die eigene Produktion als Teil der Ernährungssicherheit an politischer Bedeutung gewonnen. So wurde die Motion von Siebenthal
SR 08.3194., welche einen Selbstversorgungsgrad von mindestens 60% verlangt, von beiden Räten gutgeheissen. Dies gilt auch für eine parlamentarische Initiative Bourgeois
SR 08.457., welche bezweckt, den Begriff Ernährungssouveränität (vgl. Kasten 3

Für die FAO ist Ernährungssicherheit dann gegeben, wenn «die Menschen jederzeit Zugang zu genügender und ausgewogener Ernährung haben, um ein aktives Leben in Gesundheit führen zu können». Dieser Begriff wird von vielen Regierungen als offizielles Politikziel anerkannt.Der Begriff der Ernährungssouveränität wurde von La Via Campesina, einem weltweiten Zusammenschluss von Kleinbauern, geprägt und 1996 erstmals verwendet. Der Begriff ist bis heute aber weder eindeutig definiert noch international anerkannt. Im Bericht zum Postulat Stadler wurde der Begriff wie folgt umschrieben: «Ernährungssouveränität bezeichnet das Recht, als Volk, Land und Ländergruppe die eigene Landwirtschafts- und Ernährungspolitik selbst zu definieren, beziehungsweise die Selbstbestimmung bezüglich Art und Weise, wie Nahrungsmittel produziert werden, und das Recht auf Versorgung mit eigenen Nahrungsmitteln, soweit die von ihm bzw. ihr eingegangenen völkerrechtlichen Vereinbarungen nicht verletzt werden.»

) in das Landwirtschaftsgesetz aufzunehmen. Beide Vorstösse haben zum Ziel, den Produktionsstandort Schweiz vor dem Hintergrund der globalen Herausforderungen zur Ernährungssicherung zu stärken.Den Anliegen der beiden Vorstösse soll im Rahmen der nächsten Etappe zur Weiterentwicklung der Agrarpolitik für die Jahre 2014/17 Rechnung getragen werden. Insgesamt sind die Fragen rund um ein nachhaltiges globales Ernährungssystem für die zukünftige Gestaltung der Schweizer Agrarpolitik von grosser Bedeutung. Dabei geht es zum einen darum, Rahmenbedingungen zu schaffen, welche eine optimale Nutzung des vorhandenen Produktionspotenzials in der Schweiz erlauben, zum andern auch um die Unterstützung von Bemühungen für ein nachhaltiges globales Ernährungssystem. Die Weiterentwicklung der Rahmenbedingungen für die Schweizer Landwirtschaft soll dazu beitragen, das natürliche Potenzial zur Produktion von Nahrungsmitteln so weit wie möglich zu nutzen. Dabei sind die Anreize so zu setzen, dass die Produktion mit standortangepasster Intensität erfolgt und die Tragfähigkeit der Ökosysteme berücksichtigt wird. Notwendige Verbesserungen im ökologischen Bereich sollen insbesondere durch eine Steigerung der Ressourceneffizienz erreicht werden. Die Land- und Ernährungswirtschaft soll die Wertschöpfung ausserdem mit einer konsequenten Qualitätsstrategie und einem Ausnutzen der vorhandenen Kostensenkungspotenziale weiter verbessern. Damit Verbesserungen in der Produktion, der Verarbeitung und der Verteilung eine möglichst grosse Wirkung entfalten können, müssen sie mit einem nachhaltigeren Konsum einhergehen.

Ausblick


Mit einem allfälligen Abschluss der WTO-Verhandlungen oder dem derzeit in Verhandlung stehenden Abkommen im Agrar-, Lebensmittel- und Gesundheitsbereich mit der EU würde die Schweizer Land- und Ernährungswirtschaft noch stärker als heute die Einflüsse des internationalen Handels mit Agrargütern spüren. Diese zunehmende internationale Verflechtung macht es notwendig, dass sich die Schweiz weiterhin aktiv für Bemühungen zur Weiterentwicklung der Rahmenbedingungen für eine nachhaltige Landwirtschaft auf internationaler Ebene einsetzt.

Grafik 1: «Entwicklung der Produzentenpreise verschiedener Agrarprodukte»

Kasten 1: Die wichtigsten Initiativen zur Verbesserung der globalen Ernährungssicherheit

− Im Jahr 2008 setzte der UNO-Generalsekretär eine Taskforce zur Bekämpfung der globalen Ernährungskrise ein. Ihre Aufgabe ist es, die Aktivitäten der multilateralen Entwicklungsagenturen auf Länderebene mittels eines globalen Handlungsrahmens zu vereinen und zu koordinieren. Dieser globale Handlungsrahmen, der im Juli 2008 erarbeitet wurde, umfasst einen prioritären Aktionsplan, um den dringenden Bedürfnissen der betroffenen Bevölkerung zu entsprechen und den strukturellen Faktoren, welche die Ernährungskrise herbeigeführt haben, entgegenzuwirken. Der globale Handlungsrahmen wird 2010 überarbeitet, um ihn unter Berücksichtigung der gesamten Palette an erforderlichen Massnahmen zur Gewährleistung der Ernährungssicherheit für alle auf die heutigen Gegebenheiten anzupassen.− Ebenfalls 2008 organisierte der UNO-Menschenrechtsrat eine Sondersession zu den Auswirkungen der Ernährungskrise auf das Recht auf Nahrung. Seither widmet der Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung dieser Thematik in seinen Jahresberichten zuhanden des UNO-Menschenrechtsrats und der UNO-Vollversammlung besondere Aufmerksamkeit.− 2009 lancierten die G8-Staaten mit der Unterstützung einiger Länder und internationaler Organisationen die LAquila-Initiative für Ernährungssicherheit. Eines der Hauptziele besteht darin, über drei Jahre 20 Mrd. US-Dollar Hilfsgelder für die Landwirtschaft und die Ernährungssicherheit zu mobilisieren.− Es wurden zusätzliche Mittel der internationalen Finanzinstitute (Weltbankgruppe, regionale Entwicklungsbanken, Ifad) zur Unterstützung der bäuerlichen Landwirtschaft in Entwicklungsländern mobilisiert. So wurde im April 2010 beispielsweise ein neuer Multi-Geber-Treuhandfonds, das globale Programm für Landwirtschaft und Ernährungssicherheit (GAFSP), errichtet. Dieser von der Weltbank verwaltete Fonds wird eine zusätzliche Unterstützung des Agrarsektors zur Verbesserung der Ernährungssicherheit und der Einkommen in den am wenigsten entwickelten Ländern finanzieren.− Das FAO-Komitee für globale Ernährungssicherheit (CFS) durchlief eine erste Reformetappe, die im November 2009 beschlossen worden war. Ziel war es, aus diesem Organ ein zentrales Element der globalen Partnerschaft für Landwirtschaft und Ernährungssicherheit zu machen, die im Rahmen der Erklärung von Rom begründet worden war. In diesem Zusammenhang ist geplant, 2010 eine Taskforce zur Ernährungssicherheit einzusetzen, die als wissenschaftlicher Pfeiler des CFS dienen soll.

Kasten 2: Ausrichtung des schweizerischen Engagements an den Grundsätzen von Rom

2010 nahmen das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement (EVD) und das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) gemeinsam die Massnahmen und Aktionen unseres Landes unter die Lupe. Sie kamen zum Schluss, dass diese im Grossen und Ganzen mit den Grundsätzen von Rom konform sind. Die Analyse hat jedoch gezeigt, dass Potenzial vorhanden ist für ein stärkeres Engagement und eine klarere Positionierung der Schweiz auf internationaler Ebene. Zudem besteht Bedarf für eine enge interne Koordination in folgenden Bereichen:− internationale Politik im Bereich Landwirtschaft und Ernährungssicherheit;− Verhältnis zwischen der Ernährungssicherheit und dem Umgang mit natürlichen Ressourcen;− Förderung von privatwirtschaftlichen Investitionen zugunsten einer nachhaltigen Landwirtschaft;− Einbezug der Schweizer Agrarforschung in den Kampf gegen die Ernährungsunsicherheit.Die Schweiz möchte ihr Engagement in diesen vier Handlungsfeldern intensivieren. Dazu sollen die Fähigkeiten und das Wissen aller Stakeholder (öffentliche Verwaltung, Zivilgesellschaft, Privatwirtschaft und Forschungsinstitute) vereint und mobilisiert werden. Auch die Kohärenz zwischen den verschiedenen Sektoralpolitiken ist entscheidend für ein effizientes Handeln auf allen Ebenen.

Kasten 3: Ernährungssicherheit und -souveränität

Für die FAO ist Ernährungssicherheit dann gegeben, wenn «die Menschen jederzeit Zugang zu genügender und ausgewogener Ernährung haben, um ein aktives Leben in Gesundheit führen zu können». Dieser Begriff wird von vielen Regierungen als offizielles Politikziel anerkannt.Der Begriff der Ernährungssouveränität wurde von La Via Campesina, einem weltweiten Zusammenschluss von Kleinbauern, geprägt und 1996 erstmals verwendet. Der Begriff ist bis heute aber weder eindeutig definiert noch international anerkannt. Im Bericht zum Postulat Stadler wurde der Begriff wie folgt umschrieben: «Ernährungssouveränität bezeichnet das Recht, als Volk, Land und Ländergruppe die eigene Landwirtschafts- und Ernährungspolitik selbst zu definieren, beziehungsweise die Selbstbestimmung bezüglich Art und Weise, wie Nahrungsmittel produziert werden, und das Recht auf Versorgung mit eigenen Nahrungsmitteln, soweit die von ihm bzw. ihr eingegangenen völkerrechtlichen Vereinbarungen nicht verletzt werden.»

Kasten 4: Literatur

− OECD-FAO Agricultural Outlook 2010–2019, Rom, Juni 2010.− Nahrungsmittelkrise, Rohstoff- und Ressourcenknappheit, Bericht des Bundesrates in Erfüllung des Postulats Stadler vom 29. Mai 2008 (08.3270), Bern, August 2009.

Zitiervorschlag: Werner Harder, Hubert Poffet, (2010). Der Beitrag der Schweiz zu einem nachhaltigen globalen Ernährungssystem. Die Volkswirtschaft, 01. September.