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Klimawandel und Landwirtschaft aus Sicht der agrarökonomischen Forschung

Klimawandel und Landwirtschaft aus Sicht der agrarökonomischen Forschung

Das Thema Klimawandel und Landwirtschaft kann nicht losgelöst von anderen, die Ernährungssituation betreffenden Veränderungen wie die Bevölkerungszunahme und die Veränderung der Ernährungsgewohnheiten behandelt werden. Die Folgen des Klimawandels und diejenigen der globalen Steigerung des Nahrungsmittelkonsums werden sich eher kumulieren als gegenseitig aufheben. Die Landwirtschaft ist selbst Mitverursacherin der Klimabelastung. Sie kann aber auch viel zur Vermeidung beitragen, wie am Beispiel der Rindviehhaltung gezeigt wird. Die agrarökonomische Forschung wird eine Schlüsselrolle in der Problemlösung und -entschärfung einnehmen.

Die Veränderung des Klimas ist zu einem der zentralen Themen in der Öffentlichkeit und in der Forschung geworden. Obwohl die Klimaforscher bereits vor Jahrzehnten eine Veränderung des Klimas feststellten und für die Zukunft Szenarien entwickelten, dauerte es sehr lange, bis die Gesellschaft grossmehrheitlich davon überzeugt werden konnte, dass es den Klimawandel wirklich gibt und die Folgen eintreffen werden. Analog verlief der Bewusstseinsprozess in der Politik. Die Globalität des Phänomens und die Summe der standortgebundenen Ursachen führt zu einer Art Tragedy of the Commons im Umsetzen von konkreten Klimaschutzmassnahmen, wie dies auch an der Umweltkonferenz von Kopenhagen 2009 zum Ausdruck kam. Einfacher wird die Umsetzung von Massnahmen für die Anpassung an die Folgen des Klimawandels sein, da der Nutzen solcher Anstrengungen eher den Direktbetroffenen zugutekommt als Vermeidungsmassnahmen.

Veränderungen bei der Nahrungsmittelproduktion


Die Agrar- und Umweltforschung hat sich seit Langem mit dem Wandel des Klimas und dessen Bedeutung für die Landwirtschaft und die Ernährungssituation auseinandergesetzt. Grundsätzlich ist jede Aussage die Zukunft betreffend mit einer gewissen Unsicherheit behaftet, kommt es doch sehr darauf an, wie stark sich die Atmosphäre an den einzelnen Stellen des Planeten erwärmen wird. Die Aussagen sind auch abhängig davon, in welchem Ausmass Vermeidungsstrategien dazu beitragen können, die Erwärmung abzuschwächen. Ebenso sei erwähnt, dass es sich immer um modellbasierte Aussagen handelt, auch wenn diese mit dem Einbau der Erfahrungsdaten immer zuverlässiger werden. Um die Auswirkungen des Klimawandels für die Landwirtschaft darzustellen, kann man sich auf zahlreiche Quellen abstützen. Aus dem vierten IPPC-Bericht
M.L. Parry et al. (Hrsg.), Contribution of Working Group II to the Fourth Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change, 2007. Cambridge University Press, Cambridge UK and New York USA. wird deutlich, dass sich die Produktionsbedingungen auf einem kleinen Anteil der Agrarflächen verbessern, während auf dem Grossteil der Agrargebiete ungünstigere Bedingungen herrschen werden. Die Auswertungen von Cline (2007)
Cline W. R., Global Warming and Agriculture: Impact Estimates by Country, 2007. ISBN 978-0-88132-403-7. für die globale Skala verdeutlichen diesen Sachverhalt für das Kriterium Bodenfruchtbarkeit. Darin werden die Gebiete auf der Welt mit einer verbesserten und solche mit verschlechterten Bodenfruchtbarkeit ersichtlich. Die Produktivität der Pflanzen wird ebenfalls durch den CO2-Gehalt der Atmosphäre beeinflusst. Daraus leiten Fan Zhai und Juzhong Zhuang (2009)
Fan Zhai and Juzhong Zhuang, Agricultural Impact of Climate Change: A General Equilibrium Analysis with Special Reference to Southeast Asia. ADBI Working Paper Series Nr. 131. Asian Development Bank Institute, 2009. eine Produktivitätsveränderung der Landwirtschaft für die Periode um 2080 gegenüber heute ab. Der Düngungseffekt durch einen höheren Karbongehalt der Luft ist deutlich; dieser entschärft wiederum die durch ungünstigere Wetterbedingungen bedingte Reduktion. Diese Schätzungen berücksichtigen den technischen Fortschritt im Bereich Ackerpflanzen nicht. Die Europäische Komission (2009)
Europäische Kommission. Generaldirektion Landwirtschaft und ländliche Entwicklung, Fact Sheet Klimawandel: Herausforderungen für die Landwirtschaft, 2009. hat das Gebiet der EU in vier Klimazonen eingeteilt, die zum Teil sehr unterschiedliche Bedingungen haben werden. Die Breitengrade nördlich des Mittelmeers stellen einen neuen Nord-Süd-Klimaübergang dar. Beidseitig dieses Überganges wird es zahlreiche Zonen mit unterschiedlichen Entwicklungen geben. Klimawandel wird ein Prozess sein, dessen Auswirkungen auf die Bedingungen für die Landwirtschaft ebenfalls eine Dynamik haben werden. Dies ist für Ökonomen insofern eine wichtige Feststellung, als Anpassungsprozesse in der Regel teurer sind, wenn sie schnell ablaufen müssen (Lernprozesse, Strukturen, Sunk Costs).

Parallel stattfindende Prozesse


Die Bevölkerungszunahme und die Veränderung der Ernährungsgewohnheiten werden im selben Zeitraum wie der Klimawandel stattfinden. Dies führt eher zu einer Kumulierung der Probleme als zu deren Abnahme. Wir befinden uns in einer Ausgangslage, welche unter dem Gesichtspunkt der Ernährungssicherheit für ein Drittel der Menschheit sehr schlecht und für rund 1 Mrd. Menschen sogar gesundheitsbedrohend ist. Die FAO (2009) schätzt die Zunahme der Nahrungsmittelbedürfnisse auf ca. 100% für das Jahr 2050 im Vergleich zu heute. Parmentier (2009)
Parmentier B., Nourrir l’humanité en 2050. 2009. Edition La Découverte. ISBN: 9782707157027. malt ein differenzierteres Bild, indem er zum Ausdruck bringt, wie unterschiedlich sich diese Bedürfnisse weltweit verteilen werden.Eine Gegenüberstellung von Tabelle 1 und Tabelle 2 zeigt folgende Problemfelder auf:– Das Bevölkerungswachstum betrifft vor allem Afrika und Asien, in etwas geringerem Ausmass auch Ozeanien und Lateinamerika. Ein starker Anstieg der Nahrungsmittelbedürfnisse wird in Afrika und Asien aufgrund der zur erwartenden Wohlstandesentwicklung und Bevölkerungszunahme stattfinden. – Der potenzielle Rückgang der Bodenproduktivität wird sich vor allem in Afrika, in Teilen von Asien und Lateinamerika sowie in Ozeanien bemerkbar machen. – Die geografische Übereinstimmung von steigender Nachfrage und potenziellem Rückgang der landwirtschaftlichen Produktivität stellt eine ganz besondere Herausforderung dar. – Berücksichtigt man zusätzlich die ungünstige Ausgangslage betreffend Ernährungssicherheit in diesen Regionen der Welt, wird ein massiver Handlungsbedarf ersichtlich.

Landwirtschaft als Mitverursacherin…


Die Landwirtschaft trägt etwa 11% zum Ausstoss klimarelevanter Gase bei (Schweiz, Europa). Bezogen auf die einzelnen Gase ist der Anteil der Landwirtschaft unterschiedlich hoch:
Peter et al., THG 2020 Möglichkeiten und Grenzen zur Vermeidung landwirtschaftlicher Treibhausgasemissionen in der Schweiz, IAW Bericht, ETH Zürich, 2010.– Methan (Tierhaltung): 80% (ergibt 5,3% der Gesamtbelastung in CO2-Äquivalent);– Lachgas (Bodenbewirtschaftung, Tierhaltung): 76% (ergibt 4,7% der Gesamtbelastung in CO2-Äquivalent);– CO2: 1,2% (ergibt 1% der Gesamtbelastung in CO2-Äquivalent).Diese Emissionen sind ein Teil jener Belastung, die durch die gesamte Kette der Nahrungsmittelherstellung und des Konsums entsteht (Energieverbrauch in der Hilfsstoffherstellung, Verarbeitung, Lagerung und im Transport). Die Klimabelastung der Ernährung als Ganzes ist deutlich höher.

…und Potenzial für Vermeidung


Es gibt zahlreiche Ansatzpunkte, Treibhausgasemissionen in der Landwirtschaft zu vermeiden. Dies soll am Fall der Rindviehhaltung in der Schweiz dargestellt werden. Ausgehend von den technologischen Möglichkeiten liegen Vermeidungspotenziale in den Bereichen Fütterung der Tiere und Hofdüngermanagement. Eine umfassende ökonomische Analyse (dynamische Optimierung) befasste sich mit Vermeidungskosten im Rindviehsektor. Die Haupterkenntnisse können wie folgt formuliert werden:– Wird eine rasche Umsetzung von Vermeidungsmassnahmen verlangt, liegen die Kosten wesentlich höher als bei einer langsamen Umsetzung. Dies entspricht den Erkenntnissen von Zilberman (2004)
Zilberman D et al., The Economics of Climate Change in Agriculture, Mitigation and Adaptation Strategies for Global Change 9: 365–382, 2004. Kluwer Academic Publishers..– Je höher das Preisniveau (Agrarschutz gegenüber dem internationalen Niveau), desto teurer die Vermeidungskosten. Daher sind die Vermeidungskosten in der Schweiz sehr hoch und liegen deutlich über dem Preis der internationalen Zertifikate.– Am effektivsten wäre der Bestandsabbau, was jedoch nur klimarelevant wäre, wenn der Konsum von Produkten aus der Rindviehhaltung (Milch, Fleisch) entsprechend abnehmen würde.– Eine CO2-Abgabe hätte – im untersuchten ökonomisch-technischen Kontext – eine relativ geringe Vermeidungswirkung. Sie müsste sehr hoch sein, um Umstellungen zu bewirken, würde aber zu hohen Einkommenseinbussen pro abgebaute Tonne CO2-Äquivalent führen.Aus einer weiterführenden ökonomischen Analyse
Briner S., Lehmann B., Klimaneutrales Fleisch aus der Mutterkuhhaltung mittels Agroforst, eine ökonomische Analyse. In Bearbeitung. für extensive Mutterkuhbetriebe mit hohem Raufutteranteil und wenig Futterzukauf zeigt sich, dass die Sequestrierung von CO2 mit Intensivplantagen oder Agroforst (Wiesen, Weiden mit Baumalleen) auf dem eigenen Hof bis zu 100% möglich ist, ohne den Bestand reduzieren zu müssen. Unter Berücksichtigung der möglichen Verkäufe des Holzes – je nach System nach 15 bis 25 Jahren – liegen die Kosten der Vermeidung über dem Preis der internationalen Zertifikate. Bei einer Vermeidung von bis zu 65% betragen die durchschnittlichen Vermeidungskosten – gemessen am Marktpreis des Fleisches – rund 4%. Bei 100% Kompensation durch Agroforst liegen diese bei 9% bis 10% des Fleischpreises. Die Kosten entstehen zum grössten Teil durch Direktzahlungsverluste für extensive Ökowiesen. Hiermit wird der Trade-off zwischen Klimaschonung und Artenreichtum auf Ökowiesen sichtbar. Sind die Betriebe stark auf Futtermittelzukäufe angewiesen, wird ein Bestandesabbau notwendig, wenn man 100% CO2-Äquivalent kompensieren will. Andernfalls müssten die Betriebsleiter Kompensationsflächen ausserhalb ihres Betriebs finden (Nachbarn, Region, Inland, international, mittels Zertifikat). Solche Konzepte zeigen auf, dass man ausgehend von Vermeidungsstrategien auch neue marktfähige Produkte – wie z.B. klimaneutrales Weidefleisch – herstellen könnte.

Beitrag der agrarökonomischen Forschung zur Problemlösung


Die agrarökonomische Forschung bearbeitet ein breites Feld von Fragestellungen, welche sich durch den Klimawandel im Kontext der kritischen Lage der Ernährungssicherheit in Zukunft ergeben. In den folgenden Handlungsfeldern wird von der agrarökonomischen Forschung (i.w.S.) ein nutzbringender Beitrag erwartet:

Internationale Agrarmärkte


Die Warenflüsse um den Globus werden sich angesichts der sich verändernden Überschuss- und Unterversorgungsregionen verschieben. Die Modellierung von Angebot und Nachfrage sowie die Prognosen werden noch wichtiger als in der Vergangenheit. Die Komplexität wird durch die höhere Volatilität der lokalen Erträge und der Konsequenzen auf die Preise zunehmen. Forschung zur Voraussagbarkeit von regionalen Engpässen oder Preiserhöhungen, die Nahrungsmittel für Hunderte von Mio. Menschen unerschwinglich machen, ist von grossem Nutzen.

Internationales Policy-Regelwerk für tiefere Preisvolatilität, höhere Ernährungssicherheit und Weltmarktzugang für Entwicklungsländer


Policy-Forschung kann zur bestmöglichen Allokation von öffentlichen Geldern beitragen, um lokale wie globale Ernährungssicherheits- und Umweltziele effektiv und effizient zu erreichen. Es gilt auch das Verteilungsproblem zu reduzieren, das der Markt nicht vollumfänglich zu lösen vermag.

Institutioneller Rahmen für die Wertschöpfungskette Nahrung in Entwicklungsländern


Ungünstige Bedingungen für Unternehmer oder kollektives Handeln von Akteuren sind in Entwicklungsländern weit verbreitet und beeinträchtigen Investitionen in Produktion, Verarbeitung und Handel. Zudem ist der Übergang von Selbstversorgung zu einer stärkeren Integration in den Marktprozess ein komplexer Prozess. Forschung im Zusammenhang mit Entrepreneurship, den Faktoren für erfolgreiches Handeln und vor allem der Umsetzung in ungünstigen institutionellen Kontexten sind ebenso wichtig wie Forschung bezüglich Best Policies.

Privatwirtschaftliche Instrumente für den effektiven und effizienten Umgang mit Risiken


Ernteschwankungen haben betriebswirtschaftliche Folgen. Neue Instrumente – wie Wetterindex-basierte Versicherungsinstrumente – unterstützen die Stabilisierung und Verbesserung der wirtschaftlichen Situation. Agrarökonomische Forschung kann mit der Koppelung von biophysikalischen und ökonomischen Modellen wesentlich zur Verbesserung von privater und gesellschaftlicher Effizienz solcher Instrumente oder Massnahmen beitragen.

Policy-Rahmenwerk zur Nutzung natürlicher Ressourcen und Reduktion der Umweltbelastung (z. B. Klima)


Die Zukunft erfordert aufgrund der beschriebenen Entwicklung eine ökologisch tragbare Intensivierung der Nutzung der natürlichen Ressourcen zur globalen Ernährungssicherheit. Die agrarökonomische Forschung kann durch ihre Brückenkopffunktion zwischen Ökonomie und Naturwissenschaften wesentlich dazu beitragen, Marktversagen im Bereich der Ressourcennutzung zu reduzieren.

Ökonomie der Nutzung und des Schutzes knapper natürlicher Ressourcen


Die Nutzungsansprüche an die Ökosysteme – speziell die Agrarökosysteme – werden in Zukunft breiter und mehrschichtiger. Nahrungsmittelproduktion mittels mehr oder weniger umweltschonender Verfahren, Nutzung von Agrarflächen für Agrarbiotreibstoffe und Ansprüche der Gesellschaft (Nutzwert, Schutzwert) sind nicht immer miteinander vereinbar. Längerfristig können einzelne Ansprüche einen Synergiecharakter aufweisen; andere führen zu einer die Ernährungssicherheit bedrohenden Rivalität. Die agrarökonomische Forschung kann dazu beitragen, die globale Wohlfahrt kurzfristig und längerfristig zu maximieren.

Property Rights (Commons) und Verhalten


Das Nichtwahrnehmen von Knappheiten, Klimawandel oder der Endlichkeit der Ressourcen – sei es durch die Nomaden der Mongolei, die Hirten in Westafrika (Transhumance) oder die westlichen Gesellschaften – führt zu einer Zuspitzung von Problemen, welche die Ernährungssicherheit gefährden. Agrarökonomische Forschung kann dazu beitragen, die Umsetzungsproblematik bekannter, Erfolg versprechender Konzepte zu verstehen und weitergehende Lösungsvorschläge auszuarbeiten.

Adoption und Umsetzung von neuen Technologien und Best Practices


Anpassung an veränderte Klimabedingungen erfordert den Einsatz von neuen Pflanzensorten, neuen Technologien und umweltschonenderem Umgang mit den verfügbaren Ressourcen. Die Adoption kann durch kulturelle oder ökonomische Faktoren gehemmt sein. Agrarökonomische Forschung kann dazu beitragen, Verhalten zu verstehen und entsprechend Rahmenbedingungen für ein günstiges Klima zur Adoption von Best Practices zu schaffen.

Verbraucherverhalten bezüglich ökologisch produzierter und Entwicklungsländer unterstützender Nahrungsmittel


Der verantwortungsvolle Nahrungsmittelverbrauch hat einen grossen indirekten Einfluss auf die Umwelt, indem nachhaltige Produktionsformen durch den Markt gefördert werden können. Forschung über ein besseres Verständnis des Verbraucherverhaltens unterstützt dies.

Ökonomie der Verluste und Verschwendung


Entlang der Nahrungsmittelkette – vor der Ernte über Lagerung, Verarbeitung und Handel bis hin zum Konsum – gehen je nach Produkt bis zu 40% verloren. In den Entwicklungsländern entstehen die Verluste vor allem im ersten Teil der Kette, in den Industrieländern eher im zweiten Teil. Forschung an diesen Zusammenhängen kann dazu beitragen, das Klima zu entlasten und die Ernährungssicherheit zu verbessern.

Tabelle 1: «Entwicklung des Nahrungsmittelverbrauchs bis 2050»

Tabelle 2: «Regionale Auswirkung des Klimawandels auf die landwirtschaftliche Produktivität im Jahr 2080»

Kasten 1: Auswirkungen des Klimawandels auf die Schweiz

In Bezug auf die Schweiz können die Auswirkungen gemäss Fuhrera wie folgt zusammengefasst werden:

Erträge

– Eine Klimaänderung von maximal 2–3 Grad wirkt sich in der Schweiz tendenziell positiv auf die Landwirtschaft aus.– Durch die längere Vegetationsperiode der Wiesen steigt die potenzielle Jahresproduktion der Wiesen.– Damit der potenzielle Ertrag zahlreicher Ackerkulturen gesteigert werden kann, sind jedoch Anpassungen nötig (Auswahl der Kulturen und der Sorten, Anbauverfahren und Management, Risikomanagement).

Ertragssicherheit

– Eine stärkere Klimaerwärmung von über 3 Grad gefährdet die Ertragssicherheit im Ackerbau.– Die Zunahme der Hitzetage kann die Tierhaltung beeinträchtigen.– Die Erntesicherheit, welche in den letzten Jahrzehnten immer höher wurde, könnte beeinträchtigt werden. Das Risiko für extrem trockene Sommer beträgt heute ca. 15%. Bei Klimabedingungen um 2050 kann dieses Risiko bei 40% liegen.

Schädlinge und Krankheiten

– Das Aufkommen von Insektenschädlingen und Unkräutern wird durch die künftigen Klimabedingungen gefördert.

a Fuhrer J., et al., Climate risks and their impact on agricultural land and forests in Switzerland. Climate Change 79, 79-102, 2006.

Kasten 2: Dimensionen der Ernährungssicherheit

Die Klimaproblematik wird – zusammen mit anderen Entwicklungen – die globale Ernährungssicherheit gefährden. Die Ernährungssicherheit ist nicht bloss eine Frage von genügend Agrarproduktion, sondern mindestens ebenso sehr eine Frage der Verfügbarkeit und des Zuganges. Ernährungssicherheit hat drei engere und eine übergeordnete Dimension:

Verfügbarkeit

– Nachhaltige Nahrungsmittelproduktion– Nahrungsmittelverteilung (Märkte)

Zugang zu Nahrungsmitteln

– Erschwinglichkeit (Kaufkraft)– Bereitstellung– Präferenzen

Nahrungsmittelverwendung

– Ernährungswert– Gesellschaftlicher Wert– Qualitative Sicherheit

Die übergeordnete Dimension: Stabilität

Es geht dabei um die Stabilität der Nachhaltigkeit der Nutzungsmöglichkeit natürlicher Ressourcen innerhalb des Agrarökosystems und der Interaktionen mit dem Gesamtökosystem. Sie bezieht sich auch auf die Institutionen, welche direkt oder indirekt mit Umwelt und Ernährung in Verbindung stehen.

Zitiervorschlag: Bernard Lehmann (2010). Klimawandel und Landwirtschaft aus Sicht der agrarökonomischen Forschung. Die Volkswirtschaft, 01. September.