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Die Rolle der ausländischen Direktinvestitionen im Agrarsektor

Während Jahrzehnten weckte der Agrarsektor bei Investoren nur wenig Interesse. Seit der Preishausse bei Nahrungsmitteln im letzten Jahrzehnt mit Spitzenwerten im Jahre 2008 hat sich dies grundlegend geändert. Darüber hinaus stieg der Anbau von Ackerfrüchten zur Biokraftstoffgewinnung stark an, und in hohem Masse importabhängige Staaten machten mit grossen Käufen von Agrarland auf sich aufmerksam. Die Nahrungsmittelkrise in verschiedenen Ländern rückte das Thema der Ernährungssicherheit wieder ins Zentrum.
Der Autor hat vor seiner Tätigkeit beim Seco als Mitarbeiter bei der Unctad am World Investment Report 2009 mitgearbeitet, der sich mit dem Thema Investitionen im Agrarsektor beschäftigte. Ein spezieller Dank für hilfreiche Kommentare bei der Erstellung dieses Artikels gebührt Joachim Karl, Chef der Policy Analysis Branch im World Investment Team der Unctad.

Die angespannte Situation auf dem Agrarmarkt hat dazu geführt, dass sich private und staatliche Investoren vermehrt für den Landwirtschaftssektor interessieren. Insbesondere in den Entwicklungsländern wurde der Agrarsektor lange vernachlässigt. Entsprechend zeichnet sich der Sektor durch eine sehr tiefe Produktivität aus. Dieser Artikel zeigt Gründe auf, die zu dieser Fehlentwicklung geführt haben und geht näher auf die im Agrarsektor tätigen Investoren ein.
Wo nicht anders vermerkt, stützen sich die Informationen in diesem Artikel auf den World Investment Report 2009.

Umwälzung des Agrarweltmarkts


Ausländische Direktinvestitionen im Landwirtschaftssektor sind nichts Neues und gehen weit zurück bis in die Kolonialzeit. Im 19. Jahrhundert gab es eine grosse Anzahl von international tätigen Unternehmen, die im Handel und in der Produktion von Agrargütern tätig waren. Die meisten von ihnen produzierten auf grossen Plantagen für den Export bestimmte Agrargüter wie Bananen, Kautschuk, Baumwolle oder Zucker. Im Zuge der Dekolonisation änderte sich dies grundlegend. Viele Regierungen waren bestrebt, die Kontrolle über ihre natürlichen Ressourcen zurückzugewinnen und die Eigentumsfrage neu zu regeln. Oft wurde der ausländische Besitz von Agrarland untersagt. Dies erschwerte Investitionen, die direkt auf die Produktion abzielten, und führte zu einer Konzentration der ausländischen Direktinvestitionen in den sogenannten vor- und nachgeschalteten Aktivitäten, wie der Entwicklung von Saatgut (Monsanto, Syngenta, BASF) oder der Verarbeitung von landwirtschaftlichen Gütern (Nestlé). Die jüngste Preishausse hat neue Akteure auf den Plan gerufen, die sich stark von den traditionellen Investoren unterscheiden. Zum einen sind dies Hersteller von Biokraftstoffen; sie werden in vielen Ländern als eine Alternative zu Ölimporten gesehen. Zum anderen griffen importabhängige Staaten vermehrt in das Geschehen ein. Dies lässt sich direkt mit der Nahrungsmittelkrise im Jahre 2008 und den stark angestiegenen Preisen auf den Weltmärkten in Verbindung bringen. Auf dem Höhepunkt der Krise erliessen eine Vielzahl agrarexportierender Länder Exportrestriktionen, um die Preissteigerung für die eigene Bevölkerung abzufedern. Wegen der aufgetretenen Probleme auf den Weltmärkten begannen stark importabhängige Staaten daran zu zweifeln, dass die Nahrungsmittelversorgung durch den globalen Agrarmarkt gewährleistet werden kann. Daher kauften oder pachteten einige Staaten Agrarland im Ausland (insbesondere in befreundeten Staaten), um über alternative Versorgungskanäle zu verfügen und die Abhängigkeit vom Weltmarkt zu verringern.

Gründe für die tiefe Produktivität in Entwicklungsländern


Es gab drei Hauptgründe, die für die tiefe Attraktivität des Agrarsektors in der Dritten Welt verantwortlich waren. Erstens produzierte die stark subventionierte Landwirtschaft in den Industriestaaten Überschüsse, die auf dem Weltmarkt zu Tiefstpreisen verkauft wurden und so die Investitionsanreize in den Entwicklungsländern verringerten. Zweitens förderten viele Entwicklungsländer in erster Linie den Industriesektor, nicht aber die Landwirtschaft. Drittens war und ist die Eigentumslage in vielen Entwicklungsländern unsicher. Aus diesen Gründen waren ausländische Direktinvestitionen im Agrarsektor der Entwicklungsländer in der Vergangenheit eher bescheiden. Die Folge davon waren fehlende Investitionen in landwirtschaftliche Forschung und Entwicklung, Infrastruktur, Bodendegradation, wachsende Wasserknappheit und fragmentierter sowie unwirtschaftlicher Landbesitz. Auch bezüglich Forschung und Entwicklung (F&E) sind die Unterschiede frappant. In den Entwicklungsländern beträgt der Anteil des Produktionswertes, der für F&E aufgewendet wird, 0,56% und in den Industriestaaten 5,16%. Die Situation ist besonders in Afrika dramatisch. So sind die Forschungsausgaben pro Hektar Agrarland in Afrika fünfmal tiefer als in Asien. All dies führte zu stagnierender und in einigen Teilen Afrikas gar zu sinkender Produktivität; die Pro-Kopf-Produktion von Agrarprodukten ist in den letzten Jahren in Afrika leicht gefallen. In Folge der Nahrungsmittelkrise im Jahre 2008 rief die UNO eine Expertengruppe ins Leben, die den Finanzbedarf für eine weltweit verbesserte Nahrungsmittel- und Ernährungssicherheit abschätzte. Gemäss deren Berechnungen sind jährlich zwischen 20 und 40 Mrd. US-Dollar nötig, um die Situation langfristig zu entschärfen.

Traditionelle Investoren


Die Bedeutung der ausländischen Direktinvestitionen und der transnationalen Unternehmen im Agrarbereich variiert stark je nach Warengruppe und Land. Der Anteil der Auslandinvestitionen ist in der Regel minimal bei Grundnahrungsmitteln wie Reis, aber relativ hoch bei für den Export bestimmten Produkten wie Schnittblumen oder Rohrzucker, in denen die erste Verarbeitungsstufe eng mit der pflanzlichen Erzeugung verbunden ist. Deshalb ist der Anteil der Direktinvestitionen am Total aller Agrarinvestitionen in einigen Ländern relativ bedeutend (siehe Grafik 1).Im Bereich der Landwirtschaft gibt es eine Vielzahl von Geschäftsbereichen, in denen internationale Konzerne tätig sind. Sie reichen von der Nahrungsmittelverarbeitung über den Einzelhandel und Vorleistungen bis hin zur direkten Produktion auf einer Plantage. Eine klare Trennung ist zwischen Firmen, die direkt in der Produktion von Agrargütern beteiligt sind und solchen, die in den vor- oder nachgelagerten Aktivitäten tätig sind, zu machen. Letztere sind in der Regel viel grösser und stammen zum grössten Teil aus den Industriestaaten. So besitzt Nestlé als weltweit grösstes Unternehmen in der Lebensmittel- und Getränkeindustrie geschätzte 66 Mrd. US-Dollar an Auslandinvestitionen; bei Wal-Mart als grösster Detailhändler sind es 63 Mrd. US-Dollar. Im Vergleich dazu scheinen die 5 Mrd. US-Dollar des grössten international tätigen Agrarproduzenten, Sime Darby aus Malaysia, geradezu bescheiden (siehe Tabelle 1). In vielen Teilen der Landwirtschaft lässt sich der Einfluss von Auslandinvestitionen aber nur schwer fassen. Oft bietet die vertragsbasierte Landwirtschaft (Contract Farming) eine wichtige Alternative zur direkten Beteiligung an der landwirtschaftlichen Produktion. Vor dem Hintergrund der starken Nachfrage und der stagnierenden Produktion gibt es Hinweise, dass diese Art von Landwirtschaft in den Entwicklungsländern an Gewicht gewonnen hat.
Vgl. DaSilva, 2005. Im Jahre 2008 standen zum Beispiel bei Nestlé mehr als 600 000 Landwirte in über 80 Ländern in einem solchen Vertragsverhältnis. Im Gegensatz zu den Landkäufen staatlicher Investitionsfonds und anderer institutioneller Anleger sind diese Investitionen eher unproblematisch und haben in der Vergangenheit zu signifikanten Produktionssteigerungen geführt (siehe Kasten 1

Shouguang in der Provinz Shandong gehört zu wichtigsten Produktionsorten von Gemüse in China. Zudem war es während den letzten 30 Jahren eine der wirtschaftlich erfolgreichsten Regionen des Landes. Für den Aufschwung in der landwirtschaftlichen Produktion spielte die Einbindung von Unternehmen, die in der Entwicklung von Saatgut tätig sind, eine zentrale Rolle. Zu den wichtigsten Investoren gehört auch Syngenta, das 1998 in der Region präsent ist. Die Shouguang Syngenta Seeds Company ist ein Joint Venture zwischen Syngenta und der örtlichen Regierung. Seit 2001 betreibt Syngenta ein lokales Forschungszentrum, um sich besser auf die lokalen klimatischen Bedingungen, Anbau-Marktgewohnheiten einzustellen. Weiter bietet Syngenta in Zusammenarbeit mit der Regierung eine landwirtschaftliche Ausbildung sowie Informationen über die neusten Kultivierungstechniken an. All dies ermöglichte den Bauern, die Qualität und Produktivität zu steigern, was ihnen den Zugang zum internationalen Markt erleichterte und höhere Einkommen zur Folge hatte.

). Die Einbindung international tätiger Unternehmen kann den Transfer von Wissen bzw. Technologie fördern. Studien zeigen, dass die Beteiligung von international tätigen Firmen in der Schnittblumenindustrie in Afrika und Lateinamerika zu steigender Produktivität geführt hat. Oft fehlt es in den Entwicklungsändern am nötigen Kapital und Know-how, um die Investitionen zu tätigen. Das Einbinden von international ausgerichteten und kapitalstarken Unternehmen erlaubt den Entwicklungsändern, solche Hindernisse zu beseitigen und den Kapitalstock zu erhöhen.

Auslandinvestitionen im Agrarsektor – die neuen Akteure


Zu den traditionellen Investoren kamen in letzter Zeit neue Investoren, welche die jüngste Entwicklung geprägt und zum Teil für Aufmerksamkeit in der Presse gesorgt haben. Wie in anderen Sektoren der Wirtschaft treten vermehrt Firmen aus Schwellenländern in Erscheinung. Die sogenannten Süd-Süd-Investitionen – Investitionsströme, welche aus nicht-westlichen Ländern stammen (also exklusive Europa, Nordamerika und Japan) – haben an Wichtigkeit gewonnen und zu einer neuen Dynamik bei den Landwirtschaftsinvestitionen geführt. Oft investieren diese Länder in Ländern Afrikas, die bis anhin von den traditionellen Investoren gemieden wurden. Ein solches Unternehmen ist z.B. Sime Darby, weltgrösster Produzent von Palmöl, das im Jahr 2008 rund 800 Mio. US-Dollar in eine Palmölplantage in Liberia investierte.Die Nahrungsmittelkrise verstärkte diese Süd-Süd-Investitionen. Länder wie China, Südkorea und vor allem die Golfstaaten forcierten die Bemühungen, durch Kauf oder Pacht ausländisches Agrarland unter ihre Kontrolle zu bringen und so die Lebensmittelsicherheit ihrer eigener Bevölkerung zu verbessern. Die treibende Kraft hinter den Landkäufen sind die Staatsfonds der Erdöl exportierenden Staaten sowie der Schwellenländer Asiens. Staatsfonds existieren schon seit Jahrzehnten; doch hat ihre Anzahl und ihre Grösse in den letzten Jahren stark zugenommen. Insbesondere die Golfstaaten verfügen aufgrund der gestiegenen Erdölpreise über grosse Fremdwährungsreserven, die zum Teil für beträchtliche Landkäufe eingesetzt wurden. Laut Medienberichten sind die wichtigsten Partnerländer für diese Landdeals in Afrika Kongo, Äthiopien, Madagaskar, Mosambik, Sudan und Tansania sowie in Asien Kambodscha, Indonesien, Laos, Pakistan und die Philippinen.
Vgl. FAO, 2009. Saudi-Arabien hat eine für die Entwicklung der Landwirtschaft im Ausland spezialisierte Investitionsgesellschaft gegründet, mit dem Ziel, die Lebensmittelversorgung im eigenen Land zu erhöhen. Um Wasser zu sparen, fährt das Land die eigene Getreideproduktion zurück. Es ermutigt jedoch öffentliche und private Unternehmen, im Ausland Ackerland zu kaufen, und unterstützt diese mit Geldern aus dem staatlichen Fonds für die industrielle Entwicklung.Staatsfonds sind aber nicht die einzigen Akteure, die Interesse am Kauf von Agrarland zeigen. Viele Investoren und auch die UN-Organisation für Ernährung und Landwirtschaft (FAO) sind der Meinung, dass sich die Preise für Agrarprodukte tendenziell weiter verteuern werden. So engagieren sich auch die Private-Equity-Firmen vermehrt im Agrarsektor. Die Blackstonegroup (in der China einen grösseren Anteil hält) investierte z.B. 100 Mio. Dollar in die Landwirtschaft und kaufte hauptsächlich Ackerland in Gebieten südlich der Sahara. Die «Financial Times» vom 16.7.2010 berichtete, dass Calpers, eine der grössten Pensionskassen der USA, ihr Engagement im Agrarsektor stark ausbauen möchte und diese von 450 Mio. US-Dollar bis 2010 auf 10 Mrd. US-Dollar erhöhen will. Im Bemühen, alternative Energiequellen zu fördern, erlebte zudem der Biodiesel einen Boom, der sich nicht nur auf Europa oder die USA beschränkte, sondern auch in den Schwellenländern wie Brasilien Programme zur Förderung von Biokraftstoffen auslöste. Diese Entwicklungen auf dem Agrarmarkt zogen neue Investoren an, die bislang nur begrenzt mit der Landwirtschaft etwas zu tun hatten. In vielen Belangen steht diese Produktion allerdings in direkter Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion und birgt Risiken für die Zukunft.

Problematik von Investitionen in Landwirtschaftsland


Im Dezember 2008 publizierte das «Euromoney Magazin» einen Artikel unter dem Titel «Landwirtschaft: Ackerland ist das neue Gold». Im Zusammenhang mit der wachsenden Attraktivität von Investitionen im Agrarsektor wurde oft von grossen Landkäufen seitens institutioneller und privater Investoren berichtet. Die meisten dieser früher umstrittenen Käufe, die oft als Landklau (Land Grabbing) bezeichnet werden, wurden in Afrika getätigt.Heute sind viele Länder in Afrika nicht mehr abgeneigt, Landwirtschaftsflächen ausländischen Investoren zur Verfügung zu stellen. Laut Aussagen eines sudanesischen Regierungsvertreters soll das Land, das arabischen Staaten zur Verfügung gestellt werden soll, rund ein Fünftel der gesamten bebaubaren Landwirtschaftsfläche betragen.
Vgl. FAO, 2009. So haben beispielsweise Südkorea und die Vereinigten Arabischen Emirate mit dem Sudan ein Angebot über 1 Mio. Hektaren Landwirtschaftsland unterzeichnet. Im Kongo erwarb China das Recht, auf einer Fläche von 2,8 Mio. Hektaren Palmöl anzubauen; dies entspricht ungefähr 70% der Fläche der Schweiz.
Vgl. FAO, 2009. Basierend auf Angaben des International Food Policy Research Institute (Ifpri) schätzt die FAO die Fläche, die seit 2006 in irgendeiner Weise in den Zusammenhang mit ausländischen Investoren gebracht wurde, auf 15 bis 20 Mio. Hektaren – so viel wie die gesamte landwirtschaftliche Nutzfläche Frankreichs. Das Beispiel Äthiopien zeigt indes, dass diese Investitionen oftmals nicht unproblematisch sind. Gemäss Bloomberg möchte Äthiopien 3 Mio. Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche an ausländische Investoren verpachten, um höhere Deviseneinnahmen zu generieren. Ein solches Projekt liegt in der südlichen Omo Zone vor, die einige der am stärksten bedrohten indigenen Völker beherbergt. Die äthiopische Regierung betrachtet das Land jedoch als «leer».
Vgl. Bloomberg, 10.11.2009.Der Umfang einiger dieser potenziellen Investitionen ist gross und umstritten, zumal sie die bestehende Nutzung von Agrarflächen und die Produktionsstrukturen im betroffenen Land verändern. Solche Investitionen können durchaus Vorteile für die Gaststaaten haben – z.B. in Form von Verbesserungen der Infrastruktur oder sozialer Einrichtungen, welche die Investoren als Gegenleistung für den Erhalt von Land zusagen. Die Art und Weise sowie die Geschwindigkeit, mit welcher solche Landdeals von sich gingen, führten aber in verschiedenen Ländern zu heftigen Protesten. Auf den Philippinen scheiterte ein geplantes Projekt mit China aufgrund der starken Opposition der betroffenen Bevölkerung. Viele zweifelten an der Legalität und fürchteten negative Auswirkungen auf die Nahrungssicherheit der betroffenen Bevölkerung.
Vgl. IFPRI, 2009. Beobachter sehen die Entwicklung insofern als problematisch, als die Verhandlungen oft nicht transparent sind und der Einbezug der betroffenen Bevölkerung nur selten gewährleistet ist. Oft sind es Verträge zwischen der lokalen Elite und den ausländischen Investoren, in denen die auf dem Land lebenden Kleinbauern keine Rolle spielen.

Fazit


Zurzeit gibt es nur wenige Anhaltspunkte, dass der Boom in Agrarprodukten vorbei ist. Steigende Bevölkerungszahlen und Einkommen in den Schwellenländern sowie die Förderung von Biotreibstoffen in Europa und in den USA werden weiterhin für eine hohe Nachfrage sorgen, sodass kaum mit fallenden Preisen gerechnet werden kann. Weitgehend unbestritten ist, dass mehr in den Agrarsektor investiert werden muss, ist doch der technologische Fortschritt entscheidend für die landwirtschaftliche Entwicklung. Afrika hat diesbezüglich ein grosses Potenzial. Produktionsfortschritte in der Landwirtschaft waren oft das Resultat von F&E. Abgesehen von einigen Ausnahmen – wie Brasilien, China, Indien oder Malaysia – sind diese Fortschritte in den Entwicklungsländern aber eher marginal. Public-Private-Partnerships können in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle spielen. In der Vergangenheit lassen sich gute wie auch schlechte Beispiele finden. Die erhöhte Attraktivität des Landwirtschaftssektors bei den international tätigen Firmen könnte sich positiv auf F&E in den Entwicklungsländern auswirken und mittelfristig zu erhöhter Produktivität führen. Um die Investitionsanreize in den Entwicklungsländern zu erhöhen, wäre eine Rückführung der hohen Agrarsubventionen und -zölle in den Industriestaaten wünschenswert. Für eine erhöhte Lebensmittelsicherheit müssten zudem die Zölle und Exportbeschränkungen in den Entwicklungsländern fallen. Auch wäre es förderlich, wenn die Initiative von Weltbank, FAO, Unctad und Ifad zur Etablierung internationaler Prinzipien für verantwortliches Investieren in der Landwirtschaft zu einem erfolgreichen Abschluss gebracht werden könnte.

Grafik 1: «Anteil der ausländischen Investitionen in der Landwirtschaft am Total»

Tabelle 1: «Die zehn grössten im Agrarsektor tätigen Unternehmen»

Kasten 1: Syngenta und das Shouguang-Modell

Shouguang in der Provinz Shandong gehört zu wichtigsten Produktionsorten von Gemüse in China. Zudem war es während den letzten 30 Jahren eine der wirtschaftlich erfolgreichsten Regionen des Landes. Für den Aufschwung in der landwirtschaftlichen Produktion spielte die Einbindung von Unternehmen, die in der Entwicklung von Saatgut tätig sind, eine zentrale Rolle. Zu den wichtigsten Investoren gehört auch Syngenta, das 1998 in der Region präsent ist. Die Shouguang Syngenta Seeds Company ist ein Joint Venture zwischen Syngenta und der örtlichen Regierung. Seit 2001 betreibt Syngenta ein lokales Forschungszentrum, um sich besser auf die lokalen klimatischen Bedingungen, Anbau-Marktgewohnheiten einzustellen. Weiter bietet Syngenta in Zusammenarbeit mit der Regierung eine landwirtschaftliche Ausbildung sowie Informationen über die neusten Kultivierungstechniken an. All dies ermöglichte den Bauern, die Qualität und Produktivität zu steigern, was ihnen den Zugang zum internationalen Markt erleichterte und höhere Einkommen zur Folge hatte.

Kasten 2: Literatur

– Bloomberg (10.11.2009): Ethiopia Leases Land for Agriculture to Earn Foreign Exchange. – Da Silva Carlos Arthur B,: The growing role of contract farming in agri-food systems development: drivers, theory and practice, FA Agricultural Management, Marketing and Finance Service, FAO Working Document, Nr. 9, 2005. – Euromoney (1.12.2008): Agriculture: Farmland is the new gold.– Financial Times (16.7.2010): Bullish food forecasts whet investors’ appetite.– McNeillis Patrick E.: Foreign Investment in Developing Country Agriculture – The Emerging Role of Private Sector Finance, FAO Commodity and Trade Policy Research Working Paper Nr.28, FAO, June 2009. – World Investment Report 2009: Transnational Corporations, Agricultural Production and Development. – International Food Policy Research Institute (IFPRI): «Land Grabbing» by Foreign Investors in Developing Countries: Risks and Opportunities, IFPRI Policy Brief 13, April 2009.

Zitiervorschlag: Kornel Mahlstein (2010). Die Rolle der ausländischen Direktinvestitionen im Agrarsektor. Die Volkswirtschaft, 01. September.