Der Grundsatz «Global denken – lokal handeln» gewinnt in Bezug auf die zusätzliche Dimension der Nachhaltigkeit in allen aktuellen Fragen zur Ernährung auf dramatische Weise an Bedeutung. Zudem führt er bei Anbietern wie auch bei Konsumenten häufig zu Entscheidungs- und Handlungsnot. Die thematische Komplexität verunmöglicht eindeutige Hilfestellungen und Empfehlungen für den Alltag. Allerdings sind die Auswirkungen der Lebensmittelauswahl – im Vergleich zu Bereichen wie Mobilität und Wohnen – relativ gering. So verursacht die Bereitstellung und Zubereitung von Nahrungsmitteln nur knapp ein Fünftel der Umweltbelastungen, die durch Konsumentenhandlungen entstehen.
Eine intakte Umwelt gilt als Voraussetzung schlechthin für ein nachhaltiges globales Ernährungssystem. Allgemeine Ernährungsempfehlungen reichen indes alleine nicht aus, neben dem Anspruch auf Gesundheit auch dem der Nachhaltigkeit gerecht zu werden. Zum Beispiel weisen frische, unverarbeitete Lebensmittel nicht generell mehr Vitamine und Mineralstoffe auf als schonend verarbeitete Lebensmittel. Deshalb sind naturnah produzierte Lebensmittel weder merkbar gesünder noch sicherer als konventionell produzierte Produkte. Zu präzisieren ist einzig, dass Bio-Lebensmittel mit weniger Zusatzstoffen hergestellt werden und dementsprechend auch weniger Rückstände und teilweise etwas mehr Nährstoffe enthalten. Es gibt jedoch viele andere wichtige Gründe (z.B. die Belastung der Umwelt durch die Nahrungsmittelproduktion und Verteilung), um regionale, saisonale oder naturnah produzierte Produkte zu kaufen.
Die Qual der Wahl
In der Schweiz werden auch konventionell hergestellte Lebensmittel nach hohen Standards und ökologisch nachhaltig produziert. Es liegt im persönlichen Ermessen, welche Lebensmittel man wählt und welche Produktionsweise man damit unterstützt. Für die Gesundheit weit bedeutender als die Herstellungsweise sind Kalorien-, Fett-, Zucker- und Nahrungsfasergehalt der konsumierten Lebensmittel. Im Konkreten bedeutet dies zum Beispiel, dass ein hoher Konsum von Früchten und Gemüse empfohlen wird, weil diese viele Mikronährstoffe und sekundäre Pflanzenstoffe enthalten, die mit verschiedenen positiven Effekten auf die Gesundheit einhergehen. Hierbei können sowohl die Sorte als auch die Anbauweise, die Umweltbedingungen sowie zahlreiche weitere Vor- und Nacherntefaktoren – wie die Lagerung und Zubereitung – beträchtliche Auswirkungen auf die Konzentration und das Profil von Mikronährstoffen und sekundären Pflanzenstoffen haben. Lebensmittelhersteller, Handel und Konsumenten haben also einen Einfluss auf das Nährwertprofil von Früchten und Gemüse.Bei tierischen Lebensmitteln stellt sich eine weitere grosse Herausforderung, denn in 30 Jahren müssten theoretisch weltweit doppelt so viele tierische Lebensmittel produziert werden wie heute, um die Nachfrage zu erfüllen. Obwohl die Leistung der Tiere im Bezug auf die Fleisch-, Milch- und Eierquantität enorm gestiegen ist, bleibt die steigende Nachfrage eine Herausforderung.
Die Rolle der Konsumenten
Konsumenten haben durch ihre Wahl einen wesentlichen Einfluss auf die Umweltbelastung durch die Lebensmittelproduktion. So belasten z.B. mit dem Flugzeug transportierte Produkte die Umwelt generell wesentlich stärker. Da das öffentliche Interesse für das Thema hoch ist, stellt die Lebensmittelauswahl einen guten Ansatzpunkt für Verhaltensänderungen dar. Problematisch ist jedoch, dass die Zeit für den Entscheid vor dem Regal im Laden oft knapp ist und dass teilweise gegenläufige Empfehlungen mit den eigenen Wünschen in Einklang gebracht werden müssen. Die ausgewogene Ernährung nach der Lebensmittelpyramide der Schweizerischen Gesellschaft für Ernährung (SGE) beinhaltet denn auch die Empfehlung, wenn immer möglich auf regionale Herkunft und saisonale Verfügbarkeit von Lebensmitteln zu achten. Ebenso kann mit dem Verzicht auf Gewächshausprodukte, der Reduktion des Fleisch- und Milchkonsums, autofreiem Einkaufen, der Vermeidung von Abfall und nicht zuletzt energiesparendem Kochen und Kühlen viel zur Förderung eines nachhaltig ausgerichteten globalen Ernährungssystems beigetragen werden.
Kasten 1: Weitere Informationen
Die Schweizerische Gesellschaft für Ernährung (SGE) ist die nationale Fachorganisation für Ernährung. Sie klärt sowohl die Bevölkerung als auch Fachleute mit wissenschaftlich abgesicherten Informationen zu Ernährungsfragen auf.
Kontakt
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