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Der Erweiterungsbeitrag für Bulgarien und Rumänien ist startbereit

Während im Erweiterungsbeitrag zugunsten der EU-10-Staaten bereits eine Zwischenbilanz gezogen werden kann,
Vgl. den Beitrag von H. Bruggmann und U. Stürzinger auf S. 60 ff. in dieser Ausgabe. beginnt der Erweiterungsbeitrag zugunsten von Bulgarien und Rumänien gerade erst zu laufen. Das Ziel der Schweiz bleibt aber in allen Partnerstaaten das Gleiche: der Abbau von wirtschaftlichen und sozialen Ungleichheiten in der erweiterten EU. Das Parlament hat zu diesem Zweck einen Rahmenkredit von 181 Mio. Franken für Rumänien und 76 Mio. Franken für Bulgarien genehmigt.
Weiterführende Informationen: http://www.erweiterungsbeitrag.admin.ch.

Die EU hat am 1. Januar 2007 Bulgarien und Rumänien als neue Mitgliedstaaten aufgenommen. Die EU-Erweiterungen von 2004 und 2007 bedeuteten einen grossen Schritt zu mehr Sicherheit, Stabilität und Wohlstand auf dem europäischen Kontinent. Für die Integration der beiden Länder stellt die EU rund 26 Mrd. Euro bis 2013 zur Verfügung.Die Schweiz hat auch im Fall von Bulgarien und Rumänien ein Interesse an einer stabilen Entwicklung sowie am sozial und ökologisch verträglichen Aufschwung in ihrer Nachbarschaft. Sie profitiert zudem wirtschaftlich von der Eingliederung dieser beiden Staaten in die EU. Aus diesen Gründen ist die Schweiz bereit, sich an den finanziellen Lasten der Integration mit insgesamt 257 Mio. Franken zu beteiligen. Bis 2014 können Projekte genehmigt werden; die Auszahlungen erstrecken sich bis 2019. Das Parlament hat den entsprechenden Rahmenkredit auf der Grundlage des Bundesgesetzes Ost
Bundesgesetz über die Zusammenarbeit mit den Staaten Osteuropas, AS 2007 2387 bzw. SR 974.1. am 7. Dezember 2009 genehmigt.

Zielsetzung des Erweiterungsbeitrags


Ziel des Erweiterungsbeitrags ist die Reduktion der wirtschaftlichen und sozialen Ungleichheiten innerhalb der neuen und zwischen den alten und den neuen EU-Mitgliedstaaten. Er bewegt sich im vordefinierten Themenfeld, das in der Absichtserklärung zwischen der Schweiz und der EU festgelegt ist und vier Hauptthemen (Finanzierungslinien) umfasst: Sicherheit, Stabilität und Unterstützung von Reformen; Umwelt und Infrastruktur; Förderung der Privatwirtschaft; menschliche und soziale Entwicklung.Die operationelle Umsetzung des Erweiterungsbeitrags wird in den jeweiligen bilateralen Rahmenabkommen geregelt. Sie enthalten die Prinzipien der Zusammenarbeit und definieren die konkreten Themenbereiche und Abläufe. Beide Abkommen basieren auf der Absichtserklärung zwischen der Schweiz und der EU vom 27. Februar 2006, welche durch das Addendum vom 25. Juni 2008 auf Rumänien und Bulgarien ausgeweitet worden ist. Das bilaterale Rahmenabkommen umfasst das Hauptabkommen sowie fünf Anhänge. Das Abkommen wird auf Umsetzungsebene durch Projektabkommen, Abkommen zu den thematischen Fonds sowie durch Liefer- bzw. Dienstleistungsverträge ergänzt. Beide bilateralen Abkommen sind am 7. September 2010 unterzeichnet worden.
Beide Abkommen sind unter http://www.erweiterungsbeitrag.admin.ch publiziert.

Zwei unbekannte Länder


Land und Kultur von Bulgarien und Rumänien sind hierzulande noch eher unbekannt. Sie gehören (noch) nicht zu den geläufigsten Feriendestinationen der Schweizer Bevölkerung. Das Handelsvolumen
Handelsvolumen bis Mitte 2010: 712 Mio. Franken; 2009: 1342 Mio. Franken. 2009 von fast 1,5 Mrd. Franken zeugt zwar von regen Handelsbeziehungen mit der Schweiz, doch sind sie im Vergleich zu anderen Ländern noch eher bescheiden. In den Medien fallen beide Länder auch durch negative Schlagzeilen auf, insbesondere in Zusammenhang mit Korruption und organisiertem Verbrechen. Zudem wurden vorübergehend Gelder, welche Bulgarien während der Vorbereitung zum EU-Beitritt zugesprochen worden waren, durch die EU blockiert. Bulgarien und Rumänien werden daher oft als Staaten mit einem erhöhten Korruptionsrisiko wahrgenommen. Beide Länder bestreiten die realen Probleme nicht und engagieren sich in der Korruptionsbekämpfung. Die EU überwacht die Fortschritte kontinuierlich und berichtet halbjährlich darüber.Im Bundesbeschluss wurde festgehalten, dass der Bundesrat die bilateralen Rahmenabkommen mit Bulgarien und Rumänien erst unterzeichnet, wenn er vom ordnungsgemässen Funktionieren der beteiligten Institutionen überzeugt ist. Ausführliche Abklärungen und eine Reihe von Massnahmen zur Sicherstellung der wirtschaftlichen Verwendung der Mittel des Erweiterungsbeitrags haben den Bundesrat überzeugt. Dazu beigetragen hat auch, dass die Europäische Kommission die blockierten Gelder in Bulgarien aufgrund der Fortschritte bei der Mittelverwendung wieder freigegeben hat. Aus diesem Grund hat der Bundesrat am 23. Juni 2010 den Abschluss der Verträge beschlossen.
Siehe http://www.erweiterungsbeitrag.admin.ch, Pressemitteilung vom 23.6.2010.

Thematische Ausrichtung


Projekte und Programme sind das Herzstück des Erweiterungsbeitrags. Daher kommt der thematischen Ausrichtung eine besondere Bedeutung zu (siehe Kasten 1

Vier Bereiche der thematischen Ausrichtung


Bereich 1: Sicherheit, Stabilität und Unterstützung der Reformen

Vorgesehen sind Projekte in den Bereichen Grenzschutz, Migration, Polizeiwesen, Korruptionsbekämpfung, offener Strafvollzug und Bekämpfung des Menschenhandels sowie Unterstützung für Reformen. In Gegenden mit hohem Roma-Anteil werden Projekte umgesetzt, die den Zugang zu Bildung und zu medizinischen Dienstleistungen ermöglichen. Auf nationaler Ebene werden Bewusstseins- und Integrationskampagnen finanziert.

Bereich 2: Umwelt und Infrastruktur

Hier geht es um die Instandstellung und Erweiterung der Basisinfrastruktur. In Rumänien ist die Einführung eines Pendants zum schweizerischen «Energiestadt»-Label für vier Städte vorgesehen. Das öffentliche Transportwesen wird durch Vorbereitungsarbeiten (Machbarkeitsstudie inkl. Auswirkungen auf die Umwelt) für eine Modernisierung des Metrosystems in Bukarest unterstützt. Gefördert wird auch der Wissensaustausch zwischen öffentlichen Institutionen. In Bulgarien wird der Behandlung von Abfall, insbesondere von giftigem Abfall, erste Priorität beigemessen. Zweite Priorität haben die Förderung von erneuerbaren Energien und die Verbesserung der Energieeffizienz.

Bereich 3: Förderung des Privatsektors

Im Vordergrund stehen die Vermittlung von Wissen in den Bereichen Bekämpfung von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung, Korruptionsbekämpfung, Anwendung der Regeln des öffentlichen Beschaffungswesens sowie Buchprüfung und Rechnungslegung. Ausserdem sind Projekte im Bereich Exportförderung und Unterstützung bei der Einführung von internationalen Standards und Normen geplant. Zusätzlich wird in Rumänien eine Unterstützung für KMU durch verbesserten Zugang zu Finanzmitteln (Credit Lines and Private Equity) angestrebt.

Bereich 4: Menschliche und soziale Entwicklung

In dieser Finanzierungslinie werden Stipendien für bulgarische oder rumänische Forschungskräfte und gemeinsame Forschungsprojekte finanziert. Zudem erlaubt ein spezifischer Fonds die Finanzierung von institutionellen Partnerschaften, beispielsweise auf der Ebene von Gemeinden, Spitälern, Sozialpartnern und Umweltverbänden. Zusätzlich wird in Rumänien im Bildungswesen ein Projekt gefördert, das vor dem Ende der obligatorischen Schulausbildung ansetzt und den Einstieg ins Berufsleben erleichtern soll.

). Mit dem Erweiterungsbeitrag werden Projekte unterstützt, die nicht oder nur ungenügend durch andere Fördermittel abgedeckt sind und bei denen auch Wissen, Erfahrung und Technologie aus der Schweiz zur Anwendung gelangen können. Die getroffene Themenwahl erlaubt eine breite Beteiligung von schweizerischen sowie bulgarischen und rumänischen Akteuren. Spezifische Fonds erlauben den Einbezug von Nichtregierungsorganisationen, die Unterstützung von institutionellen Partnerschaften und die Mobilisierung von Schweizer Fachwissen. Die Themen sind so ausgewählt, dass sich konkurrenzfähige schweizerische Dienstleistungserbringer und Lieferanten mit guten Chancen an öffentlichen Ausschreibungen der zuständigen Behörden in Bulgarien und Rumänien beteiligen können.

Operationelle Umsetzung


Für die Umsetzung des Erweiterungsbeitrags sind auf Schweizer Seite das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) und die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (Deza) gemeinsam zuständig. Unterstützt werden Seco und Deza vor Ort vom Büro Erweiterungsbeitrag in Bukarest sowie von der Schweizer Botschaft in Sofia. Auch für Bulgarien und Rumänien gilt, dass mit dem Erweiterungsbeitrag nur Projekte finanziert werden, die im öffentlichen Interesse des Partnerlandes sind. Ein Projektantrag kommt für eine finanzielle Unterstützung nur dann in Frage, wenn er nach dem vorgesehenen Verfahren in Bulgarien respektive Rumänien eingereicht wurde und den thematischen Schwerpunkten im bilateralen Abkommen entspricht. Die Schweiz nimmt nur Projektvorschläge von der bulgarischen oder rumänischen nationalen Koordinationsstelle entgegen. Die Deza arbeitet in Rumänien und Bulgarien neu über so genannte thematische Fonds. Diese werden in der Regel durch externe Fondsverwalter (Swiss Intermediary Bodies) betreut, welche zuvor mittels öffentlicher Ausschreibungen ausgewählt werden. In diesem Fall werden Projektanträge gemeinsam vom Fondsverwalter und der jeweiligen nationalen Koordinationsstelle der Schweiz übermittelt. Der wichtigste Grundsatz aber ist der Gleiche wie bei den Projekten in den EU-10-Staaten: Die Schweiz entscheidet abschliessend über die Finanzierungsgesuche.

Kasten 1: Vier Bereiche der thematischen Ausrichtung

Vier Bereiche der thematischen Ausrichtung


Bereich 1: Sicherheit, Stabilität und Unterstützung der Reformen

Vorgesehen sind Projekte in den Bereichen Grenzschutz, Migration, Polizeiwesen, Korruptionsbekämpfung, offener Strafvollzug und Bekämpfung des Menschenhandels sowie Unterstützung für Reformen. In Gegenden mit hohem Roma-Anteil werden Projekte umgesetzt, die den Zugang zu Bildung und zu medizinischen Dienstleistungen ermöglichen. Auf nationaler Ebene werden Bewusstseins- und Integrationskampagnen finanziert.

Bereich 2: Umwelt und Infrastruktur

Hier geht es um die Instandstellung und Erweiterung der Basisinfrastruktur. In Rumänien ist die Einführung eines Pendants zum schweizerischen «Energiestadt»-Label für vier Städte vorgesehen. Das öffentliche Transportwesen wird durch Vorbereitungsarbeiten (Machbarkeitsstudie inkl. Auswirkungen auf die Umwelt) für eine Modernisierung des Metrosystems in Bukarest unterstützt. Gefördert wird auch der Wissensaustausch zwischen öffentlichen Institutionen. In Bulgarien wird der Behandlung von Abfall, insbesondere von giftigem Abfall, erste Priorität beigemessen. Zweite Priorität haben die Förderung von erneuerbaren Energien und die Verbesserung der Energieeffizienz.

Bereich 3: Förderung des Privatsektors

Im Vordergrund stehen die Vermittlung von Wissen in den Bereichen Bekämpfung von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung, Korruptionsbekämpfung, Anwendung der Regeln des öffentlichen Beschaffungswesens sowie Buchprüfung und Rechnungslegung. Ausserdem sind Projekte im Bereich Exportförderung und Unterstützung bei der Einführung von internationalen Standards und Normen geplant. Zusätzlich wird in Rumänien eine Unterstützung für KMU durch verbesserten Zugang zu Finanzmitteln (Credit Lines and Private Equity) angestrebt.

Bereich 4: Menschliche und soziale Entwicklung

In dieser Finanzierungslinie werden Stipendien für bulgarische oder rumänische Forschungskräfte und gemeinsame Forschungsprojekte finanziert. Zudem erlaubt ein spezifischer Fonds die Finanzierung von institutionellen Partnerschaften, beispielsweise auf der Ebene von Gemeinden, Spitälern, Sozialpartnern und Umweltverbänden. Zusätzlich wird in Rumänien im Bildungswesen ein Projekt gefördert, das vor dem Ende der obligatorischen Schulausbildung ansetzt und den Einstieg ins Berufsleben erleichtern soll.

Zitiervorschlag: Franziska Keller (2010). Der Erweiterungsbeitrag für Bulgarien und Rumänien ist startbereit. Die Volkswirtschaft, 01. Oktober.