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Arbeitslosenversicherung im Jahre 2009

Arbeitslosenversicherung im Jahre 2009

Das Jahr 2009 war durch eine weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise geprägt, von der die Schweiz allerdings weniger stark betroffen war als andere Volkswirtschaften. Dennoch durchlief die Schweizer Volkswirtschaft die schärfste Rezession seit den 1970er-Jahren. Die Arbeitslosigkeit stieg rasch und kräftig an: Im Jahresdurchschnitt 2009 waren 146 089 Personen als arbeitslos gemeldet; das sind 44% mehr als im Jahr zuvor. Die Arbeitslosenquote stieg von 2,6% auf 3,7%. Die pessimistischen Prognosen zur Arbeitsmarktentwicklung des letzten Jahres bestätigten sich somit nicht. Auch der Einsatz der Kurzarbeit – im Jahresdurchschnitt 2009 bezogen fast 67 000 Personen Kurzarbeitsentschädigung – dämpfte den Anstieg der Arbeitslosigkeit. Anfang 2009 entspannte sich die Arbeitsmarktlage etwas früher als erwartet. Die Rechnung schloss im Berichtsjahr mit einem Verlust von 1463,8 Mio. Franken ab.

Entwicklung der Arbeitslosigkeit


Im Verlauf des Jahres 2008 ging in der Schweiz und weltweit eine wirtschaftliche Boom-Phase zu Ende. Was in den USA als Immobilien- und Finanzkrise begann, wuchs sich 2009 zu einer weltweiten Wirtschaftskrise aus, welche auch die Schweiz erfasste. Vor allem die Finanzdienstleister und die Exportindustrie wurden hierzulande stark in Mitleidenschaft gezogen, wobei insbesondere in der Industrie bedeutende negative Beschäftigungseffekte zu verzeichnen waren. Die starke Nutzung der Kurzarbeit in der Industrie vermochte den Anstieg der Arbeitslosigkeit etwas zu dämpfen. Dennoch stieg die Arbeitslosigkeit rasch an, nämlich von 2,8% Anfang 2009 auf 4,2% am Ende des Jahres (saisonbereinigte Werte). Im Jahresdurchschnitt 2009 erreichte die Arbeitslosenquote 3,7%. Rechnet man durch Kurzarbeit ausgefallenen Arbeitsstunden in Arbeitskräfte um, kommt man zur Einschätzung, dass die Arbeitslosenquote 2009 statt 3,7% etwa 4,3% betragen hätte.Fast parallel zur Arbeitslosigkeit entwickelte sich auch die Zahl der Stellensuchenden.
Summe von registrierten Arbeitslosen und registrierten nichtarbeitslosen Stellensuchenden. Auf saisonbereinigter Basis stieg diese von 164 000 Anfang 2009 auf 226 000 am Ende des Jahres. Der durchschnittliche Bestand registrierter Stellensuchender belief sich auf 204 070 Personen, was gegenüber dem Vorjahreswert einer Zunahme von 32% entspricht. Die Zahl der Langzeitarbeitslosen
Arbeitslose mit einer Dauer der Arbeitslosigkeit von mehr als einem Jahr. nahm von durchschnittlich 15 731 im Jahr 2008 auf 19 169 im Jahr 2009 zu. Der Anteil der Langzeitarbeitslosen am Total aller Arbeitslosen stieg im Jahresverlauf 2009 von 13% auf 16% an (saisonbereinigte Werte). Bis Mitte 2010 wuchs der Anteil Langzeitarbeitslosigkeit weiter auf rund 22% an. Dies erklärt sich einerseits damit, dass seit Beginn der Krise mittlerweile mehr als ein Jahr vergangen ist. Zum zweiten führt ein Rückgang der Neueintritte in die ALV gegenwärtig ebenfalls zu einer Erhöhung des Anteils an Langzeitarbeitslosen.

Aufsichtskommission ALV


Der Mitgliederbestand der Aufsichtskommission des Ausgleichsfonds der Arbeitslosenversicherung (ALV) blieb 2009 konstant. Während des Jahres sind Hans Furer, Mitglied Vorstand Travail Suisse und Sekretär der Angestelltenpolitik Angestellte Schweiz, sowie Frau Manuela Bruderer, Zentralsekretärin der wirtschaftspolitischen Abteilung des SGB, zurückgetreten. Die Ersatzwahl erfolgte Anfang 2010.Die Aufsichtskommission übernimmt im Bereich der ALV Überwachungs-, Beratungs- und Entscheidfunktionen und trat im Berichtsjahr zu insgesamt 4 Sitzungen (Vorjahr ebenfalls 4 Sitzungen) zusammen. Die Kommission befasste sich unter anderem mit dem dritten Stabilisierungspaket (Massnahmen im Bereich Arbeitsmarkt), der Neukonzeption Avam, der Wirtschaftskrise und ihrer Auswirkungen auf die ALV, der Kurzarbeitsentschädigung und der Vereinbarung RAV/LAM/Kast 2010.Die Subkommission Finanzen berät die Aufsichtskommission in finanziellen Fragen der ALV. Sie stellt sicher, dass die Aufsichtskommission die gesetzlichen Aufgaben in diesem Bereich wahrnimmt. Alle Anträge der Ausgleichsstelle zum Budget, zur Jahresrechnung und zur Informatiksteuerung gemäss Reglement werden von der Subkommission Finanzen begutachtet. Sie richtet Empfehlungen an die Aufsichtskommission und kann eigene Anträge stellen. Als Vorinstanz der Aufsichtskommission befasste sie sich gemäss Tätigkeitsbericht unter anderem mit folgenden Themen:− Jahresrechnung 2008 des ALV-Ausgleichsfonds sowie Voranschläge 2010 der Vollzugsstellen und der Ausgleichsstelle der ALV;− Projekt und Betrieb der Neukonzeption Avam;− Genehmigung der Grundsätze zur Anpassung der IT-Strategie, insbesondere die Strategie zur Anwendungsarchitektur.

Finanzen

Beiträge der Versicherten und Arbeitgeber


Bei einem Beitragssatz von 2% beliefen sich die Beiträge der Versicherten und Arbeitgeber im Berichtsjahr auf 5253 Mio. Franken (2008: 4987 Mio. Fr.). Diese haben gegenüber dem Vorjahr um 266 Mio. Franken oder 5,3% zugenommen.

Arbeitslosenentschädigungen


Im Berichtsjahr sind brutto Entschädigungen von insgesamt 4781,6 Mio. Franken (2008: 3272,8 Mio.Fr.) an Arbeitslose ausgerichtet worden; das sind 1508,8 Mio. Franken oder 46,1% mehr als im Vorjahr. Es wurden somit durchschnittlich je Monat rund 398,5 Mio. Franken ausbezahlt.

Kurzarbeitsentschädigung


Die Kurzarbeitsentschädigungen haben gegenüber dem Vorjahr um 979,4 Mio. auf 997,3 Mio. Franken zugenommen (2008: 17,9 Mio. Fr.).

Arbeitsmarktliche Massnahmen


An individuellen Arbeitsmarktlichen Massnahmen sind im Berichtsjahr 126,6 Mio. Franken (2008: 130,4 Mio. Fr.) bzw. 3,8 Mio. Franken oder 2,9% weniger ausbezahlt worden. Die Kosten der kollektiven Arbeitsmarktlichen Massnahmen haben sich gegenüber dem Vorjahr um 45,9 Mio. oder 12,4% auf 415,7 Mio. Franken erhöht (2008: 369,8 Mio. Fr.). Der Beitrag der Kantone an Kurskosten beträgt im Berichtsjahr 3,0 Mio. Franken (2008: 3,4 Mio. Fr.). Dies entspricht einer Abnahme von 0,4 Mio. Franken oder 11,8%.

Beitragsrückerstattungen an Nachbarstaaten für Grenzgänger


Hier handelt es sich erstens um erhobene ALV-Beiträge von Grenzgängern, die in der Schweiz arbeiten, jedoch im Ausland wohnen. Die Schweiz als Beschäftigungsstaat überweist an vier Nachbarstaaten gemäss den einzelnen Abkommen diese Beiträge zur Abdeckung des Risikos der Ganzarbeitslosigkeit. Im Gegenzug erstatten die vier Nachbarstaaten dem ALV-Fonds ihre Lohnabzüge der schweizerischen Grenzgänger (Wohnort Schweiz, Arbeitsort Nachbarstaat). Die Abkommen mit den vier Nachbarstaaten haben nur noch bis Ende Mai 2009 Gültigkeit. Im Berichtsjahr belaufen sich diese Beträge für 5 Monate auf 107,1 Mio. Franken (2008: 240,5 Mio. Fr. für 12 Monate).

Beitragsrückerstattungen Kurzaufenthalter


Mit der Einführung der bilateralen Verträge per 1.6.2002 mit den EU-Staaten und der Efta-Konvention wurde die Schweiz verpflichtet, die Retrozessionen (ohne Liechtenstein) bis und mit 31.5.2009 durchzuführen. Seit dem 1.4.2006 sind die 10 neuen EU-Staaten hinzugekommen, wobei die Retrozessionen für Zypern und Malta ebenfalls per 31.5.2009 endeten. Für die verbleibenden acht Staaten werden die Beträge bis 30.4.2011 weiterhin retrozediert. Zusätzlich werden neu ab 1.6.2009 Bulgarien und Rumänien retrozediert. Im Berichtsjahr betragen diese 11,8 Mio. Franken (2008: 29,9 Mio. Fr.).

Ergebnis


Die Rechnung schloss im Berichtsjahr mit einem Verlust von 1463,8 Mio. Franken ab (2008: Überschuss von 617,7 Mio. Fr.).

Bundestresoreriedarlehen


Für die Finanzierung der Leistungen des ALV-Fonds mussten im Berichtsjahr 1500 Mio. Franken an zusätzlichen Tresoreriedarlehen beim Bund aufgenommen werden (2008: -700 Mio. Fr.). Ende Jahr belaufen sich diese Darlehen total auf 5600 Mio. Franken (2008: 4100 Mio. Fr.).

Grafik 1: «Auszahlungen der Arbeitslosenkassen, 1999–2009»

Tabelle 1: «Ausgleichsfonds der Arbeitslosenversicherung: Bilanz per 31. Dezember 2009»

Tabelle 2: «Ausgleichsfonds der Arbeitslosenversicherung: Rechnungsergebnis 1. Januar bis 31. Dezember 2009»

Zitiervorschlag: Dominique Babey (2010). Arbeitslosenversicherung im Jahre 2009. Die Volkswirtschaft, 01. November.